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her eines der wertvollsten und am wohltätigsten wirken­den Rechte der Gemeinden gewesen, ein Recht, das in Verbindung mit den Notariaten bis jetzt in einer Weise ausgeübt worden ist, daß uns andere Staaten um unsere Einrichtungen beneiden.

Durch die herannahende Einführung eines bürger­lichen Gesetzbuchs für das gesamte deutsche Reich ist die Fortdauer dieses Rechts in Frage gestellt.

Es wird geltend gemacht, daß die Einheit des Reichs auch Einheit nicht blos des materiellen Rechts, sondern auch der formalen Vorschriften, der Organi­sation der Behörden notwendig erfordere, wir können diese Ansicht aber nicht teilen, sind vielmehr der Meinung, daß der Reichsgedanke nicht gefördert, sondern geradezu geschädigt wird, wenn ohne Nötigung Lurch wirtschaftliche oder politische Gründe lediglich im Interesse formaler Einheit dem schwäbischen Volke Einrichtungen aufgenötigt werden sollen, die mit seinen seitherigen Gewohnheiten, seinen Anschauungen im Widerspruch stehen und die altverbriesten Rechte der Gemeinden in einem wichtigen Punkte schädigen.

Wohin eine allznweitgehende Uniformierung, der vom Norden kommende Formalismus, führt, haben wir im Heimatrecht, Armenunterstützungswesen, Schuld­klag- und Exekutionsverfahren gesehen und die traurigen Erfahrungen, welche Württemberg mit diesen Neuerungen gemacht hat, müssen uns mißtrauisch machen, wenn die Reichsgesetzgebung abermals sich anschickt, an unfern altbewährten Einrichtungen zu rütteln, handelt es sich doch diesmal darum, den Gemeinden das Recht zu nechnien, die Angelegenheiten ihrer Ein­wohner in Bezug aus das Inventur- und Teilungswesen und den Verkehr mit Liegen­schaft (Kauf-, Güter- und Unterpsandsbuchj sowie hinsichtlich der Fürsorge für Minderjährige und sonst Bevormundete selbständig zu ordnen, damit auch unserem Notariat den Boden ab­zugraben und die Funktionen der Gemeinde­räte, Woisengerichte und Notare in dieser Beziehung den Gerichten zu übertragen!

Wir sind selbstverständlich nicht blind gegen einzelne Mängel unserer seitherigen Gesetzgebung und verkennen nicht, das da und dort Aenderungcn nötig erscheinen, die im Wege der Landesgesetzgebung oder Verordnung eingeführt werden können, halten aber dafür, daß die Uebertragung der genannten Geschäfte an die Gerichte in unseren Verhältnissen nicht begründet ist. Unsere seitherige Gesetzgebung hat vor allem das Prinzip auf­gestellt: die genannten Geschäfte der frei­willigen Gerichtsbarkeit sind am Orte des Anfalls zu erledigen; jede Teilung wird also ge­fertigt da, wo der Verstorbene seinen Wohnsitz hatte, ein Pfandschein da, wo der Schuldner wohnt, Lisgen- schaftsverküuse werden eingetragen und es wird darüber erkannt in dem Orte, in dessen Markung das Grund­stück liegt, die Vormundschaft über einen Minderjährigen wird an dessen Wohnsitz geführt. Die Beteiligten be­dürfen also zur Erledigung aller einschlagenden Ge­schäfte weiter nichts, als einen Gang aufs Rathaus, die öffentlichen Bücher stehen allen Beteiligten jederzeit kostenlos zur Einsicht offen und die Ortsbehörde ist in der Lage, jedem Gemeindeeinwohner sofort und ohne Verzug aus denselben die gewünschte Auskunft und etwaige Ausfertigungen zu erteilen. Das Interesse des Staatsbürgers ist jedem andern mehr formalen Gesichts­punkte vorangestcllt und eine rasche, zuverlässige, billige und bequeme Abwicklung der betr. Geschäfte und zwar am Wohnsitz der Beteilig­ten, ist garantiert.

Was will man uns nun künftig für alle diese, durch Jahrhunderte bewährten Einrichtungen bieten?

Bor allem soll die amtliche Thätigkeit der Teilnngs- behörden im wesentlichen beseitigt, da aber, wo sie eintritt, den Amtsgerichten übertragen werden, an diese soll auch das Bormundschastswesen übergehen, die Kaufsbuchsführung fällt ganz fort, das Güter- und Unterpsandsbuch aber soll von einem besonderen G r nn d b u ch s a m t e geführt werden, das wenn das Beispiel Preußens befolgt wird gleichfalls am Sitze des Amtsgerichts errichtet wird. Nicht mehr also wird ein Pfand- oder Güterbuchseintrag am Wohnsitze der Beteiligten gefertigt, keine Liegenschaftsveräußerung dort vorgenommen werden können; kein Auszug, keine Auskunft aus den öffentlichen Büchern kann ihnen mehr von den Ortsbehörden erteilt werden, sondern die Be­teiligten müssen sich (von Ausnahmen abgesehen^ in die Oberamtsstadt begeben und dort ihr Anliegen Vor­bringen. Diese Einrichtung mag für Gegenden passen, in denen der Grundbesitz sich in wenigen Händen be­findet, nie lind nimmer aber für unser Land mit seinem Parzellierten Grundbesitze, seinem regen Güterverkehrs; von den enormen Kosten einer Neuanlegung des Grund­buchs ganz zu schweigen.

Und das Verfahren in T e i lu n g s s a ch e n?

Seither hat Notar und Waisengericht die Teilungen schiedlich friedlich erledigt, Prozesse kamen nur in geringer Anzahl vor, wie aber würde das künftig werden? In den Fällen, in denen die Partien sich nicht einigen und das wird beim Mangel eines amtlichen Einschreitens sehr häufig der Fall sein werden meist Prozesse entstehen und der Familienfrieden vielleicht aus immer zerstört sein, im übrigen aber kann der Mangel eines amtlichen Einschreitens leicht zu einer Uebervorteilung der minder gewandten Interessenten und zu Beförderung der Winkeladvokaturen führen.

In allen Fällen ist soviel gewiß, daß dieBe- teiligten die Mehrzahl der fraglichen Ge­schäfte nicht mehr an ihrem Wohnsitze vor­nehmen können, daß die Versetzung der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Personen

ausgeübt werden soll, denen nicht immer genügende Erfahrung zur Seite steht und denen bei dem großen Wechsel in dem amts- gerichtlichen Personal vielfach auch die stete Fühlung mit der Einwohnerschaft des Bezirks, die Kenntnis seiner Lebensgewohn- beiten und Bedürfnisse naturgemäß abgeht, daß die Beteiligten in außerordentlicher Weise belästigt, die Prozesse vermehrt und viel höhere Kosten als zuvor entstehen werden und wir sind überzeugt, daß niemand Lust haben wird, unsere jetzigen Einrichtungen mit neuen zu vertauschen, die in ihrem letzten Ende zur Beseitig­ung des Notariats in seiner jetzigen Gestalt und zur Aufhebung der Gemeindeautonomie in einem sehr wichtigen Punkte führen, ohne daß dem entsprechende Vorteile gegenüber ständen.

Wir sind weit davon entfernt, einseitig Standes­interessen vertreten zu wollen, haben vielmehr mit unfern Ausführungen nur das Interesse des gesamten Volks im Auge. Dieses aber spricht gebieterisch für Beibehaltung unserer seitherigen Einrichtungen in ihren wesentlichen Grundzügen und wir wissen auch, daß die andern Staaten recht gerne unsere Institutionen nach­ahmen würden, wenn sie daran nicht der Mangel einer entsprechenden Gemeindeverfassung und der geeigneten Kräfte hinderte. Daraus folgt nun aber selbstverständ­lich nicht, daß wir lediglich zur Herstellung formaler Einheit unsere besseren Einrichtungen gegen die schlecht­eren vertauschen.

Wohl haben Regierung und Volksvertretung mit seltener Einmütigkeit sich für Erhaltung unserer Ein­richtungen ausgesprochen, und der Verlauf der Ver­handlungen im Schoße der Organe der Reichsgesetzgebung läßt hoffen, daß unsere Bestrebungen von Erfolg ge- ' krönt sein werden, eine Sicherheit dafür haben wir noch nicht. Wir halten es deshalb für unsere Pflicht, auch noch die einzelnen Gemeindevertretungen aufzu- zusordern, unserer Staatsregierung gegenüber kurz und klar zum Ausdruck zu bringen, wie sehr das ganze Volk hinter ihr steht, wenn sie der Reichsregierung gegenüber unerschütterlich an dem Bestreben festhält, die freiwillige Gerichtsbarkeit in Württem­berg den Gemeinden zu erhalten.

Der Ausschuß des Vereins der württemb.

Körperschaftsbearnten.

Anstand.

Bozen, 27. Febr. Erzherzog A i b r ech t Salvator ist gestorben Derselbe war za Alt Bunzlau am 22 Nov. 187 l geboren und hieß mit dem vollen Namen Erzherzog Albrecht Maria Joseph Ferdinand Leopold Union von Padua Johann Baptist Januarius Aioys Gon­zaga Rainer Wenzel Klemens Romanus. Er war der Sohn des 1892 verstorbenen Erzherzogs Karl Salvator und Rittmeister im k. u. k Hiisaren- Regiment Prinz zu Wmvischgrätz Nr. 11, Ritter des österreichischen Ordens zum Goldenen Vließ.

In dem ungarischen Abgeordnetenhaus haben die oppositionellen Abgeordneten Kossuth und andere den Antrag gestellt, alle Ausgleichs- Verhandlungen mit Oesterreich abzubrcchen und ebenso den Handelsvertrag m>t Oesterreich zu kündigen, sind aber mit ihren Anträgen stark in der Minderheit geblieben; ebenso wollte dix Opposition verhindern, daß bei der Milleniums- frier (Feier des 1000jährigen Bestandes der ungar. Krone) der Monarch in den Vordergrund lretcn soll; auch damit blieben die Leute in der Minderheit und gleichzeitig wurde beschlossen, die ungar. Krönungsinsignien: Krone, Szepter, Schwert und Reichsapfel zur öffentlichen Aus­stellung zu bringen.

Die Italiener sind in großer Sorge wegen ihrer Truppen in Afrika. Der Negus Meneiik hat zwar seinen bisherigen Lagerplatz verlassen müssen wegen Proviaittmangels seiner Tiere. Nun aber fürchiel man, daß ec eine llmgehungsbewegung gegen die Truppen Bara- iieris mache unü daß diese schließlich erngeschlvssen werden könnten. Ucbrigens muß man bei der­artigen Prophezeiungen sehr vorsichtig sein, da sie von den erbitterten Gegnern Ccispis aus­gehen

In der Türkei ist die Ordnung offenbar noch lange nicht wiederhergestellt. Die Auf­ständischen von Zeituit sind zwar begnadigt und wieder in ihre Wohnsitze zurückgekehrt, aber in Konstantinopel selbst gähct es unter den sogen. Jungiürken bedenklich, so daß erst neuer­dings wieder das Gerücht austauchte, aus den Sultan werde am nächsten Freitag ein Attentat gemacht werden, wenn er von Illdiz-Kiosk noch der Moschee reitet, um bei dem Ramazanfeste der Ausstellung des Mantels des Propheten Mohamed anzuwohnen.

Triest, 27. Febr. Vorgestern ging ^ Gußregen nieder. Bald darauf trat hart« Frost ein, wodurch sich äußerst starkes Glatteis bildete, welches den Verkehr bei der wütende» Bora unmöglich machte. Der Schiffsverkehr ist eingestellt; zahlreiche Unglückssällc werden ge­meldet. In ganz Overitalien ist ein Weller- stürz eingetreten. In Mailand, Turin, Bolog. na rc gab es starke Schneefälle. In der Provinz Bologna herrschen Schneestürme, die den bereits keimenden Odstbäumen großen Schade» zufügen. Starke Schneefälle erfolgten auch,» Florenz und Umgebung. Der Bahn- und Tele- graphenverkchr ist gestört Auch in Mittel- und d ostf ra nkr eich ist Schneefall eilige- treten und es schneit dort seit heute ununter- brochen, so daß die Pferdebahn größtenteils ihre Fahrten cinstellen mußte. Die Temperatur ging dort gestern von -j- 14° plötzlich auf 2« herunter. Dieser Wechsel überraschte die Mar- seiller umsomehr, als dort seit Dez. das schönst« und ein besonders mildes Weiter geherrscht hatte. Man fürchtet großen Schaden für die Kultur der jungen Gemüse, wenn auch anderseils die Landlente den Schnee willkommen heißen, weil er Bäche und Flüsse wieder füllen wird, die infolge des außerordentlich schönen Winters fast ansgetrocknet waren.

In ganz Transkaukasien wüien seit einiger Zeit heftige Schneestürme. Viele Ortschaften sind verschneit, einige Häuser weg­gerissen worden. Der Bahnverkehr ist unter­brochen; die Flüsse steigen; cs werden Über­schwemmungen befürchtet

Werrrnschtes.

Frankfurt a. M., 21. Februar. Die FrankfurterZeitung" berichiet: In einer große» Stabt am Main (also jedenfalls nicht weit von Frankfurt) beschlossen die Insassen einerhöhere» Mädckenschnlklasse", einem Lehrer, den sie be­sonders in die jungen Herzchen geschlossen hatte», als sinniges Fastnachtsangedinde eine Schüssel ^ goldbrauner Krapfen zu widmen. Das leckere 1 Gepäck war von der nachstehenden Strophe be- i gleitet:

Dies stiftet Ihre zweite Klasse Und wünscht recht guten Appetit.

Verzehren Sie die ganze Masse Und Ihre Frau und Kinder mit.

Es will uns nicht schön von gedachtenhöheren Töchtern" scheinen, den verehrren Lehrer zur Aneigung von Lebensgcwohnheiten anzureize», die in unseren Kolonieen hie und da noch ver­breitet sein mögen, in dergroßen Stadt M Main" aber stark gegen den herrschenden Ge­schmack verstoßen.

Telegramme.

Berlin, 28. Febr. DasBert. Tagebl." erfährt: Es darf als sicher angenommen werde», daß die Vorlage über die Milttärstrasprozeßord- uung in dieser Session nicht mehr an die Reihe kommt.

Wien. 28. Februar. Im III. Wahlkreis wurden 46 Antisemiten gewählt.

Wien, 28. Februar DieNeue Freie Presse" meldet aus Lemberg: Nach einer Depesche an Przemysl ist die Bestätigung deS Urteils in der Angelegenheit der 13 Husaren, welche ihren Wachtmeister ermordeten, aus Wien hieher gelangt; 2 Husaren wurden zum Tode verurteilt, die übrigen freigesprochen.

Brüssel, 28. Febr. Die Polizei hob in der Vorstadt Laeksn ein Anarchistcnnest auS. 20 französische Anarchisten, welche Falschmünzerei betrieben, wurden festgenommen.

Belgrad, 28. Februar. Der Sturm schleuderte ein löjähriges Mädchen gegen eine Mauer und zerschmetterte den Kopf. Eine Fron wurde durch einen Dachziegel gelötet. Eine einstürzende Mauer begrub 2 Männer, wovon einer sofort tot war. Ein Wagen samt 2 Pferden wurde in die Donau geschleudert.

Briefkasten. C. 8. in 0. Die Verletzung des Briefgeheimnisses, d. h. das unerlaubte Oeffnen eines fremden Briefes ist entschieden strafbar. Nicht durch das Gesetz ohne weiteres strafbar ist aber das SchnusM in fremden bereits geöffneten Briefen; gegen soM Schnüffeleien müssen Sie sich durch sorgfältiges Ver­schließen Ihrer Briefschaften schützen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.

Anzeiger

Nr. 34.

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3. Auf Gru, m laufenden Jahr!