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Wenn ja, wenn du Verräter wolltest sein An Deutschland's Ehr' und deiner eig'nen

Ehre!

Heil dir! Du wanktest nicht, du sprachest:Nein!" Und riefest deinem Volk:An die Gewehre!"

Die Gattin führt den Mann, das letzte Kind Führt auf den Ruf die Mutter dir entgegen;

Und ob auch heiß des Abschied's Zähre rinnt,

Kein Zagen ist es, nur ein menschlich Regen.

Heil dir, du ächter deutscher Ehrenmann!

Wir lieben dich um dieses Beispiels willen.

Und wenn nicht jeder von uns kämpfen kann,

Will jeder treu doch seine Pflicht erfüllen.

Wir wollen feststeh'n in Gefahr und Not Und treue Hüter sein dem Baterlande,

Wir wollen Männer sein, bis in den Tod Und uns nicht beugen unter's Joch der Schande.

Soldat wie Bürger, unverzagt! Den Sieg Wird der gerechten Sache Gott bescheeren.

Gott mit dir, Friedrich, im heil'gen Krieg, Gott mit uns Allen und mit Deutschland's

H eeren!

Aus Stadt, Berir! und Umgebung.

Calw. Sicherem Vernehmen nach wird der bisherige Reichstagsabgeordnete Frhr. von Gültlingen aus dienstlichen und Familien­rücksichten nicht mehr als Kandidat für den Reichstag auftreten.

Calw. Oberpostmeister List ist unter Be­lastung seines Titels und Rangs, seinem An­stichen entsprechend, auf die Poftmeisterstclle bei dem Postamt Nr. 9 in Stuttgart versetzt worden.

Deutsches Weich.

Köln a. Rh., 29. Juli. DerKöln. Z." zufolge sind während der letzten Tage in ganz Rheinland und Westfalen heftige Gewitter mit schweren Hagelschlägen niedergegangen, besonders das Moselthal wurde hart mitgenommen. Der angerichtete Schaden ist beträchtlich, doch blieben die Weinberge verhältnismäßig verschont. In Westfalen zündete der Blitz an 15 Stellen, in Rellingshaufen wurden 2 Männer vom Blitze erschlagen, zwei andere betäubt. Im Münster­lande sind ganze Strecken Getreidefelder durch Hagclschlag verwüstet wordeu.

Slraßdurg i. E. Am letzten Sonntag wurde unsere Ausstellung von rund 26 000 Per­sonen besucht, unter denen 8400 Arbeiter. Von letzteren waren 2100 mit 2 Sonderzügen von Mannheim gekommen.

Wörth, 28. Juli. Wenn auch voraus­sichtlich in diesem Jahre der Hauptbesuch des Wörther Schlachtfeldes am 18. Okt., dem Tag der Enthüllung des Kaifer-Friedrich-Denkmals stattfinden wird, so ist doch angesichts der vielen Besucher, die sich zum 6. August dort ange­meldet haben, auch für diesen Tag ein würdiger Empfang der Gäste durch den Wörther Krieger­verein vorgesehen. Um '/,11 findet eine Er­klärung des Verlaufs der Schlacht vom Kaiser- Friedrich-Denkmal aus statt. Nachmittags 1 Uhr ist Besuch des Schlachtfeldes (Festakt am deut­schen Armeedenkmal) über Elfaßhausen. Frösch- weiler, Herrenberg, Turkohäuschen, Rast mit Militärkonzert im Liebfrauenthal, der 20 Min. von Wörth entfernten, reizend gelegenen Restau­ration des Grafen Dürkheim. Um 6 Uhr Rück­kehr nach Wörth. Zur Erleichterung des Ver- kehrs wird morgens und abends ein Sondcrzug ausgesührt. Korporationen bis zu 150 Mit- glieder finden jederzeit in Wörth und den um­liegenden Ortschaften Nachtquartier, sofern sie sich rechtzeitig an den Vorstand des Kriegervereins Wörth wenden.

Endingen am Kaiserstuhl, 29. Juli. An dem Rebhang des Bäckers HugoMelder hier bkfinden sich schon ganz reife Trauben. Es ist dies gewiß eine Seltenheit. Die Reb- bauFrn des gesegneten Kaiserstuhls mögen daraus die Hoffnung schöpfen, daß das Jahr 1895 einen besonders guten Wein verspricht.

Ludwigshasen, 29. Juli. Ein schreck­liches Verbrechen ist hier verübt worden. Seit gestern nachmittag war das 8jährige Töchterchen des Leichenwärters Eich abgängig, und auch die angestellten Nachforschungen der geängstigten Eltern blieben erfolglos. Heute Morgen fanden Arbeiter in der Nähe der Spritfabrik in eiaem

Haferfelde das Mädchen tot liegen. Die Um­stände lassen zweifellos auf einen Lustmord schließen. Von dem Thäter fehlt jede Spur.

In München streiken die Großvieh­händler. Dieselben glauben sich durch die Sperre, welche vom Münchener Magistrat aus sanitären Gründen über den dortigen Schlacht- und Vichhof verhängt hat. in ihren Interessen geschädigt und beschicken deshalb einstweilen den Vichhof nicht. Infolgedessen ist daselbst der Preis für Schlachtvieh bedeutend in die Höhe geschnellt, so daß der bayerischen Hauptstadt eine Fleischteuernng droht, falls nicht bald eine Ver­ständigung zwischen den zuständigen Behörden und den zürnenden Großviehhändlern erfolgt.

Im badischen Schwarzwald, namentlich in den Amtsbezirken Waldshut und Säckingen, werden viele Tausend Hektoliter Heidelbeer- wein gemacht; manche Familien machen 8 bis 10 Hektoliter. Das erprobte badische Rezept lautet: Um 100 Liter Wein zu bekommen, nimmt man 4045 Liter Beeren, läßt sie etwa 6 Tage stehen, bis sie etwas gähren, zerstößt sie, thut sie ins Faß, lößt 3035 Pfund weißen Zucker in ivarmem Wasser auf und füllt damit das Faß auf, bis es ca. 100 Liter Wein giebt. Damit die Gährung schneller voranschreitet, thut man noch 4 bis 5 Pfund Konnten, nachdem sie in warmem Wasser 34 Tage gestanden und zu gären begonnen haben, auch ins Faß. Man rührt einigemal mit einem Stecken alles durcheinander und legt, damit keine Luft ins Faß kommt, ein Sandsäckchen auf das Spund­loch. Nach 8 Wochen kann man schon vom Wein trinken. Später läßt man den Wein ab und behandelt ihn wie den Traubenwein.

Württemberg.

Stuttgart, 29. Juli. Gestern nacht 1 Uhr trafen der Kronprinz des deutschen Reiches Friedrich Wilhelm und sein ältester Bruder Prinz EitelFritz von Konstanz kommend unter dem Inkognito Grasen v. Ravensberg auf dem hies. Bahnhof ein und verbrachten hier die Nacht im Sa­lonwagen. Heute früh kamen die kaiserl. Prinzen mit ihren Begleitern, Oberst v. Deines. Lieute­nant v. Rauch und Stabsarzt Dr. Heyse, zum Frühstück ins Hotel Marquardt und kehrten nach Stunde auf den Bahnhof zurück, wo sie vom Publikum erkannt und frsundlich begrüßt wurden. Die Rückreise nach Berlin wurde über Crailsheim fortgesetzt. Die kaiserlichen Prinzen haben während ihres dreiwöchigen Aufent­halts im Jnselhotel zu Konstanz alle nahmhaften Punkte am See besucht, so auch Friedrichshafen.

Stuttgart, 29. Juli. Die neu errichtete Stelle eines psychiatrisch ausgebildeten Medizinal­rats bei dem Medizinalkollegium ist dem Dr. Dietz aus Herrenberg zur Zeit ordinierender Arzt an der großherzoglich badischen Jrren-Anstalt Jllenau übertragen worden.

Heilbronn, 29. Juli. Die von dem Gemeinderat L. Huber bei dem K. Oberamt dahier erhobenen Beschwerden, welche gegen die von dem Stadtvorstand gegen ihn wegen Unge­bühr und Ungehorsam erlassenen Strafverfüg­ungen gerichtet waren, wurden sämtlich, als unbegründet abgewiesen Wegen der Beleidig­ungen, welche Huber durch Beilagen der Hcil- bronner Zeitung gegen den Stadtvorstand ver­breitete, wurde Strafantrag bei der kgl. Staats­anwaltschaft gestellt.

Tübingen, 29. Juli. In einer Sänger­versammlung der akademischen Liedertafel wurde heute an Stelle des von der musikalischen Leit­ung des Vereins zurückgetretenen und um den Verein verdienten Universitäts-Musikdirektors Dr. Kaustmann einstimmig Prof. Reinhold Wörz (1880/87 in Neuenbürg) zum Dirigenten gewählt.

Ebingen, 27. Juli. Letzten Freitag wurden die Besitzer der Lurch Hochwasser be­schädigten Gebäude auf das Rathaus geladen, wo denselben von Oberamtmann Filser mitge- geteilt wurde, wie hoch der Gebäudeschaden eines Jeden geschätzt worden und daß ihnen 75 Prozent des Schadens aus den mildthätigen Beiträgen ersetzt werden. Die Leute waren mit der Ein­schätzung größtenteils zufrieden und ebenso mit dem Betrag, den ihnen das Notstandskomite zu-

gewiesen. Die Bauthätigkeit im Bezirk ist nun sehr rege. Man kann in den Bezirks-Blättern täglich Veraccodierungen von Neubauten durch Private lesen. Eine ganz erkleckliche Zahl ita, lienifcher Erdarbeiter wird im Bezirk beschäftigt und täglich bringen die Züge frischen Zuzug von solchen. Nach einem oberamtlichen Aus­schreiben ist, da durch das Hochwasser auch viel Geflügel zu Grunde ging, Kollaborator Daiber aus Laupheim in den Bezirk abgeordnet worden und wird in den geschädigten Gemeinden in der Zeit vom 1.6. August Vorträge belehrenden und beratenden Inhalts über Wiederbeschaffung von Geflügel halten.

Schramberg, 29. Juli. DerSchwaben­verein" in Chicago, der erst vor 14 Tagen 2000 ^ für die Balinger Uederschwemmten hier- hergesandt hat, hat auf demselben Wege noch, mals baare 4140 hieher überwiesen, die von der Redaktion des Schr. Anz. heute an das Bezirkshilfskomite nach Balingen befördert wur­den. Dort wird die schöne Summe jedenfalls große Freude erregen. Daß die Schwaben im Ausland lebhaft mitfühlen bei der Notlage ihrer Landsleute, daß ihnen für das liebe Heimatland ein warmes Herz im Busen schlägt, das dürste durch diese großartigen Unterstützungen schönstens bewiesen sein. Oeffentlicher Anerkennung ist solche werkthätige Liebe sicher besonders wert.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 29. Juli von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Die Tendenz des Getreideweltmarktes war die ab- gelaufene Woche eine festere, da die amerikanischen Börse höhere Kurse meldeten und diese Besserung bei den übrigen Exportländern Aufnahme gefunden hat. Auf den deutschen Börsen war die Stimmung auch eine festere. Die süddeutschen Landmärkte verkehrten dagegen in ruhiger Haltung und meldeten einen kleinen Rückgang. Wir notieren per 100 Kilogramm: Weizen, Laplata 15 75 ^ bis 16 «4L Azima 15 «U

Eupatoria 16 -4L ^, Kaliforn. 16 «4L 75 Redwinter 17 «4L rumän., neu la 16 -4L 75 alt 16 -4L 25 Kernen, Oberl. la 17 -4L 25 ^ bis 17 30 Albhaser la 13 «« 50 bis 14 -4L

Kohlreps la 22 -4L 50 Mehlpreise pr. lüü

Kilogr. inkl. Sackbei Wagenladung: Letzwöchentlich.

Ausland.

Paris, 29. Juli. Ein englischer Staats­mann, welcher als Minister dem Kabinet Rose- bery angehörte, äußerte einem Redakteur des Gaulois" gegenüber: Ihr Franzosen fandet Rosebery zu wenig entgegenkommend, Salis- bury's äußere Politik wird euch noch weit weniger befriedigen. Ihr treibet den neuen Premier ge­radewegs dazu, den Italienern eine Politik der freien Hand zu garantieren. Die bevorstehende russische Intervention in Egypten, welche für euch keinen anderen Zweck haben kann, als Be­friedigung einer gewissen Eitelkeit, wird euch England dauernd entfremden zur Freude der Russen; denn fortan seid ihr Franzosen ver­pflichtet in allen anglo-russischen Differenzen mitzuthun.

Aus Oesterreich, 26. Juli. Der Mattino" berichtet: Heute Abend um 10'/» Uhr senkte sich plötzlich ein etwa 100 Meter langer Teil des Molo in Santa Sabba bei > Triest. Der neue Molo war für das Abladen von Petroleum und Vieh bestimmt.

Madrid, 30. Juli. Bei Bayamo auf Cuba hat ein Kampf stattgefunden, in dem die Aufständischen 500 Mann verloren haben, da­runter einen Oberst.

London, 30. Juli. Noch drei Wahlen sind nicht erledigt; zwei in Irland und eine in Schottland. Die Parteien verteilen sich nun in folgender Weise: 340 Konservative, 80 Unionisten, 174 Liberale, 12 Parnelliten, 69 Antiparnelliten und 2 Arbeiterkandidaten. Die Regierung ver­fügt demnach über eine glatte Mehrheit von 153 Stimmen.

In der Fremdenherberge zu Röchlitz Böhmen erfolgte die Verhaftung eines Barbier­gehilfen, welcher 15 000 vkk Sparkassengelder bei sich führte. Man glaubt in dem Verhafteten, der mit einem falschen, auf Bernhard Schwarze aus Laucha (Preußen) lautenden Paß versehen war, einen gefährlichen Verbrecher ermittelt zu haben.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.