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Zlnleryatterider Teil.
Späte Ostem.
Erzählung von Friedrich Schulze.
(Schluß.)
Die Ostermorgensonne strahlte leuchtend herab auf die Erde, über der es wie ein lichter Schleier lag. und von der Stadt herüber klangen die Kirchenglocken. Ernst Westermann blickte sinnend zum Himmel empor. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich zufriedener als sonst und ein Hauch der Osterfreude war wider seinen Willen ihm in's Herz gedrungen.
Da pochte es leise an die Thür und Agathe trat ein. Sie war eine jugendlich-zarte Erscheinung trotz ihrer siebenundzwanzig Jahre. Aber ihre Wangen waren bleich und die Augen gerötet.
„Herr Westermann", begann sie mit leise zitternder Stimme, „ich komme, Sie um meine Entlassung zu bitten."
Es überkam ihn wie ein heftiger Schreck, doch er beherrschte sich.
„Sie sind gütig und edel", fuhr sie fort, „und deshalb werden Sie — ich bitte darum — von der Jnnehaltung der kontraktlichen Kündigungsfrist Abstand nehmen und mich noch heute ziehen lassen." Da Ernst noch immer schwieg, fuhr sie, unsicherer werdend fort:
„Ich habe in Ihrem Hause ein sicheres Asyl gefunden und werde Ihrer allzeit dankbar gedenken, wie ich Sie bitte, sich auch meiner zuweilen freundlich erinnern zu wollen."
Er deutete auf einen Stuhl und setzte sich ebenfalls.
„Diese Nachricht kommt mir so unerwartet," begann er endlich, „daß ich wohl nach der Ursache Ihres Entschlusses fragen darf."
„Meine Stiefmutter ist gestorben." erwiderte sie „und mein Vater ist krank. Er bedarf meiner."
„Ihr Vater", fuhr Ernst auf, „der Sie verstoßen, ja wohl sogar enterbt und sich in den langen Jahren nicht um Sie bekümmert hat, er hält Sie jetzt für gut genug, ihm als Krankenwärterin zu dienen ..."
„Er ist mein Vater!" unterbrach ihn Agathe.
„Und Sie wollen seinem Rufe folgen?"
„Sagte ich Ihnen nicht, daß er meiner bedarf?"
„Der Abschied von meinem Hause scheint Ihnen nicht schwer zu werden," sagte er bitter.
Da sie nicht antwortete, sprach er:
„Wann haben Sie die Nachricht erhalten?"
„Gestern Abend!"
„Ah! Und trotzdem —" er besann sich. Sie durfte nicht wissen, daß ihm der Brauch des Osterwasserholens bekannt war.
„Nun gut," begann er deshalb scheinbar gleichgültig, „ich will Ihrem Willen nicht entgegentreten , Fräulein Agathe. Ich vermute, Sie haben alle Vorbereitungen bereits getroffen und auch schon von Ihren hiesigen Bekannten Abschied genommen. Wenigstens darf ich Ihre späte Heimkehr in dieser Nacht wohl darauf zurückführen." Das klang brutaler und boshafter, als er es beabsichtigt hatte, aber die Worte brachten die gewünschte Wirkung hervor.
„Sie irren, mein Herr," entgegnete Agathe mit der Erregung verletzten Stolzes. „Aber La Sie mich denn doch einmal belauscht haben, so will ich Ihnen sagen, was Sie nicht erfahren sollten. — Ich habe Osterwasser geholt. Vielleicht ist Ihnen die wunderbare Kraft dieses Wassers unbekannt, vielleicht spotten Sie über den Aberglauben. Gleichviel es war mein letztes Werk in diesem Hause und — wie ich zuversichtlich hoffe — ein gutes Werk."
„Hm", sagte er, „und darf ich fragen, für wen das Wasser bestimmt ist?"
„Für Sie", sagte sie zögernd und errötete. Ernst lächelte. „Sie sind sehr gütig, Fräulein Agathe", sprach er, „aber Sie haben sich umsonst bemüht. Erstens bin ich nicht krank und zweitens würde ich von dem Mittel keinen Gebrauch machen."
„Verzeihen Sie", erwiderte Agathe, „ich muß Ihnen widersprechen. Sie sind krank, nicht
am Körper, aber am Herzen, am Gemüt. Was Ihnen fehlt, weiß ich nicht, doch ich weiß, daß Sie unglücklich sind. Was aber den Gebrauch des Wassers betrifft, so mögen Sie erfahren, daß Sie dessen nicht mehr bedürfen. Das Wasser in Ihrem Waschbecken und in Ihrem Trinkglase
— war jenes Osterwasser. — Möge es Sie gesund machen, Herr Westermann! Und nun — leben Sie wohl! —"
Sie wandte sich und wie versteinert sah er ihr nach.
„Agathe!" — entrang es sich endlich seiner Brust, „noch ein Wort! — Auch Sie sind nicht glücklich, ich sehe es Ihnen an. Haben Sie nicht auch getrunken von dem beglückenden Quell?"
„Nein", sagte Sie. „Ich war glücklich, und wenn ich es weniger sein werde, so nützt mir der Trank nicht. Mir bleibt nur der Quell der Vergessenheit, den ich hier nicht finde.
— Leben Sie wohl!"
Sie ging hinaus. Ernst aber lief ihr nach und zog sie mit beiden Händen in das Zimmer zurück.
„Agathe", sprach er, „Du reine, Du Selbstlose, wenn Du wirklich den Willen hast mir zu helfen von allem Leid, dann wird Dein Werk gelingen und mir zum Heil werden. Sieh, ich habe die Well durchsucht nach dem Glück. Lange Jahre habe ich in fernen Ländern dem Glück nachgeeilt, das mich floh, das ich nirgends fand! Und während ich weit umherirrte, da blühte mir in meiner nächsten Nähe die holde Blume eines unverdienten Glückes, dir ich nicht sah, weil ich blind war, geblendet von dem Glanze eines falschen Götzen.
Sieh, meine Sonne war untergegangen und ich glaubte an keinen neuen Morgen, weil die Nacht gar so lange währte. Aber nun ist doch die Finsternis gewichen und in meiner Seele ist cs endlich, endlich Ostern geworden. Ich war tot und bin auferstanden zu einem neuen Leben durch Deinen Glauben, durch Deine stille entsagende Liebe. Ja, Du liebst mich, Agathe, ich weiß cs. Die letzten Rätsel sind gelöst. Jetzt habe ich gefunden, was ich juchte. Ich glaube wieder, ich hoffe wieder, weil ich liebe, wie ich geliebt werde!"
Da sank ihm Agathe in die weit geöffneten Arme und „Ja, ich liebe Dich", schluchzte sie an seiner Brust.
Die Sonne prangte am blauen Himmelszelt. Zart schimmerte auf den Fluren das junge Grün und in den Lüften jubilierten die Lerchen:
„Ostern! Endlich ists Ostern geworden!"
Ostern.
In die jährliche Wiedererweckung der Natur fällt auch der Tag der Auferstehung des Heilandes, weshalb das Osterfest in den Sitten und Gebräuchen des Volkes einen teils mystischheidnischen, teils christlichen Charakter trägt, entsprechend den in der Volksseele schlummernden Erinnerungen des germanischen Heidentums, auf welches das edle Reis christlicher Vorstellung gepfropft wurde. Ostera, die Frühlingsgöttin, genoß im Erstmonat des Jahres besondere Verehrung. Als Sinnbild des keimenden Lebens trug sie in der Hand ein Ei, und vom Ostera- dienst stammt die Sitte der Ostereier. In Berlin, der Mark und in anderen Gegenden versteckt man die Ostereier und läßt sie die Kinder suchen. Auf dem Lande werden mit bunten Eiern allerlei Spiele getrieben, die in den verschiedenen Gegenden wieder alle verschieden sind; so das „Wahlein" in der Lausitz, wo mit Eiern „getrudelt" wird; am Südharz läuft man um die Wette mit bunten Eiern, welche einen Wiesenabhang Herabrollen; im Hohenzollernschen ist das „Eierlesen" im Schwange. In Landsberg a. d. W. wird auf der Wiese der „Osterball" geschlagen. In vielen Gegenden finden Umzüge der erwachsenen Jugend statt, wobei gesungen und gesammelt wird. Die Schönen bereiten die Spenden zu gemeinsamem Mahle zu und fröhlicher Tanz beschließt den Abend.
So wird allüberall das Osterfest nicht nur als Kirchen-, sondern auch als wahres Volksfest gefeiert mit tausenderlei Gebräuchen. Hier brennt man Osterfeuer ab, dort erdröhnen am Oster
morgen Böllerschüsse oder spielt die Musik lustige Weisen; an-dem einen Orte finden ernste Umzüge nach Art der Passionsspiele statt, an einem anderen Orte wird ein geschmückter Esel herumgeführt; hier holen die Dorfschönen Osterwasser, dort verfolgt man sie mit Ruten, vor deren Anwendung man sich loskaufen kann; hier wird der Brautball, dort der Sauball geschlagen; überall vergnügt sich das Volk nach seiner eigenen Weise.
Das Osterwasser, welches in der Nacht zum Ostermorgen von den Mädchen geschöpft wird unter Hersagen des Liedleins:
Nimm' a Schüssel — Zur Osterzeit,
Geh' an's Flüssel, - Aba sei g'scheidt.
Mußt Dich ducken Schöpfst's Wasser 'raus
Darfst nit mucken, — Sonst wird nix d'raus!
fault nicht, verschönt und vertreibt Sommersprossen, bewahrt vor Krankheit rc. In Mecklenburg breiten die Mädchen am Abend vor Ostern ein Linnen im Garten aus, um sich mit dem darauf gefallenen Tau zu waschen. An der Unstrut treibt man im Glauben an die besondere Kraft des Osterwassers vor Sonnenaufgang die Pferde ins Wasser. In Polen begießt man sich gegenseitig mit Osterwasser; in vielen Gegenden speist man das Osterlamm, anderswo giebt man sich den Osterkuß.
Die Russen feiern das Osterfest überhaupt als das höchste Fest im Jahre und keiner versäumt es, den Gottesdienst zu besuchen, nach dessen Beendigung es üblich ist, nach dreimaligem gegenseitigen Küssen sich mit Eiern zu beschenken.
Viele Gebräuche haben sich mit der Zeit derart verändert und solche Formen angenommen, daß kaum noch eine Spur von ihrer ursprünglichen Gestalt und Bedeutung zu erkennen ist. Die Kirche hat redlich dazu beigetragen, diese heidnischen Gebräuche zu verwischen, wobei sie allerdings oft nicht gerade geschickt-verfahren ist. So gab es in älterer Zeit eine Menge Ostersitten, die geradezu ins Possenhafte spielten und ausarteten. So bestand in vielen Ländern die komische Gewohnheit, datz am dritten Ostertage das Weib den Mann schlug und am folgenden Tage der Mann das Weij>. Man hatte dabei die Absicht, sich gegenseitig zu bessern. Auch hielten es die Diener der Kirche bei dem Oster- gottesdrenst für angebracht, ihre Zuhörer in der Predigt durch allerlei Spässe zu belustigen, was Ostergelächter geheißen wurde. In Spanien wurden sogar gewerbsmäßige Spaßmacher (Ba- jazzos) zum Gottesdienst hingezogen; sie führten die Namen Gil und Pasqual. Man meinte nämlich, durch dergleichen Possen die armen Gläubigen nach der langen und traurigen Fastenzeit wieder erheitern zu müssen, damit sie eine um so größere Freude an dem Auferstehungsfeste des Heilands empfänden. — In Toulouse in Frankreich war es seit undenklichen Zeiten üblich, am Osterfeste in der Kirche zum heiligen Stephan beim Gottesdienst einem Juden eine Ohrfeige zu geben. Ademar erzählt von dieser höchst seltsamen Gewohnheit und berichtet, daß im Jahre 1312 der Vicomte von Rochenard aus religiösem Uebereifer diese Ohrfeige mit solcher Gewalt verabreichte, daß dem Juden das Gehirn zum Kopfe herausspritzte und er todt zu seinen Füßen niederfiel.
Andere Völker, andere Zeiten, andere Menschen, andere Sitten!
Wen deswegen.j 1. Herr: „Wo werden Sie die Feiertage verbringen?" — 2. Herr: „Wahrscheinlich in Virginien, in Old Point Comfort." — 1. Herr: „Haben Sie denn dort Verwandte oder Bekannte?" — 2. Herr: „Nein — das ist ja eben der Hauptgrund, warum ich dorthin geh'."
Rätsel.
Aus nachstehenden 17 Silben sind 6 Wörter zu bilden, deren Anfangsbuchstaben einen Namen bilden. Die Wörter sind:
Deutsches Land, Fisch, holländischer Maler, bibl. Ort, Berggeist, Ältest. Prophet.
em, den, be, ne, nn, bürg, te, zahl, aus, ol, a, ling, ui, rü, saib, erS, he.
Redaktion, Druck und Verlag von S. Meeh in Neuenbürg.