Hlnteryattender Teil.
Schlechter Leumund.
Kriminal-Novelle von Karl Ed. Klopfer.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Am andern Morgen saß Fräulein Sendler allein im Speisezimmer, mit einer Stickerei beschäftigt. Während der Hopfenernte, die die ganze Firma Sendler u. Comp, in Bewegung setzte, war Einsamkeit auch ihr Loos. Auf ihrem feinen, hübschen Gesichtchen lag ein unmutiger Zug, wohl über die Langeweile, die sie empfinden mußte. Ihre Finger beschäftigten sich nur mechanisch mit der Handarbeit, und ihr Blick schweifte öfter darüber hinweg. — nach der Zimmerthüre, die auf den Corridor hinausführte, von welchem die bewußte Treppe nach dem Comptoir Papa's hinablief.
Als jetzt an dieser Thür gepocht wurde, flog ein heiteres Lächeln über die Züge der jungen Dame; ihr „Herein!" klang so wenig erstaunt, als wisse sie mit ziemlicher Sicherheit, wer der Einlaßbcgehrende sei.
„Pardon, Fräulein." sagte Hügel, mit seinen glänzenden Augen rasch die Stube überfliegend. Er hielt mehrere Papiere in der Hand. „Ist Ihr Herr Papa nicht da?"
„Nein!" antwortete sie mit einem schönen Lächeln, ihm voll in's Gesicht sehend, daß er erröten mußte, als sähe er sich auf einer Lüge ertappt. „Sie wollen ihn wohl in geschäftlichen Angelegenheiten sprechen, nicht wahr?"
„Ja,,, kam es stockend aus seinem Munde, „ich — ich habe da einige dringende Briefe .. .."
„Es ist auch wirklich ärgerlich, daß Papa jetzt gar nicht mehr im Hause zu sehen ist," schmollte sie mit allerliebster Miene, ihm einen Schritt cntgegengchend; „ich habe ihn ja gestern ebenfalls vergebens gejucht; es ist wirklich abscheulich, — diese verwünschten Geschäfte!"
Sie seufzte — er seufzte auch, als hätten sie cs Beide wirklich von Grund ihrer Seele aus bedauert — daß Papa jetzt gar nicht mehr im Hause zu sehen war.
„Und können Sie die Briefe nicht ohne ihn erledigen?"
„Ich — ich wollte Herrn Sendler um Rat fragen, aber — das hat ja am Ende auch noch bis Nachmittag Zeit. Das Allerdringendste habe ich, Gott sei Dank, schon besorgt."
„Ich bewundere wirklich Ihren Fleiß, Herr Hügel; Sie opfern sich förmlich auf für unser Haus. Wir haben Grund, Ihnen — sehr dankbar zu sein!"
„Oh — nicht doch, mein Fräulein; das ist ja nur meine Pflicht. Freilich, in den letzten Tagen ging's mitunter — sehr heiß zu! . . ."
„Sie sehen auch angegriffen aus," sagte sie, wieder einen Schritt nähertretend. Ihr ganzer Ton, ihr fast schalkhaftes Lächeln ließ erkennen, daß sich eine solche Szene nicht zum ersten Male zwischen den jungen Leuten abspielte. Die Worte, die sie mit einander wechselten, klangen so — abgemacht, so eingelernt, als bildeten sie die gewöhnliche Einleitung solcher Zwiegespräche. Marie empfahl ihm, sich doch mehr zu schonen, sich nach angestrengter Arbeit eine Erholungspause zu vergönnen, worauf er wieder bemerkte, er widme sich gerne den Interessen der Firma, was das Mädchen bewog — wahrscheinlich als momentan allein anwesendes Mitglied des Hauses Sendler — dem pflichteifrigen Buchhalter die kleine Hand zu reichen und einen feierlichen Dank auszusprechen. Leopold verbeugte sich tief und drückte gerührt einen Kuß auf die rosigen Fingerspitzen, die er — vielleicht aus Zerstreuung — noch lange in seiner Rechten festhielt, und die ihm — gewiß auch nur aus Zerstreuung — unbedenklich überlassen blieben. Erst als sich ihre Blicke begegneten, besann sich die junge Dame und wollte errötend ihre Hand zurückziehen.
„Ich wollte — ich könnte Ihnen helfen." sagte sie verlegen, „Ihnen einen Teil Ihrer Arbeit abnehmen. Hier oben gehe ich ja doch nur müßig!"
Er lächelte und trat dicht an sie heran, als habe er ihr ein wichtiges Geheimnis mitzuteilen.
„Glauben Sie wirklich, daß ich — in Ihrer Gesellschaft — so fleißig arbeiten könnte?"
„Warum nicht?"
„Weil — weil ich mir dann vielleicht gar viel — zu viel — Erholungspausen gönnen würde — Fräulein Marie!"
Sie lachte so silberhell und laut auf, als habe er etwas ungemein Komisches gesagt.
„Dann hat Papa wohl Recht, wenn er behauptet, ich tauge nicht in's Geschäft und — in die Schreibstube! Ich glaube auch selbst, ich würde Sie auf die Dauer mit meinem Geschwätz belästigen, — Nein, nein, keine Complimcnte," wehrte sie ab. ich mag keine galanten Floskeln leiden! — Es ist ja auch nicht Ihre Aufgabe, einem Mädchen Schmeicheleien zu sagen, das sich als privilegierte Müßiggängcrin einem Mann der Arbeit, wie Ihnen gegenüber fast beschämt fühlt. Wirklich, ich bewundere Sie — in Ihrem Eifer und wünsche von ganzem Herzen, mein Papa möge Sie so belohnen, wie Sie es verdienen."
„Wie ich es verdienen möchte!" sagte er leise, mit einem zitternden Seufzer. Aber — ein solcher Lohn wird mir wohl nie zu Teil werden. Ein armer Teufel wie ich, wird höchstens mit Geld belohnt — aber nicht."
Sie sah ihn ernst an. Sein ganzes Herz spiegelte sich in seinem Auge; das trübte auch ihren Blick mit einem feuchten Schimmer. Die beiden kindlichen Gemüter da standen wieder auf dem Punkte, zu welchem sie längst gelangt — aber über welchen sie noch nicht hinausgckommen waren. Jedes wußte genau, was das Andere dachte und fühlte — und wußte auch, daß sie cs von einander wußten — aber da blieben sie auch stehen. Was sie aus mädchenhafter Schüchternheit nicht gestehen konnte, durfte er aus Pflichtgefühl nicht bekennen, denn — sie war ja die Tochter des reichen Sendler's und
er — dessen Eommis.
„Sind Sie so — anspruchsvoll, Herr Hügel?"
Er lächelte trüb und zuckte die Achseln. Er glaubte vielleicht eine herbe Mahnung aus ihren Worten herauszuhören.
„Ja, anspruchsvoll wohl noch jeder Seite, denn ich wünsche gleich nichts weniger — als das höchste Glück. — Ist freilich nicht zu wundern, wenn ich da meine Hoffnungen scheitern sehen mnß. Ich wundere mich nur, daß mich das traurige Bewußtsein, nie mein Ziel erreichen zu können, noch nicht flügellahm gemacht hat."
„Gehen Sie, diese Mutlosigkeit paßt nicht in ihren Charakter!" sagte sie, beinahe unwillig und schüttelte die blonden Locken. „Ich glaubte, Sie wären sich der Kraft bewußt, sich ein schönes Glück erringen zu können. Wenn Sie verzweifeln, dann sehe ich nicht ein, wozu Sie noch immer — einen so kühnen Flug unternehmen. Das wäre eine moralische Schwäche, die ich Ihnen niemals zugetraut hätte. Ich dachte Sie mir als einen festen Charakter, einen klar denkenden Geist, der nur zwei Wege kennt: Ich kann und will — oder: Ich kann nicht, und dann heraus aus der falschen Bahn, auf der ich nur zu straucheln Aussicht habe!"
Er sah sie mit großen Augen an, bewundernd und — etwas erstaunt, denn er konnte den Sinn ihrer Worte nicht recht begreifen.
„Oder sind Sie sich vielleicht selbst nicht ganz klar darüber, was Sie eigentlich wünschen, Herr Hügel?" sagte sie dann mit leichter Ironie.
„Oh, das steht wie üne unauslöschliche Inschrift in meinem ganzen Lebenskatechismus eingegraben, nur könnte ich über die Mittel im Zweifel sein, die ich anzuwenden hätte, um — um mein Ziel zu erreichen."
„Ei! — Lassen Sie doch hören," lachte sie, „was Sie sich da zum Exempel schon ausgedacht haben!"
„Nun — ich möchte reich sein, reich, sehr reich — dann wäre ich vielleicht schon um ein beträchtliches Stück auf meiner Bahn vorgerückt."
(Fortsetzung folgt.)
Bietigheim, 11. Jan. Welch schlimme Mißverständnisse durch unklareFassung von Briefnachrichten entstehen können, zeigt ein Vorkommnis, das für die Beteiligten glücklicherweise eine erfreuliche Wendung nahm. Seit
Weihnachten befand sich das 11jährige Mädchen einer hiesigen Familie bei Verwandten in Pforzheim. Dieser Tage nun erhielt die Stiefmutter des Kindes einen Brief, aus welchem sie entnahm. daß das Mädchen unerwartet schnell gestorben sei. In ihrem Jammer telegraphierten die Angehörigen des Kindes nach Pforzheim, um näheres über die Todesursache zu vernehmen, und als die Antwort hierauf ausblieb, machten sich dieselben auf den Weg. um der Beerdigung anzuwohnen. Wer beschreibt jedoch ihr freudiges Erschrecken, als ihnen, in Pforzheim angekommen, das totgeglaubte Mädchen gesund und munter entgegenkam! Nun stellte es sich heraus, daß die konfus abgefaßte Todesnachricht sich aus den ; verstorbenen Hausherrn der Pforzheimer Ver- ^ wandten beziehen sollte. ^
Vom Wetter im Allgemeinen und das Wetter im I. Quartal 1895 im Besonderen.
Falb stellt für das I. Quartal des neuen Jahres die folgenden kritischen Tage auf.
11. Januar krit. Tag I. Ordnung (Vollmond)
25. „ „ „ III. „ (Neumond)
9. Februar „ „ I. „ (Vollmond) ^
24. „ „ „ II. „ (Neumond)
11. März „ „ I. „ (Vollmond,
totale Mondfinsternis)
26 „ „ „ II. Ordnung (Neumond,
partielle Sonnenfinsternis.)
Es fällt sonach auf den ersten Blick auf, daß die kritischen Tage stets mit Voll- und Neumond Zusammentreffen, welche durchweg einen Umschlag in der Witterung im Gefolge haben, an den kritischen Tagen 1. und 2. Ordnung in der Regel schon einige Tage vorher, an denen 3. Ordnung in der Regel etwas später.
Man lasse jedoch auch die Termine des ersten und letzten Mondviertels nicht außer Acht.
Einige allgemeine Wetterbeobachtungen für längere Zeitläufte haben eine Reihe Gelehrten neuerdings auch aufgestellt und sollen der Beurteilung anheimgegebcn, und der Beobachtung zugängig gemacht werden, ob sie sich erproben ! und bewähren: '
1) Nach einem mäßig warmen Sommer folgt sehr wahrscheinlich ein milder Winter und
nach einem heißen Sommer folgt wahrscheinlich ein normaler oder strenger Winter.
2) Nach einem gemäßigt oder mäßig milden
Winter folgt wahrscheinlich ein kühler Sommer und !
nach einem sehr kalten Winter folgt wahr- ' scheinlich ein kühler Sommer. !
3) Wenn im Anfang des Frühjahrs das !
Wetter zu kalt ist, so ist es sehr wahrscheinlich s auch noch im kommenden Monat zu kalt; -
ist hingegen die zweite Hälfte des April »
zu kalt, so ist nicht unwahrscheinlich der folgende ! Mai zu warm. !
4) Ist das Wetter im Anfänge des Früh- i
lings zu warm, so ist nicht unwahrscheinlich der f
kommende Mai zu kalt. ;
(Ein kluges Kind.j Vater: Siehst Du, liebe Frau, hier ist der Plan unseres neuen Hauses, hier kommt der Garten hin; hier ist die Stelle für den Balkon, und hier wäre unser Empfangssalon. — Die kleine Ella: Und wo kommt die Hypothek hin, Papa? — (Ein Kind seiner Zeit.) Vater: Kannst Du auch schon rechnen, Josephche? — Josephche: Wie haißt? Frag mich nur, Vater! — Vater: Gut, wenn man zu acht Prozent vier dazu nimmt, was giebt das? — Josephche: Ae Wucher- prozeßl !
(Im Zigarrenladen.s Herr (zum Chef):
Ich komme, um Sie um die Hand einer Ihrer j Fräulein Töchter zu bitten! — Zigarrenhändler: Sehr gern, wünschen Tie hell, dunkel oder mittelstark?
(Zustreng.s „Sieh' nur, Tante, das entzückende Vergiß meinnicht-Sträußchen, das mir der Herr Lieutenant gegeben!" — „Was —
Ihr dutzt Euch schon?!"
Scherzfrage.
Warum ist ein Landrat eine matematische Unmöglichkeit? —
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Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.