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fällig ausgenommen und aus denselben das definitiv gültige Zeichen ausgewählt. Aus den Berichten von Oberst v. Karaß aus Wildbad, Fabrikant Arthur Junghans aus Schrambcrg, Oberförster Wcilh aus Altensteig. Oberförster Koch aus Hirsau, Waldmspektor Bischer aus Freudenstadt und Inspektor Regelmann aus Stuttgart ergab sich ein sehr erfreuliches Bild der Thätigkett des Vereins. Rektor Dr. Weizsäcker in Calw berichtete sodann über die neu gegründete Bibliothek und Kartensammlung des Vereins, welche in Calw verwahrt wird und den vielversprechenden Anfang eines Schwarzwaldmuseums bildet. Hofbuchhändler Ringe machte endlich die Mitteilung, daß er die Vereinszeitschrift künftig monatlich erscheinen lassen werde, statt 9mal jährlich. Bei der eingehenden Beratung der schwebenden Organisationssragen gaben Stadtschultheiß Brodbeck und Fabrikant Fink die freudige Kunde, daß in Nagold sich demnächst 60 neue Mitglieder an den Verein anschließen werden. Dem Gründer des württb. Schwarzwaldvereins, ff Baurat Rhcinhard, wird in dankbarer Erinnerung an seine hingebende Thätigkeit vom Gesamtverein auf der Ruine Waldeck, unweit Calw, an den Bundsandstein- felsen eine Gedenktafel errichtet werden.
Pforzheim, 4. Dez Die hiesigen Aussteller von der Weltausstellung in Antwerpen überlassen die daselbst benutzten Schränke dem hiesigen Kunstgewerbeverein. Im Ganzen sprachen sich sämtliche Aussteller sehr befriedigt über das Gelingen des Antwerpener Unternehmens aus.
Pforzheim. 4. Dez. Dem gestrigen Pferdemarkt waren 132 Pferde, dem Viehmarkt 50 Ochsen, 200 Kühe. 100 Kalbinnen und 30 Kälber zugetrieben. Der Handel war etwas flau. Die Preise sämtlicher Viehgatlungen zeigten einen geringen Rückgang.
Deutsches Weich.
Kiel, 4. Dez. Der Kaiser, der heute vormittag um 8'/i Uhr hatte Generalmarsch schlagen lassen, traf mit dem Prinzen Heinrich um 8^/i Uhr auf dem Hofe der Marinekaserne ein und nahm die Parade über die Marinedivision, das Seebataillon und die Marineinfanterie ab. Der Kaiser begab sich hierauf unter dem Salut des Manövergeschwaders an Bord des Panzerschiffes „Kurfürst Friedrich Wilhelm". Das Manövergeschwader ging um 10 Uhr in See und kehrte um 4 Uhr zurück.
Berlin, 4. Dez. Der Prinz von Wales und sein Sohn, der Herzog von Jork, beehrten heute Vormittag den Reichskanzler Fürsten Hohenlohe mit längerem Besuch.
Wie schon in einem Telegramm erwähnt, übte Dr. Hansemann, der Assistent Birchows in der medizinischen Gesellschaft in Berlin scharfe Kritik an Behrings Serumtherapie. Der Bericht lautet in kurzem Auszug: „Berlin, 28. Nov. In der heutigen überaus zahlreich, wie nur in oer Tuberkulin-Aera besuchten Sitzung der Medizin. Gesellschaft hielt Dr. Hansemann, der Assistent Birchows, einen glänzenden Aufsehen erregenden Vortrag über Diphterie- und Serum-Behandlung, worin er auf Grund sorgfältiger Prüfung baktcriologffcher Funde und Lehren, zahlreichen klinischen Materials und von ihm selbst obduzierten Fälle zu folgenden Hauptergebnissen gelangte: 1) Der Löffler'sche Bazillus ist, da er nicht allein in Diphteriefällen, andererseits aber bei gesunden und in manchen leichten Erkrankungen, wie in Bindehautkatarrh der Augen vorkommt, nicht sicher als Ursache der Diphterie anzuerkcnnen. 2) Die immunisierende Wirkung des Heilserums gegen Diphterie beim Menschen ist nicht bewiesen; zahlreiche Erkrankungen erfolgen trotz Einspritzung angeblich immunisierender Serumdosen.
3) Es ist kein spezifisches Heilmittel, denn sichere Heilungen sind nicht erwiesen. Es starben selbst am ersten Tage und bei anscheinend leichter Erkrankung injizierte Kinder. Die Statistiken der Serumbehandlung, wie z. B. die Körte'sche sind nicht günstiger als die anderer Behandlungen.
4) Das Heilserum ist nicht unschädlich, sondern erzeugt schwere Hautausschläge, Gelenk- und zuweilen rötliche Nierenentzündungen. Diesem Vorträge folgte rauschender Beifall."
Berlin. 3. Dez. Der 24jähr. Schuhmacher Ernst Bischofs aus Großenhain in Sachsen verübte gestern Abend im Norden Berlins einen bestialischen Lustmord an einem sechsjährigen Mädchen, Namens Anna Mosler. indem er dem Kinde den Unterleib aufschlitzte. Der Mörder ist verhaftet. Die Thal erscheint um so verab- fcheuungswürdiger, als das Opfer ein Kind ist. Am Sonntag abend gegen 9 Uhr erbat sich das Kind die Erlaubnis, nach dem Hofe gehen zu dürfen. Aus Vorsicht gab der Vater den 8jährigen Bruder mit. Im Hausflur sahen Beide den 9jährigen Knaben Schubert im Gespräch mit einem Manne. Als dieser Anna Mosler sah, fing er ein zärtliches Gespräch mir ihr an und veranlaßte die beiden Knaben, denen er Geld gab. Schnaps zu holen. Davon gab er allen drei Kindern zu trinken. Die Flasche ließ er fünfmal mit Schnaps füllen. Als nun der Mann sah. daß der Branntwein seine Wirkung auf die Knaben übte, entfernte er sie unter einem Vorwände und ging mit Anna Mosler nach der unbelebten Nazarethkirchstraße zu. Als das Brüderchen Max Mosler betrunken in die elterliche Wohnung ohne seine Schwester zurückkehrte, teilte er das Geschehene kurz mit. Die Mutter wurde von Angst befallen und veranlaßte ihren Mann, mit ihr zusammen das Kind zu suchen. Als das Ehepaar die Gebüsch- Anlagen an der Nazarethkirche betrat und hier einen Mann noch ihrem Töchterchen fragte, gab dieser zur Antwort, daß er die Kleine in Begleitung eines Unbekannten eben erst gesehen habe. Da es mittlerweile halb elf Uhr geworden war, wandte sich die geängstigte Mutter an den Nachtwächter des Reviers mit der Bitte, bei dem Suchen nach ihrer Tochter behilflich zu sein. Plötzlich erfolgte ein Schrei, der aber so klang, als wenn ein kleiner Hund einen Schmerzens- laut ausstieß. Die Eltern und der Wächter gingen dem Laut nach und bemerkten dicht vor der Sakristei nach der Schulstraße zu einen Mann, welcher über und über mit Blut besudelt war; das Kind war entkleidet und tot. Der sofort verhaftete Mörder gab an, daß er der am 16. September 1870 zu Großenhain in Sachsen geborene Schuhmacher Ernst Bischofs sei. Er habe weder Wohnung noch Arbeit. Bei der Vernehmung spielte er die Rolle eines stupiden Menschen. Wichtig ist, daß er sich vor etwa 8 Tagen in der Liebenwalderstraße umhcr- getrieben und auch damals versucht hat, kleine Mädchen an sich zu locken. — Die Leiche des Kindes wurde zwecks gerichtsärztlicher Oeffnung nach dem Schauhause gebracht. Die polizeiliche Besichtigung der Leiche ergab Folgendes: Der Unterleib des Kindes war bis zum After aufgerissen; das Nasenbein war anscheinend durch einen Druck zertrümmert; in dem Munde der Kindesleiche fanden sich Kieselsteine bis zur Größe eines Taubeneis vor; die Brust war mit Fingernägeln zerkratzt; der übrige Körper zeigte überall blutunterlaufene Stellen. Bischofs will seit sechs Wochen in Berlin sich aufgehalten haben. Bei seiner ersten Vernehmung leugnete er zwar nicht, dem Kinde Gewalt angethan zu haben, behauptete aber, daß er es nackt im Gebüsch habe liegen sehen. Auch bestritt er. die Steine in den Mund des Mädchens gesteckt zu haben. Das zweite Verhör hatte das Ergebnis, daß Bischofs aussagte, er habe die Kleine in unlauterer Absicht fortgeführt, in dem Gestrüpp an der Kirche entkleidet, zu Boden geworfen und geschändet, nachdem er ihr Schreien dadurch verhindert, daß er ihr Steine in den Mund gesteckt habe. Bischofs wird sich wegen seines scheußlichen Verbrechens gegen Z 178 des Strafgesetzbuchs. der lebenslängliche Zuchthausstrafe oder Zuchthaus nicht unter 10 Jahren androht, zu verantworten haben.
Dresden. In einer Wohnung auf der Kiefernstraße r>ß ein drei Jahre aller Knabe während der nur kurzen Abwesenheit der Mutter die brennende Petroleumlampe um, so daß das Oel auslief, sich entzündete und ein neben dem Tische in einem Korbe liegendes drei Monate altes Mädchen schwer verbrannte, welches bald darauf starb.
Mainz, 29. Nov. Der 50000 Mark
betragende Ueberschuß des Elften Deutschen Bundesschießens ist folgendermaßen verteilt worden: Der Mainzer Schützengesellschaft sind 34000 Mk., für die Einrichtung eines bleibendes Andenkens 8000 Mk. für das Denkmal des verstorbenen Herzogs Ernst von Koburg und für das des verstorbenen Großherzogs von Hessen je 500 Mk. überwiesen worden. Der Rest ist für verschiedene Wohlthätigkeitsanstalten bestimmt, darunter für die Journalisten-Penfionskassen 800 Mk.
Bruchsal, 3. Dez. Heute Nacht gegen 12 Uhr ist die Papierfabrik von Paul Mezger mit allen Vorräten an Rohmaterial und fertigen Waren vollständig niedergebrannt. Sämtliche Maschinen, alle nach der neuesten Technik konstruiert, sind zerstört Die Feuerwehr hatte eine riesige Arbeit, um die Nachbargebäude zu schützen, da die H'tze bei der Menge brennbarer Stoffe eine ganz intensive war; cs gelang auch, die Nachbargebäude, die allerdings in einiger Entfernung stehen, zu retten. Ueber die Ursache des Brandes verlautet noch nichts bestimmtes. Gebäude und Fahrnisse. Vorräte, Maschinen u. s. w. sind bei der Elberfelder Feuerversicher- ungs-Gesellschaft versichert.
Mannheim, 3. Dez. Dem 4 Jahre alten Sohn des Mechanikers Erlewein wurden, als er die Hand durch den Zaun eines eingesriedigten Steinhauerplatzes steckte, won dem daselbst Wache haltenden Neufundländer? die vorderen Glieder des Mittel- und Goldfingers abgebissen.
Württemberg.
Stuttgart, 3. Dez. Heute vormittag fand die Nagelung der neuen Fahnen der vierten Bataillone der acht württ. Infanterie- Regimenter, ferner der Fahnen des Pionierbat. Nr. 13, des Landwehrbat. Rottweil, Hall, Ell- wangen, Ravensburg und Ehingen, sowie der Standarte des Reserve-Drag -Regts. im Festsaale des Residenzschlosses statt. Die Nagelung vollzogen der König, die Königin, die Prinzen und Prinzessinnen von Württemberg sowie die höheren Vorgesetzten der betreffenden Truppenteile. Darauf erfolgte im Schloßhofe die Weihe der Fahnen durch die Garnisonspfarrer, die Uebergabe an die Truppenteile und Vorbeimarsch der Regimenter. 101 Salutschüsse wur- den abgegeben. Se. Majestät der König übergab die Fahnen mit folgenden Worten: „Kameraden! An dem Tage, an welchem vor 24 Jahren die Fahnen meines Armeekorps frische Lorbeeren, getränkt mit dem Blute so vieler treuen Söhne des Vaterlandes, den alten hinzugefügt haben, ist es mir eine hohe Freude, diese neuen Ehren- zeichen den seither gebildeten Truppenteilen zu übergeben. In vollem Vertrauen zu euch, die ihr nunmehr berufen seid, dieselben zu bewahren und hochzuhalten, thue ich es, überzeugt, daß ihr. wenn, was Gott verhüten möge, ihr einmal meinem Rufe zur Verteidigung des Vaterlandes folgen müßtet, eure Fahnen selbst mit dem Leben zu schützen und zu verteidigen wißen werdet. Dafür bürgt mir die Vergangenheit meiner Truppen, der Sinn, der unentwegt treu in den Herzen meiner Württemberger schlägt. Nur mit dem Leben giebt der Soldat seine Fahne hin, zu der er geschworen, die ihm das höchste Sinnbild ist aller seiner Pflichten gegen Gott, den Allerhöchsten, gegen seinen obersten Kriegsherrn, gegen seinen König, gegen sein Vaterland. Nachdem diese Fahnen nun die höchste Weihe erholten haben, mögen sie euch allezeit an diese Pflichten mahnen und ihr möget eingedenk sein dieser feierlichen Stunde und den stolz wehenden Fahnen Ehre machen. Das walte Gott." Abends schloß die Feier mit einem Galadiner im Residenzschlosse, zu welchem die Generalität und die Deputationen Einladungen erhalten hatten.
Stuttgart, 3. Dez. Der Präsident des K. Staatsministeriums, Herr Staatsminister Dr. Frhr. v. Mittnacht hat sich heute nach Berlin begeben, um an den Verhandlungen des Bundesrats teilzunehmen.
Fortsetzung in der Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.