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den sie eines besseren belehrt. Die lange Bütte, in der sich gährender Most befand, war zur Hälfte leer. Das treue Vieh war also am Abend vorher, als es, wie gewöhnlich, frei im Hofe herumlief in die Scheune geraten und hatte sich eine tüchtigeKischt" angedudelt.Un m'r merkt's em heut au an." sagte der Franztoni, d'r Schimmel mueß a famose Katzenjammer Han. denn er hett schon drei Kiewel voll Wasser g'soffe."

München, 15. Nov. Im hiesigen Panop­tikum wird zur Zeit ein Mann namens Ali Hassan vorgestellt, der sich wohl mit Recht als größten Menschen der Welt" bezeichnen darf. Ali Hassan, ein sunger Mann von erst 17 Jahren, stammt, wie dieAllgem. Ztg." mitleilt. aus Aegypten, und zwar von der Siuah- oder Jupiter Ammons-Oase, von wo ihn der bekannte Direktor Möller herüberbrachte, der die Araber-Karawane, sowie auch das Dinka-Neger- dorf durch Deutschland führte. Hassan Ali ist Mohamcdaner und lebt streng rituell, was ihn aber nicht hindert, dreimal so viel zu essen als ein normaler Mensch. Sein jetziges Körpermaß beträgt zwcihundertundvierzig Centimeter. Breitet er die Arme aus, so beträgt die Entfernung von einer Fingerspitze zur anderen genau 2 Meter 38 Centimeter. Der Kopf hat eine Höhe von 31 Centimetern, wogegen die Breite desselben nur 18 Centimeter beträgt. Die Länge der Füße ist 35 Centimeter. Seine Hände messen von der Handwurzel bis zur Fingerspitze 33 Centimeter.

HohesHonorar. Professor Leyden, dem als Honorar täglich 1000 Rubel zugesagt waren, erhält, wie der Ausdruck lautet, in Berücksichtig­ung der Hingebung, mit der er den Zaren pflegte, eine hohe Pauschalsumme. Man spricht von 75100000 Rubeln. Der große Medizin­mann kann sich dazu gratulieren, daß er diese Summe nicht zu dem Kurse von Ende 1888 um­zuwechseln braucht. Alsdann hätte er 161000 Mark verdient, während er jetzt 224 500 Mark erhält.

» Ein Geschenk für den Kaiser. Eine größere Anzahl Elefantenzähne traf im Neuen Palais zu Potsdam ein. Dieselben hat ein Häuptling aus dem Kilimandjcharo-Gebiete zum Zeichen seiner Unterwerfung dem Kaiser über, sandt.

Das schnellste Dampsboot der Welt ist die Hibernia", ein in England fertiggestelltes Fahrzeug von kaum 15 Meter Länge, welches bestimmt ist, die Schiedsrichter bei Ruder-Re­gatlas zu tragen. Die Geschwindigkeit desselben kann, nach einem Berichte des Berliner Patent­bureau Gerjon u. Sachse, bis zu 54 Kilometer die Stunde gesteigert werden; es ist dies die Geschwindigkeit eines Schnellzuges. Wird die­selbe innegehaltcn, so ruht das Vorderteil des Schiffes scheinbar auf dem Wasser, während Mitte und Hinterteil von zwei gewaltigen Wellen­bergen flankiert werden, die über die Höhe des Rumpfes emporsteigen. Zur Erzeugung des Dampfes dient ein stählener Lokomotivkeffel von 8 Millimeter Wandstärke. Bei Erreichung der Maximalgeschwindigkeit macht die Schiffsschraube über tausend Umdrehungen in der Minute.

An einem der schlechten Rechner, die das Geschäftsleben so unerfreulich machen, dem Bau­meister Karchow, hat die Berliner Stadtver­waltung ein Beispiel festgestellt. Der Mann hatte einen großen Bau um 120000 billiger als seine Mitbewerber übernommen und schließ­lich noch 100000 zugesetzt. Umsonst bat er nun um Ersatz seines Verlustes. Er bekam nicht einen Pfennig, weil das eine Ungerechtigkeit gegen die Mitbewerber sein würde. Noch ge­rechter und außerdem nobel würde es von dem wollödlichen Magistrate gewesen sein, den Leicht­sinn Karchows überhaupt nicht zu benutzen.

Trotzdem schon oft auf die Nutzlosigkeit der Scheüleder bei den Pferden aufmerksam

gemacht wurde, ist dieses Marterinstrument immer noch stark in Gebrauch. Es kommt einem ge­rade vor, als ob manche Pferdcbesitzer oder Rosselenker meinen, solche Scheuklappen gehören schon deshübschen Aussehens" wegen zu einem Pferdegeschirr. Welche Qualen sie dadurch dem armen Tiere bereiten, kommt ihnen gar nicht zum Bewußtsein. Und wir meinen, so ein Pferd sei geplagt genug auch ohne dieses raffinierte Korrekturmittel der Augen. Lasse man das Pferd frei umherschauen, so wird es viel weniger scheuen, als wenn es fortwährend durch Reiben oder Anschlägen der Lappen gereizt wird. Also weg mit den Scheuklappen, sie sind eine Tortour für die Pferde, nützen gar nichts und bilden höchstens die Ursache zum Scheuen und damit zu Unglücksfällen.

(Der Schlachtapparat für Schweine) und andere Haustiere (Patent Nr. 77661) von Ar­mand Chollet in Maracon (Cant de Vaud, Schweiz) zeichnet sich durch seine Einfachheit vor­teilhaft aus, was für derartige Geräte von Be­deutung ist. Er besteht aus einem starren Bügel, der mittels eines federnden Stiftes am Kopf des Tieres hinter dessen Ohren festgehalten wird. In dieser Lage liegt ein in dem Bügel geradegeführter Schlagstift, der einen scharf- kantigen Rand besitzt, unmittelbar hinter einem Ohre in solcher Richtung, daß ein einziger leich- ter Schlag, den man auf sein anderes knopf­artiges Ende führt, ihn in das Genick treibt, wodurch der unmittelbare Tod des Tieres her. beigeführt wird.

(Caprivi als Opfer eines Witzbolds) Die Polizei sucht immer noch eifrig nach dem unbe­kannten Witzbold, der sich den nichtsnutzigen Scherz machte, sobald die Entlassung Caprivis bekannt war, bei zahlreichen Lohnfuhrwerksbe­sitzern unter dem Namen Caprivis große Möbel- wagen zu bestellen, die dessen Inventar aus dem Reichskanzleramt abholen sollten. So erschienen zur selben Stunde 13 verschiedene riesige Möbel­wagen in der Wilhelmsstraße, um Caprivis sehr bescheidenen Junggesellenhausrat einzupacken, wo­rüber großes Halloh entstand.

(Ein Biedermann.) Polizeiwachmann:Was machen Sie da?" Einbrecher:Ich Hab' vor vierzehn Tagen einen Hausschlüssel gesunden und da probier' ich, in welches Haus er paßt, damit ich ihn dem Eigentümer wieder zurück- geben kann!" (Gut weggekommen.j Rechts­praktikant (nach der Verhandlung zu seinem Klienten, der zum Tod^verurteilt wurde):Nun. Sie sind noch gut davongekommen! Mein Kollege verteidigte gestern einen ähnlichen Fall und da bekam der Klient Todesstrafe und noch zehn Jahre Zuchthaus obendrein!"

sDie Unschuld vom Lande.) Ein General macht mit seiner Gattin eine Gebirgstour. Sie übernachteten in einem ländlichen Gasthof und am Morgen entdeckt der General mit Verwunder­ung, daß nur ein Waschgeschirr vorhanden ist. Er schellt dem Stubenmädchen.Ist es hier Mode, daß zwei Gäste eine Waschschüssel ge­brauchen?" fragte er ärgerlich.No. nix für ungut, gnä' Herr," antwortet die ländlich Schöne besänftigend,i Hab' halt denkt, Sie wären verheiratet!" (Fl. Bl.)

(Unangenehme Einweihung.) Einem Re- dakteur wird von einem unverwüstlichen Ein­sender zum Namenstage ein hübscher Papier­korb mit poetischer Widmung übersandt. Tags darauf kommt der Dichter selbst:Na. gefällt Ihnen der Papierkorb?"Sehr! Ich danke Ihnen noch vielmals für die Aufmerksamkeit!" Fand auchdas Widmungsgedicht Ihre An­erkennung?"Gewiß, ich Hab' den Korb gleich damit eingeweiht!"

Telegramme.

Berlin, 18. Nov. Morgen Vormittag findet aus Anlaß der Beisetzung des Kaisers Alexander in der Kapelle der russischen Botschaft eine Trauermesse mit darauffolgendem Requiem

statt. Zu dieser Feier wird das Kaiserpaar er- scheinen. Außerdem werden die Prinzen des königlichen Hauses, die hier weilenden Prinzen souveräner Häuser, sowie die Generalität und die Ritter des Schwarzen Adlerordens dem Gottesdienste beiwohnen.

Berlin. 19. Novbr. Aus Petersburg meldet dasTagebl.": Bezüglich der Vermähl­ung des Zaren Nikolaus wird ein Manifest vor­bereitet, worin es heißt:In Erfüllung des letzten Willens meines entschlafenen Vaters und auf dringenden Wunsch meiner Mutter erkannte ich als richtig, jetzt in die Ehe mit meiner Bex. lobten Alexandra Feodorowna zu treten.

Straßburg. 19. Nov. Die Abschieds­huldigung für den Reichskanzler verlief groß­artig. Die Stadt prangte im reichem Flaggen­schmuck. Nachmittags fand eine Serenade des elsässischen Sängerbundes im Hofe des Statt­halter-Palais statt. Während der Fahrt der fürstlichen Familie zum Bahnhose bildeten 257 Vereine mit über 10 000 Mitgliedern, die Lampions trugen, Spalier. Auf eine Ansprache des Bürgermeisters dankte der Fürst für die groß­artige Kundgebung. Es wurde eine glänzende Ovation von über 200 Vereinen von Stadt und Land mit über 8000 Fackeln dargebracht. Die Studentenschaft und die Schulen bildeten Spalier vom Palais bis zum Bahnhof. Der Reichs­kanzler empfing den Festausschuß und dankte be­wegt auf die Anrede. Am Bahnhof fand eine zweite Ovation statt. Der Reichskanzler reiste um 6'/» Uhr nach Baden-Baden ab.

Heidenheim, 19. Nov. Im hiesigen Oberamt ereignete sich letzter Tage ein schweres Jagdunglück. Ein Jadpächter von Heuchlingen traf im Wald einen Bekannten namens Eberhardt, der gleichfalls großer Jagdliebhaber ist, übergab diesem sein Gewehr mit dem Ersuchen, bei einem Wechsel stehen zu bleiben und auf dem Wechsel zu warten. Eberhardt vernahm im Gebüsch ein Geräusch und in der Meinung, daß dies von dem erwarteten Rehbock herrühre, gab er zwei Schüsse ab, traf aber mit beiden einen älteren Mann, dem die Schrote durch die blaue Blouse in den Leib gegangen waren. Der Verletzte be­ruhigte zwar den jammernden Eberhardt mit der Versicherung, daß er gar nichts spüre, ging auch mit Eberhardt nach Hause und versprach ihm, er würde ihn nicht verraten. Am gleichen Abend starb aber der Geschossene, ohne daß er jemand etwas davon gesagt hätte, von wem er seine Schußverletzung hätte. Der Verdacht fiel nun auf den Jagdpächter, weil man ihn mit der Flinte in den Wald hatte gehen sehen und dieser teilte der am Thatorte am Samstag erschienenen Gerichtskommission den wahren Sachverhalt mit.

Petersburg, 18. Nov. Es verlautet, der Zar beabsichtige die Einführung verschiedener Reformen, darunter die Verantwortlichkeit der Minister.

Petersburg, 19. Novbr. Die deutsche Deputation hatte gestern Nachmittag eine Audienz beim Zaren. Prinz Heinrich wohnte Vormittags dem Gottesdienste in der Petrikirche bei. Heute Abend ist feierlicher Trauergoltesdienst in der evangelischen Petrikirche, woran sich die deutschen Gäste beteiligen. Gestern Nachmittag verkündeten Herolde die heute stattfindende Beisetzung der Leiche Alexanders. Der König von Serbien, Prinz Ludwig von Bayern, Herzog Albrecht von Württemberg, Prinz Friedrich August von Sachsen, Prinz Ferdinand von Rumänien sind gestern eingetroffen.

Rom, 19. Novbr. Die Nachrichten über das Erdbeben im südlichen Italien wurden durch Unterbrechung der Telegraphenlinicn ver­spätet. In der Ortschaft San Procopio im Bezirk von Palmi sind 47 Personen unter den Trümmern der Kirche begraben. Die Zahl der Toten wird auf insgesamt 60 geschätzt. In Santa Eufemia zählt man 8 Tote, in Oppido- Mamertino 4 Tote, in Bagnara 7 Tote, überall zahlreiche Verwundete. In Palmi sind fast alle Gebäude unbewohnbar; Truppen und Pioniere sind zur Hilfeleistung abgegangen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neusen bürg.