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liltene Beleidigung noch die Eifersucht, und das nimmt kein gutes Ende."
In diesem Augenblick wurde Trommelwirbel vernehmbar; der Wirt stürzte herein und berichtete, dass sich ein Volkshaufe schreiend und tobend dem Rathaus nähere und Verwünschungen und Drohungen ausstoße.
Sofort erhob sich der. Syndikus,', um sich nach der Amtsstube zu begeben, wo der inzwischen wieder zurückgekehrte Bürgermeister und ein Teil der übrigen Ratsherrn bereits versammelt waren. Auch der Oberst der wehrhaften Bürgerschaft, Mathias Horn, brach eiligst auf, um nötigenfalls auf seinem Posten zu sein.
Das Letztere war indeß überflüssig, denn die Trommler der Kaiserlichen waren es, welche Generalmarsch schlugen und aus allen Häusern stürzten die dort einquartierten Soldaten hervor und begaben sich eiligst auf ihre Sammelplätze.
Von der Lambertuskirche her, welche damals noch mit einem weiten Begräbnisplatz umgeben war, ertönte wüstes Geschrei, während sich auf dem Marktplatze bereits das Fußvolk aufgestellt hatte, um erforderlichen Falles sofort bei der Hand zu sein. Näher und näher kam der Haufe, welcher sich zusehends vergrößerte, denn aus allen Gassen strömten Neugierige herbei.
Jetzt bog die tobende Horde nach dem Marktplatze ein. Als die Menge die dort ausgestellten Kaiserlichen mit Gewehr bei Fuß erblickten, stutzten sie einen Augenblick, dann aber zogen sie weiter bis vor das Rathaus.
„Der Bürgermeister — wo ist der Bürgermeister!" schrie das Volk.
Der Gerufene erschien am offenen Fenster.
„Bürger von Düsseldorf, was soll dieser Masscnaufzug?" redete er vom Fenster herab die Menge an. „Wer ein Anliegen, einen Wunsch oder eine Beschwerde vorzubringcn hat, der weiß, daß die Thüren unserer Ratestubc jederzeit für ihn offen stehen und daß Ursachen zu begründender Unzufriedenheit bereitwilligst untersucht und wenn möglich beseitigt werden. Jetzt redet, was ist Euer Begehr?"
„Verrat, Rache, Willkür, wir verlangen Gerechtigkeit" — so klang es wild durcheinander.
Das Stadloberhaupt winkte mit der Hand, aber cs dauerte geraume Zeit, ehe Ruhe wurde. Als der Bürgermeister endlich hoffen durfte, verstanden zu werden, rief er mit weithinschallender Stimme:
„Aus diesem Stimmengewirr vermag Niemand klug zu werden, wenn Ihr nicht in ruhiger und angemessener Weise Eure Wünsche Vorbringen wollt, schließe ich das Fenster und ziehe mich zurück. Sendet zwei oder drei Mann herauf zu mir oder sprecht vom Platze aus mit mir. so will ich Euch anhören und sichere schon im Voraus Abhülfe zu."
Jetzt verhielt sich das Volk ruhig, nur einzelne Stimmen: „Von hier aus sprechen, wir wollen es auch hören", wurden vernehmbar.
Drei Männer traten vor, und einer derselben führte das Wort:
„Dem Fischer Andreas hat man in vergangener Nacht sein einzig Kind, eine Tochter von 17 Jahren geraubt", sagte er unter laut- loser Stille der Versammelten. „Das Haus des Andreas liegt draußen am Ufer des Rheins und während der Vater seine Reusen zur Nacht- fifcherei legte, sind die Räuber von der entgegengesetzten Seite des Rheins auf einem Kahn herangekommen, haben das Haus erbrochen und sind mit dem Mädchen aus und davon."
„Woraus schließt man, daß ein Raub vorliegt?" fragte der Bürgermeister.
„Die Thür, welche von innen mit einem Holzriegel verschlossen war, ist von außen gewaltsam geöffnet worden, das ist deutlich zu sehen", berichtete der Sprecher. „Außerdem befanden sich im weichen Ufersande deutliche Abdrücke von Männerstiefeln, wie sie nur die spanischen Söldner tragen. Drei Männer sind es gewesen, welche das Bubenstück verübt haben und daß es Spanier gewesen sind, dafür bürgt uns dies!"
Er hob die Rechte hoch empor.
„Hier diese violette Hellebardenquaste fand sich am Orte der That", fuhr er fort, „und
solcher Zierrat findet sich nur an den spanischen Lanzen unserer guten Freunde aus dem Lager von Zons. Die Schurken haben sich vorgesehen und sind auf Wicderstand gefaßt gewesen; deshalb nahmen sie Waffen mit, ohne zu ahnen, daß dieselben zu Verrätern werden würden. Und jetzt, wohledlcr Herr Bürgermeister und hochweiser Rat, fordern wir strenge Bestrafung der Schuldigen; vor diesem spanischen Gesindel ist kein Mensch mehr seines Lebens sicher, darum hinaus mit diesem Volke aus unserem Belgischen Lande!"
„Ja wohl — hinaus mit den Räubern und Dieben —" schrie das Volk.
(For tsetzung fo lgt.)
„Ohne Hochachtung."
Die Firma BasseundSelveinAltena (Westfalen) hat an ihre Geschäftsfreunde folgendes Rundschreiben erlassen:
Die vielfach zur Eröterung gestellte Frage der Vereinfachung des Schreibwerks bei den Behörden und Verwaltungen hat den Wunsch erkennen lassen, auch im kaufmännischen Verkehr Aenderungen und Verbesserungen zu schaffen, um die dort vorhandenen Gebräuche zweckentsprechend und zeitgemäß umzugestalten. Es ist namentlich ein Gegenstand der Klage, daß die bei der Anrede und beim Schluß der Geschäftsbriefe angewandten Redewendungen und Formen veraltet, unschön und unnötig seien und ihre völlige Beseitigung geeignet sei, Zeit und Worte zu sparen und eine Reihe von Mißdeutungen auszuschließen. Wir schließen uns der Ansicht völlig an, daß die am Schluffe eines Brieses gebräuchlichen Redewendungen, die sich in allerlei Abstusungen von „Achtungsvoll" bis zur „vollkommensten Hochachtung und Ergebenheit" bewegen, vollständig überflüssig sind und oft, wenn vermeintlich nicht richtig angewendet das Gegenteil von dem erreichen, was ste bezwecken, nämlich anstatt besonders verbindlich ausgefaßt zu werden, nur eine gewisse Mißstimmung zurücklassen. Wir geben daher den mit uns im Verkehr stehenden Firmen anheim, sich in dem Brieswechsel mit uns dieser Gebräuche zu enthalten; wir werden die genannten Formeln in der Folge nicht mehr zur Anwendung bringen in der Voraussicht, daß unsere Geschäftsfreunde unser Vorgehen billigen und sich demselben anschließen werden. Wir gehen dabei von dem Grundsatz aus, daß es nicht erforderlich ist, im laufenden Geschäftsverkehr diejenigen Versicherungen der Ergebenheit und Hochachtung zu wiederholen, die wir als selbstverständliche Grundlage der anzuknüps- enden oder zu unterhaltenden Geschäftsverbindungen betrachten.
Das Schreiben verdient Beachtung und Nachahmung in den Kreisen, an welche es gerichtet ist. Falls, wie, wir hoffen, dieser Entschluß der Herren Basse und Selve bei ihren Fachgenossen Nachahmung finden sollte, würde sich darüber wohl niemand mehr freuen als das — beinahe hätten wir gesagt despektirliche — Wörtchen „achtungsvoll". Ist cs doch bekannt, daß grade diese Floskel den schriftlichen Gepflogenheiten gemäß in der Regel angewendet wird, um, wenn nicht den völligen Mangel, so doch den möglichst niedrigen Grad der Gesinnung zu bezeichnen, den man im sozialen Debet- und Kreditverkehr an den Tag legen zu müssen glaubt.
Von einem ehescheuen Bräutigam handelt folgendes Geschichtchen, das man in der „Berl. Presse" ausgezeichnet findet: Auf einem hiesigen Standesamte war die Eheschließung des Schlossergeselleu W. mit seiner Braut angesetzt. In der Wohnung waren die Zeugen schon versammelt, und alles wartete auf den Bräutigam. Dieser erschien aber nicht, sondern sandte durch einen Dienstmann folgenden Brief: „Liebe Auguste! Ich kann leider nicht zur Trauung kommen, weil ich keinen Anzug habe. Ich hatte mir einen bei einem Schneidermeister bestellt, aber als ich ihn heute haben wollte, gab er ihn ohne sofortige Bezahlung nicht heraus. Da ich kein Geld hatte, kriegte ich auch keinen Anzug, weswegen die Trauung nicht stattfinden kann. Wenn ich aber alles bar bezahlen soll, so ist es besser, ich heirate überhaupt nicht." — Da der Bäutigam wirklich nicht kam, und auch in seiner Wohnung nicht gefunden wurde, blieb nichts anderes übrig, als den Standesamtstermin absetzen zu lassen.
(Zweimal Drillinge.) Dem Grubenarbeiter Grabinski in Königshütte wurden innerhalb der letzten zwei Jahre sechs Kinder bescheert. Im Juni 1893 wurden ihm geboren drei Mädchen, die jedoch bald nach der Geburt verstorben. Am 1. Oktober d. I. wurden ihm wieder Drillinge zwei Knaben und ein Mädchen) geboren.
Berlin, 9. Okt. Mieter, die mit ihrem Hausherrn unzufrieden sind — es soll solche geben —, werden nicht ohne Ergötzen folgendes Geschichtchen lesen, welches das „Niederbarnimer Kreisbl." erzählt: „Im nahen Velten nahm beim Wohnungswechsel ein Mieter von seinem Wirte in einer gewiß wohl noch nicht dagewescnen Weise Abschied. Er ließ durch eine Musikkapelle zwei Stunden lang den Choral „Nun danket alle Gott" spielen. Der Hausherr mag kein übles Gesicht zu diesem „frommen" Einfall stines Mieters gemacht haben.
Ein riesiger Mahagonistamm, wohl der größte Stamm dieses edlen Holzes, den die amerikanischen Wälder je hervorgcbracht haben, ist in der Sierra Chisee in Guatemala gefällt worden. Der Stamm ergab einen Block brauchbaren Holzes von 13,52 m Länge, welcher am dickeren Ende 1,52 mal 1,27 mißt und etwa 19 600 KZ wiegt. Der Block wurde ca. 480 weit auf dem Rio de la Pasion und dem Rio Usumacinta nach Laguna an der Küste der Campochc-Bay geflößt, dort in zwei Teile zerschnitten und nach Grecnpoint, N.-A., Ver. Staaten von N. A., verschifft. Aus jedem der beiden Stücke könnten etwa 28 massive, aus einem Stück bestehende Tischplatten von 6,70 w Länge und fast 1'/- in Breite hcrgcstellt werden, an deren jeder bequem 32 Personen Platz fänden. (Mitgeteilt Vom Patentbureau von Otto Wolfs in Dresden. Abonnenten dieser Zeitung erteilt das Bureau kostenfreie Auskunft über Patent-, Marken- und Musterschutz.)
Ueber das Gallisiren des Weines geht „Schw, Merk." von Hin. Prof. Dr. G. Jäger nachstehende Einsendung zu: In dem dankenswerten Artikel des Hrn. Oekonomierats Stirm „Zur heurigen Weinnot" heißt es, durch Galli- stercn entstehe nur dann ein guter Wein, wenn I) der Zucker aus reinem, weißem Zucker, am besten reinem, weißem Kolonialzucker uud Kandis, keinesfalls aus sogen. Traubenzucker, d. h. dem ans Kartoffelstärkcmehl mittelst Schwefelsäure erzeugtem Zucker besteht." Diese Stelle bedarf deshalb einer Erläuterung, weil der großen Masse des Publikums ganz unbekannt ist, daß der gewöhnliche weiße Zucker, sowohl der am Hut als der Würfelzucker, keineswegs rein, sondern durch künstliche Färbung mit Waschblau (Ultramarin) in gesundheitsschädlicher Weise verunreinigt und somit zum Gallisieren des Weins ebenso ungeeignet ist wie Traubenzucker, außer wenn er zuvor geläutert wird.
PraktischePoesie. Ins Gewissen redet das „Arg. Wochenblatt" seinen Abonnenten mit folgender gereimten Mahnung:
Lieber Leser, wenn Du kannst, Zahl für Deine Zeitung, Denn bedenke: Schweres Geld Kostet ihre Leitung. Geld auch kostet das Papier, Satz und Druck nicht minder, Daß es ohne Geld nicht geht, Das sieht selbst ein Blinder. Neues bringen wir Dir stets, Bringen Dir nur Gutes, Darum zahle, daß wir nun Wirken frohen Mutes. Wer mit Schädel u. mit Hirn Tag für Tag muß pflügen (!) Dem kam Anerkennung nur Dauernd nicht genügen. Daß die Zeitung gut besteht Ist ja Dein Jntresse, Also, mach' die Tasche auf, Gilt es Deine Presse!
Gieb mir mal zwanzig Mark, Frauchen!" — „Zwanzig Mark? Aber was willst Du denn alles schießen, Fritz?" — (Aus dem Gerichtssaal.) Verteidiger: . Und dann,
meine Herren Geschworenen, vergessen Sie auch nicht, daß der Angeklagte zehn Kinder hat. Was muß sich schon ein Kind schämen, wenn es heißt, sein Vater ist eingesperrt — wie aber erst z e h n!" —(Deutlicher Wink.) Student: „Aber sagen Sie nur, Herr Wirt, weshalb nennen Sie mich denn seit einiger Zeit stets nur: Herr Bergwerksbesitzer?" — Wirt: „Nun, Herr Lehmann, weil Sie schon solch eine große „Zeche" haben"
(Scharfer Rangunterschied.) An den Königlichen Gerichtsassessor und Lieutenant der Reserve, Herrn Hugo Müller, Wohl- bezw. Hochwohlgeboren Hier.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.