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Kommando war schon am frühen Morgen in Thätigkeit. Unter Führung der Jagdgehilfen war es hinausgeeilt, die Gegend zu schützen, vielleicht einen günstigen Fang zu thun. Die letzten Tage hatten die hoffnungsvolle Stimmung des Hans Wänger merklich herabgestimmt. Sein kühner Gedanke, den.verwegnen Wilderer mit eigenen Händen zu greisen, kam kaum noch in Rechnung. Aber trotzdem war er in fieberhafter Thätigkeit, in Gemeinschaft mit der gesandten Hilfe die Wilderer wenigstens unschädlich zu machen. Und diese Thätigkeit war so groß, daß er kaum Zeit gehabt, einmal an seine Rosel zu denken. Gedachte sie seiner? Hatte der Vater sie gezwungen, ihm zu entsagen? Er mochte sich auf die Frage, die ihn in ruhelosen Nächten bestürmten, nicht Antwort geben, er war jetzt nur Jäger.
Am Abhange des Gebirges, dort wo die muntere Hoppele der Diemel zueilt, hatte sich das Kommando gelagert, versteckt hinter Bäumen und moosbewachsenem Gestein. Oben über dem Grat führte ein Wildpfad und aufgefundene Spuren ließen vermuten, daß ihn die Wilderer nicht selten beim Wechseln über die Grenze benutzten. Leicht wallte da oben der Nebel, dichter lag er um die, die tiefer unten auf der Lauer lagen. Und durch das Gestrüpp, das den Wildpfad umsäumle, nahten leichtfüßig zwei Männer. Gcspensterhaft hoben sich die Gestalten im Nebel am Himmel ab.
„Zu den Hollenlöchern hat uns der Lude bestellt", flüsterte jetzt einer der Männer, zögernd stehen bleibend. „Und der Pfad muß hier abbiegen nach links. Im Nebel ist der Weg nicht leicht zu finden und ich kenne hier doch jede Stelle. Ich meine —"
„Pst, hast Du nichts gehört?" raunte der andere ihm zu.
„Unsinn, wer wird hier oben sein? Ein Wild ist's vielleicht, das durch den Busch bricht, oder der Nebel, der von den Blättern fällt. Er sinkt, es giebt einen guten Tag."
Es war kein Wild, kein Nebel, dessen Rauschen der eine Wilderer gehört. Sie waren gesehen und hinter Baum und Stamm regt es sich leise. Der Jäger Hans war zum Führer des Kommandos gekrochen. Noch immer standen die Gestalten gespenstig da oben im Nebel.
„sie suchen den Weg, sie wollen drüben hinab und entwischen uns dann. Bleibt hier, mein Kollege und ich wenden uns rechts, schickt einige Mannschaft nach links, wir umgehen sie dann, sie können uns nicht entrinnen," flüsterte der Jäger kaum hörbar. Der Rat war gut. Aber der Unteroffizier schüttelte den Kopf. Er ist fieberhaft erregt. Er hat die Büchse an der Wange. "
„Halt! Wer da!" erklingt sein Anruf. Der Jäger hat es nicht vermocht, den Ruf zu hindern. Keine Antwort. Aber die Gestalten da oben im Nebel streben vorwärts.
„Nieder, zur Erde, Joseph!"
„Feuer!"
Das Echo der Schüsse bricht sich im Walde. Ein Weheruf von der Höhe, dann stürmt und hastet es hinauf.
Da kracht es von oben und dem Jäger Franz fliegt die Mütze vom Kopf. Der Anlauf stockt, man sucht Deckung. Und dann sind sie oben. Wuchtiger wallt der Nebel, ein Windstoß führt ihn herbei, dick, undurchdringlich.
„Das rettet die Schurcken!" fluchen die beiden Jagdgehilfen. Wohl finden sie Blutspuren da oben auf felsigem Grad, wenn auch wenige Tropfen. Aber sonst nichts, alles Suchen ist vergebens.
„Ihr wäret zu hitzig!" sagte Hans mißmutig zum Führer des Kommandos. „Hättet auf mein Rat hören sollen, dann hätten wir jetzt die Burschen, die nun immer vorsichtiger werden."
Der Getadelte murmelte etwas Unverständliches in den Bart.
„Wir müssen im Laufe des Tages mit den Hunden der Spur noch einmal folgen," wurden die Jagdgehülfen uuter sich einig.
Das Kommando stieg zu Thale, mißmutig, verstimmt.
(Fortsetzung folgt.)
8 Singrist, i. Elf. 19. Sept. Hier hat sich ein köstliches Manövergeschichtchen abgespielt. Vier junge Krieger kamen zu einem Bäuerlein ins Quartier und übergaben demselben ihre aus Fleisch, Reis und Kartoffeln bestehende Menage zur Zubereitung. Vom Dienst in der Erwartung zurückkehrend, das Tischlein gedeckt zu finden, sahen unsere hungrigen Soldaten nur das landläufige Abendgericht: „Grumbäre (Grum- beeren: Kartoffeln) mit süre Milch". „Und das Fleisch. Bauer?" „Das Fleisch?" erwidert mein Bäuerlein strahlend, „des Fleisch Ham mer gesse!" Tableau!
Ein Ehepaar im Wein ertrunken. Die beiden Eheleute Pero und Saoko Milusic in Mostar (Herzegowina) haben durch einen seltsamen Unglückssall gemeinsam den Tod gefunden. Frau Milusic ging in ihren großen Weinkeller, um sich ein Glas des neuen, starken Weines zu holen. Der Most befindet sich jetzt noch in großen Weinfäßern, deren oberer Deckel abgenommen worden ist, um den Most besser gähren zu lassen. Die Frau mußte auf eine Leiter hinaufsteigen, da die Bauern Fässer von großem Umfang haben. Da das Faß nicht ganz voll war, mußte sie sich hineinbeugen, wobei sie das Gleichgewicht verlor und in das Faß fiel. Auf ihr Geschrei eilte der Mann herbei, der ohne Besinnen der Frau in das Faß nachsprang. Die Frau war durch die beim Gähren des Mostes sich entwickelnde Kohlensäure schon halb ohnmächtig griff nach dem Arme ihres Mannes und hielt ihn so fest, daß nach Verlauf von etwa drei Minuten Beide tot waren.
Der Goldreichtum einiger neu entdeckter Felder in Westaustralien soll nach den von dort eingetroffenen Berichten ganz außerordentlich sein. Weder Kalifornien noch Südafrika haben jemals auch nur entfernt Aehnliches aufzuweisen gehabt. In Six Mile, in der Londonderry-Mine, in Ainsworths, Lost Chance, Bayleys-Mine u. a. werden Nuggets klaren Goldes von 10 bis 58 Unzen gefunden. Die Unze ist etwa 80 Mk. wert. Anteile an solchen Minen werden mit 6- bis 800000 Mk. bezahlt. Natürlich ist der Zug nach dem Westen ungeheuer; vor wenigen Tagen ging auch ein Transport von 75 Kameelen dorthin ab.
(Guter Rat.) Vater: Da schreibt mir der Junge, er will, schon wieder auf Besuch kommen; so häufig, das paßt mir nicht. — Mutter: Schick' ihm das Reisegeld, dann bleibt er gewißdort! — (Aus der Jnstruktionsstunde.j Sergeant: Kanonier Schweppke! Wann hat sich der pflichteifrige Soldat im Erkrankungsfalle zu melden? — Schweppke: Vierundzwanzig Stunden vorher! — (Er kennt sie.) Meisterin: Willste Honig oder Butter u'ft Brot? — Lehrjunge: Js mir alles janz ejal, Meestern, man schmeckt et doch so wie so nich!
(Ein aufregendes Romankapitel, oder die Folgen schlechter Interpunktion.) „Nach ihm kam der Lord auf dem Kopfe, einen weißen Hut an den Füßen, große Stiefel an der Stirn, eine dunkle Wolke in seiner Hand, den unvermeidlichen Spazierstock in den Augen, einen drohenden Blick in finsterem Schweigen."
Telegramme.
Trakehnen, 22. Sept. Heute früh ist der Kaiser hier eingetroffen. Derselbe wurde von der Bevölkerung stürmisch begrüßt. Der Monarch fuhr sofort nach dem Jagdhaus Rominten.
Barzin, 23. Sept. Zwei Sonderzüge brachten heute Vormittag ca. 1500 Westpreußen nach Hammermühle, wo zunächst eine Erfrischung eingenommen und dann unter Führung des Hrn. v. Fournier der Marsch nach Varzin angetreten wurde. Die Ankunft dortselbst erfolgte gegen Mittag. Unter Vorantritt einer Musikkapelle wurde in den Schloßhof eingezogen und Aufstellung genommen. Nachdem das Lied „Die Ostwacht" mit Begeisterung gesungen war, erschien, von brausenden Hochs begrüßt, Fürst Bismarck aus der Veranda des Schlosses, worauf Hr. v. Fournier eine Ansprache hielt und
ein mit Jubel aufgenommenes Hoch auf den Fürsten ausbrachte. In seiner Erwiderung dankte dieser zunächst den Erschienenen und führte sodann aus, Niemand habe von ihm etwas zu fürchten, zu hoffen und zu erwarten. Die gemeinsame Liebe zum Vaterlande hat uns zusammengeführt. (Bravo). Eine solche Auszeichnung ist keinem preußischen Minister vor mir zu teil geworden. Seit acht Tagen ist selbst in der gegnerischen Presse bei der Besprechung der Fahrt der Posener das Nationalgefühl zum Durchbruch gekommen." Auf die Polenfrage übergehend, betonte der Fürst, die polnischen Bestrebungen seien nur Kastenbestrebungen des Adels. „Westpreußen gehört seit 1815 zu uns, hoffentlich besitzen wir es auch noch in einigen Jahrhunderten. (Brausendes Hurrah.) Ich bin heute um so mehr davon überzeugt, wenn ich mich der Königsberger Kaiserrede und der gestrigen Thoraer erinnere. (Lebhaftes Bravo.) Dank des nationalen Einklangs in der Polenfrage ist nunmehr keinerlei Gefahr mehr vorhanden. Ich bezweifle sehr, daß in des Kaisers Aufruf auch die polnischen Junker inbegriffen sind. Der polnische Adel gehört auch mit zu den Umsturzparteien. Aber es kommt zu keinem Kampf, so lange wir mit unserem Kaiser einig sind. Gott möge dem Kaiser Räte geben, die ihn im Sinne des kaiserlichen^Hwgramms beraten! Der Kaiser lebe hoch!"/»ie Rede wurde mit stürmischem Beifall aufgeqpmmen. Dem Fürsten und der ebenfalls erschienenen Fürstin wurden sodann seitens der an der^ Huldigung teilnehmenden Damen Blumenspenden, sowie Produkte Westpreußens überreicht. Nachdem der Fürst mehrere Festteilnehmer mit Ansprachen beehrt hatte, erfolgt unter den Klängen des Preußenliedes der Vorbeimarsch und die Rückkehr nach Hammermühle, von wo die Heimreise angetreten wurde.
Aschaffenburg, 23. Septbr. Unter zahlreicher Beteiligung tagt seit gestern dahier die Deutsche Volkspartei. In der gestern Abend im Schützenhof stattgehabten Volksversammlung sprachen als Hauptredner: Hauß- mann-Stuttgart, Dr. Konrad-München und Galler-Stuttgart. Es wurde folgende Resolution angenommen: Die heutige zahlreich besuchte Volksversammlung spricht die Ueberzeug- ung aus, daß der beste Schutz gegen die Um- sturzbestrebungen in der Entwicklung freiheitlicher Einrichtungen und in gesunden politischen und sozialen Reformen besteht und fordert alle unabhängigen Leute auf, gegen jedes, die Freiheit einschränkende Gesetz auf's entschiedenste einzutreten.
München, 23. Sept. Der Regierungspräsident von Oberbayern, Frhr. v. Pfeufer, ist in vergangener Nacht plötzlich gestorben.
Wien, 23. Sept. In kirchlichen Kreisen zu Gran verlautet, die kirchenpolitischen Vorlagen werden demnächst die Sanktion des Kaisers erhalten.
Saragossa, 23. Aug. Eine Feuersbrust zerstörte gestern das hiesige Militärhospital.
London, 23. Sept. Wie dem Reutter- Bureau vom 22. gemeldet, wäre die japanische Regierung entschlossen, die errungenen Vorteile auszunützen und den Krieg vor Beginn des Winters mit aller Macht sortzusetzen. 80000 Mann haben sofortige Marschordre nach den Grenzen erhalten; es ist unbekannt, wo dieselben verwandt werden sollen, doch glaubt man allgemein, daß ein großer Handstreich geplant ist. Die Begeisterung in Japan ist ungeheuer. Aller Orts werden die Truppen mit Beifall begrüßt. Die militärische Behörden haben von dem ganzen Eisenbahnnetz Besitz genommen, die Hauptzahl der Truppen wird nach Jerosima gebracht, wo der Mikado eine Parade über dieselben abnehmen wird.
London, 24. Sept. Reutter meldet aus Shanghai vom 23.: Durch das schlechte Einvernehmen der chinesischen Offiziere sollen hauptsächlich die großen Verluste bet Ping-Aang verursacht worden sein.
New-Jork, 24. Sept. Der Cyklon m Minnesota hat neun Städte und Dörfer verwüstet. 60 Menschen sind umgekommen.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.