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Unbewußtheit täglich mit gewaltigem Schrecken spielte, täglich ein neues Heldentum sich schuf.

In ihrem Glück, dem sie sich wunschlos hingab, volle Befriedigung findend, drang die Erwägung, welchen Eindruck ihre Leistungen hervorriefen, nicht in ihren Vorstellungskreis. Während der Produktionen mußte sie ihr Inter­esse notgedrungen auf die Tiere konzentrieren und dann mußte sie an ihn, immer an ihn denken. Es wäre ihr auch gleichgiltig gewesen, ob die Herzen der Fremden da in grauenvoller Bewunderung ob ihrer märchenhaften Kühnheit stockten, über ihn und ihren Beruf hinaus er­streckte sich ihr Interesse nicht. Und er wußte es, daß ihr Umgang mit den Tieren, die sie durch ihren Blick und kleine Kunstgriffe regierte, bei der nötigen Vorsicht, ungefährlich war. Von Kindheit auf an den Verkehr mit den gestreckten Bestien gewöhnt, ihre Mutter hatte den gleichen Kultus vor ihr geübt, war ihr das Ungeheuer­liche ihres Unternehmens, wenn sie die scheuß­lichen Ringe aus dem Kasten hob und die trägen, wuchtigen Streifen sich um Hals und Arme legte, nie zum Bewußtsein gekommen.

Der Leiter einer gut renommierten Artisten­gruppe hatte das Paar für ein mehrmonatliches Gastspiel unter so günstigen Bedingungen en- gagiert, daß Nalas den Termin des ablaufenden Kontrakts mit Bedauern herannahen sah.

Er hatte es verstanden, sich den neuen Ver­hältnissen rasch anzupassen, sich bald akklimatisiert und fühlte sich unrer dem lustigen, leichtlebigen Völkchen wohl. Er trug jetzt europäische Kleid­ung, verkehrte mit den Kollegen kameradschaftlich und erwies sich den Kolleginnen als ritterlicher Gefährte, die, zum Teil schon etwas antik, sich eine nach der anderen in seine dunklen Augen verliebten.

Maja aber blieb, nach wie vor, nur ihm und ihrem Beruf ergeben. Ihren orientalischen Sitten getreu mied sie den Umgang mit den Fremden, lebte still und zurückgezogen in ihrem jeweiligen Heim, in süßer, müder Schlaffheit ihm Vnd ihrer Liebe hingegeben.

Sie sah wohl manchmal mit nachdenklichem Bedauern in den träumerischen Augen hinter ihm drein, wenn er wieder und immer wieder von ihr ging, aber sie duldete es schweigend. Er liebte sie, die braune Maja sei und bleibe sein Stern unter den weißen Gesichtern und rosigen Schultern, auf die allabendlich die Zirkus- lampen herabstrahlen, beteuerte er und sie glaubte ihm, konnte es denn anders sein? Wenn er Ge­fallen daran fand, sich von den weißen Menschen huldigend umringt zu sehen, durfte sie's hindern? War er nicht würdig, daß man sich vor chm neigte?

Die Kollegen hatten dem braunen, halb­wilden Gesellen eine bevorzugte Stellung einge­räumt. Seine Partnerin bezog ein schwer­wiegendes Argument die höchste Gage und ihn respektierte man als Jmpressario des inter­essanten stummen Rätsels, von dem das Publikum in begeisterten Hyberbeln sprach, das für die augenblickliche Zugkraft des Unternehmens galt.

Nalas behagte diese Würdigung seiner Per­son gar sehr und er schlug dem Direktor, als das Engagement zu Ende ging, vor, den Kon­trakt auf weitere drei Monate zu verlängern. Je weiter sie jetzt nach dem Norden vordrangen, desto höher schien Maja's Kunst geschätzt zu werden, desto mehr wuchs auch das Interesse an seiner braunen Gestalt.

Wider sein Erwarten schien der Direktor aber wenig geneigt, auf seinen Vorschlag einzu­gehen. Er machte diese und jene Ausflüchte. Das Interesse des Publikums sei nachgerade ge­nug für die eine Nummer Maja's ausgenutzt, hob er hervor und er beabsichtige noch längere Zeit an demselben Platze zu verweilen. Wenn Nalas etwas Neues, Aufregendes bringen könnte, dann wolle er den Vorschlag in nähere Erwäg­ung ziehen, zunächst müsse er aber den Erfolg abwarten, den die Schwedin, Trude Stjernhielm, mit ihren gezähmten Löwen erzielen werde.

An einem der folgenden Tage traf die Schwedin ein. Der Direktor, der von ihrer schlanken, blonden Schönheit entzückt war und die höchsten Erwartungen von ihrem Auftreten

hegte, sah sich in dieser Voraussetzung getäuscht. Das Publikum nahm die mäßigen Leistungen der jungen Artistin ziemlich kühl auf. das hatte man Alles schon gesehen, und sein halberschöpftes Interesse blieb willig an Maja's stille Seltsamkeit gefesselt.

(Fortsetzung folgt.)

Die Schmarotzer Parasiten auf unseren Haustieren und ihre Vertilgung.

Eine Unzahl von Parasiten der verschiedensten Art belästigen unsere Pferde, Rinder, Schweine, Kälber, Hunde, ja selbst das Federvieh. Manche Arten sind sehr kleine, nur mikroskopisch wahrnehmbare Tierchen, aber um so gefährlicher und die Ursache ansteckender Hautkrankheiten. Während des Winters haben dunstige Ställe zur Vermehrung dieser Schmarotzer beigetragen, und das Wohntier selbst, auf welchem der Parasit lebt, erscheint abgemagert und schlecht genährt. Keine Jahreszeit eignet sich zur Vertilgung besser als das Frühjahr beim Ausdüngen der Ställe, kein Mittel hat sich dabei besser bewährt als das Kresolin von M. Brockmann, chemische Fabrik in Leipzig-Eutritzsch. Gegen Zecken der Schafe genügt einmaliges Bad in stark verdünntem Kresolin, gegen Läuse des Rindes und Pferdes reicht eine einmalige Waschung mit »prozentigein Kresolin-Wasser. Auch gegen die lästigen Flechten der Rinder thun Waschungen oder Salben vorzügliche Dienste. Diese Flechte wird zwar vielfach als ein harmloser Schönheitsfehler an­gesehen und jedes Mittel kommt dadurch in Mißkredit, weil gewöhnlich nur die abblühenden Flechtstellen, nicht aber die ausblühenden gesehen und behandelt werden, so daß 814 Tage nach der ersten Behandlung die kranken Stellen sich sogar vermehrt zu haben scheinen. Zur Vertilgung der Flechte gehört eine energische Waschung mit Kresolin-Seife. Der Grind der Schweine, ein abscheulicher Hautausschlag, welcher unsere Schweine­zucht an einzelnen Orten in ganz gewaltigem Maaße geschädigt hat, ist mit erstaunlicher Sicherheit durch eine gründlische Waschung mit Kresolin-Wasser zu beseitigen. Die Räude oder Krätze bei Pferden und Schafen, erzeugt durch die Krätzmilben, kann in einem 3prozent. Kresolin-Bad bei richtiger Anwendung geheilt werden. Will man im heißen Sommer reiten, ohne von Fliegen belästigt zu werden, so genügt es, das Pferd vor dem Aufsitzen mit Kresolin-Wasser zu besprengen. Gegen Hautjucken der Hunde, welches bisher als nahezu unheilbar angesehen werden mußte, oder doch nur mit den größten Schwierigkeiten durch die giftigen Sublimat- Bäder zu unterdrücken war, so daß mancher Jagdliebhaber nicht nur seine gesammten Hunde, sondern auch deren Nachzucht-und oft genug auch die mit großen Kosten neu angekauften zu töten gezwungen war, gegen dieses lästige und eckelhafte Leiden sind Kresolin-Bäder absolut sicher. Ist das Hautjucken auf die Pferde übertragen worden, so beseitigen Waschungen das Uebel sogleich. Gegen Diphteritis der Hühner haben Einpinselungen mit einer Mischung von Kresolin und Glycerin überraschende Erfolge ergeben. Hühnerställe werden durch einmaliges Ausbrausen mit Kresolin- Wasser von den Hühnerflöhen befreit. Als Des­infektions-Mittel ist das Brockmann'sche Kresolin bei allen unseren ansteckenden Krankheiten, wie Rotz, Milzbrand, Lungenseuche, Schweineseuche rc. sowohl das billigste, als auch das angenehmste und am leichtesten verwendbare Mittel, welches neben seiner Sicherheit noch den Vorzug seiner Ungiftigkeit besitzt. Wird nun zum Schluß noch hervorgehoben, daß das Kresolin ein deutsches Fabrikat ist, so dürfte dasselbe um so mehr die Beachtung unserer Landwirte und aller Tier­freunde verdienen.

Berlin, 31. Mai. Ein außerordentliches Vergnügen bereitete dem Kaiser, wie die Berliner N. Nachr." erzählen, bei der Rückkehr von der Parade gestern Mittag ein Zwischenfall. Auf dem Balkon an der Ecke des Paffage- Panopticums hatten die 50 Dahome-Weiber Aufstellung genommen, welche erst am Dienstag Abend in Berlin eingetroffen waren, um in dem Panopticum dem Publikum vorgeführt zu werden. In voller Paradeuniform, mit allen Waffen und ihrem Musikkorps formierten sie sich in zwei kerzengeraden Linien, stimmten, als der Kaiser in Sicht kam, den afrikanischen Prä- sentiermarsch an und salutierten mit solcher Exaktheit, daß dem kritischen Auge des Kaisers die vorzügliche Ausführung der militärischen Uebungen nicht entgehen konnte.

Eine amerikanische Windbahn. Die Verwertung des Windes als treibende Kraft ist die neueste Erfindung auf dem Gebiete des Bahn­betriebes. Ein Amerikaner hat die Sache aus­geklügelt. Auf dem Dache des Waggons sind Gestelle mit großen verschiebbaren Brettern nach Art unserer Fenster - Rouletten angebracht, welche als Windfang dienen. Durch den An­prall der Luft an dieselbe wird der Waggon vorwärts bewegt. Derselbe läuft auf zwei Reihen

von Rädern und doppelten Schienen, um eine Entgleisung bei starkem Winde zu vermeiden. Die Trace der Eisenbahn muß eine möglichst gradlinige sein, da große Kurven den Betrieb erschweren und gefährlich machen würden. Bei vollkommener Windstille würde allerdings der Betrieb stocken, in diesem Falle kann aber auch durch Elektrizität betrieben werden. Die Sache ist bereits über das Stadium des Projekts hin­aus, und es ist geplant. New Jork und San Francisco durch eine solche Windbahn zu ver- binden.

(Frische Rosen zu färben.) Die gesuchten und beliebten Theerofen werden sehr leicht aus weißen Rosen in der Zeit von einer Stunde hergestellt. Zu 1 Liter warmen Wassers wer­den 810 A Pikrinsäure oder auch Alaun und Anilinorange gegeben; sobald das Wasser kalt ist, werden die Rosen hineingetaucht und nach einer Stunde sind sie in schöne gelbe Theerofen verwandelt. Mit etwas Jodviolett färbt jede Rose in jenes Blauviolett, welches so gerne ge­tragen wird. Mit etwas Safranin und Kurkama erzielt man Hellscharlach. Um lichtrote Rosen in dunkelrote zu verwandeln, wenden die Blumen­händler etwas Alaun und Saffranin an.

(Ein guter Kerl.) A. (einen Vorübergehen­den für einen Bekannten haltend.)He, Mayer, alter Junge, wir haben uns ja schon ein Menschenalter nicht gesehen da müssen wir gleich eine Flasche miteinander ausstechen!" -- B.: Sie entschuldigen, ich bin zwar nicht der Mayer aber auf ein Glas Wein gehe ich schon mit!"

(Vorschlag zur Güte.)Herr: Wenn Sie sich nicht augenblicklich entfernen, so rufe ich einen Dienstmann und lasse Sie hinauswerfen!"

Hausierer:Geben Sie mir die Hälft' von dem, was der Dienstmann kost', und ich geh' selbst!"

(Ueberraschender Erfolg.)Nun Sie haben mit Ihren Einsendungen schon Erfolg gehabt?"

O ja! Unlängst Hab' ich einer Redaktion zwölf lyrische Gedichte eingesendet und dreizehn Hab' ich zurückbekommen."

Telegramme an den Enzthäler.

Stuttgart, 4. Juni. Am Samstag abend mit dem Schnellzug von München kam auf der Durchreise der frühere König von Neapel hier an und wurde vom Herzog Albrecht empfangen.

Stuttgart. 4. Juni. Heute früh 4 Uhr brach in einer Zelle der Jrrenabteilung des Bürgerhospitals Feuer aus. Dasselbe wurde von dem in der Zelle untergebrachten Geistes­kranken selbst verursacht. Derselbe ist erstickt. Das Feuer wurde glücklicherweise bald entdeckt und gelöscht. Der Mobiliarschaden dürfte mehr als 1000 Mark betragen.

Myslowitz, 4. Juni. Die Cholera asiatiea, nimmt zu. Auch in Neudorf, Kreis Zabize, ist eine Person erkrankt. Bis jetzt kamen in Myslowitz 6 Erkrankungen und 4 Todes­fälle vor.

Paris, 4. Juni. Die Sozialisten verzich­teten infolge der Ratschläge der sozialistischen Deputierten, heute auf dem Kirchhof koro la odaiss auf den Gräbern der 1871 Erschossenen Kränze niederzulegen und versuchten sich im Zuge nach dem kaubourA zu begeben, um

dort eine Versammlung abzuhalten. Die Polizei verhinderte den Zug und ließ nur die Kranz­träger passieren. Bis 5 Uhr kam kein Zwischen­fall vor.

Rom, 3. Juni. In letzter Nacht wurden über 20 Anarchisten hier verhaftet.

Budapest, 3. Juni. Nach der gestrigen Konferenz der liberalen Partei betrachtet Graf Khuen seine Mission als aussichtslos, was er bereits dem Kaiser berichtet hat. Gleichwohl wird von verschiedenen Seiten angenommen, daß während der Anwesenheit des Kaisers mit Hilfe Wekerles die Bemühungen Khuens besseren Erfolg haben werden. Thalsächlich ist Wekerle heute vollständig Herr der Situation.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.