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Deutsches Aeich.

Potsdam, 14. Mai. Der Kaiser em­pfing heute vormittag im Neuen Palais die MünchenerDeputation unter Führung des Bürgermeister Borscht, die für die Überlassung der Gallerte Schack den Dank der bayr. Haupt­stadt aussprach.

Berlin, 14. Mai. Der ehemalige preuß­ische Gesandte beim pästlichen Stuhle. Dr. Kurd v. Schloezer. ist gestern an den Folgen der Lungenentzündung gestorben.

Berlin, 10. Mai. Die hiesige Abteil­ung der deutschen Kolonialgesellschaft beschloß die Bildung je eines Ausschusses für Ostafrika, Kamerun und Togo, um den auf die Kolonien bezüglichen Vorschlägen näher zu treten und über die Vorgänge daselbst zu unterrichten, sowie Vorschläge zur Hebung der Kolonien zu machen.

In der Samoafrage ist die deutsche Re­gierung zu einem energischen Auftreten ent. schlossen. Unter Anderem ist maßgebenden Orts die Entsendung einiger deutschen Kriegsschiffe nach Samoa zur Wahrung der dortigen deut­schen Interessen beschlossen. Zu den betreffenden Schiffen wird auch der KreuzerBussard« ge­hören, der augenblicklich noch in Auckland (Neu­seeland) ankert, um hier die Ankunft seines neuen Kommanden, des Korvetten-Capitains Scheder, abzuwarten. Auch in Südwest-Afrika sollen endlich zur Wahrung des Ansehens Deutschlands kräftigere Maßnahmen getroffen werden, speziell durch die Erfahrung des Mannschaftsbestandes der dortigen Schutztruppe auf 540 Köpfe.

Berlin, 11. Mai. DiePost« bestätigt die Absicht, bei Samoa eine größere Anzahl von Kriegsschiffen zusammenzuziehen. In erster Linie kämen die in australischen Gewässern kreuzenden SchiffeFalke« undBussard« in Betracht, dann auch die gegenwärtig in Süd­amerika verwandten KreuzerAlexandrien", Marie« undArkona.«

Die erste Abteilung des deutschen Ueb- ungsgeschwaders in der Nordsee, welche aus den SchiffenBaden",Bayern",Sachsen", Württemberg« undPfeil" besteht, ist m Queensferry bei Edinburg eingelaufen. Die Be­hörden der schottischen Hauptstadt haben be­schlossen, mehrere größere Festlichkeiten zu Ehren des deutschen Geschwaders zu veranstalten.-

München, 10. Mai. Gemütlicher Parlamentarismus. Der Präsident der Abgeordnetenkammer in München hat am 4. Mai folgendes Schreiben an die Abgeordneten ergehen lassen:Für die Herren Mitglieder der Abgeordnetenkammer sind vierHektoliter Hofbräuhaus-Bock reserviert worden. Da am kommenden Mittwoch, den 9. d. M., ohnehin die Sitzung um 11"/« Uhr geschlossen werden muß, so dürfte wohl dieser Tag als besonders geeignet erscheinen, mit dem reservierten Stoffe aufzuräumen. Ich beehre mich deshalb, Ihre Exzellenzen die Herren Staatsminister, die Herren Ministerialkommissare und die Herren Kollegen ergebenst einzuladen, sich am oben be- zeichneten Tage nach der Plenarsitzung recht zahlreich im Hofbräuhauskellcr in den oberen Sälen einzufinden, und füge noch bei, daß nicht nur für Bockwürste, sondern auch für den Mittagstisch ausreichende Vorsorge getroffen wird.«

Die an der Alb unterhalb Karlsruhe gelegene Appenmühle mit sehr ansehnlicher Wasserkraft und etwa 10 ku. Gelände ist von der Stadt um den Preis von 280000 vkL an­gekauft worden; die Genehmigung des Bürger­ausschusses ist noch einzuholen, wird jedoch nicht versagt werden, da die Mühle von großem Wert für die Stadt ist. Je nachdem ist der Besitz der Mühle zur Anlegung des Rheinkanals not­wendig, oder aber, wenn hiefür ein anderes Projekt gewählt wird, kann die Wasserkraft elektrisch nach der Stadt übertragen werden.

Bu d en-B ad en , 13. Mai. Gestern kam der russische General Gur ko aus Warschau unt Familie und Bedienung (19 Personen) hier an; derselbe hat im Parkhotel Wohnung ge­nommen.

Pforzheim, 12. Mai. Vor einigen <agen wurde der Sohn eines Gastwirtes in dem

benarchbarten Jspringen von einem anfangs unbekannten Thäter erschlagen. Mehrere Ver­haftungen wurden vorgenommen; jetzt hat es sich herausgestellt, daß der Totschläger ein 22 Jahre alter mehrfach vorbestrafter Goldarbeiter namens Theodor Granget von Jspringen ist, der im Aufträge eines Metzgers, welcher ihm 5 Glas Bier versprochen, den Mord ver­übt und die Thal eingestanden hat. Gestern und heute tagte hier die oberrheinische Turn­lehrerversammlung. Dieselbe wählte Konstanz als Ort für die nächste, in zwei Jahren statt- sindende Versammlung. An Stelle des lang­jährigen Verbandsvorsitzenden, Direktor Maul in Karlsruhe, der aus Gesundheitsrücksichten zu­rücktrat, wurde Lehrer Kappus von Mannheim mit der Leitung des Vereins betraut. Wohl­habende hiesige Bürger haben die Summe von 20000 ^6 gestiftet, um den Sitzungssaal im neuen Rathausgebäude mit gemalten Fester» zu schmücken.

Württemberg.

Die diesjährigen Uebungen der Mann­schaften des Beurlaubten st andes der Feld­artillerie finden beim Feldartillerie-Regiment Nr. 29 Prinzregent Luitpold von Bayern in der Zeit vom 2. bis 15. Juli, beim Feldartillerie- Regiment König Karl Nr. 13 in der Zeit vom 28. Juli bis 10. August statt. Zu diesem Zweck werden aus der Reserve insgesamt 25 Unter­offiziere und 200 Gemeine, sowie aus der Land­wehr I. Aufgebots ebenfalls 25 Unteroffiziere und 200 Gemeine eingezogen. Die Mannschaften aus den Landwehrbezirken der 51. und 52. In­fanterie-Brigade üben zumeist beim Feldartillerie- Regiment Nr. 29 Prinzregent Luitpold von Bayern, diejenigen aus den Landwehrbezirken der 53. und 54. Infanterie-Brigade sämtlich beim Feldartillerie-Regiment König Karl Nr. 13. Der Uebungsort ist der Truppenübungsplatz Darmstadt (Barackenlager bei Griesheim). Die Entlassung sämtlicher Mannschaften erfolgt vom Schießplatz aus direkt in die Heimat. Zum 3. Oktober d. I. werden zu den beiden Feld­artillerie-Regimentern 50 Reservisten der Kaval­lerie auf 14 Tage behufs Ausbildung als Fahrer von Munitionskolonnen eingezogen, zu jedem Regiment 25.

Stuttgart, 12. Mai. (Deutscher Lehr er tag.) Die von 230 Ausstellern aus allen Gauen des Deutschen Reiches, Oesterreichs und der Schweiz reich beschickte Schulaus­stellung in der städtischen Gewerbehalle wurde am Samstag vormittag 11 Uhr feierlich eröffnet. Vom königlichen Hause waren erschienen, der König, Prinzessin Pauline, Herzog Albrecht mit Gemahlin, Herzog Robert, Prinz Hermann von Sachsen-Weimar nebst Gemahlin; von dem K. Staatsministerium die Minister des Unterrichts, des Innern und der Finanzen; ferner der Ober­bürgermeister Rümelin und Mitglieder der städt­ischen Kollegien. Nachdem sich die andern Mit­glieder des königlichen Hauses eingefunden hatten, erschien pünktlich um 11 Uhr der König und die Prinzeß Pauline, von Mitgliedern des Orts- Ausschusses der allgemeinen deutschen Lehrer­versammlung und des Ausstellungs-Komites be­grüßt. Hierauf nahmen die fürstlichen Herr­schaften in der Rotunde der Gewerbehalle Platz, während der Sängerchor unter Leitung des rühmlichst bekannten Dirigenten Krug-Waldsee, O Schutzgeist alles Schönen« von Mozart an­stimmte. Nachdem die letzten Töne des Chor­gesanges verklungen waren, ergriff Oberstudienrat Oesterlen, der Vorsitzende des Ortsausschusses, das Wort, um den König und die erschienenen Mitglieder des königlichen Hauses, der Staats­regierung und der städtischen Behörden will­kommen zu heißen und für das Interesse zu danken, welches der König und die Staats­regierung der Schule stets entgegengebracht haben. Die gegenwärtige Ausstellung stelle einen Ausschnitt alles dessen dar. was Wissenschaft. Kunst und Gewerbe für die Schule geleistet haben. Der König erklärte hierauf mit lauter und weithin vernehmlicher Stimme die Ausstell­ung für eröffnet, worauf der König und die er­schienenen Herrschaften sich unter Führung des Oberstudienrates Oesterlen und des Oberinspektors

Senfft zu einem Rundgang anschickten, auf wel. chem besonders die Teilausstellung des Lehrers- Vereins für Naturkunde (der Wald und seine Bedeutung für den Menschen) das Interesse des Königs und der höchsten Herrschaften fesselte.

Stuttgart, 15. Mai. In den in voriger Woche in fämmtlichen Diözesen des Landes stattgehabten Synodalversammlungen hat die überwältigende Mehrzahl aller Mitglieder eine Bittschrift an S. M. den König gerichtet, welche in der Bitte gipfelt:Seine Majestät wolle allergnädigst verfügen, daß die württemb. Stimmen im Bundesrat gegen die Aufhebung des Verbots der Zulassung des Jesuiten­ordens abgegeben werden." S. M. der König hat am verflossenen Sonntag diese Bittschriften aus den Händen einer Deputation, bestehend aus den Herrn Eduard Elben. Finanzrat a. D. Klaiber und Kaufmann I. G. Vöhringer, ent­gegen genommen und dabei die Ueberzeugung ausgesprochen, daß eine Zustimmung des Bundes­rates zu den Beschlüssen des Reichstags nicht zu erwarten sei, und betont, daß diese ab­lehnende Haltung des Bundesrats auch der persönlichen Anschauung Seiner Majestät wie der Anschauung der kgl. Regierung entspreche. Seine Majestät hat dann noch über die bevor­stehende Landessynode und deren Wichtigkeit sich ausgesprochen und die Meinungen der Deputierten über die in der Synode etwa in Aussicht stehenden Initiativanträge entgegen genommen. (S. M.)

Gmünd, 13. Mai. Vor der Strafkammer in Ellwangen kam gestern der Fall Möhler, wegen fahrlässiger Körperverletzung in Ausübung des Berufs, zur Verhandlung. Werkmeister Möhler wurde, unter Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse, freigesprochen. Die Be­stätigung desselben als Stadtschultheiß von Gmünd wird sich jetzt, nachdem auch das letzte Hindernis beseitigt ist, rasch vollziehen.

Ausland.

Die blutige Katastrophe von polnisch- Ostrau, zu welcher die Streikbewegung unter Bergleuten des mährisch-schlesischen Kohlen- revieres geführt hat, stellt sich noch umfang­reicher heraus, als dies schon nach den ersten Nachrichten hierüber zu erkennen war. Im Ganzen sind durch die Kugeln der Gensdarmerie 10 Personen getötet und 75 Personen schwer verwundet worden; unter den Getöteten sollen sich nicht lediglich Bergarbeiter, sondern auch ein Kutscher und ein Dienstmädchen befinden. Ist dieser blutige Vorfall schon wegen der so großen Zahl von Opfern, die er forderte, unter allen Umständen tief bedauerlich, so wird dieses Bedauern durch die kaum mehr zu bezweifelnde Thatsache noch vermehrt, daß die Gensdarmen und ihre Vorgesetzten mit unnötiger Schärfe vorgegangen sind. Wenigstens läßt sich nach neueren Berichten über die Vorfälle in Polnisch- Ostrau annehmen, daß deren so blutiger Aus­gang wohl vermieden worden wäre, wenn die Gensdarmen eine ruhigere und kaltblütigere Haltung beobachtet hätten. Im österreichischen Abgeordnetenhause hat denn auch das Blutbad von Polnisch-Ostrau zu einer sehr erregten Debatte geführt, die sich zugleich über den Kon­flikt zwischen Arbeitern und Gensdarmerie in Falkenau a. d. Eger erstreckte.

Wien, 14. Mai. Zwei Kinder einer Witwe, ein Mädchen von 13 und ein Knabe von 9 Jahren, haben sich am Pfingstsamstag ertränkt. Die Kinder hatten schlechte Zeugnisse bekommen, fürchteten sich vor Strafe und stürzten sich deshalb in den Donaukanal. Sie wurden als Leichen herausgezogen.

Edinburg, 12. Mai. Als heute das Queensferry eingetroffene britische Kriegsschiff Galatea« Salutschüsse zu Ehren des deutschen Geschwaders abgab, wurve beim zehnten Schuß der Artillerieinspektor Lawrence infolge eines noch unaufgeklärten Unfalls getötet, einem an­deren wurde der Arm abgerissen.

InIndien mehren sich die Anzeichen eines vielleicht nicht mehr fernen neuen Aufstandes gegen die Engländer. Hiezu gehört auch die Empörung einiger Kompagnien des in Agra stationierten 13. Eingeborenen-Regiments. Die