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als ob ihm das Sprechen schwer würde, „um Dir mein Erbteil zurück zu bringen. Ich habe keinen Gebrauch davon gemacht!" — Der Major ließ den Kopf etwas sinken.
„Mein Sohn," sprach er, „hast Du mir weiter — nichts zu sagen?
Da war's mit der Fassung Waldemars vorbei. Mit einem Schrei, in dem sich die angehäufte Qual einer langen Zeit Luft zu machen schien, warf er sich dem Major zu Füßen und umschlang seine Knie.
„Vater," rief er. „als ich von Dir ging, sagtest Du, Du würdest mir verzeihen, wenn ich gebüßt habe. Ich habe gebüßt, anders, als Du es meintest. Zehn lange Jahre habe ich gebüßt in harter Arbeit, in Reue, Gram und Sehnsucht. Ich habe mir meine Buße auferlegt. tausendmal schwerer, als Du sie mir bestimmtest. Kannst Du Dein Versprechen, mir nun zu verzeihen, nicht halten, dann ist es zu der anderen Buße noch immer Zeit genug."
Der alte Mann war auf einen Stuhl gesunken.
Seine Hände hielten das Haupt des Sohnes, auf das die Thräncn des Vaters herabtropften.
„Mein Sohn," stammelte er, „mein Sohn! Mag Gott mir verzeihen, wie ich Dir längst verziehen habe."
Wortlos küßte und streichelte Waldemar die Hände des alten Mannes. „Diese lieben, alten Hände," sagte er, „haben mich gezügelt und gebändigt, wie man ein altes Roß bändigt. Und es war doch so gut gemeint. Dieser harten Zucht verdank' ich es, daß ich ein Mann geworden bin jenseit des Meeres. — Ihr Lieben, Ihr Guten! Was ich Euch einst nahm, das bring' ich zehnfach, hundertfach zurück, aber die zehn Jahre Eures Lebens, um die ich Euch gebracht, die kann ich Euch nicht wiedergeben."
„Dieser Augenblick ersetzt mir die zehn Jahre doppelt," sagte der Major und küßte seinem Sohne die Stirn. Der aber umschlang ihn mit seinen starken Armen und dann ward es eine Weile still im Zimmer, ganz still. Der heilige Geist des Psingfestes war eingezogen in die Herzen und mit ihm der Friede Gottes, „der höher ist als alle Vernunft."
Der erste Srurm der Gefühle hatte sich gelegt.
„Thekla," jubelte der Major, hielt aber sofort inne, da er sie nicht mehr sah.
„Wo ist die Mutter?" fragte er betroffen.
Man ging, sie zu suchen und fand sie endlich in ihrem Schlafgemach. Dort lag sie auf ihren Knieen, gleich einer Verklärten den Blick zum leuchtenden Himmel gerichtet, ein ungesprochenes Dankgebet emporzusenden.
Das Mutterherz war stumm in seinem Glück.
Und draußen dufteten die Blumen und die Vögel sangen. Die Menschen jauchzten in Lust und Liebe und durch alle Welt jubelte der Glocken Geläut: „Pfingsten!"
München. 7. Mai. Das gestörte Kartenspiel! Kürzlich hatte in einem hiesigen öffentlichen Lokal ein dasselbe fast täglich besuchender Gast, während er sich dem Kartenspiele hingab, das Unglück, von einem Gerichtsvollzieher überrascht zu werden, während er für diesen zu Hause stets unsichtbar war. Dem Gerichtsvollzieher gelang es, einen Barbetrag von 400 -/A welchen der Gast für das Spiel bereits hielt, sowie eine goldene Uhr nebst Kette und zwei Brillantringe zu erwischen. Der Gepfändete entfernte sich ganz verblüfft, kam aber nach einer Stunde wieder mit 500 zurück, worauf er das Spiel fortsetzte. Kaum hatte er etwa eine Stunde gespielt, als der Gerichtsvollzieher ganz unerwartet zum zweiten Mal erschien und ihm auch die 500 vtL abnahm. Seit dieser Zeit läßt sich der Herr in dem Lokale nicht mehr sehen.
Von der Heidelberger Sternwarte wird mitgeteilt, daß ein Heller Komet zur Zeit sichtbar sei. Der betreffende Komet, von Gale am 3. April in Sydney entdeckt, war einige Zeit nur auf der südlichen Erdhälste sichtbar.
Jetzt ist derselbe aber mit ungeheurer Geschwindigkeit nach Norden gewandert und glänzt gegenwärtig am Abendhimmel im Südwesten mit der Helligkeit eines Sternes der 3. bis 4. Größe, ist also leicht für das blose Auge sichtbar. Schon im Opernglase gewährt der Komet einen hübschen Anblick. Er zeigt sich als runde nebelige Masse mit Heller zentraler Verdichtung.
Sich selbst einmal schnarchen zu hören ist ein Genuß, auf den früher die Schnarcher verzichten mußten. Nun hat aber neuerdings ein findiger Amerikaner eine Einrichtung getroffen, durch welche man das früher Unmögliche doch ermöglicht. Die betreffende Person legt sich unter einen großen Schalltrichter, der mit einem Phonographen in Verbindung steht. Die Walze des letzteren wird jedoch, wie das Berliner Patentbureau Gerson u. Sachse schreibt, erst ausgelöst. sobald eine erfahrungsgemäß zum Einschlafen genügende Zeit. eine Biertcl- oder Halbe Stunde verflossen ist. Die erforderliche Einstellung wird an einer weckerähnlichen Uhr vorgenommen. Nach dem Erwachen kann der aufgenommene Teil des Schnarchkonzertes beliebig oft reproduziert werden.
Der Apparat, welcher Anzeigen auf die Wolken schreibt, ist von der Chikagoer Ausstellung nach New-Iork befördert worden und wird dort allabendlich auf dem Gebäude der Zeitung „New-Aork-World," wenn die Witterung es erlaubt, in Thätigkeit gesetzt. Zur Inbetriebsetzung des Apparates ist erforder
lich, daß der Himmel mit Wolken bedeckt ist; denn nur auf diesen kann das Bild, welches ganz nach Art desjenigen bei der „Laterna magica" hergestellt wird, entwickelt werden. Man hat zwar vorgeschlagen, auch künstliche Wolken von Dampf u. s. w. zu erzeugen, doch hat sich mit solchen bis jetzt ein Effekt noch nicht erzielen lassen.
Nicht zu viel gießen im Frühjahre! Vieles Gießen macht den Boden kalt. Schlimm ist das im Frühjahre. Die Pflanzen gebrauchen im April und Anfang Mai die Wärme meist noch viel notwendiger, als die Feuchtigkeit. Sie können große Trockenheit vertragen. Nur sehr flachwurzelnde Pflanzen und frisch ;ver> pflanzte werden jetzt gegossen. Im übrigen sollen wir nicht zu freigebig sein mit dem Wasser.
(Abgeblitzt.) „Ich bitte dich, alter Junge, leih' mir 10 Mark!" — „Thut mir leid, Hab' gerade kein Geld bei mir!" — „Und zu Haus?" — „Alles wohl und munter. Mahlzeit!"
(Prinzipientreu.) „Mein Grundsatz ist von jeher, nur reinen, starken Kaffee zu kochen.- Glauben Sie mir?" — ,,„O gewiß, man schmeckt ja den Grundsatz gleich im Kaffee mit!""
(Verschnappt.) Hauswirtin (zu dem Wohnung suchenden Studenten): „Die Miete muß selbstverständlich pünktlich bezahlt werden . . . . nun, das wissen Sie ja! — Studiosus: „Natürlich ... . sonst hätte ich ja in meiner alten Wohnung bleiben können!"
Brief- u. Packel-Beförderung nach den Land orten des Oberamtsbezirks Neuenbürg. Sommerdienst 1894.
Abgangszeit. I
6.—
vormittags
11.—
„
12.—
„
8.—
..
8.45
7.—
vormittags
10.—
vormittags
8.45
vormittags
9.10
vormittags
9.28
11.45
vormittags
5.—
vormittags
12.—
mittags
12.—
3.40 nachmittags
nur Werktags
10.—
vormittags
11.45
"
9.—
»
12.30
nachmittags
12.30
Calmbach—Thannmühle, Calmbach Ort, Enzhof, Spiesfeld. Calw—Jgelsloch.
Dobel—Eyachjägerhaus - Eyachthal.
Enzklösterle—Nonnenmiß. Kohlhäusle, Sprollenhaus, Kälbermühlc.
Christofshof, Lautenhof, Windhof, Wildbad. Herrenalb—Kullenmühle, Hardtscheuer, Bernbach, Moosbronn.
„ —Unt. Gaisthal, Aschenhütte, Ob. Gaisthal, Zieflensberg,
Plotzsägmühle, Neu-(Alb-)Sägmühle.
„ —Steinhäusle.
„ —Bleiche, Rothensol, Neusatz, Holzbachsägmühle, Neusatz,
Liebenzell—Unterlengenhardt, Maisenbacher Sägmühle, Oberlengenhardt, Schwarzenberg, Bieselsberg.
„ —Beinberg, Maisenbach, Zainen.
Neuenbürg (Fahrende Botenpost) Arnbach, Ottenhausen, Rudmersbach, Feldrennach; von da ab sußgehend nach Pfinzweiler, Conweiler, Feldrennach.
„ —Bahnwarthaus 15, Eisenfurt, Bahnwarthaus 16, Rothen
bachwerk, Rothenbachbahnhof, Gänsebrunnenwiese, Unterdennacher-Sägmühle, Schwanner-Sägmühle.
» —Ziegelhütte, Wilhelmshöhe, Schwann, Conweiler,
Dennach.
„ (Fahrende Botenpost) Größelthal-Sägmühle, Engelsbrand,
Salmbach, Grunbach.
,, (Fahrende Botenpost) Waldrennach, Langenbrand, Schöm
berg, Bühlhof
Sonn- n. Werktags über die Saison laufender Bote nach Waldrennach, Langenbrand und Schömberg ab Neuenbürg 8.20 vormittags.
„ —Bahnwarthaus 12, Schwarzloch, Bahnwarthaus 11.
„ —Obernhausen, Gräfenhausen, Obrrniebelsbach, Unter
niebelsbach, Oelmühle, Unterniebelsbach, Gräfenhausen. Sonntags 8.45 vormittags Neuenbürg—Gräfenhausen. Nnterreichenbach—Oelmühle, Kapfenhardt, Schwarzenberger Sägmühle, Obere Mühle, Untere Mühle. — Sonntags 10.45 ab Unterreichenbach fußgehend nach Grunbach. Wildbab—Windhof. Lautenhof, Chriftofshof, Kälbermühle, Sprollen- sägmühle, Sprollenhaus, Kohlhäusle, Nonnenmiß, Enzklösterle.
„ —Hochwiese, Ziegelhütte, Rollwasser, Grünhütte.
Die Schlußzeit für die Einlieferung am Postschalter für gewöhnliche Briefe, Postkarten, Drucksachen ist 35 Min., für Packete, Gelder und Einschreibebriefe 45 Min. je vor Abgang der Züge.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh^in Neuenbürg,