186
sichert die Logen seines ferneren wohlwollenden Interesses in der Ueberzeugung, daß in ihren edlen Bestrebungen ein wirksames Mittel zur Ausgleichung der sozialen, konfessionellen und politischen Gegensätze unserer Zeit zum Heile der Menschheit und des Vaterlandes gelegen sei.
Stuttgart, l7. März. Die Verlosung von 3'/, und 4prozentigen Staatsschuldscheinen hat am l3. ds. Mts. stattgefunden. Der Staatsanzeiger von heute (Nro. 64. Beilage) veröffentlicht das Verzeichnis der gezogenen und nun gekündigten Nummern.
Auf den württembergischen Staatseisenbahnen wurden im Monat Januar d. I. 1494105 Personen befördert und hierfür eine Einnahme von 819392 vlL erzielt. Gegen denselben Monat im Vorjahr find Heuer 235 239 Personen mehr befördert worden und haben sich die Einnahmen vom Personen-Verkehr um 106049 gesteigert. Durchschnittlich wurden im Januar 1894 pro einen Kilometer 128 Personen mehr und 56 Fahrgelder mehr eingenommen, als im Januar 1893. Seit letzterem Monat ist das württembergische Bahnnetz um 23 kw vergrößert worden. Diese Zahlen sind deshalb von ganz besonderer Bedeutung, weil auf den württembergischen Eisenbahnen im Monat Januar 1894 bekanntlich erstmals Fahr- scheinbücher zu 30 Fahrten innerhalb eines Jahres zwischen bestimmten Stationen mit 33'/3°/o Ermäßigung, sowie nach belgischem Vorgang Zeitkarten zur beliebigen Befahrung des ganzen Bahngebietes innerhalb einer 15- tägigen Gültigkeitsdauer verausgabt worden sind.
Der Verkehr und die Einnahmen auf den württemb. Staatseisenbahnen hatten im Monat Januar folgende Ergebnisse aufzuweisen: Befördert wurden: 1494 105 Personen (ff- 235 239 gegen 1893), 333122 Tonnen Güter (ff- 3342 gegen 1893). Die Einnahmen betrugen im Personenverkehr 819 392 Mark (ff- 106049 viL gegen 1893), im Güterverkehr 1451466 ^ (ff- 11 048-/k gegen 1893), aus sonstigen Quellen 261 900 ^ (gleiche Zahl wie 1893). Die Gesamteinnahmen vom 1. April 1893 bis 31. Januar 1894 belief sich auf 32 810 336 ^ (ff- 805 210 gegen 1893).
— An Postporto u. Telegrammgebühren wurden vereinnahmt: pro Januar 804 332 viL (ff- 72 013 »lL gegen 1892/93), pro April bis Dezember 7 470 474 ^ (ff- 271347 gegen 1892/93). Die Gesamtsumme der Einnahmen pro April bis Januar beläuft sich auf 8 274 806 Mark (ff- 343 360 gegen 1892/93).
Stuttgart, 14. März. Der Schneiderstreik ist am Montag abend in einer öffentlichen Versammlung bei G. Weiß proklamiert worden; er nimmt eine akute Form an. Die hiesigen Kleiderhandlungen und Abzahlungsgeschäfte scheinen sich der Sache der Streikenden
— natürlich in eigenem Interesse — anzunehmen; aus Kreisen der letzteren wurde den Streikenden angeblich die Summe von 10000 Mark überwiesen. Die Prinzipale haben ebenfalls einen Ring gebildet und einen radikalen Beschluß gefaßt, nämlich die Werkstätten einfach zu schließen. Zu wessen Gunsten die Kraftprobe ausfällt darüber kann kein Zeifel herrschen.
Ulm, 19. März. Zum europäischen Aerztekongreß im Rom sind gestern Oberstabsarzt Dr. Hell in Stellvertretung des Generalarztes v. Fichte, ferner die Oberstabsärzte Burk und Dr. Hieb er von hier nach Rom abgereist. — Von Wildbad ist der K. Badearzt Dr. Weizsäcker bereits vor mehr- reren.Tagen zum gleichen Zwecke nach Rom abgercist.
Ulm, 19. März. Auf der gestrigen Gene ral- Bersammlung des bayrischen Vereins für Fluß- und Kanal-Schifffahrt wurde der Antrag des Delegierten der Stadt Ulm. Kommerzienrat Engel angenommen: An die bahr. Staatsregierung und den dayr. Landtag die Bitte zu stellen, es sollen die zur ungesäumten Inangriffnahme der Vorarbeiten für zeitgemäße Hebung der Donauschiffsahrt von Pass au bis Ulm erforderlichen Geldmittel in den Etat der nächsten Budgelpcriode gestellt werden.
Ausland.
Wien, 16. März. Eine der „N. Freien Presse" aus Petersburg zugegangene Meldung bestätigt das Gerücht, daß der Bau des großen Kriegshafens in Libau infolge sich entgegen- stellender unüberwindlicher Terrainschwierigkeiten ernstlich in Frage gestellt ist. Wahrscheinlich wird nun der Kriegshafen in Windau angelegt.
Aus Oesterreich wird allerseits starker Schneefall gemeldet. Wien hatte am 16. Schneeregen.
Antwerpen, 16. März. Die Arbeiten in der Ausstellung schreiten rüstig vorwärts. Die Nachricht, daß der König am 5. Mai die Ausstellung eröffnen werde, hat eine freudige Erregung unter der Bevölkerung wachgerufen.
Antwerpen. 13 März. Kürzlich wurde dem Reichskommissar Dr. Karl Peters, der auf seiner Rückreise von Chicago nach Deutschland Antwerpen berührte, von der hiesigen deutschen Kolonie ein glänzendes Fest bereitet, das etwa 300 unserer Landsleute vereinigte. Bei dieser Gelegenheit hielt Peters eine längere, von warmer Vaterlandsliebe und feurigem Stolz auf das deutsche Volkstum durchströmte Ansprache, die in bemerkswerter Weise auch von der deutschen Sprache handelte. Peters kam von Nordamerika und hatte im Verkehr mit unseren dortigen Landsleuten schöne Stunden voll echt deutscher Gesinnung erlebt, aber er hatte auch den schauderhaften Mischmasch von Deutsch und Englisch mitanhören müssen, den unsere lieben Stammesbrüder in den Vereinigten Staaten für Deutsch halten und ausgeben. Dieser bedauerliche Verfall der Muttersprache bei den Deutsch- Amerikanern schien ihn zu seinen Ausführungen veranlaßt zu haben die übrigens auch hier in Antwerpen wohl angebracht waren. Denn viele hiesige Deutsche lassen den Einfluß des Französischen, das in der rein germanischen ehemaligen Hansastadt Antwerpen, wie überall in Belgien, die ausschließliche Verkehrssprache bildet, in ihrer Ausdrucksweise recht unangenehm verspüren. Sie haben sich eine geradezu unheimliche Zahl von französischen Ausdrücken angewöhnt, deren Gebrauch auf keine Weise zu entschuldigen ist. Ein paar Beispiele, die mir gerade cinfallen: Stören heißt omdetioren, ernsthaft heißt sorieux (sprich soriös), eine Verlosung ist eine tombola, für Nachricht sagt man rtzN8siM6M6»t, für Vorschlag xroposition, für Aussichten, Glück odsneos, für Erfolg 8ueo68, für Makler eourtior, für Wirtschaft 68tamin6t, für Hausmeister ooneiorZo, für „keine Vorstellung" relLedo; und so könnte ich Hunderte anführen, die man tagtäglich zu hören bekommt. Die Proben besagen genug, und einen Landsmann, der sein Deutsch rein spricht, habe ich noch nicht gefunden. Es war geradezu eine Erquickung, den Dr. Karl Peters zu hören. Seine Reden zeichneten sich, was Fremdwörter anlangt, durch peinliche Sauberkeit aus. Leider wird seine Mahnung nichts helfen, ja sie ist von den meisten schwerlich recht verstanden worden. Der deutsche Sprachverein fände hier ein weites Arbeitsfeld; ich fürchte allerdings, daß es sich zur Zeit nicht dankbar erweisen würde. (Joh. Georg Sprengel in der „Zeitschrift des allgemeinen deutschen Sprachvereins").
Paris, 18. März. Im Senat ist ein Konflikt mit dem Ministerpräsidenten entstanden, der ohne Erörterung das Projekt behufs Schaffung eines Kolonial-Ministeriums angenommen wissen wollte. Casimir Porier erklärte, abzudanken, wenn sich der Senat nicht entschließe, dem Kabinet Klarheit zu verschaffen. In der morgigen Senatssitzung soll es sich entscheiden, ob der Konflikt zwischen der oberen Kammer und der Regierung beigelegt ist. (Die Regierung will das Kolonialministerium durch Dekret konstituieren und 150 000 Frcs. verlangen.)
London, 17. März. Der Vertreter des „Chronicle" in Paris hat die Frau des Bombenwerfers Pauwels in St. Denis aufgesucht. Sie erklärte ihm, sie hätte gern längst den Pauwels, der sie und ihre Tochter mißhandelte, der Polizei angezeigt, weil er Sprengstoffe verfertigte. aber die Frau dürfe ihren Mann nicht
verraten. Sein Tod sei ein Segen, weil er nicht eher Ruhe gehabt, bis er viele Menschen umgebracht hätte.
London, 16 . März. Der soeben bekannt- gegebene Marine-Etat für 1894/95 beträgt 347 320 000 Mark, übersteigt den vorjährigen daher etwa um 60 Millionen. Das Schiffs, material soll um 7 Schlachtschiffe erster Klasse und 6 Panzerkreuzer vermehrt werden, wodurch eine Mehreinstellung von 6700 Mann erforderlich ist.
Vermischtes. """
(Dome auf der Spezialitätenbühne!) Der Erfinder des kugelsicheren Panzers wird mit seiner Erfindung das Ausland bereisen. Die Kunstschützen Leon Martin und Western haben ihn gegen einen Monatsgehalt von 1000 ^ und hohen Gewinnanteil verpflichtet, zunächst m London, Wien und Paris öffentlich aufzutreten. Die Schützen werden auf die bepanzerte Brust des Erfinders schießen. Dowe bietet sich nach den letzten Erfolgen mit ziemlichen Gleichmut als Zielscheibe dar. — Abwarten! sagt bei solchen Nachrichten der skeptische Berliner.
Eine Million Mark hat die Stadt Ber- lin im Vergleich zum vorigen Winter durch das Ausbleiben großer Schneefälle gespart! In diesem Winter wurden an Arbeitslöhnen für Beseitigung des Schnees nur 3161 Mark und 9765,25 für die Abfuhr verausgabt. Freilich hat im Vorjahre eine große Anzahl Arbeitsloser durch den Schneefall lohnenden Verdienst gefunden.
Eine erschütternde Liebestragödie hat sich in Leipzig am 15. ds. in dem Hause Eisenbahnstraße 3 abgespielt. Der dort wohnhafte, erst seit Oktober v. I. verheiratete Kaufmann Buckisch hat sich mit seiner Frau vergiftet. Beide befanden sich in vollem Hochzeirsschmuck. Buckisch hatte den Schlüssel zu seiner Wohnung vorher der Polizei eingesandt. Ueber die Veranlassung zu der That ist noch nichts bekannt.
Als „Neuheit" empfiehlt ein Ueberlinger Hutmacher „Mayser's Bersicherungshut", durch dessen Ankauf Jedermann sein Leben auf die Dauer von 1 Jahr für Eisenbahn-Unglücksfälle mit der Summe von 2040 M. versichert.
(Origineller Gaunerstreich.) Am 1. März wurde in New York ein von der Polizei längst gesuchter Taugenichts namens Burke verhaftet. Er betrat vor einiger Zeit in Begleitung zweier Spießgesellen einen Materialladen und machte dem Kaufmann weiß, daß die Burschen unter einander eine Wette eingegangen, wessen Hut mehr Syrup in sich aufnehmen könne. Der Kaufmann ging auf den angeblichen Scherz ein und füllte einen ihm dargereichten Hut, der ihm aber im nächsten Augenblick mit seinem klebrigen Inhalt auf den Kopf gestülpt wurde. Diesen Augenblick benutzten die Gauner, um sich mit dem Inhalt der Ladenkiffse zu entfernen.
Im Innern Afrikas lebt ein Volksstamm, der aus den dort reichlich vorhandenen Eisenerzen mittelst der primitivsten Mittel ganz vorzügliche Eisen- und Stahlgegenstände herzustellen versteht. Die von ihm verwendeten Hochösen werden, wie das Berliner Patentbureau Gerson u. Sachse schreibt, aus Thon gebaut und sind nicht höher als 2 bis 3 Meter. Die Erze werden von oben eingeführt. Das Gebläse wird aus Tierfellen gebildet, die mit innen ausge- höhlten Baumstangen zu einem Blasebalge verbunden sind. Ein Holzpfropfen schließt die kleine Ausflußöffnunq, die sich an der Sohle des Ofens befindet.
Rätsel.
Aus folgenden Buchstaben: a a a c ddd
e e e f g g g h h h h h i i i i i l l l lnn nnnoooppprrrrssttuüüv
w sollen 5 Worte gebildet werden, welche bezeichnen: I. einen hervorragenden Gelehrten, 2. eine Jahreszeit. 3. eine amerikanische Stadt, 4. einen Feiertag. 5. einen Mädchennamen.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.