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Prälatenbank ein Sitz frei, wird es aber in den allernächsten Tagen nicht mehr sein, da inzwischen Dekan Berg in Heilbronn, vorher in Calw, zum Prälaten daselbst ernannt worden ist.

Ulm. 7. März. Bei der Landtagswahl haben von 5846 Wahlberechtigten Kommerzien­rat Engel (parteilos) 1397 St.. Kommerzienrat Mayser (Dem.) 1445 St.. Dietrich (Soz.) 364 Stimmen erhalten. Es findet demnach Stich­wahl zwischen Engel und Mayser statt. Die Wahlbeteiligung war eine sehr schwache; es haben nicht einmal 52 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt.

Tübingen. 7. März. Am Montag Dienstag und Mittwoch fand unter großem An­drang von Publikum die Hauptverhandlung vor dem Schwurgerichte gegen die des Gattenmordes beschuldigte Eva Maria Faas, geb. Hoffmann Löwenwirtin in Liebenzell statt. Die Ange­klagte ist am 3. Juli 1857 zu Geiszellen O.A. Bergzabern (Rheinpfalz) geboren und hat sich am 8. Juni 1893 mit dem Bäcker, Konditor und Löwcnwirt Carl Faas verehelicht. Es waren zur Verhandlung der Sache im Ganz»n 31 Zeugen und 4 Sachverständige zu vernehmen. Am Mittwoch Abend '/,7 Uhr wurden den Geschworenen die Schuldfragen übergeben. Die­selben lauteten: 1) Ob die Angeklagte des Mordes mit Ueberlegung schuldig sei. 2) Im Falle der Verneinung dieser Frage: Ist die Angeklagte des Totschlages ohne Ueberlegung schuldig. 3) Sind mildernde Umstände vor­handen. Nach einstündiger Beratung verneinten die Geschworenen beide ersten Fragen, worauf nach kurzer Beratung der Schwurgerichtsvor­sitzende L.-G.-Rat Kohlhund die Freisprechung der Angeklagten und Aufhebung des Haftbefehls verkündigte. Die Angeklagte war seit 2. Okt. 1893 morgens 3 Uhr in Untersuchungshaft.

Kreisturn tag. Die Vertreter des 11. deutschen Turnkreises Schwaben, welche am Samstag in Stuttgart versammelt waren, be­schlossen. das diesjährige Kreisturnfest in Tübingen abzuhalten. In Betreff des Besuchs des deutschen Turnfestes in Breslau wurde beschlossen, daß die Turner des Kreises, welche dort eine Auszeichnung (Kranz oder Diplom) erhalten, je 40 vlL, die­jenigen, welche 45 bis 50 Punkte erreichen, je 30 Reiseentschädigung erhalten. Der Kreis- turnwart erhält eine Entschädigung von 100 -/L; er hat einen eingehenden Bericht über das Fest zu erstatten.

Kilchberg a. I., 5. März. Im Ge­werbeverein hielt gestern in der Rose Hof­gärtner Funk einen Bortrag über Beerenzucht, indem er treffliche Winke gab über Anpflanzung, Behandlung und Vermehrung der Stachel- und Johannisbeeren. Erd- und Himbeeren. Er hob dabei namentlich hervor, daß den Deutschen ver­schiedene andere Nationen, vor allem England und Frankreich, in dem Anbau dieser Sträucher weit voraus seien und sehr bedeutende Ein­nahmen erzielen.

Ebingen, 2. März. Für Annoncenfehler, die infolge unleserlich oder undeutlich geschriebenen Manuskripts entstanden sind, können Ersatzan­sprüche nicht gemacht werden. Das Reichsgericht entschied in diesem Sinne mit der Begründung, daß Anzeigen, die man einer Zeitung zusendet, deutlich geschrieben sein müssen.

Alten steig, 4. März. Das auf der Hochdorfer Markung gelegene Frösner'sche An­wesen (240 Morgen groß, das größte auf dem Schwarzwald gelegene arrondierte Gut) ging in den Besitz des Gasthofbesitzer Kappler zum grünen Baum" hier über. K. gedenkt den größten Teil des Gutes mit Wald zu bepflanzen, wird auch beim Wiederaufbau der erst vor wenigen Wochen abgebrannten Gebäude Räum­lichkeiten für Luftkurgäste Herstellen lassen.

Nagold. Für die durch das große Brand- Unglück vom 18. September v. I. Beschädigten sind infolge freiwilliger Kollekten hier und nament­lich auch in Stuttgart, Ulm, Eßlingen, Tübingen, Winnenden, Waiblingen, Freudenstadt, Pfalz- grasenweiler zusammen in Geld 3287 ^ 72 L eingegangen.

Nagold, 7. März. Freunde kirchlicher Musik werden auf das am nächsten Sonntag. 11. März, nachmittags '/,4 Uhr dahier statt­findende Kirchenkonzert aufmerksam. Unter der Leitung von Hrn. Musikoberlehrer Hegele wird vom dortigen Kirchenchor unter Mitwirk­ung des Seminarchors der II. Teil des Ora­toriumsElias" von Mendelssohn in der Stadt­kirche zur Aufführung gebracht werden.

Ausland.

Bern, 7. März. Aus der amtlichen Unter­suchung des Vorfalles in Airolo ergiebt sich im großen und ganzen die Bestätigung der von den beiden Deutschen gegebenen Darstellung der Vorgänge. Das eidgenössische Militärdeparte- menl findet, daß gegen die Offiziere, die mit jenen in Streit gerieten, nicht einzuschreiten sei; dagegen wird dem Obersten Affolter eine Arrest- strase von zwölf Tagen auferlegt, weil er die Fremden unter militärischer Bewachung auf das Fort bringen ließ und sie nicht sofort verhörte, sogar in Arrest versetzte.

Paris, 6. März. Bei einem Festmahl der hiesigen englischen Handelskammer hielt der britische Botschafter Lord Dufferin eine Rede, in der er hervorhob, Rußland und Frank­reich hätten bei wichtigen Gelegenheiten bemiesen, daß sie den Frieden mit England wünschten; der europäische Friede sei demnach gesichert. Der Lord sagt, er werde bestrebt sein, das gute Verhalten zwischen England und Frankreich aufrechtzuerhalten. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß Lord Dufferin diese auffällige politische Friedensrede im Einverständnis mit dem neuen englischen Premierminister Lord Rosebery hielt. Nur erfährt sein Lob der Friedensliebe des Zaren eine seltsame Beleucht- durch die Auslassung des Herrn Barthelemy Saint-Hilaire. DieTimes" warnt vor der Bundesgenossenschaft des Zentrums, welches nur mit Hilfe Frankreichs Europa unterjochen wolle. Das russische Zarentum werde, wenn es siege, Europa und Frankreich zugleich unter­jochen, aber im Falle der Niederlage unversehrt bleiben, weil es unverwundbar sei, während Frankreich die Zeche zahlen werde.

Paris, 7. März. Ein Polizeikommiffar, begleitet von mehreren Inspektoren und 40 Polizeiagenten, hielt gestern Abend in der Anarchistenwirtschaft Durpat eine Razzia ab. Beim Erscheinen der Kriminalschutzleute schrie einer der Gäste:Rette sich, wer kann", wo­rauf alle die Ausgänge zu gewinnen suchten. Der Rufer entkam, die übrigen 14 Gäste und die Wirtin wurden nach heftiger Gegenwehr verhaftet. Die Polizei beschlagnahmte alle Vor­gefundenen Papiere.

Paris,?. März. Der Abgeordnete Jaures wird morgen die Regierung zur Rede stellen, weil sie nicht die reichen Leute und die Priester verfolgen läßt, welche angeblich die Anarchisten durch Geld unterstützt haben.

London, 7, März. DieDaily News" veröffentlichen nach Informationen an maß­gebender Stelle die Aufsehen erregende Mit­teilung. daß die französische Regierung über englischen Ministerwechsel sehr beunruhigt sei. da Rosebery sich offen als Freund des Drei­bundes bekenne.

London, 8. März. Heute früh wurde an einer Fensterschwelle des Polizeigerichts eine Blechbüchse gefunden, welche angeblich Spreng­stoffe enthielt. Man vermutet, daß ein Spreng- verbrechen gegen den Gerichtshof geplant war. (Vielleicht wird man nun, wenn es sich wirklich um ein Sprenggeiäß handeln sollte, in England anderer Ansicht über das den Sprengverbrechern gewährte Schutzrecht.)

Die Berichte des Präsidenten Peixoto aus Brasilien, wonach die Aufständischen in großer Not sich befänden und eine Reihe von Nieder­lagen erlitten hätten, stellen sich als Flunkerei heraus. In den südlichen Provinzen erringen im Gegenteil die Aufständischen einen Erfolg um den andern, und Peixoto hat über ganz Bra­silien den Belagerungszustand verhängt. Das wird das Ende vom Liede sein.

Telegramme an den Enzthäler.

Berlin, 8. März. Die Handelsvertrags­kommission nahm den ganzen Handelsvertrag mit 16 gegen 12 Stimmen an.

Rom, 8. März. Auf dem Monte Citorio fand vor dem Kammergebäude eine Stunde nach dem Schluß der Sitzung eine Bombenexplo­sion statt, wodurch die Fenster des Kammer­gebäudes gesprengt wurden. Die geplatzte Bombe war aus Eisenblech hergestellt. Außer den verbrochenen Scheiben wurden kleinere Be­schädigungen verursacht. Der Berg Citorio ist von den Truppen abgesperrt. Den letzten Nachrichten zufolge wurden durch die Bomben- Explosion 8 Personen verwundet, 3 schwer, 1 tätlich. Der leichtverwundete Maurer Collo- dori ist der Thai verdächtig; er wurde auf die Polizei geführt und verhört.

Madrid, 8. März. Das Kabinet demis­sionierte. Die Königin beauftragte Sa gasta mit der Kabinetsbildung.

Dublin, 8. März. Die Parnellitenführer erklärten in einem Manifest, sie haben kein Vertrauen zu Rosebery; jede Hoffnung für das irische Volk sei entschwunden, da Gladstones Rücktritt aus dem Plane, das Homeruleprojekt fallen zu lassen, hervorgegangen sei.

Vermischtes.

Das diesjährige Osterfest fällt sehr früh, nämlich auf den 25. März. Es ist dies eines der frühesten Daten, auf welche das Hauptfcst der christlichen Kirchen überhaupt fallen kann. Nach der als Norm geltenden Feststellung des nicäischen Konzils im Jahre 325 ist das Auf­erstehungsfest an demjenigen Sonntag zu feiern, der auf den ersten Vollmond nach der Frühlings­nachtgleiche (21. März), folgt, außer wo der Vollmond (oder das jüdische Passah) selbst ans diesen Sonntag fällt; dann soll Ostern am nächstfolgenden Sonntag gefeiert werden. Dem­gemäß kann Ostern nicht früher als auf den 22. März und nicht später als auf den 25. April fallen. Am frühesten, also auf den 22. März siel Ostern in den Jahren 1598, 1693, 1761, 1818, aber erst nach 291 Jahren von heute ab wird dieser Fall wieder eintreten. Das späteste Osterfest fiel in die Jahre 1666, 1734 und 1886 und wird zum erstenmale wieder eintreffen im Jahre 1943.

Berlin. 6. März. Am Samstag vor­mittag spielten in der Nähe der Kuttbuser Brücke an der Uferseite des Landwehr-Kanals eine An­zahl Kinder, welche über das Gitter der Bösch­ung geklettert waren und sich auf dem Rasen derselben umhertummelten. Plötzlich stürzte die 5jährige Tochter des in der Gräfestraße wohnen­den Buchhalters K. in das Wasser und wäre rettungslos ertrunken, wenn nicht eine deutsche Dogge Zeugin des Unfalls gewesen wäre. Un­aufgefordert sprang das brave Tier in die Fluten, ergriff die wiederauftauchende Kleine mit den Zähnen und hielt sie so lange über Wasser, bis Schiffer, durch das Geschrei der übrigen Kinder aufmerksam gemacht, mit einem Boot zu Hilfe eilten.

Wie gewonnen, so zerronnen. In Colorado ist der Theateragent Willy'Deutsch gestorben und zwar im Spitale des Armen­hauses. Willy Deutsch war einst berühmt, weil er seiner Zeit die Bank von Montecarlo ge­sprengt hatte. Biel genützt hat es ihm, wie man sieht, nicht.

(Gegenseitig.) Artist (Pistolenschütze): So, Herr Schulze, nun habe ich Ihnen, um Sie von meiner phänomenalen Kunst zu über­zeugen und damit Sie mich ohne Bedenken engagieren, eine halbe Stunde lang was vorge­schossen, darf ich nun bitten, daß Sie mir eben­falls etwas vorschieben?"

Redaktion, Druck und Berlag von C. Meeh in Neuenbürg.