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Bo m unteren Neckar, 13. Mai. Das neue DampfschiffAlt Heidelberg" machte gestern zwischen Heilbronn und Heidelberg seine erste Fahrt, welche anstandslos von statten ging. Das von der Firma I. Anderssen in Neckarsulm erbaute Schiff hat eine Länge von 43 Nieter und eine Breite von 4'/» Meter. Es ist das erste in derselben Art mit 2 Schrauben auf einer Welle und macht mit seinen schlanken Formen einen sehr guten Eindruck. Eine Fahrt mit einem Dampfer durchs herrliche untere Neckarthal ist besonders gegenwärtig jedem Naturfreund bestens zu empfehlen.

Friedrichshafen, 14. Mai. Heute nachmittags landete im benachbarten Schnetzen­hausen ein Luftballon mit 4 Insassen von der Mili­tärluftschifferabteilung Augsburg. Die Offiziere sind heute früh 7 Uhr daselbst aufgeftiegen und kamen nach glücklicher Fahrt über Ochsenhausen-Biberach um 2 Uhr hier an.

Würzburg, 13. Mai. Eine Mahnung für jene, die cs in Gewohnheit haben, harte Gegen­stände aus dem Eisenbahnkoupö zu werfen, mag folgender Fall sein. Zwischen Lohr und Langen- prozelten warf ein Reisender eine Weinflasche aus dem Zug, und diese traf den auf der Strecke ar­beitenden Bahnarbeiter Georg Kübert, der infolge der Wucht des Wurfs bewußtlos zusammenstürzte. Er erlitt eine schwere Kopfverletzung.

Aus den Vogesen,» 13. Mai. Die A u e r h a h.n j a g d, die bekanntlich zurhohen Jagd" gerechnet wird, ist seit einigen Wochen in unseren Bergen in vollem Gang, und zwar, wie aus Zeitungsberichten über die Zahl der erlegten Hähne hervorgeht, mir günstigem Erfolg. Es geht daraus hervor, daß der Anerwildstand in erfreulicher Zu­nahme begriffen ist, und zwar ist dies znm größten Teil das Verdienst der deutschen Forstvcrwaltung, die durch scharfe Uebcrwachung den Wilddieben, die nicht einmal die brütenden Hennen verschonen, das Handwerk gelegt hat. Außerdem hat sich dieselbe die Vertilgung deS schädlichen Raubzeugs angelegen sein lassen. Während der Wintermonate gelingt es nur dem Marder, bei Nacht die schlafenden Vögel zu beschleichen. Zur Brütezeit dagegen werden Wiesel, Iltis, Katze und Fuchs den brütenden Hennen gefährlich, die auf dem Boden nisten und so fest sitzen, daß sie mit der Hand gegriffen werden können. Selbstverständlich fallen auch die jungen Hühnchen, die in den ersten 4 Wochen noch nicht flugfähig sind, häufig dem Raubzeug zum Opfer. Ter vor einigen Jahren gemachte Versuch, aus Norwegen bezogene Birkhühner in den Hoch­mooren der Vogesen anzusiedeln, scheint geglückt zu sein. Wenigstens sind in den letzten Jahren ver­schiedene Völker gespürt und auch schon einzelne Spielhähne geschossen worden. Infolge der vor­jährigen reichen Eichelmast ist das Schwarzwild sehr gut durch den Winter gekommen und trotz eifriger Verfolgung zahlreicher, als im Interesse der Landwirtschaft wünschenswert ist. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen über den Wildschadenersatz sichern übrigens den Bauern genügende Entschädi­gungen zu. In einzelnen Gegenden in der Ebene wird über die Zunahme der wilden Kaninchen geklagt. Die bis jetzt angewandten Ausrottungs­maßregeln scheinen keinen ausreichenden Erfolg ge­habt zu haben. Dagegen dürfte der Wolf, der vor 2 Jahrzehnten noch in Lothringen ziemlich zahlreich vorhanden war, als Standwild so ziemlich der Aus­rottung nahe sein. Tie wenigen Exemplare, die letzten Winter gespürt wurden, sind wohl aus den französ. Ardennen herübergewechselt.

Berlin, 13. Mai. Auf Veranlassung des Kaisers wird in Potsdam eine Villenkolonie nach englischer Art angelegt. Der Monarch hat die Anregung dazu bei seiner letzten Reise nach England gewonnen. Er hat nicht nur Pläne und in Aquarell ausgeführke Skizzen für die Villen aus England mitgebracht, sondern das Unternehmen durch die Abtretung eines Teils des der Krone ge­hörigen Neuen Gartens gefördert. Das Gelände, auf dem die neue Villenkolonie errichtet wird, sind die sogenannten Stiefschen Wiesen. Von den Villen sind bereits fünf im Bau begriffen. Es sind dabei Motive aus den vom Kaiser aus Eng­land mitgebrachten Skizzen zur Verwendung gebracht. Tie Einrichtung der Villen soll den heutigen Ber­liner Ansprüchen entsprechen. Sie erhalten von

allen Seiten Licht und Luft. Tie Hälfte der Villen wird als Einfamilienhäuser ausgebaut, wie dies in England üblich ist.

Berlin, 14. Mai. Der Reichsanzeiger schreibt: Durch das am 10. Mai nachmittags 3 Uhr in Wiesbaden an Herzlähmung erfolgte Ableben der Prinzessin Marie Luise Anna von Preußen sind der Kaiser und König und die Kaiserin und Königin, sowie das ganze königliche Haus in tiefe Betrübnis versetzt worden. Ihre kgl. Hoheit war die am 1. März 1829 in Berlin geborene ältere Tochter des Prinzen Carl von Preußen und der Prinzessin Marie, geb. Prin­zessin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Enkelin des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise, Schwester der Frau Landgräfin Anna von Hessen und des schon vor ihr verschiedenen Prinzen Friedrich Carl von Preußen. Ihre kgl. Hoheit hatte ehemals ihren Wohnsitz im Schlosse in Mon­bijou in Berlin; später verlegte sie denselben nach Wiesbaden, während sie regelmäßig einen Teil des Sommers auf dem Schlosse Montfort bei Langen­argen am Bodensee zubrachte. An diesen Orten lebte sie in stiller Zurückgezogenheit, beschäftigt mit Werken christlicher Mildthätigkeit. Die hohe Ver­storbene war erfüllt von echt preußischem Patriotis­mus, sowie ausgezeichnet durch wahre Frömmigkeit und hohe Herzensgüte. Diese Eigenschaften sichern ihr ein treues Gedenken bei allen die den Vorzug hatten, ihr nahe zu stehen.

Berlin, 15. Mai. Wie aus Rom ge­meldet wird, wurde der seit Februar havarirt vor Syrakus liegende deutsche DampferTrapani", nachdem er mühsam reparirt worden war, von einem neuen Sturme überrascht und schließlich an den Strand geworfen. Die Lage der Bemannung war überaus kritisch. Doch gelang es der Energie des zweiten Offiziers Rehbock, eine Raketen-Ver- bindnng mit dem Lande herzustellen, wodurch die gesamte Mannschaft sowie 37 an Bord befindliche Arbeiter gerettet werden konnten. Das Schiff selbst scheint verloren.

Danzig, 16. Mai. Ein auf der kaiser­lichen Werft um 12 Uhr 10 Min. nachts auf dem Hofe der Kupferschmiede ausgebrochenes Feuer zerstörte den Schuppen der Dampf-Dynamo-Maschine und einen Teil des Kesselhansdaches der Maschinen­bauwerkstatt. Der Materialschaden beträgt etwa 4000 Die Ursache des Brandes ist vermutlich Kurzschluß.

Antwerpen, 15. Mai. Wie aus Pariser Quelle verlautet, ist der Minister für Post und Telegraphie, welcher sich Sonntag an Bord des DampfersGeneral" der deutschen Ostafrika-Linie einschiffte, vom Präsidenten Krüger beauftragt worden, die Buren-Generale anzuweisen, den Eng­ländern Friedensbedingungen zu unterbreiten. In Begleitung des Ministers befindet sich ein hervorragender Johannisburger Geschäftsmann.

Aus Rom meldet der Berl. Lok.-Anz.: In Corte Olona bei Cremona brach in einer Seiden­raupenzüchterei Feuer aus. Das Wohnhaus stürzte ein und begrub ein Ehepaar mit 6 Kindern unter den Trümmern.

Die Pariser ZeitungLe Journal" vom 13. Mai schreibt anläßlich des Kaiserbesuchs in Schlettstadt:Die alten Elsäßer seufzen, ergeben sich in die Lage und denken darum nicht weniger, denn bei Allen, die über 30 I. alt sind, ist die Erinnerung an gewisse Dinge noch sehr lebendig/ Aber die Kinder, Knaben und Mädchen, eilen unter Führung deutscher Lehrer und Lehrer­innen fröhlich zu diesen Festlichkeiten herbei. Ich habe Hunderte von elsäßischen Jungen deutsche Fahnen schwingen sehen. Ich habe sie angesprochen: ach! sie haben mich nicht verstanden!"

London, 15. Mai. Daily Telegraph be­richtet aus Genf: Die deutschen Grubenbesitzer welche die Schweiz bisher mit Kohlen ver­sorgten, haben ihre Preise um 20"/» in die Höhe geschraubt. Infolge dessen hat sich in den Ver­einigten Staaten ein Trust gebildet, an dessen Spitze der Millionär Rockfeller steht. Dieser Trust verfügt über ein Kapital von 1200 000 Pfund St. und bezweckt, der Schweiz die Kohlen zu den bis­herigen Preisen zu liefern.

London, 15. Mai. Morning Leader kri- tisirt die Haltung der englischen Generale, auf deren Befehl die Farmen der Buren in Brand ge­steckt wurden. Das Blatt bezeichnet diese Haltung als eine frevelhafte und einer civilisierten Nation unwürdig. Solche Mitlel zur Besiegung des Feindes wären nur bisher bei den Wilden an der Tages­ordnung gewesen.Daily Mail" fordert die Re­gierung auf, dem Kriege, welcher schon so viel Geld verschlungen, durch praktische und energische Mittel ein Ende zu machen.

London, 16. Mai. In RegiernngSkreisen wird bestätigt, daß Sir Alfred Milner nicht mehr auf seinen Posten nach Südafrika zurückkehrt. Cecil Rhodes ist nunmehr ebenfalls bemüh:, bei Salisbury für die Buren mildernde Friedens-Be­dingungen durchzusetzen, Frau Botha überbringt dem Präsidenten Krüger ein eigenhändiges Schreiben Kitcheners, in welchem Krüger äußerst günstige Friedensbedingungen zugesichert werden, falls er den Buren die Waffen-Niederlegung anräth.

London, 16. Mai. Morning Post meldet aus Berlin, die deutsche Regierung habe einer sofortigen Räumung Chinas widerraten Sie vertrete die Ansicht, daß eine solche Räumung mindestens unvorsichtig sei.

Uürmischits.

Nills Tiergarten. Neues Leben macht sich jetzt in mehreren Käfigen bemerkbar, die bis in die letzte Zeit verlassen dastanden. Im Vordergründe des Interesses steht der Nachfolger des Schimpansen Joko, der seit kurzem dessen Quartier bezogen hat; er ist noch sehr jung (etwa 1'/- Jahr), dafür aber um so possierlicher und anstelliger; er weiß schon recht gut Bescheid mit der Zweckbestimmung der Decke und den Gerätschaften in seinem Käfig. Ans dem Affengeschlecht sind als Neuanschaffungen zu erwähnen: Kapuzineräffchen, grüne Meerkätzchen, ein brauner Paguin und schließlich die zu den Maki (Halbaffen) gehörigen Bari. Interessante Tiere sind die beiden Felsenkänguruhs und zwei indische Eichhörnchen. Dem Vogelgeschlccht gehören die meisten Neuerwerbungen an; zunächst sind die beiden Kasuare (Straußenart) zu nennen, von den Raub­vögeln eine Adlerart mit Namen Kara-Kara. Sehr reich ist jetzt der Park au Sumpf- und Flußvögeln; zunächst interessiert der wegen seiner merkwürdigen Schnabelbildung viel beachtete große Pelikan, dann die verschiedenen seltenen Gänse- und Entenarten (Sporngänse, indische Gänse, Hühner- und Kappen­gänse, Weiße türkische oder Bisam-Ensen, Schwarz­halsschwäne). Unter den Zier- und Singvögeln sind der Ergänzungen so viele, daß eine Nennung der Namen zu weit führen würde. Ebenso verhält es sich mit den Neuanschaffungen an Hühnern, Tauben und Fasanen. Das Aquarium, das besonders wegen seiner pflanzenähnlichen Tiergeschöpfe viel bewundet wird, ist durch zwei Lederschildkröten und eine ganze Reihe verschiedener Arten von Süß­wasserfischen aus der Kaiser!. Fischzuchtanstalt in St. Moritz bereichert worden. Wenn auch unschein­bar und von den Besuchern wenig beachtet, so bietet doch das Bassin mit den insektenartigen heimischen Binnenwassertierchen hohes Interesse._

Gottesdienste

am Sonntag Krandt, 19. Mai.

Vom Turm: 555. Predigtlied: 190, Großer Mitt­ler ec. 9 Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Stadtpfarrer Sch m id. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchter n.

Mttnwch.. Mai.

7 Uhr vormitt.- Betstunde rm VeremShaus.

Areitag, 24. Mai.

10 Uhr: Vorbereitungspredigt und Beichte. Herr Stadtpfarrer Schmid.

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