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'Unterhaltender -Feil.

In dm Höllengrund.

Novelle von Reinhold Ortmann.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung 15.)

Aber Komtesse Elfriede war nicht die ein­zige gewesen, welche das Sitzenbleiben des Pfarrers bemerkt hatte. Auch Graf Recke hatte es gesehen, und die Spitzen seines grauen Schnurr­barts bebten, so heftig war seine mühsam zurück­gedrängte zornige Erregung. Die durch den feurigen Trinkspruch hervorgcrufene Bewegung hatte sich kaum gelegt, als er mit ungewöhnlich lauter, über die ganze Tafel hin schallender Stimme sagte:

Ich danke Ihnen für die prächtigen Worte, mein lieber Graf, von denen ich jedes einzelne unterschreibe, wenn auch zu meinem Bedauern nicht alle meine Gäste derselben Ansicht zu sein scheinen. Es ist meine Absicht, zur Erinnerung an den Ritt in den Höllengrund einen Denkstein aufzustcllen, und von Ihnen, Herr Pfarrer, er­warte ich bei der Enthüllung eine Weiherede im Sinne jener Ideen, denen Graf Trotha einen so treffenden Ausdruck zu geben wußte."

Der Ton, in welchem er sich bei den letzten Worten direkt gegen Rohden gewendet hatte, war herausfordernd und verletzend, aber der Geistliche antwortete ihm so ruhig und höflich, als handle es sich nur um die Erwiderung auf eine ganz harmlose Frage:

Wenn Sie solche Erwartungen hegen, Herr Graf, so würde ich Sie allerdings bitten müssen, mir die Weiherede zu erlassen. Die Anschauungen, welche ich soeben aussprechen hörte, sind die meinigen nicht!"

Ich hätte mir das freilich denken können nach allem, was ich bisher von Ihrer Thätigkeit gehört. Ich glaube, wenn es sich um einen Schmuggler oder Wilddieb gehandelt hätte, der bei einem Sturz in den Höllengrund unversehrt geblieben wäre, so würden Sie mit Freuden bereit gewesen sein, seine Errettung durch Ihre Beredtjamkeit zu feiern."

Es war totenstill geworden an der eben noch so lebhaften Tafel, und das so plötzlich eingetretene Schweigen hatte einen überaus pein­lichen Charakter. Es war unmöglich, die Worte des Grafen für einen Scherz zu nehmen, und wenn sie ernsthaft gemeint waren, so bedeuteten sie nichts Geringeres als eine schwere Beleidig­ung des jungen Geistlichen. Aller Augen hatten sich gegen den bis dahin kaum beachteten Rohden gewendet, von dessen Gewandtheit und Selbst­beherrschung es allein abhängen konnte, dem unerfreulichen Zwischenfall eine glückliche Wend­ung zu geben. Und der Pfarrer von Rothen- seid verlor in der That seine Ruhe nicht, aber der Gebrauch, welchen er von seiner Kaltblütig­keit machte, war sehr wenig nach dem Sinne derjenigen, die in ihrer fröhlichen Stimmung nicht gestört sein wollten. Seinen Blick fest auf den Grafen richtend, sagte er mit ernster, klang­voller Stimme:

Ich würde in der Errettung eines solchen Uebelthäters allerdings keinen geringeren Beweis von Gottes Barmherzigkeit und Langmut gesehen haben, als in der wunderbaren Erhaltung der Komtesse, und ich würde dem Allmächtigen in der Stille meines Herzens ebenso innig gedankt haben, als ich cs in diesem Falle gethan. Würden Sie nichts anderes von mir fordern, Herr Graf, als daß ich Ihrer und meiner Dankbarkeit gegen den Herrn über Leben und Tod auch öffentlich einen lauten Ausdruck gebe, so würde ich mich dessen wahrlich nicht weigern. Zu einer Ver­herrlichung des törichten und sträflichen Wag­nisses aber, wie ich sie zu meinem Schmerze hier vernehmen mußte, werde ich memals meine Lippen öffnen, denn ich halte eine solche Lob­preisung für ebenso sündhaft und vermessen, als es das zwecklose Beginnen selbst gewesen ist. Es muß mir freilich in tiefster Seele wehe thun, wenn gerade derjenige, der durch Geburt und Rang dazu berufen wurde, meine geistliche Thätigkeit zu unterstützen und zu fördern, An­laß nimmt, sich vor so vielen Zeugen mißbilligend und spottend über dieselbe zu äußern, aber das

darf mich nimmermehr hindern, auch fernerhin nach meinem Gewissen und nach meiner Ueber- zeugung zu reden und zu handeln. Und so wenig geeignet dieser Ort dazu erscheinen mag, so unwiderstehlich fühle ich mich doch gedrängt, zu erklären, daß ich in der That unter den Pflichten, die eine vornehme Geburt auferlegt, etwas ganz anderes verstehe, als der Herr Redner, dessen Worte hier einen so lauten Bei­fall gefunden haben. Die Frau, die den stolzen Namen einer Edeldame mit wahrem Rechte führen will, muß wahrlich Höheres und Herr­licheres vollbringen, als hoch zu Roß zur Jagd zu ziehen, oder auf halsbrecherischen Wegen in finstere Schluchten hinabzusteigen. Sie soll hinabsteigen in die finsteren Tiefen menschlichen Elends, soll wie eine verklärte Lichtgestalt in den Hütten der Armen und Unglücklichen er­scheinen, und sie soll sich der Vorrechte ihres hohen Ranges dadurch würdig erweisen, daß sie denen, welche im Dunkel der Not geboren sind, eine Wohlthäterin wird und ein erhabenes Vor­bild edlen, opfermutigen Handelns. Ich habe nicht einstimmen können in den Jubel, mit welchem vorhin die Gläser zusammenklangen, denn wenn auch meine innigsten Wünsche auf das Blühen und Wohlergehen dieses edlen gräf­lichen Geschlechts gerichtet sind, so wurde mir doch gar zu bang vor dem Bilde einer Zukunft, die sich auf solchen Grundsätzen aufbauen muß, In dem Dorfe Rothenfeld und in den weitge­dehnten Gutsbezirken leben Hunderte von Armen und Bedrückten, die voll Sehnsucht von einer milden und gütigen Herrin Erleichterung ihrer Lasten und eine Besserung ihrer traurigen Lage erhoffen. Was wird aus jenen Unglücklichen werden, wenn dieser Herrin gelehrt wird, die wahre Bestimmung der Edelfrau in der un­sinnigen Nachahmung von Wagestücken zu er­blicken, die sogar einem Manne übel genug anstehen! Soll ich auf eine solche Zukunft hier Champagner trinken, während unten in Rothen­feld der Hungertyphus herrscht, und Jammer und Verzweiflung von Thür zu Thür gehen? Wehe über mich, wenn ich das vollbrächte, und dreimal Wehe, wenn ich mein Herz und meine Lippen verschließen könnte in einem Augenblick, da es wohl dem Gaste geziemt hätte zu schweigen, nicht aber dem Diener Gottes, der ein gar jämmerliches Werkzeug des Höchsten sein muß, wenn er zugleich mit seinem Predigergewande auch das Bewußtsein seiner Pflichten abzulegen vermag! Und da es doch einmal Sitte ist. daß wir, wenn wir an einer Tafel sitzen, unsere Herzensmeinung mit einem Trunk bekräftigen, so will ich dies bis dahin unberührte Glas auf das Wohl der Komtesse Recke leeren, mit einem Dank gegen Gott für ihre Errettung und mit dem inbrünstigen Wunsche, daß fortan andere Edelfrauen ihre Vorbilder sein werden, als die­jenigen, die in Zeiten trauriger Verfinsterung mit dem Falken auf der Faust zur Jagd aus­zogen, um die mühsam bestellten Felder der armen leibeigenen Bauern von den Hufen ihrer Rosse zertreten zu lassen!"

Er hatte sich mitten in seiner Rede erhoben und die Blässe seines Antlitzes verriet, wie tief und wie wahrhaftig seine Erregung war. So lange er sprach, war kein anderer Laut an der Tafel vernehmlich geworden, und auch jetzt, da er geendet, regte sich niemand. Aber während er mit leise bebender Hand nach dem Glase griff, suchten seine Augen das Gesicht der Mutter, dieses frische, ehrwürdige Matronengesicht, das ihm jetzt mit einem unbeschreiblich glücklichen Ausdruck von Stolz und Freude entgegenlächelte. Da wich auch aus seinen Zügen die Spannung und seine Brust hob sich in einem tiefen Atem­zuge. Er wußte sich eins mit seiner Mutter und damit wußte er, daß er das Rechte gethan.

(Fortsetzung folgt.)

Ein eigenartiges Geburtstags-Ge­schenk ist dem Kaiser noch nachträglich über­bracht worden. Ein Arbeiter der Danziger Ge­wehrfabrik, Paul Karl, hat aus Ahornholz eine Reiterstatue des Kaisers, die denselben in Husaren- Uniform darstellt, kunstvoll geschnitzt. Das wohl­gelungene Werk ist um so bemerkenswerter, als

der Verfertiger niemals Unterricht in der Holz, schnitzerei erhalten hat und ihm nur das Primi, tivste Handwerkzeug zur Verfügung stand. Zu der Arbeit hat Karl meist nur die Nachtstunden benutzen können, da er am Tage durch seine Arbeit vollauf in Anspruch genommen war. Die Statue ist etwa in hoch und bis in die klein­sten Einzelheiten überaus sorgfältig ausgeführl. Karl durfte sein Werk, an dem er 1 Jahr und 9 Monate gearbeitet hat, dem Kaiser persönlich überreichen.

Wie groß der Jubel bei der Ankunft des Fürsten Bismarck in Berlin war, geht unter anderem aus der kleinen Episode hervor, daß ein Herr, dem Anschein nach aus der Pro­vinz, ärmlich gekleidete Personen mit Geld be­schenkte, 5- und 10-Markstücke. Er dürfte Hun­derte von Mark gespendet haben.

(Für Briefmarkensammler.) Wie verlautet, plant die deutsche Reichspost nach dem Vorbilde Württembergs in kurzer Zeit sogenannte Postanweisungs-Briefumschläge auszu- gcben. Der Unterschied dieser Umschläge von Len jetzigen PostanwRjungen besteht darin, daß der Vordruck anstatt wie bisher auf den Karten, auf beiden Seiten deS Couverts aufgedruckt ist, daß also zugleich mit dem Geldbeträge ein Brief übermittelt werden kann. Diese Umschläge sollen ebenso wie die jetzigen Postanweisungen 20 kosten. Mit dem 1. Februar ds. Js. wurden in Oesterreich-Ungarn sogenannte Nachporto­marken eingeführt, die dazu sind, bei unge­nügend frankierten Sendungen die Höhe des Strafportos anzuzeigen. Diese Marken die in Werten von 1, 3, 5, IO, 20 und 50 Kreuzer erschienen sind, haben sämtlich braune Farbe und zeigen inmitten ein liegenden Eirundes die Inschrift: Kais. Königl. Oesterr. Post X Porto­marke X- In der Mitte steht die große Werl­ziffer, durch welche das Wort Kreuzer geht. Bekanntlich sind in den meisten Ländern der­artige Nachportomarken im Gebrauch, vom deutschen Reich hat sie nur Bayern.

(Aus dem Gerichtssaal.) Untersuchungs- ( lichter:Sie sind schon vorbestraft?" Auge- ^ klagter:Freilich." Untersuchungsrichter: Und das sagen Sie so selbstbewußt; Sie scheinen sich darauf was einzubilden, wie?" Auge- - klagter:Das gerade nicht; aber Sie glauben gar nicht, Herr Rat, wie schwer es heutzutage ist, zwischen 8000 Paragraphen so hindurchzu­kommen , wenn man nicht mindestens Doktor beider Rechte ist.

Buchstaben-Rätsel.

Mit B bringl's rasch dich an dein Ziel, Siehst's auch bei Sport und Kegeljpiel;

Mit H mahnt's dich, graut nur der Morgen. Schon an des Tages Last und Sorgen.

Mit K hal's schon gar manches Leben Den Wellen tückisch preisgegeben. :

Mit W furchtbarer SchicksalSschlag,

Davor uns Gott behüten mag! h

Mit Z hast du's und jedermann, '

Wend nur die nöt'ge Pflege an.

Und schlägst den Kopf du ganz ihm ab,

Dann modert'S im Familiengrab.

Wir geben hiemit wiederholt die Schluß- zeit für Inserate unseres Blattes bekannt.

Dieselbe ist:

Für das Dienstagsblatt am Montag vorm. 11 Uhr

Donnerstagsblatt am Mittwoch 11 :

Samstagsblatt am Jireitag 8

Sonntagsblatt am Samstag 8

Die Aufnahme größerer Inserate ist nur möglich, wenn solche tags zuvor schon übergeben worden sind.

Diese Ausgabezeiten sind unbedingt abhängig von den Postverbindungen des Bezirks, mit welchen ein großer Teil der Auflage versendet wird.

Wir bitten die H.H. Auftraggeber recht dies gef. beachten zu wollen, da wir mit Rücksicht auf die Orte, welche nur Postbotenverbindung (von hier, Herrenalb und Liebenzell aus) haben, oben angegebene Zeiten einhalten müssen. Die Sonntagsnummer wür­den z. B. diese Orte erst Montags erhalten, wenn das Blatt nicht schon am Samstag vormittag ausgegeben würde.

Redaktion und Verlag des Enzthälers.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.

Anzeig

Nr. 20.

Erscheint DieuS vierteljährlich

Revier

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Am Freitag vormit werden aus de> Tannschach, Bl teich, Pfahlwal Kohlteich der H lerer und unte Hut Rothensol Dobel; oberer Wildvaderwegli verkauft:

Eichene Wer 12 III. Kl.. Hopfenstange Holzstangen: Kl, 3321 § 4180 II. Kl.. Reisstangen 11785 III. ' 12725 V. K Ferner aus Pfa dach; Kohlteich berg der Hut solerheide, hin platte, unterer Rothensol; Ret Dobel; obere u Halde, oberer N wegle der Hut Scheidholz de- Gaisthal und ! Rm.: 1 eichei Scheiter, 2 eichenes An! Laubholzanb Holz-Anbruch Zusammenkunft Herrenalb.

Nachstehendes nachdem im erst schlag nicht ei gemäß gemeind wiederholt zu, zwar am Donnerstag d vormit auf dem hies. thal. Abt. 6 <- 2 Rm. br

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