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an ihrer Seite kniete und sich besorgt über sie gebeugt hatte.

Wie ist Ihnen, Komtesse?" fragte er mit gedämpfter Stimme, in welcher noch die Erreg­ung zitterte.Erkennen Sie mich und leiden Sie heftige Schmerzen?"

Die Erinnerung an das Geschehene war der aus ihrer Ohnmacht Erwachten zurückgekehrt und ein Zittern ging über ihren schlanken Körper. Sie fühlte noch immer einen dumpfen Schmerz im Kopfe, aber das verhinderte sie nicht, sich in eine sitzende Stellung emporzurichten.

Mir ist ganz wohl!" versicherte sie.Aber ist es denn wahr? Bin ich wirklich von dort oben" und schaudernd maß sie die steil an­steigende Wand mit den Augenvon dort oben herabgestürzt?"

Denken Sie nicht mehr daran. Komtesse!" bat er.Ich habe nie einen schrecklicheren Augenblick erlebt, als da ich dies Fürchterliche mit ansehen mußte. Ich werde cs mir bis an das Ende meiner Tage nicht verzeihen können, daß ich Sie durch meinen Leichtsinn zu solchem Beginnen veranlaßt habe!"

Elfriede bewegte verneinend das Köpfchen.

Nicht Sie trugen die Schuld daran, Graf Trotha, wahrhaftig, nicht Sie, aber ich glaube, es ist gut abgegangen, ich fühle nichts von einer Verletzung, wir werden nach Hause zurückkehrcn können, denn ich bedarf wohl nur einiger Ruhe und Erholung."

Sie machte einen Versuch aufzustehen, aber mit einem leisen Aufschrei fiel sie zurück.

Mein Fuß! Ich vermag nicht aufzu­treten er muß verrenkt sein oder gebrochen!"

Graf Trotha stand aufrecht neben ihr, und sie sah wieder das begehrliche Funkeln in seinen Augen.

Um so weniger dürfen wir versäumen, Ihnen Hülfe zu verschaffen," sagte er.Wie weit ist es bis zu der nächsten menschlichen Behausung?"

Wir sind kaum mehr als eine Viertelstunde von dem Dorfe Rothenfeld entfernt, bis zum Schlosse aber hätten wir einen weiten, beschwer­lichen Weg. und ich ich werde kaum einen einzigen Schritt gehen können."

Wer könnte ihnen auch zumuten, das zu versuchen! Vertrauen Sie sich für die kurze Strecke immerhin meinen Armen an, denn ein besseres Beförderungsmittel werden wir in dieser Wildnis leider kaum auflreiben können."

Und ehe sie noch ihre Zustimmung oder ihre Bedenken hätte äußern können, fühlte sie sich von seinen starken, eisenfeste» Armen leicht und fürsorglich, unter zarter Schonung ihres leidenden Fußes emporgehoben und ihr Körper ruhte an seiner Brust, deren tiefe, gleichmäßige Atemzüge sie erbebend spürte.

Stützen Sie sich fest auf meine Schulter, Komtesse!" bat er.Der Tragsessel ist vielleicht nicht von der bequemsten Art. aber wir kommen so wohl am schnellsten dazu, Ihren Leiden Linder­ung zu schaffen."

Elfriede aber fühlte keinen Schmerz mehr in dem verletzten Gliede, sondern nur eine be­klemmende Empfindung in der Brust, welche ge­wiß nicht von dem Sturze herrührte und welche doch ihr Herz schneller schlagen ließ und ihren Atem beengte. Mit halber Stimme nur konnte sie dem Grafen die utterläßlichen Anweisungen hinsichtlich der Richtung ihres Weges geben.

Sie mußten noch etwas tiefer in die Schlucht hinabsteigen, um den gangbaren Pfad zu erreichen. Und als sie da fällig einen Blick zur Seite warf, gewahrte Elfriede einen Gegenstand, der sie auf's neue in tiefster Seele erschauern machte. Da lag mitten in dem steinigen Bette des Wald­bachs und halb von den rauschenden Wassern desselben überspült, der Körper ihres Pferdes. Das Tier regte sich nicht mehr, und aus dem Kopfe, der aus einem blutüberströmten Felsstück ruhte, starrten die weit aus ihren Höhlen ge­quollenen Augen gläsern und gebrochen zum Himmel empor.

Elfriede schmiegte ihr Köpfchen unwillkürlich fester an die Schulter des Grafen, als wenn sie sich dort vor dem Grauen bergen wollte, das ihr jener Anblick einflößte. Sie sprachen mährend ihres ganzen, weiteren Weges kein Wort mehr

mit einander. Aber mit geheimer Bewunderung erkannte das junge Mädchen die erstaunliche Körperlraft und Ausdauer ihres Kavaliers. Ob­wohl der Weg, der sie in das Dorf führen sollte, in steiler Erhebung anstieg, verlangsamte er doch seinen rüstigen Schritt nicht, und trotz der Last, welche er auf den Armen trug, ging sein Atem kaum merklich schneller. Nun hob ein Seufzer der Erleichterung Elfriedens Busen, denn die Wände der düsteren Schlucht wichen allmählich zurück, und das weite lichte Thal, auf dessen Grunde das arme Bergdorf eingebettet war. öffnete sich vor ihren Blicken.

Wohin aber gehen wir nun?" fragte Graf Trotha."Wenn ich auch sofort einen Wagen vom Schlosse requirieren werde, wäre es doch wünschenswert, daß Sie sich gleich hier einige Linderung verschaffen könnten. In einem der elenden Bauernhäusern aber wird sich dazu kaum eine Gelegenheit bieten. Giebt es denn in dem Nest nicht einen Arzt oder wenigstens einen Pfarrer? Ich sehe doch da einen Kirchturm über den Bäumen."

Elfriede kämpfte mit sich selbst; dann sagte sie leise:

Ja! Das Pfarrhaus liegt linker Hand neben der Kirche!"

Und Graf Trotha, der nichts von ihren feindseligen Beziehungen zu dem Pastor ahnte, lenkte seine Schritte nach der bezeichnten Richt­ung hin.

Zehn'Minuten später saß die junge Gräfin in einem Zimmer, das ihr in seiner traulichen Eigenart wie ein Teil einer fremden, unbe­kannten Welt erschien, und um sie her war eine Person beschäftigt, welche sie zum erstenmal in ihrem Leben sah, und welche ihr doch bereits so bekannt und vertraut war, als wäre sie seit Jahren durch die innigste Freundschaft mit ihr verbunden. Es war eine alte Frau mit reichem, noch immer leicht gewelltem, silbergrauem Haar und mit einem Matronengesicht, das frisch und rosig war wie das eines jungen Mädchens, und zugleich so mild und freundlich, als wolle es eine Welt von Güte wiederstrahlen. Sie war Trotha bei seinem Eintritt in das Haus ent­gegengekommen, und ihr weiblicher Scharfsinn hatte es ihm erspart, sein Anliegen mit vielen Worten vorzutragen. Beruhigt hatte er sich verabschieden können, um den Grafen Recke selbst von dem Vorgefallenen zu unterrichten und um einen Wagen vom Schlosse herbeizuholen. Er durste nicht zweifeln, daß Elfriede vorerst kaum irgendwo besser aufgehoben sein konnte, als in der Obhut dieser würdigen Frau, welche er für die Gattin des Geistlichen hielt.

Und doch hatte diese weder eine übergroße Höflichkeit noch ein sonderlich demütiges Wesen an den Tag gelegt, um das Vertrauen und die Zuneigung der stolzen Grafcntochter zu ge­winnen. Es war vielmehr etwas in ihrem Be­nehmen. welches unwillkürlich zu dem Schluß führen mußte, daß ihr der vornehme Stand der Hülfesuchenden ohne jede Bedeutung war, und daß sie jeder anderen unbedenklich und mit dem­selben umsichtigen Eifer ihren Beistand geleistet haben würde. Während eine Magd auf ihren Befehl schneeweiße Linnentücher und kühles Quellwaffer hereinbrachte, hatte sie rasch die Hülle von dem leidenden Fuße der Komtesse gestreift und die schmerzende Stelle untersucht.

Sie dürfen sich beruhigen, liebes Kind," sagte sie.es ist weder ein Bruch noch eine Verrenkung, und ich glaube, Sie werden kaum länger als wenige Tage am Gehen verhindert sein. Die kalten Umschläge sollen Ihnen bald einige Erleichterung verschaffen, bis Ihnen der Doktor einen ordentlichen, festen Verband an- legen wird. So thut Ihnen das nicht schon wohl?"

O, sehr wohl!" versicherte Elfriede mit Wärme.Ich fühle kaum noch einen Schmerz. Aber wie geschickt sie sind und wie sicher! Man sollte glauben,wenn auch natürlich nur zu einem bescheidenen Teile. Ich bin die Tochter eines Landarztes und mein guter Vater war bei seinen ersten Hilfeleistungen u. kleinen Operationen so oft um einen Assistenten in Verlegenheit, daß ich. soweit es anging, dessen Stelle vertreten

mußte. Dabei erlernen sich die gewöhnlichen Handgriffe rasch, und ich habe später als die Frau eines Landpastors noch manchmal Gelegen­heit gehabt, diese praktischen Kenntnisse zu ver- vollkommnen und zu erweitern."

(Fortsetzung sotgt.l

(Eine 1000jährige Eiche.) In dem fiska­lischen Forstorte Hohenstedterholz in der Nähe von Fallersleben steht noch eine Eiche, deren Alter auf 1000 Jahre geschätzt wird. Ihr Stamm hat einen Umfang von 7 va, die Borke hat am Stamm und an den knorrigen Aesten tiefe Risse, doch ist der Baum noch frisch und sucht seines­gleichen im Lande. Die Eiche stand einst dicht vor dem Dorfe Hohenstedt, das im 16. Jahr­hundert zerstört worden ist. Sie erlebte die Gründung und die Zerstörung des Dorfes, welches den Stammsitz derer von Hohenstedt und ein zur Pfarre Mörse gehörendes Kapellendorf war, ferner die Kreuzzüge, die Reformationszeit, den 30jährigen und den 7jährigen Krieg.

(Folgendes anspruchslose Heiratsgcsuch) lesen wir in derFranks. Zig.":Fabrikbesitzer in großer Provinzialstadt Mitteldeutschlands, ge­wesener Landwehr-Offizier, evangelisch, groß, zwar anfangs der 40er, doch von jugendlich­männlicher Erscheinung, sucht eine Frau. Die­selbe muß aus erstem bürgerlichem Hause, um Mitte der 20er bis etwa 30 Jahre alt, gesund und blühend, musikalisch gebildet und Wagnerianerin sein. Verfügbares Mindestver­mögen von 1000000 dessen auch nur teil­weise Einbringung in das bedeutende Geschäft des Besitzers ausdrücklich nicht gewünscht wird, ist Bedingung. Glücks-Chance für Damen, die in ihrem Bekanntenkreise ihr Ideal nicht finden können. Verschwiegenheit selbstverständlich und Ehrensache." Wird das ein Gedränge werden!

(Gegen eingefrorene Fensterscheiben.) Ein praktisches Mittel gegen eingefrorene Schaufenster hat ein Stuttgarter Bäckermeister angewendet. Mißmutig darüber, daß ihm die kalten Tage sein Schaufenster total zugefroren und daß dadurch seine schöne Auslage dem kauflustigen Publikum gänzlich unsichtbar blieb, entschloß er sich zur raschen Abhilfe. Er übergießt das Schaufenster mit Spiritus, zündet diesen an, bis . . . Nun, man errät den L-chluß: bis mit einem Knall das Schaufenster im Wert von 140 »kL in tausend Stücke zerspringt, krobatuw est.

(Rücksichtsvoll.) Herr (von der Zeitung aufblickend, wütend): Was haben Sie denn da gemacht, Sie haben mir das Haar ja ganz kurz geschnitten! Friseur: Ich wollt' Sie über den interessanten Artikel, den Sie da eben lasen, nicht stören und da Hab' ich denn halt immer weiter geschnitten!

(Aus einem Briefe.) Mein Herr! Nach Ihrem gestrigen Benehmen muß ich Ihnen Mit­teilen. daß ich nicht mehr die geringste Achtung für Sie habe, und zeichne mit vorzüglicher Hoch­achtung. Emil N.

(Das Wahrscheinlichere.) Kommis: Morgen, Sonntag, mache ich auf jeden Fall einen Ritt! Prinzipal: Sagen Sie doch lieber: Auf jeden Ritt einen Fall.

Das ist nun schon der dritte Cy linder, der in dieser Woche springt", ruft die Hausfrau ägerlich aus. als mit einem lauten Knacks der Lampen-Cylinder in Stücken herunterfällt. Ein Zerspringen der Cylinder kommt nicht vor, wenn man vor dem Gebrauche dieselben in ein mit Salzwasfer gefülltes Gefäß dringt, das man langsam zum Kochen kommen läßt. Nachdem das Wasser zehn Minuten gekocht hat, setzt man den Behälter zur Seite , und läßt die Cylinder in dem Wasser langsam erkalten.

(Ein billiges Barometer.) Man füllt einen Topf mit feuchtem Sande und steckt darauf einen Tannenzapfen. Wenn schönes Wetter im An­zuge ist, so öffnen sich die Schuppen; wenn Regen bevorsteht, so schließen sie sich.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.