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Thomas. Das war ein herzlich schlechter Versuch, sich rein zu waschen. Sie sind verhaftet!" schloß er und wandte sich dann an den Gendarmerie-Brigadier:
„Thun Sie Ihre Pflicht! Noch heute ist der Förster in einem verdeckten Wagen unter den vorschriftsmäßigen Vorsichtsmaßregeln in unser Kriminal-Gefängnis zu bringen. — Die Leiche soll aufgehoben und nach der Totenhalle geschafft werden."
Willenlos ließ sich der Förster Handschellen anlegen und fortführen. Seine Kraft war ge brachen, er hielt sich für verloren. Ein dumpfer Schmerz betäubte seinen Geist und seine Sinne und machte ihn fast unempfänglich für die Eindrücke der Außenwelt. Die Last war zu groß, welche das Schicksal so plötzlich auf seine Seele gewälzt hatte, als daß cr sie hätte tragen können mit ungebeugtem Mute und erhobenem Haupte. Das Gefühl der Unschuld vermochte in seinem Herzen nicht über eine stille, bittere Verzweiflung zu siegen.
Nur einmal schien er zum vollen Bewußtsein seines Elends zu erwachen — als man den laut aufheulenden Hund von ihm trennte und an einem Strick fortzerrte. Das war die einzige treue Seele, die er hatte und auch sie mußte er verlieren.
Als er sich später in einer Einzelzelle des Kriminal-Gefängnisses befand, erwachte er zum vollen Bewußtsein seiner schrecklichen Lage. Er sann und sann nach einem Rcttungswege aus dem Labyrinth der Anklage — vergebens! Die Verzweiflung überwältigte ihn, zeigte ihm in grellen Fantasiebildern seine Verurteilung zum Tode, zeigte ihm das Schaffst im engen Gefängnishofe, das von seinem Blute gerötet werden sollte — und er schrie wahnsinnig auf: „Gott! Gott! nur das nicht!" — Aber keine Stimme antwortete und sprach dem unglücklichen Manne Trost zu, Niemand erhellte mit dem süßen Lichte der Hoffnung seine umnachtele Seele.
Die Nacht verging. Der Förster war in den wenigen Stunden ein Greis geworden — Bart und Haare waren ergraut. — Stumpf sinnig vor sich hinbrütend, saß er im Gefängnis
— ein lebendig Begrabener, der nur noch au! die Stunde harrte, wo er sterlen durfte.
Tage vergingen — Wochen — der Tag des Gerichts brach an. Wie oft war er während dieser Zeit vor dem Untersuchungsrichter gewesen! Wie hart hatte ihm der Mann zugesetzt, um ihn zu einem Geständnis zu bewegen, er hatte aber immer nur das Eine wiederholen können: „Ich bin unschuldig!" damit aber keinen Glauben gefunden.
Er begrüßte den Tag der Schwurgerichtsverhandlung als den Morgen der Erlösung von schwerer Pein . . . Wurde er für schuldig befunden, so konnte nur auf Todesstrafe erkannt werden und den Tod fürchtete er nicht mehr, seitdem er die traurig dahinschleichenden Tage des Gefängnislebens kannte — der Tod erschien ihm als eine Erlösung von allen Leiden. Sollte er ihn auch auf dem Schaffst erdulden — verdammt von irrenden Menschen, verflucht von aller Welt — er starb dennoch als ein ehrlicher Mann, der offenen Auges vor das Antlitz des Ewigen treten durfte — ja, und noch Eine gab es auf der Erde, die nimmer an seine Schuld werde glauben können. und diese Eine war Annaliese, die Geliebte seiner Jugend, die Gattin des Ermordeten. Er war ihr treu geblieben sein Leben hindurch» hatte kein Weib genommen und wußte, daß auch in ihrem Herzen noch die Liebe zu ihm heimlich glühte. Und sollte man ihn sreisprechen — sollte es wirklich geschehen
— eine zage Hoffnung regte sich tief in seiner Seele — dann wollte er zu ihr eilen, ihr in die Augen sehen und sie fragen, ob sie nun wieder sein treues Herzliebchen sein wolle . . .
Ach. es war ein Traumbild — es zerrann vor der Wirklichkeit.
Die Beweisaufnahme in der Schwurgerichts- Verhandlung war schwer belastend für den Angeklagten, man mußte ihn für den Schuldigen halten, Alles sprach ja wider ihn. Als Beweggrund zu der Thal wurde die alte Feindschaft zwischen dem Ermordeten und dem Förster angenommen, weil der Eine dem Andern die
Braut abtrünnig gemacht und geheiratet hatte. Diese Thatiache gab der Förster unumwunden zu, aber ans die Anklage selbst hatte er nur die eine Beteuerung: „Ich bin unschuldig!"
(Fortsetzung folgt.!
Einen strengen» schneereichen Winter prognostizieren übereinstimmend die Wissenschaft liche Meteorologie und der Volksglaube. Der Gothaer Meteorologe H. Habcnicht, dessen Wetterprognosen sich in Fachkreisen eines großen Ruhmes erfreuen, sagt in einem der letzten „Eis und Wetteibelichte vom Nordatlantischen Ozean," daß die andauernde Trockenheit des Sommers, die auch durch die Niederschläge des September und vielleicht Oktober noch ersetzt werden könne, einen niedrigen Wasserstand Hervorrufen werde, und die Folge davon werde wieder ein strenger Winter sein. Im hohen Norden, nördlich von Neufundland und östlich von der Belle Jsle- Stroße. wurde eine ungewöhnlich große Zahl von Eisbet gen beobachtet. Deren mildernde Wirkung auf das Klima Europas dürfte sich aber, wenn überhaupt, erst im nächsten Frühjahr geltend machen. — In Belgien leitet der Volksglaube die Wahrscheinlichkeit eines harten Winters aus dem Umstand her, daß nach aus den Ardennen eingegangenen Berichten ganze Rudel Wölfe austreten. Auch der Autwerpener wetterkunoige Major Waelput kündigt vom Januar 1894 ab einen sehr harten, schriee- und frostreichen Winter an.
In Amerika hat man jetzt die Interna lliasiea. sogar in den Dienst der Kirche gestellt. Bei dem ungemein stark entwickelten Sektenwesen der Vereinigten Staaten haben einige Geistliche bei ihren Abendandachten und Predigte» die l_,u.t>erua wagies, in der Weise zur Hilfe genommen, daß bei passenden Stellen der Predigt irgend eine Darstellung einer biblischen Szene an einer Wand oder auf einem Vorhänge erscheint. Der Erfolg soll nicht zu verkennen und der Besuch solcher Bethäuser ein ganz außerordentlicher sein. In einer dieser Andachts stätten soll sogar die Einrichtung so vollkommen sein, daß der Geistliche auf der Kanzel nur auf einen Knopf drückt, um auf elektrischem Wege sofort das betreffende Bild erscheinen zu lassen; die Darstellungen sollen meist photographische Nachbildungen berühmter Meister der Malerei zur Anschauung bringen und bei passender Orgelbegleitung einen sehr erhebenden Eindruck machen.
Daß der Chinese selbst seinen Geschützen Opfer darbringt, dürste eine nicht allgemein bekannte Thatsache sein. Ein solches Opfer ist soeben von dem Brigadegeneral und höheren Olfizieren der Regimenter die in dem Jaugtse-Vertragshafen Tschinkiang in Garnison liegen, vorgenommen worden. Vor die Mündung jeder der großen Kanonen, mit denen die dortigen Forts bestückt sind, wurde ein Schweinskopf, ein lebendes Huhn und ein Fisch aufgestellt vor diesen knieten die Offiziere nieder und flehten die Geister, welche die Richtung des Geschosses lenken, an. ihnen in Kriegszeiten getreu zu sein, so die Kugel stets ihr Ziel treffe, ferner, daß das Rohr nicht platze u. dergl. Nach dieser Zeremonie wurden die Kanonen geladen und abgeseuert, und die Opfer verschwanden im Welträume.
Künstliche Eisbahn. Seit dem I. Nov. ist in München nach fünfmonatlicher Unterbrechung die künstliche Eisbahn — neben derjenigen von Paris die einzige in Europa — wieder eröffnet. Technische Schwierigkeiten würden einer Ausdehnung des Eislaufs auf die Sommermonate nicht im Wege gestanden haben; wohl aber bringt es die Rücksicht auf die Rentabilität der Anlage mit sich, daß deren Inhaber, Ingenieur Unsöld, die Dampfmaschinen dazu ver wendet, um im Sommer Eis für den Hausbedarf, im Herbst, Winter und Frühjahr dagegen für den Eissport herzustclle».
Eine gefährliche Bande. In Paris wurde, wie dem „Wiener Fremdenblatt" von dort telegraphiert wird, der langgesuchte Haupt
mann der sogenannten Nasenbeißbande verhaftet. Zu dieser Bande zählten sich Straßenränder, welche die Gewohnheit halb», jedes ihrer Opser durch Abbeißen der Nase zu verstümmeln.
Mayen, 23. Nov. Vor einic,,n Tagen warf ein junger Bursche bei einem Wortwechsel, den er mit seiner Mutter wegen Her,,abe von 50 ^ hatte, derselben die brennende Petroleumlampe an den Kopf. Die Frau ist an den erlittenen Brandwunden gestorben. Der llebel- thäter wurde festgenommeu.
Eine neue Methode der B r o I b e r eil ung ist der dazu gehörigen Maschine soeben vom Ingenieur H. Beindt in Berlin zu Patent an- gemelvet worden. DaS Verfahren besteht darin, daß das volle Korn mit allen seinen Bestandteilen. nachdem es gereinigt und geweicht morden ist. durch Walzen und Quetsch-n direkt zu Teig verarbeitet wird, also ohne vorherige Mehl- ber itung.
Ein Quellenfinder von bedeutendem Ruf existiert in der Person les Reichsgrasen Alexander Wrschowetz. Derselbe folgt genau der Pendelschwingung einer von ihm an einer Kelle getragenen Kugel und bestimmt mit einer ans Wunderbare streifenden Sicherheit den verborgenen Wasserlauf, die Tiefe und die Ergiebigkeit desselben.
(Fettflecke in Büchern.j Nichts ist unangenehmer und störender, als Fettflecke in Büchern. Man entfernt sie am besten, wenn man auf folgende Weise verfährt. Man mischt gebrannte Magnesia mit Benzin (selbstverständlich nicht beim Licht!), bis eine krümliche Masse entsteht. Der Fleck wird mit dieser Masse behutsam ein- riebeu und die Magncsiakrümelchen demnächst wcggcklopft. Frische Flecke vei schwinden sofort, alte »ach zwei- bis dreimaliger Behandlung. Der Hauptvorteil ist, daß selbst das feinste Papier nicht Schaden leidet.
Gegen Schlaflosigkeit bei nervösen Leuten, die an kalten Füßen leiden und in dem Kopfe. Hitze haben, giebt es kein besseres Mittel, als abends vordem Schlafengehen die Glieder, besonders die Füße, mit einer Bürste oder mit einem ausgewundenen Handtuch abzureiben aber tüchtig. Hierdurch wird das Blut besser in Umlauf gesetzt, und es tritt Müdigkeit ein.
(Mitleid) „ .... Ja, gnädiges Fräulein, eine Nacht am Nordpol dauert ein halbes Jahr!" — „O Gott, die armen Nachtwächter!" — (DaS Einfachste.) „ . . . Wie oft soll ich Ihnen noch wiederholen, daß ich Ihre Sachen nicht verwenden kann?! . . . Sagen Sie mir mal, warum dichten Sie eigentlich? — „Ach, Herr Redakteur, ich möchte meinen Namen für mein Leben gern gedruckt sehen!" — „Ja. warum lassen Sie sich dann nicht einfach — Visitenkarten machen!" — (Galant.) Dame: „Wie hat Ihnen mein Gedicht gefallen?" — Redakteur: „O, es ist sehr nett — es hat Händchen und Füßchen! (Fl. Bl.)
(Kasernenhofblüte.) Unteroffizier: „Sprechen Sie doch das „Ja" auf meine Fragen nicht immer so lispelnd aus, als wenn Sie sich für eine verschämte Braut hielten und mich für einen Traualtar!"
(Ein Prosaischer.) Dame: „Ach, Herr Lohmeyer, mir ist gar so weh ums Herz . . - ach!" — Herr Lohmcyer: „Fräulein Klara, habe» Sie'S denn schon mal m>t Senfpapier versucht?"
Rätsel.
Die Erste frißt,
Die Zweite ißt.
Das Ganze jeder Mensch genießt.
Bald ist es schlecht, bald ist es gut,
Je nachdem cr spricht und
Für den Monat
Dezember
nehmen alle Poststellen ». Postboten Bestellungen
aus den Enzthäler an. _
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.