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selben ihre Unabhängigkeit und Neutralität ge- wahrt sehen. Weiter iprach sich auch der König energisch dafür aus, daß Schweden und Norwegen nach wie vor einen gemeinsamen Minister für die auswärtigen Agelegenheitcn besäßen. Schließlich drückte er die Hoffnung aus» daß alle königstreuen Männer fest zum Schutze der Union zusammenstehen würden.
Allmählich werden immer mehr Einzelheiten über das furchtbare Dyn amitunglück bekannt, welches Samstag früh 4 Uhr Santander, die blühendste Stadt Spaniens, betroffen, sie in eine Trümmer- und Totenstadt verwandelt hat. Das Unglück entstand bekanntlich infolge eines an Bord des Handelsschiffes „Cabo Machichaco" ausgebrochenen Feuers. Der Dampfer hatte angeblich 1200 Kisten Dynamit an Bord, verborgen unter Eisen und Häuten. Es ist der Verdacht ausgesprochen morde», daß das Dynamit für Sozialisten und Anarchisten bestimmt gewesen sei, indessen würde Santander als Haupteinfuhr- haien für die umliegenden Eisen-, Kohlen- und Zinkbergwerke die Quantität Dynamit schon rechtfertigen. Zwei überlebende Matrosen der Dampfbarkasse „Alfonso XII", welche mit dem „Machichaco" in die Luft flog, behaupten, datz ihr Kapitän an den Kapitän des brennenden Schiffes die Frage richtete: „Haben Sie noch Sprengstoffe an Bord?-, worauf dieser antwortete: „Nein! Das Dynamit ist an's Land geschafft." Tausende drängten sich am Staden des Hafens, um das schauerlich-schöne Schauspiel des Schiffsbrandes zu sehen, und niemand wußte, daß in dem brennendem Schiffe Dynamit, so viel Dynamit lagerte. Als das Schreckliche geschah, wurden diese eingekeilten Menschenmaffen förmlich weggefegt. Das brennende Schiff selbst wurde in Splitter gesprengt; die nächstgelegenen Häuser, wie das Telegraphenamt, verschwanden; ein eben ankommender Expreßzug wurde samt seinen Insassen vernichtet. Uederall Trümmer, Splitter, Feuer, zuckende Gliedmaßen, blutige Fetzen in der dunklen Nacht. Die Wirkung der Entzündung ist furchtbar gewesen. Der Boden erbebte, und in meilenweitem Umkreise erzitterten die Häuser in der Stadl und in den Dörfern in ihren Grundvesten. Da die meisten höheren Militärs und Zivilbeamten wegen des Schiffsbrandes am Staden versammelt und von dem Dynamit zerschmettert worden waren, fehlte es an einer Leitung der nötigen Arbeiten. Die nächste Telegraphenstalion war 8 Kilometer entfernt, und so erlitten alle in diesem Falle dringend nötigen Rettungsarbeiten unheilvolle Verzögerungen. Wie meist bei derartigen Unglücksfällen. wurden zahlreiche Leute wahnsinnig und vermehrten durch ihr Rasen die allgemeine Verwirrung. Die so schwer betroffene Stadl Santander hatte nach der letzten Zählung 235 299 Einwohner, sie ist die Hauptstadt der gleichnamigen altcastilischen Provinz uud liegt an der Südküste des Biscayischen Meerbusens. Durch das entsetzliche Unglück des 4. Novembers hat die Wohlhabenheit der Stadt einen schweren Schlag erlitten. Man kann wohl sagen, daß diese Dynamitentzündung die stärkste gewesen ist, welche man bisher überhaupt erlebt hat.
Santander, 9. Nov. Im Boden des Schiffes „Cabo Machichaco" wurden noch 40 Kisten Dynamitunversehrtaufgefunden. Als die Behörden dieselben in Sicherheit bringen wollten, bemächtigte sich ein Schrecken der Bevölkerung. 20 000 Personen flüchteten in das Freie, andere stürmten die abfahrenden Eisenbahnzüge. Im Gedränge kamen zahlreiche Verwundungen vor. Die Zahl der Toten, Verwundeten und Vermißten wird auf über 1000 geschätzt.
New-Uork, 8. Nov. Der bekannte Mac Kinley ist mit 60000 Stimmen Mehrheit zum Gouverneur von Ohio gewählt worden.
Telegramm an den Enzthäler.
Pest, 10. Nov. Das Amtsblatt veröffentlicht eine das Futterausfuhrverbot aushebende Verordnung.
Barcelona, 10. Nov. Das Begräbnis der durch die Explosion Getöteten fand gestern
aus Kosten des Munizipalrats statt. 16 Leichenwagen bildeten den Zug. Die Spitzen sämtlicher Behörden wohnten dem Begräbnis bei. Trotz des Regenwetters begleitete eine zahlreiche Menschenmenge den Leichenzug.
Vermischtes.
Kuthrr-SprLchr.
Wer was weiß, der schweig,
Wem wohl ist, der bleib,
Wer was hat, der behalt's,
Unglück, das kommt bald.
Glaube nicht Alles, was Du hörst.
Sage nicht Alles, was Du weißt,
Thue nicht Alles, was Du magst.
Es ist auf Erden kein besser List,
Denn wer seiner Zungen ein Meister ist.
Viel wissen und wenig lagen,
Nicht antworten auf alle Fragen,
Rede wenig und mach's wahr,
Was Du borgest, bezahle bar.
Laß einen Jeden sein was er ist,
So bleibst Du auch wohl, wer Du bist.
Wer trinkt ohne Durst,
Und ißt ohne Hunger,
Stirbt desto junger.
Iß, was gar ist,
Trink was klar ist,
Red' was wahr ist.
Welt, wie Du willt,
Gott ist mein Schild.
Gott läßt wohl sinken,
Aber nicht ertrinken.
Wie Einer liest in der Bibel,
Also steht seines Hauses Giebel.
Hab' Mut und schaff mit starker Hand,
Spinn und web' an der Tugend Gewand.
Berlin. Ehrlich währt am längsten; Vor nunmehr ungefähr einem Jahre erschien an einem Sonntag morgen bei dem Tischlermeister L. ein ungefähr 25jähriger Mensch, ein Schlosser, welcher um ein Almosen ansprach. L., früher selbst auf der Wanderschaft gewesen und auch wissend, daß Hunger weh thut, gab dem Bittenden ein Geldstück — wie er glaubte, ein Zehnpfennigstück. Der Bettler steckte bas Geldstück unbesehen ein und ging weiter. Als nun L. nach vielleicht einer halben Stunde einen Einkauf machen wollte, mußte er zu seinem nicht geringen Schrecken die Wahrnehmung machen, daß er vorhin dem Bettler statt eines Zehnpfennigstückes ein Zwanzigmarkstück gegeben hatte. Der Tischlermeister glaubte natürlich nicht, daß der Bettler das Zwanzigmarkstück wieder zurückbringen werde, und tröstete sich schon damit, es wenigstens, wie er glaubte, einem anständigen Menschen gegeben zu haben Sein Erstaunen war aber dann um so größer, als sich um die Mittagsstunde der Bettler wieder meldete unb das Goldstück, da hier wohl ein Versehen vorliege, wieder zurückbrachte. Ob dieser außergewöhnlichen Ehrlichkeit schenkte nunmehr L. dem schon langen arbeitslos gewesenen Menschen das Goldstück. Außerdem verschaffte er ihm bei seinem einige Häuser weiter wohnenden Schwager, dem Schlossermeister Sehr, in der Wasserthorstraße Arbeit und schon nach kurzer Zeit hatte sich der frühere Hcmdwerks- buriche zum Werkmeister emporgearbeitet. In der nächsten Woche feiert derselbe mit der Tochter seines ehemaligen Wohlthäters, des Herrn L., Hochzeit. Ehrlich währt am längsten!
(Das „Lustschloß" auf der nächsten Welt- Ausstellung.) Bekanntlich soll im nächsten Jahre eine Weltausstellung in Antwerpen stattfinden. Um es nun den anderen Ausstellungen nach- zuthun, haben auch die Holländer sich eine Spezialität ausgedacht, durch die sie die Fremden anlocken wollen. Hatte Wim seine Rotunde, Paris seinen Eiffelturm und Chicago sein Riesenrad, so wird Antwerpen ein veritables „Lustschloß" bauen. Ein mächtiger gefesselter Luftballon hält das Schloß, in dem 150 Personen z. Z. Aufnahme finden können, in den Lüften. Zwei Fahrstühle vermitteln die Kommunikation
mit der Erde. Von dem Luftschloß aus soll die ganze Ausstellung durch elektrische Reflektoren beleuchtet werden, während an demselben 1000 Glühlichter flackern. Um das Schloß wird man auf einer Plattform promenieren können Der Erfinder der Idee ist der Ingenieur Tobianskh, der sie auch ausführen will.
Eine an den Ring des Polykrates erinnernde Geschichte wird aus Kulm in Westpreußen berichtet: Der Besitzer W. in Kl.-L. verlor vor 6 Jahren seinen goldenen Trauring, ohne eine Ahnung zu haben, wo der Ring zu suchen sei. In diesen Tagen war dessen Knecht mit Kartoffelausnehmen beschäftigt, und als er eine Kartoffelstaude ausschüttelte, bemerkte er, daß an einer Wurzel etwas glänze. Beim weiteren Nachsehen fand er, daß ein goldener Ring eine Wurzel fest umschloß. So bekam Hr. W. seinen Ring zurück.
Als Japaner zuerst nach Europa kamen, soll dieselben nichts so sehr in Verwunderung gesetzt haben, als jenes musikalische Ungetüm, das unseren Ohren manche heitere, aber vielleicht ebenso viel qualvolle Stunden bereitet: das Klavier. Durch Ausplauderei drang damals ein Bericht an die Oeffentlichkeit, welchen die fremden Gäste nach ihrer Heimat an den Taikun absandten. Darin befindet sich folgende Stelle: „Die Europäer wissen einem großen vierfüßigen Tiere melodische Töne zu entlocken. Ein Mann, öfter noch eine Frau oder ein Mädchen, setzt sich davor, und indem sie dem Ungetüm auf den Schwanz treten und gleichzeitig mit den Fingern auf dessen weiße Zähne schlagen, nötigen sie es zum Singen. Der Klang seiner Stimme ist bezaubernd schön."
Urlaubs-Gründe. In einer Stadt des engeren Vaterlandes suchte ein Beamter bei seiner Vorgesetzten Behörde um einen dreitägigen Urlaub nach, und zwar mit folgender Begründung: 1) wegen Umzugs. 2) wegen Verheiratung und 3) wegen Mostbereitung. Selbstverständlich waren diese Gründe so durchschlagend, daß der Urlaub anstandslos genehmigt wurde.
Das B. T. überrascht am Schluffe eines launigen Versicherungsartikels seine Leser mit der Frage: Wer war der erste Versicherungsagent? — Antwort: Der Landvogt Geßler. Denn er sagt zu Tell: „Wohl Tell, des Lebens Hab' ich Dich versichert!"
(Beim Examen.) Professor: „Wir haben also gesehen, daß Cäsar, Antonius und Pompejus sich zur Uebernahme der Staatsleitung vereinigten. Wie nennt man nun eine solche Vereinigung von drei Männern, Schmitt?" Schmitt: „Einen Skat. Herr Professor!"
(Kindlich.) Papa (liest): „Bund der Landwirte. Nachmittag 6 Uhr große Versammlung." — Hänschen: „Du, Papa, wie sieht denn ein bunter Landwirt aus?"
Rätsel.
Jüngst traf ich einen jungen Mann, Der sah recht int'ressant sich an,
Mit weitem Künstlerhavelock,
Kunstvoll gebrannt des Haupt's Gelock, Und glatt rastert das Angesicht —
Doch glücklich schien der Jüngling nicht. Ich lud den Blassen freundlich ein Zu einem Gläschen guten Wein,
Und forschte mit diskretem Mund Nach seiner tiefen Schwermut Grund. Da stöhnt er: Gestern abend, ha!
Gab ich's mit e und macht's mit a.
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