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Prozeß aufgedeckten Verhältnissen dem nationalen Kredit erwächst.

Berlin, 31. Okt. Für Jnvaliden- pensionen sind im nächsten Reichsetat 2'/, Millionen Mark mehr angesetzt als im laufen­den Jahre.

In der Umgebung Hamburgs fanden in den letzen Monaten vierzehn Brände ver­schiedener Bauernhöfe statt. Es wurde Brand­stiftung schon lange vermutet. Die Polizei verhaftete neuerdinas vier, sämtlich in der Nähe der betreffenden Ortschaften wohnhafte Ver­dächtige.

Württemberg.

Durch K. Verordnung ist den K. Forst­schutzwächtern der TitelForstwart" ver­liehen worden.

Stuttgart. 2. Nov. Das Ortsstatut über die Sonntagsruhe im Handels­gewerbe in hiesiger Stadt soll abgeändert wer­den. Beantragt war vom Gemeinderat bei der Kreisregierung die Offenhaltung der Verkaufs­geschäfte von vormittags 89 und mittags 11 bis 3 Uhr. Der Bürgerausschuß schlägt die Stunden 7'/-9 und mittags 112 Uhr vor. Die Bedürfnisgewerbe, Bäcker, Konditoren und Milchhändler sollen abends noch von 67 Uhr das Recht des Verkaufs erhalten. Der Ober­bürgermeister sprich: sich für die Einheitlichkeit der gesetzlichen Bestimmungen im ganzen Lande aus und ist für Beitritt des Bürgerausschusses zu dem Anträge des Gemeinderat Fischer, welcher die möglichst weitgehende Erlaubnis zum Ver­kauf im Auge hat. Nach etwa 1'/,ständiger Debatte einigten sich die Kollegien dahin, es solle eine Eingabe an das Ministerium des Innern gerichtet werden, dahingehend, es möge die Re­gierung des Neckarkreises darauf bedacht sein, die Sonntagsruhe im ganzen Kreise einheitlich zu regeln. Uebcr die Abänderungsvorschläge kam eine Uebereinstimmung nicht zu stände, daher wird diese Angelegenheit nochmals der Polizei­abteilung zu weiterer Behandlung zugewiesen; einstweilen bleibt es also bei den seitherigen Be­stimmungen.

Von den Geld- und Warenbörsen.

Stuttgart, 2. Nov. Die Shermanakte ist nun­mehr auch vom Senat der Bereinigten Staaten von Nordamerika aufgehoben worden; die Silberankäuse der Bundesregierung haben gleichzeitig aufgehört. Nun zeigt sich aber die andere Schwierigkeit, wie die Ameri­kaner das aus dem Lande nahezu ganz verschwundene Gold beschaffen sollen, und deren Zerren an der inter­nationalen Golddecke haben in erster Reihe die euro­päischen Bankinstitute zu empfinden, welche alle Gut­haben ihrer amerik. Geschäftsfreunde in Gold begleichen sollen, dagegen für ihre eigenen Guthaben bei jenen vorerst keine genügende Deckung finden können. Des­wegen steigt auch in Oestreich-Ungarn das Goldagio immer mehr. Die deutschen Börsen waren weiterhin nachteilig beeinflußt durch die, wie es scheint, etwas zu weitgehenden Befürchtungen über die Wirkungen der angekündigten Börsensteuerhöhung. Bezüglich der letz­teren hat nun allerdings eine etwas beruhigtere Auf­fassung Platz gegriffen. Doch zeigen die Kurie fast durchweg und zum Teil beträchtliche Rückgänge gegen­über dem Stand am Schluß der Vorwoche. Auf den Getreidebörsen hat eine etwas festere Stimmung Platz gegriffen, und auch die Umsätze haben sich etwas leb­hafter gestaltet. Auf den Baumwollmärkten ist nach der Mattigkeit der letzten Wochen wieder eine bessere Stimmung eingetreten, und die Preise sind, wenn auch vorerst nur in geringem Grade, wieder im Anziehen begriffen. Amerikanische Sorten stiegen auf Lieserungs­termine gegenüber dem Schluß der Vorwoche um ca. 3 Points. Auf den Garn- und Tüchermärkten ist das Geschäft noch ziemlich ruhig; doch halten die Verkäufer an den vorwöchigen Preisen fest. Auf den Zucker­märkten ist wenigstens für spätere Lieferungen wieder eine festere Stimmung eingetreten. Dagegen ging der Preis für Lieferung im Laufe der Monate zurück. Am den Kaffeemärkten ist das Geschäft ruhig geworden, doch konnten sich die Preise der Vorwoche gut behaupten.

Ausland.

Paris, 3. Nov. Die gesamte hiesige Presse erkennt in ruhigen und sachlich gehaltenen Besprechungen an, daß der deutsche Forstbeamte, der die 2 französische Wildschützen bei Saint Dia erschoß, durchaus gesetzlich gehandelt habe.

Toulon, 3 Nov. Auf die Begrüßungsrede erwiderte der Admiral des russischen Geschwaders gestern dem Bürgermeister von Ajaccio, er werde in drei Monaten wieder dorthin kommen

und dann einen längeren Aufenthalt nehmen. Der in voriger Nummer gemeldete Unglücksfall auf dem AdmiralschiffKaiser Nikolaus I." wurde durch die Explosion eines Terpentin- Ballons herbeigeführt.

Telegramme an den Enzthäler.

Berlin, 4. Nov. Die Blätter melden aus Wien. Fürst Windischgrätz nahm den Auf­trag zur Kabinetsbildung an; dieselbe dürfte nächste Woche beendet sein. Wahrscheinlich er­hält Tlener die Finanzen, der Präsident der Staatsbahnen, Bilinski, das Handelsportefeuille.

Rom. 4. Nov. Der irrendentische Abge­ordnete Barcilai wurde im Säbelduell mit dem Chefredakteur des regierungsfreundlichen Blattes Solchetto" verwundet.

Madrid, 4. Nov. Die Truppen von Melilla wurden gestern vormittag, als sie dem Forts neue Lebensmittel zuführten, von den Kabylen angegriffen, letztere wurden zurückge­schlagen und hatten große Verluste.

Santander, 4. Nov. Ein mit Dynamit beladenes Schiff geriet in Brand und flog mit ungeheurem Krachen in die Luft. Alle Fenster der Stadt und Umgebung sind zersprungen, die brennenden Trümmer des Schiffes wurden weit fortgeschleudert. Die Katastrophe forderte zahl­reiche Opfer an Toten und Verwundeten.

Wermischtes.

Ein sehr beachtenswerter Wink wird in der Nordd. Allg. Ztg." für Angelegenheiten er­teilt, in welchen schon viele trübe Erfahrungen gemacht worden sind. Angesichts der vielfachen Aufforderungen in öffentlichen Blättern, sich als Interessent an einen überseeischen Nachlaß unter einer bestimmten Privatadresse zu melden, wird darauf hingewiesen, daß es in überseeischen Ländern, namentlich auch in den Vereinigten Staaten, Rechtsanwälte giebt, die ein Gewerbe daraus machen, solche Erben-Aufrufe zu erlassen und dann die Interessenten, die sich melden, zu schröpfen, wie man denn auch kürzlich wieder eine solche Aufforderung in den deutschen Blättern gelesen habe, bei der es augenscheinlich auf un­redlichen Gewinn abgesehen gewesen sei. Es könnte daher jedem vermeintlichen Erbinteressen­ten nur dringend Vorsicht anempfohlen und ge­raten werden, etwaige in überseeischen Ländern geltend zu machende Erbansprüche nur durch die zuständigen kaiserlichen Konsulate wieder zu ver­folgen.

(Ein beherzter Knabe.) Auf einem Gute bei Greifenhagen wurde ein der Gutsherrschaft gehöriger Jagdhund plötzlich von Tollwut be­fallen. Das Tier biß nicht weniger als 18 Schafe, die sämtlich bald darauf starben. Der Hund war durch das offene Thor des Gutshofes eine Chaussee entlang gerannt. Hier begegnete ihm ein einspänniger Landwagen eines benach­barten Gutes. Er versetzte dem Pferde eben­falls einen tätlichen Biß und versuchte, auch den Führer des Wagens zu erreichen. Dieser schlug den tollen Hund jedoch mit der Peitsche vor­läufig in die Flucht. Unterdeß waren von dem Gute her verschiedene Männer, mit ihnen der etwa vierzehnjährige Sohn eines Forstbeamten, teilweise mit Flinten bewaffnet, herbeigelaufen, die sich jedoch, als sie den Auftritt auf der Chaussee gewahrten, alle, mit Ausnahme des Knaben, im Hintergründe hielten. Als der Hund des Knaben ansichtig wurde, richtete er seinen Lauf auf diesen. Jener hatte seine Flinte angelegt und ließ das Tier bis auf etwa 10 Schritte herankommen; dann krachte der Schuß und das tolle Tier stürzte, sich mehrere Male überschlagend, tot zu Boden. Starr vor Schrecken hatten die Uebrigen dem Vorgang zu­geschaut; erst nach einigen Minuten löste sich das Schweigen und der beherzte Knabe wurde von allen Seiten lebhaft beglückwünscht. Der

Gutsherr machte ihm ein ansehnliches Geld- geschenk.

Der Monat November hat eine große Anzahl von Tagen aufzuweisen, die der Land­mann für bedeutungsvoll hält, weil sie nach den alten Bauernregeln Einfluß auf die kommende Witterung haben sollen. So heißt es z. lg. gleich vom 1. Nov., dem Allerheiligen-Tage: Wenn's zum Allerheil'gen schneit,

Lege Deinen Pelz bereit.

Auf den II. November, den Martinstag, werden mehrere Wetterregeln angewandt; da heißt es in einer:

Martinstag trüb,

Macht den Winter lind und lieb;

Ist er hell,

So macht er das Wasser zur Schell.

In einer anderen Bauernregel wird der Tag als der echte Frostbringer bezeichnet, denn es heißt:

Sankt Martin,

Feuer im Kamin.

Vom 19. November, dem Tage der heiligen Elisabeth, sagt man:

Sankt Elisabeth sagt's an,

Was der Winter für ein Mann.

Und vom 23., dem Clemens-Tage, heißt es kurz und bündig:

Clemens bringt den Winter.

Der 25. November, St. Katharina, ist be­sonders gefürchtet; von ihm wird gesagt: Katharinenwinter Ein Plackwinter,

während der Andreastag, der 30. Nov., mit folgender Bauernregel verzeichnet ist: Andreasschnee Thut dem Korne weh.

Endlich heißt es noch vom Schneefall im November:

Viel und langer Schnee

Giebt viel Frucht und Klee.

(Klassische Erwiderung.) Neuer Gast (an den Stammtisch tretend):Sieh da, Herr Schneider; wo ist Meyer. Müller, Schulz. . .? Herr Schneider:Ich antworte mit Ben Akiba:Alle schon dagewesen."

Der öde Karten.

Von Karl Gerok.

Einsamer Garten,

Oede und leer,

Grämt Dich das warten? Kommt sie nicht mehr? Stehst so verstummet, Sonnenverbrannt, Bienchen nur summet, Müde durch's Land.

Blühet ein anderer Garten so fern, Aber der Wanderer Sieht ihn nicht gern, Dorten gar stille, Ging sie zur Ruh, Blumen die Fülle, Decken sie zu.

Auflösung des Silbenrätsels in Nr. 171.

Aldebaran, Luitpold, London, Edelweiß, Rubens, Sedan. Emma, Edinburg, Landau, Elefant. Nordlicht. Allerseelen.

Richtig gelöst von Bertha u. Dora Solger in Hanau.

Rätsel.

Wie klingt dem Harrenden so kalt und rauh Gar oft der ersten Silbe kurzer Laut.

Wenn trüb und bang er in die Zukunft schaut, Die vor ihm liegt so nebelhaft, so grau.

Die zweite winkt am Strom, am blauen Meer Und öfters noch von steiler Bergeswand,

Es wob die Zeit mit still geschäft'ger Hand Ein bunt Geweb' von Sagen um sie her.

Und so auch steht das Ganze wundersam Inmitten unserer schönsten deutschen Gau'n,

Es wich die Nacht des Wahns mit ihrem Grau'n Dem Strahlenlicht, das einst von dort uns kam.

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