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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Gräfenhausen, 5. Oktbr. Im Wein- gefchäft war der Verkauf anfangs flau; seit gestern aber stellten sich zahlreiche Käufer ein, so daß heute alles verkauft ist. Erlös durch­schnittlich 140 »tL pr. Eimer.

Neuenbürg, 7. Okt. Auf dem heutigen Schweinemarkt kosteten Milchschweine 914 pr. Paar. Verkauf langsam.

Pforzheim, 4. Okt. Der heute dahier stattgehabte Viehmarkt war mit 124 Pferden, 1 Fohlen, 307 Stück Großvieh und zwar mit 62 Ochsen, 17- Kühen, 16 Kalbinnen, 54 Stück Jungvieh, sowie mit 2 t Kälbern befahren. Der Handel war ziemlich lebhaft. Die Preise für- sämtliche Biehgattnngen hatten gegen den vor­letzten Markt etwas angezogen.

Deutsches Weich.

Berlin, 7. Okt. Der regierende Maka- rajas von Katurhara in Indien, welcher die Hauptstädte Europas besucht und bei den Kaiser. Manövern vom Kaiser empfangen wurde, ist in Berlin eingetroffen.

Berlin, 5. Okt. Die Voruntersuchung gegen die wegen Verdachts der Spionage in Kiel verhafteten Franzosen sind nunmehr abge­schlossen; die Akten werden jetzt dem Reichs­anwalt übermittelt.

Inzwischen ist nun auch der Entwurf einer Rcichstadaksteuer von Berlin aus bekannt gegeben worden. Der Grundgedanke gipfelt darin, daß die gegenwärtige Steuer auf inländ ischen Tabak ganz aufgehoben und der Zoll für ausländischen Tabak entsprechend gekürzt wird. Die deutschen Tabakproduzenten in Baden, der Pfalz u.s.w. erhalten dadurch eine beträchtliche Steuererleichterung; die Tabakfabrikate dagegen werden künftig je nach ihrem Preis und Wert verschieden besteuert, wobei sowohl bei den Fabrikanten als bei den Händlern eine Buch- Kontrolle eingeführi wird. Die billigsten Zigarren erfahren dadurch nur eine unwesent­liche Preiserhöhung, wobei zu erwägen ist, daß das Rauchen doch immer noch als Luxus be­trachten werden muß, wonach von einer Be­lastung des armen Mannes nicht die Rede sein kann, denn ein wirkliches Lebensbedürfnis ist das Rauchen noch nicht, weshalb sich auch jeder arme Mann dieser Steuer vollständig ent­ziehen kann. Je feiner und demgemäß teurer eine Zigarre ist, desto höher und nicht in Pro­zenten, sondern progressiv wird auch die bezüg­liche Fabrikatssteuer sein, und wer seither Zigarren zu 20 ^ das Stück rauchen konnte, darf sich nicht beschweren, auch wenn dieselbe Zigarre künftig 25 L kostet, obgleich ein solcher Preis­aufschlag, soweit bis jetzt Nachrichten vorliegen, nicht einmal für die teuersten Zigarren eintreten wird. Bezüglich der geplanten Wein st euer ist Näheres noch nicht bekannt; man weiß nur soviel, daß der Wein schon an dem Keller be­steuert wird und daß die Steuer um so größer aussallen wird, je besser der Wein ist, so daß also die reichen Leute, welche sich nur gute Weine in die Keller legen und seither dafür gar keine Steuer zahlten, um so höher zur Steuer herangezogen werden. Die Weinproduzenten der Pfalz wollen von einer solchen Steuer nichts wissen und agitieren lebhaft dagegen; ihnen wäre nach dem bekannten Worte:Heiliger Sankt Florian verschon' mein Haus, zünd' andere an", eine Erhöhung der Bier- und Branntweinsteuer gemäß dem früher beim Reichs­tag eiugebrachten Entwurf lieber, helfen wird aber diese Agitation kaum etwas.

Zu den bevorstehenden allgemeinen Land - tags wählen in Preußen rüsten sich die Parteien mit aller Macht. Die Sozialdemokraten, denen beim preußischen Landtagswahlrecht die ^rauben zu hoch hängen, wollen sich an den Wahlen nicht beteiligen, poltern dagegen um so chergischer gegen das Wahlgesetz. Diedeutsch- freisinnige Vereinigung" hat energisch Stellung gegenüber derdeutsch-freisinnigen Volkspartei" Engen Richter's genommen, worüber letztere be­greiflicherweise sehr entrüstet ist. Es erscheint ?scht unwahrscheinlich, daß diedeutsch-frei­sinnige Vereinigung" der Gefolgschaft Richter's

nicht nur im Lande herum, sondern namentlich auch in der Hauptstadt Berlin selbst einige Mandate entreißt. In der Zentrumsfraktion ist bekanntlich der Reichstagsabgeordnete für Olpe- Meschede, Dr. Fusangel, dem Zentrumsführer Dr. Lieber an politischem Radikalismus noch bedeutend über. Fusangel ist in 3 westfälischen, seither stets dem Zentrum sicheren Wahlbezirken als Kandidat aufgestellt und es ist nicht un­wahrscheinlich, daß er in allen dreien gewählt wird. In diesem Falle wird selbstredend Fus­angel für diejenigen Bezirke, deren Wahl er nicht annehmen kann, seine speziellen Anhänger durchbringen und dann besteht in der That ein linker Zentrumsflügel, der Herrn Dr. Lieber schwere Stunden bereiten kann. Es ist eigent­lich auch nur folgerichtig, daß das schon weit nach links abgerückte Zentrum auf der betretenen schiefen Fläche noch weiter abrutscht. Die preuß­ische Regierung hat davon nichts zu flüchten, da sie im Landtag eine sichere konservative Mehr­heit zweifellos erhalten dürfte und da auch die nationalliberale Partei Aussichten hat, dem Zentrum einige Sitz abzunehmen.

Der bayerische Landtag ist vorige Woche zusammengctreten und durch eine Thron- rede des Prinzregenten eröffnet worden. Zum ersten Präsidenten wurde ein Mitglied der Zentrumsfraktion, Oberlandesgerichtsrat Waller, zum Vizepräsidenten ein Mitglied der liberalen Fraktion, Gutsbesitzer Dr. Clemm aus der Plalz gewählt. Der bayerische Finanzminister, Frhr. v. Riedel, gab in seiner Finanzexpose interessante Aufschlüsse über die Frankfurter Konferenz der deutschen Finanzminister, wonach unter möglich­ster Schonung der minder bemittelten Steuer­zähler das Reich durch indirekte Steuer finanziell selbständig gemacht werden soll.

Karlsruhe, 3. Oktbr. Am nächsten Sonntag findet in Freiburg eine vom Präsidenten des Landvereins einberufene Versammlung der badischen Weinbauer zur Besprechung der Wein­steuer statt.

Württemberg.

Die diesjährige Einstellung der Re­kruten für die 7 Infanterie-, 2 Feldartillerie­regimenter und das württembergische Pionier­bataillon Nr. 13 findet am 17. d. Mts. statt und zwar beim Grenadierregiment Königin Olga Nr. 119 890 Rekruten aus dem

Aushebungsbezirk der 51. Jnfanteriebrigade. Die für das 8. würlt. Jnf.-Reg. Nr. 126 Groß­herzog Friedrich von Baden bestimmte Rekruten (480 aus dem Aushebungsbezirk der 51. Jnf.- Brigade und 522 aus dem der 54. Jnf.-Brig., zusammen 1002) werden schon am 14. d. Mts. eingestellt, und treffen die aus dem Bezirk der

54. Jnf.-Brig. ausgehobenen Rekruten schon am 13. d. Mts. in Ludwigsburg ein, woselbst sie für diesen und den folgenden Tag in den Kasernements des Jnf.-Reg. Alt-Württemberg Nr. 21 untergebracht werden. Am 14. erfolgt dann der Weitertransport in Gemeinschaft mit den Rekruten aus dem Aushedungsdezirk der 51. Jnf.-Brig. nach Straßburg. Beim Fcld- Artillerie-Reg. König Karl Nr. 13 werden aus dem Aushebungsbezirk der 51. Jnf.-Brig. 70, aus dem der 53. 262 und aus dem der 54. Jnf.-Brig. 214, zusammen 546 Rekruten einge­stellt; beim Feld.-Art.-Reg. Nr. 29 Prinzregent Luitpold von Bayern 256 Rekruten ans dem Aushebungsbezirk der 51. und 262 aus dem der 52 Jnf.-Brig., zusammen 5l8. Beim Pionier­bataillon Nr. 13 werden aus dem Aushebungs­bezirk der 51. Jnf.-Brig. 66, aus dem der 52.

55, aus dem der 53. 52 und aus dem der 54. 53, zusammen 216 Rekruten eingestellt.

Stuttgart. 6. Okt. Heute morgen war die Karlsstraße der Schauplatz einer furchtbaren That. In einem Hause dieser Straße wohnt im dritten Stockwerk eine ältere Frau mit ihrem 18jährigen Neffen, dessen Pflegemutter sie von seiner Kindheit auf gewesen ist. Der junge Mensch nach Ser Schilderung seiner Tante ein verschlossener, nicht besonders gutartiger Charakter, stellte oft an den Geldbeutel der Frau, die ohne­hin, da er noch Lehrling war, für seinen Lebens­unterhalt zu sorgen halte, oft derartige Anforder­ungen, daß dieselben in mehr als einem

Falle zurückgewiesen werden mußten. Hierdurch scheint der Bursche nun erbittert worden zu sein und schließlich den teuflischen Plan gefaßt zu haben, seine Wohlthäierin zu ermorden und sich in den Besitz ihrer Baarmittel zu setzen. Mit unheimlichem Schweigen schloß er heute morgen, als er mit der Frau allein in der Wohnung war. die Vorplatzthüre und die Fenster und fiel dann plötzlich über die ahnungslose Frau her. Er legte ihr einen unter seinen Kleidern ver­borgen gehaltenen Strick um den Hals und ver­suchte die Schlinge desselben zuzuziehen. Aber die rüstige, kräftige Frau wehrte sich mit den Kräften der Verzweiflung, da sie sah, daß es ihr Leben galt. Sie schleuderte den Burschen beiseite und ergriff einen Schlüssel, mit dem sie unter lautem Hiissge>chrei aus den Fußboden klopfte, um so die Nachbarschaft herbeizurufen. Als der Bursche seine unheimliche That solcher­gestalt vereitelt sah, sprang er in sinnloser Angst vor der gerechten Strafe schnell in das Neben­zimmer, riß das Fenster aus und stürzte sich aus dem 3. Stockwerk herab aus die Straße. Mit Entsetzen sahen die vorübergehenden den Sprung und hörten den wuchtigen Aufschlag des Körpers auf das Straßenpflaster. Man eilte herbei und schaffte den blutüberströmten und entsetzlich stöhnenden Menschen ins Katharinen­hospital. Er befindet sich zwar noch am Leben, hat jedoch nach eingezogenen Erkundigungen so schwere Verletzungen bei dem Sturz erlitten, daß sein Aufkommen mehr als zweitelhaft er­scheinen muß. Die bedauernswerte Frau, deren Hals deutliche Spuren der versuchten Erdrossel­ung zeigt, befindet sich, wie leicht begreiflich, infolge der furchtbaren Aufregung in sehr leidendem Zustand.

Stuttgart, 7. Ott. Der Küfer Reyher, Lerchenstr. 13, hier, geriet heute abend mit einem seiner Arbeiter in Differenzen, weshalb letzterer seinen Lohn forderte. Statt die>cm gab ihm der Meister mit der Schippe einen jo scharfen Hieb über Stirn und Nase, daß der Arbeiter schwer verletzt und blutüberströmt zusammenbrach und mittelst des Sanitätswagen nach dem Katha­rinenhospital verbracht werden mußte. Der Thäter ist in Untersuchung gezogen.

Stuttgart, 5. Okt. Gestern erstickten in Tuttlingen infolge eines Zimmerbrandes drei Kinder eines Schuhmachers. Ein viertes wurde gerettet.

Reutlingen, 4. Okt. In dem Saale der Weingärtneckelter wurde heute vormittag um 10 Uhr eine große Traubenausstellung eröffnet. Der Eingang, hübsch geziert, trägt die sinnige UeberschriftDanket dem Herrn". Auf drei langen Tafeln sind 450 Teller mit pracht­vollen Trauben ausgestellt. Dieselben zeichnen sich durch große Vollkommenheit und durch Edel­reife aus. Da giebt es Trauben mit einem Gewicht von 450 Gramm. Im Hintergrund des Saales hängt eine riesige sogen. Kalebs- traube, bestehend aus 605 schwarzroten Trauben. Ueber derselben stehen die Worte:

Nicht nur im Lande Kanaan

Trifft man die Kalebstraube an;

Auch Reutlingen, die gute Stadt,

Ein' Kaleb aufzuweisen hat."

Unter der Kalebstraube steht der hl. Urban mit einer goldenen Medaille aus der Brust aus dem Jahre 1530.

Heidenheim, 3. Oktbr. Ein hiesiger Wirt, welcher aus der Pfalz neuen Wein bezog, der gestern ankam. mußte die fatale Entdeckung machen, daß eines der Fässer mit ca. 1600 Liter Inhalt total ausgelaufen wvr. Das Faß war infolge Verstopfens des Gärspundens zersprungen. Wen mag wohl hier der Schaden treffen, den Absender und oder den Empfänger? Jedenfalls mahnt dieses Vorkommnis zur Vorsicht beim Wemversandt.

Altheim , 3. Okt. Ein schweres Unglück ist dem 74 Jahre alten I. Schäfer heute vormittag zugestoßen. Derselbe wollte einen Korb voll Obst in eine im Betrieb befindliche Obstmahl­mühle entleeren, glitt dabei aus und brachte die rechte Hand in das Räderwerk, welches dieselbe zu einer unförmlichen Masse zermalmte. Von dem herbeigerufenen Arzte mußte der Vorder­arm amputiert werden. Dieser Fall .ist wieder eine Warnung für die Besitzer von Obstmahl-