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ist, den Czechen Liebesdienste zu erweisen. Viel­leicht darf man auch der Erwartung leben, daß das czechische Volk einst erkennen wird, daß die Zeiten Böhmens die glanzvollsten waren, in denen unter dem mächtigen Szepter Ottokars II. und Karls V. Deutsche und Czechen brüder­lich bei einander wohnten.

Telegramme an den Enzlhäler.

Hamburg, 23. Septbr. Wegen der Choleragefahr darf das 76. Regiment die hiesige Kaserne nicht verlassen; die Altonaer Garnison das Hamburger Gebiet nicht betreten.

Paris, 23. Septbr. Der Munizipalrat beschloß, dem Kommandeur des russischen Ge­schwaders, Admiral Avelan, eine silberne Statue, den bewaffneten Frieden darstellend, zu- über­reichen.

Paris, 22. Sept. Der Gemeinderat be­willigte 350 000 Franken für die Festlichkeiten zu Ehren der russischen Seeleute.

Paris. 22. Septbr. Der russische Bot­schafter Baron Mohrenheim hat heute dem Vor­sitzenden und dem Schriftführer des Preßaus- schuffes die Weisungen des Zaren für die russ. Feste in Frankreich mitgeteilt. Darnach soll der Besuch der russischen Flotte in Frankreich genau nach dem Besuch der französischen Flotte in Kronstadt geregelt werden, wobei in Rech­nung zu ziehen ist, daß Toulon viel weiter von Paris als Kronstadt von Petersburg entfernt ist.

Palermo, 23. Sept. Seit Beginn der Cholera-Epidemie sind hier 245 Erkankungen und 134 Todesfälle vorgekommen.

Berlin, 23. Sept. DerVoss. Ztg." zufolge begiebt sich der König Alexander von Serbien am 24. Sept. nach Abbazie zu 8tägigem Zusammensein mit seinem Vater Milan.

London, 23. Sept. Nach einer Reuter­meldung aus Kinsbury im Staate Jndiania kollidierte am 22. Sept. vormittags ein nach Osten gehender Personenzug bei Wadasch infolge falscher Weichenstellung mit einem Güterzug; 11 Personen wurden getötet, 15 verwundet.

Unterhaltender Teil.

Verloren und Gewonnen.

Novelle von C. Martin.

(Fortsetzung)

(Nachdruck verboten.)

Der nächste Tag brachte für die jungen Damen, dieffich beim Verkauf so sehr angestrengt, eine Erholungsreise nach Karlshof, einem Ver- gnügungsort, der mit dem Dampfschiff leicht zu erreichen war. Mela hatte natürlich mitfahren wollen, zum Bedauern der Herren ließ sie absagen.

Sie war mit einem Mal menschenscheu ge­worden, wie Eva Schmehl lachend versicherte.

Melanie blieb menschenscheu. Sie gab regel­mäßig Stunden, ging auch in den Ferien mit Frau von Rosen in's Seebad, aber sie kam sich vor, wie eine Maschine, die mechanisch jede Ar­beit verrichtet. Ihre Gedanken weilten in weiten Fernen, begleiteten den Geliebten auf seinen Reisen. Sie hatte den Autornamen Rodach's erfahren und studierte nun eifrig seine Werke über Brasilien und Spanien. Wie berauschte sie sich an seiner Sprache, wie tief erfaßte sie seine Anschauungen! Solche Stunden brachten auch Glück, aber es war teuer erkauftes.

So verging ein Jahr; -- Mela fühlte zum Entsetzen der Schwägerin keine Lust das frühere Leben wieder aufzunehmen. Sie verkehrte viel im Werner'schen Hause, ließ sich von Professor Schmehl in Literaturgeschichte und Mathematik unterrichten und lachte, wenn er ihr versicherte, sie sei ihm als Schülerin lieber als seine Studenten.

Lenchens erster Unterricht, den sie gewissen­haft erteilte, nahm sie ebenfalls in Anspruch.

Ein trauriges Ereignis gab ihrem Leben

eine neue Wendung. Herr von Rosen, ein großer Jagdfreund, doch kein besonderer Schütze, verunglückte durch eigene Unvorsichtigkeit bei einer Treibjagd. Er starb schon auf dem Wege zur Stadt.

Leonie siel aus einem Weinkrampf in den andern, Leuchen schrie und jammerte Mela mußte den Kopf oben behalten, obgleich der Bruder ihre einzige Stütze gewesen. Herr Superintendent Werner mußte wieder ihre Seelen­stärke in diesen trostlosen Tagen bewundern.

Als Leonie nach Wochen anfing, Fassung zu gewinnen, trieb es sie fort aus B. Ihr Vater wünschte überdies, daß sie mit Lenchen in sein Haus käme. Mela sollte die Schwägerin be­gleiten, sollte Lenchen weiter unterrichten, doch fühlte Mela sich nicht hingezogen in jenen Kreis. Sie wollte dort kein Gnadenbrot essen, lieber bei fremden Leuten ehrlich arbeiten. Ihr kleines Kapital genügte nicht zu einer sorgenfreien Exi­stenz. Fräulein Amthor bat, daß sie zu ihr ins Institut zöge, aber auch sie sehnte sich fort von B., wo sie in ganz anderen Verhältnissen gelebt hatte. Je weiter, je besser!

So ging sie als Erzieherin in die Familie eines Barons in der Provinz Posen. Sie hatte dort zwei Kinder von zehn und acht Jahren zu unterrichten und der ältesten Tochter, einem blassen, zarten Fräulein, Litteraturstunden zu geben. Die kränkliche Ellen begrüßte das schöne ernste Mädchen voller Freuden.

Sie sollen mir nur Freundin sein, nicht Lehrerin", sagte sie ihr gleich am ersten Abend herzlich.

So kam es auch, Ellen und Mela waren unzertrennlich. Die Mutvolle und Starke übte, wunderbare Macht aus auf das leidende Mäd­chen. Wohlgefällig blickte die Baronin auf den Freundschaftsbund, der für Ellen so viele Vor­teile bot, es war, als richte sich dieselbe geistig und körperlich in die Höhe, wenn Mela bei ihr war.

Nur Baron Hornitz schien nicht begeistert von der neuen Erzieherin, wenigstens vermied er ihre Nähe so oft es ging. Dies fiel zuerst dem Wirtschaftsfräulein auf, einer noch hübschen Person im Anfang der Dreißig. Sie hatte Ur­sache, denn der immer noch schöne Mann war nahe daran gewesen, in die Netze der schlauen Dame zu fallen.

Sollte jetzt, so nahe am Ziel, dieses fremde Mädchen ihre Pläne durchkreuzen?

Auf den Wunsch der Baroneß war Mela ein Reitpferd zur Verfügung gestellt worden, und beide Damen bekamen Reitstunden, denen der Baron oft beiwohnte, da Ellen ängstlich war und um seine Gegenwart bat. Sie machte auf ihrem lammfrommen Tier wenig Fortschritte, sie ritt nur, weil es der Wunsch des Vaters war. Anders Melanie! Alles, was sie erfaßte, geschah leidenschaftlich, ohne Rast und Ruh. Nach dem gewaltigen Schmerze, den der Tod des Bruders hervorgerufen, war eine Zeit der Erschöpfung gekommen. Aus diesem Grunde hatte der Arzt die Stelle auf dem Lande warm befürwortet. Das Gut des Barons lag in der polnischen Schweiz, die viele Naturschönheiten bietet. Auch war der Park groß uud wohl ge­pflegt. So übten denn die Ritte in der herr­lichen Gegend bald eine wohlthätige Wirkung auf des Mädchens Gesundheit aus. Die Farben kamen wieder, die übergroße Schlankheit verlor sich, und Mela schien schöner als je, denn die geistige Arbeit, welche sie sich gewählt, veredelte den Ausdruck ihres lieblichen Gesichts, und ihre Gestalt bekam etwas Königliches, trotz der Bieg­samkeit und Grazie, die ihr schon als Kind eigen gewesen. Das Leben hatte ihre allzu große Lebhaftigkeit gemildert; dies war ein Vorteil mehr. Bald war Mela ihres Pferdes vollkom­men sicher und machte in ihren Freistunden weite Ritte, nur begleitet von dem Neufund­länder Ellen's, der sich zutraulich an sie ange­schlossen, sobald sie das Haus betreten.

Es lag nicht in Melas Absicht, sich den Hals zu brechen, sie erkannte es als heilige Pflicht, zu leben, so lange Gott es sollte, aber sie liebte, der Gefahr zu trotzen, Kaltblütigkeit und Entschlossenheit zu zeigen. Keine Hecke

war ihr zu hoch, kein Graben zu tief. Ihr Vater war ein berühmter Reiter gewesen, er hatte sich schon als kleines Kind auf sein Pferd gesetzt, und etwas von seinem Rcitergenie schien auf sie übergegangen zu sein.

Mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen kam sie oft zu Ellen zurück'. die nur immer bat, sie möge sich nicht gar so sehr exponieren.

Mela, mit ihren Gedanken in einem ferneren Erdteil weilend, bemerkte es nicht, daß der Ba­ron ihr oft folgee. Er war plötzlich da, wenn sie einen schwierigen Sprung zu wagen hatte, er begleitete sie dann eine kurze Strecke, angelt lich um sie von weiteren Torheiten zurückzu­halten.

Der Baron, ein Man von vielleicht vierzig Jahren, besaß eine Schönheit, die Frauen leicht gefährlich wird. Die Blasiertheit, die er ge­flissentlich zur Schau trug, konnte nicht ver­hindern, daß ein unbedachtes Wort, ein Auf-^ blitzen seiner Augen verriet, wie heftig erregt sein Herz noch werden konnte.

(Fortsetzung folgt.)

(Ein verspeister Hundertmarkschein) rief vor einigen Tagen in einem Dorfe bei Werder a. H. einige Erregung hervor. Dort war in dem Gasthaus ein Fremder eingekehrt, welcher dem gerade beim Mittagessen beschäftigten Wirt einen Hundertmarkschein in Zahlung gab. Dieser fiel dem Wirt zufällig in die Suppe, der ihn daraus wieder h^vorlangte und abtropfen ließ. In diesem Moment schnappte der unter dem Tische liegende Hund, der wahrscheinlich glaubte, ihm wäre ein Bissen angeboren, nach dem Kassen­schein und hatte ihn im Umsehen verschluckt. Es blieb dem Wirt schließlich nichts weiter übrig, als seinen getreuen Philax zu erschießen und auszuweiden. Im Magen des Tieres fand man sodann verschiedene Teile des Kassenscheins vor, zum Glück auch noch die Nummer, so daß durch deren Vorlegung wohl dem Anträge, für den verspeisten einen neuen Hundertmarkschein zu erhalten, stattgegeben werden wird.

Russen-Manie. Folgendes Wort aus Kindermund tischt das französische Blatt Paris wonnebebend seinen Lesern auf: Die kleine dreijährige Hortense sitzt auf dem Schoß ihrer Mutter.Wen hast du lieber, Hortenfe, Papa oder Mama?" fragt die Mutter. Rußland!" lautet die Antwort.

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HiWsu tt. HttlM tltt IurtMr.

Unglaublich aber wahr ist es, daß man

5 Mir. doppeltbreiten halbwollenen Kleiderstoff mit Streifen, Noppen oder Karro zu 2 ^ ^ ^ bei Ludwig Becker vorm. Ehr. Erhardt m Pforz­heim kauft. . .

Versäume Niemand sich diese Gelegenheit

zu Nutzen zu machen.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.