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armten und küßten sich wiederholt. Kaiser Wilhelm unterhielt sich dann länger mit dem Erzherzog Albrecht und dem Botschafter Szögyni. Unter brausenden Jubelrufen der zahlreichen Menge begaben sich die beiden Kaiser im ersten Wagen, der bayerische Prinz Leopold mit dem Herzog von Connaught im zweiten Wagen, nach der Stadt. Abends fand ein Hofdiner statt, wozu die Fürstlichkeiten und deren Gefolge, die Minister und Militärs geladen waren.
Paris, 18. Sept. In Sauvigny wurden mehrere Cholerafälle festgestellt. — 3 Regimenter Infanterie der Garnisonen von Arras, Bethines und St. Omer erhielten Befehl, sich zum Abmarsch nach den Kohlenrevieren bereit zu halten, wo Unruhen vorgekommen sind.
Lissabon, 28. Sept. Die Ueberschwem- mungen in Neuportugal richteten großen Schaden an, ebenso sind die Verwüstungen in Altkastilien groß. Aus verschiedenen Ortschaften werden Menschenverluste gemeldet.
Washington, 18. Sept. In dem Staatsschatz zu Philadelpha wurde in der letzten Zeit ein Diebstahl begangen, über den nunmehr Einzelheiten vorliegen; bei einer Revision des Barbestandes, der in einem Keller aufbewahrt wird und 16 Millionen Dollars enthält, die im Jahre 1889 daselbst deponiert wurden, fand man den Keller geöffnet und stellte eine Fehlsumme im Betrage von 134000 Dollars in Gold fest. Der Wächter des Kellers wurde verhaftet und räumte den Diebstahl ein, gab gab auch an, wo sich 100000 Doll, befänden/ diese Summe wurde aufgefunden und man erwartet auch die Wiedererlangung der noch fehlenden 34000 Dollars, da der Wächter versprach, auch diese zurückzuerstatten.
Mteryattender Heil.
Verloren und Gewonnen.
Novelle von C. Martin.
(Fortsetzung)
(Nachdruck verboten.)
Als heute Mela zu Frau Werner eintrat, blickte diese sie erschrocken an:
„Sind Sie krank gewesen, liebe Melanie? Sie sehen sehr verändert aus."
„Nein, nein, liebe Frau Superintendent", sprach Mela hastig. „Krank bin ich nicht, nur trostbedürftig. Bitte, lassen Sie die Kinder mit Lenchen forrgehen, ich muß allein mit Ihnen sein."
„Gewiß". — Betroffen entfernte Frau Werner die Kinder, welche sonst nicht von Mela's Seite weichen durften. Als sie zurückkehrte, warf sich das junge Mädchen schluchzend in ihre Arme.
„O, gönnen Sie mir den Trost, mich einmal an einer treuen Brust ausweinen zu können", stammelte sie. „Ich habe ja keine Mutter, der ich mein Leid klagen könnte!"
Die Dame erwiderte nichts. Sie ließ den Sturm austoben, strich nur von Zeit zu Zeit sanft über Mela's Haar. Endlich als das Schluchzen leiser geworden, führte sie das Mädchen sorglich zum Sopha, nahm ihre Hände und sprach:
„Weinen Sie sich nur aus, liebes Kind! Thränen erleichtern das Herz. Später, wenn Sie ruhig geworden sind, erzählen Sie mir alles. Kein Dunkel ist so tief, daß nicht ein Strahl des göttlichen Lichtes hineinfallen könnte — wir wollen ihn vereint suchen."
„O, mir kann Niemand helfen, denn ich selbst zerstörte im blinden Wahn mein Lebensglück! — Ich kann nicht demütig sein, wie Sie es sind! — Ich habe gefehlt, ich weiß es, aber die Strafe, die mich trifft, ist zu schwer. Zeitlebens entsagen, weil man einmal kein Vertrauen hatte, einmal zweifelte? — Ist dies gerecht? Darf Graf Rodach mich so schnell verdammen, ohne mich auch nur zu hören?"
Und mit fliegenden Pulsen erzählte sie von ihrer Unbesonnenheit auf dem Eise.
„Wie konnten Sie Rodach so tief verletzen? Hatte er Ihnen nicht immer gezeigt, daß sie ihm teuer waren? O arme Mela! Ein Mann wie er wird schwer verzeihen! Erst wenn Sie durch ihr Leben darthun, wie tief Sie bereuen, kann sich alles zum Guten wenden."
„Und wie soll ich mich denn demütigen vor ihm" fragte sie stolz.
„Ich mag nicht um Gnade flehen! Liebt er mich nicht mit meinen Fehlern, so würde ein Zusammenleben doch unerträglich werden, denn ich bin nun einmal nicht vollkommen!"
„Vollkommen ist Niemand, besser aber sollen wir alle werden. Tag für Tag einen kleinen Schritt vorwärts machen in unserer Entwickelung — nimmer müde werden, unseren Mitmenschen in Liebe zu dienen — das ist das Mittel, den Frieden zu finden, der über irdisches Glück geht, der uns ruhig macht und gottergeben!"
„O Sie haben gut reden! Wie können Sie ermessen, was in mir alles drängt und tobt! — Man hat mir als Kind kein Spielzeug verweigert, keinen Wunsch versagt, nun ich mehr verlange als eitlen Tand, nun ich meine Hand nach dem Höchsten ausstrecke, was es für mich zu ergreifen giebt, — nach dem Einen — Einzigen! Da sagt man mir: Lasse ab. für Dich ist diese Seligkeit nicht: Entsage. —"
„Sie sind immer ruhig gewesen, immer zufrieden! Sie haben einen Mann gefunden, den sie liebten und hochachteten — Ihre Kinder verehren Sie! Was wissen Sie von den Abgründen. an denen ich wandle."
„Wer sagt Ihnen, Mela, daß es in mir still war? Ich bin glücklich geworden und danke Gott dafür! — Einst drohte auch mein Lebensschiff zu scheitern, einst flehte auch ich Tag und Nacht um Kraft, das Elend zu tragen, welches über mich gekommen!"
„Sie?" Mela sah erstaunt die zarte Frau an, deren Antlitz durch das erregte Sprechen erglüht war, deren Hände leise zitterten.
„Ja ich; Niemand hat bis jetzt gewußt, was ich einst tragen mußte. Sie sollen es hören, Mela, und die rechte Demut durch meine Erzählung lernen.
„In dem Hause meiner Eltern ward mit mir zugleich ein Knabe erzogen — das früh verwaiste Kind einer Jugendfreundin der Mutter. Dieser Knabe war neun Jahre älter als ich — er hieß Bruno Werner."
„Ihr Mann?" sprach Mela.
„Mein Mann! daß ich Bruno wie einen Bruder liebte, ist selbstverständlich, wen aber, der Brunos bedeutende Persönlichkeit kennt, kann es wundern, daß sich diese schwesterliche Liebe in glühende Leidenschaft verwandelte! Bruno's Gefühle gegen mich blieben dieselben. Ich war sein liebes Schwesterchen, dem er jede Verlegenheit zuerst mittteilte, zuerst auch das Glück, ein geliebtes Wesen sein eigen zu nennen.
So litt ich schon in früher Jugendzeit lief, aber noch viel Schwereres erwartete mich. Bruno hatte geheiratet und schwamm in einem Meer von Wonne, doch nicht lange dauerte dieselbe. Bei der Geburt eines Töchterchens starb die junge, blühende Frau — Bruno war vernichtet. Meine Mutter holte voll Erbarmen die kleine Verwaiste in unser Haus; ich ward ihr eine Mutter, blieb zufrieden in des Kindes Liebe. Als aber nach zwei Jahren mein Vater plötzlich an der Cholera starb, ward meine gute Mutter kränklich und sah mit Sorge den Zeitpunkt kommen, wo ich ganz allein dastehen würde. Sie kannte meine Liebe zu Bruno, sie meinte es gut mit mir, als sie ihn an ihr Sterbelager kommen ließ und unsere Hände in einanderlegte. Ach, es war ein schwerer Irrtum, zu glauben, daß meine verblühende Jngend ihn seinem Schmerze entreißen könnte!
Nach dem Trauerjahr ward ich Bruno's Weib und zog mit seinem Kinde in die neue Heimat, aber selbst die brüderlichen Gefühle, die er früher für mich gehegt, schienen erstorben zu sein. Seines Kindes Liebe hielt mich in dieser kummervollen Zeit aufrecht. Vielleicht hätte ich durch leidenschaftliches Aussprechen meiner
Gefühle die Eisenlast gebrochen, die auf Bruno's Herzen lag, aber ich war zaghaft und schüchtern geworden, ich wagte kaum einen wärmeren Ton anzuschlagen, wenn ich mit rhm sprach, nur in mir glühte und wogte der Riesenkampf! Dabei sah ich, daß Bruno's Gesundheit litt bei dem Schmerze, mit dem er noch immer die Tote betrauerte; täglich bereitete es mir Pein zu sehen wie liebevoll ihr Andenken allenthalben gepflegt ward! Manchmal in schlafloser Nacht stand ich auf und schlich leise an seine Thür, hörte mit bebendem Herzen sein ruheloses Auf- und Abgehen und preßte die Lippen fest aufeinander, um nicht aufschreien zu müssen vor innerer Qual."
(Fortsetzung folgt.)
Münster, 9. Sept. Plötzlich reich ge. worden! Gestern Abend gelangte hier ein fremder Bettler auf ganz angenehme Weise in den Besitz von 800 vkL, bestehend in 20 Markstücken in Gold, welche in einer Papierrolle verpackt waren. Der Bettler trat hier in ein großes Geschäft ein, um bei dem Chef, einem höchst gutmütigen Herrn, sein Glück zu versuchen. Während nun der Bettler das Haus verläßt, reicht der Hauplkassierer eine Geldrolle durch das an der Kasse angebrachte Kassensenster, welche für einen Mann des Geschäfts bestimmt war. Der Bettler, meinend, es wird ihm ein Almosen gereicht, nimmt die Geldrolle an und verschwindet mit derselben auf Nimmerwiedersehen. Trotzdem bald nachher und während der Nacht die eifrigsten Nachforschungen im Gebirge staltfanden, gelang es nicht, den Menschen aufzusinden.
Eine Prophezeihung. Folgende „wahre Geschichte" erzählt der „N. U. A.": Vor einigen Tagen saßen mehrere Gäste in der Wirtschaft eines Ortes in der Nähe von Weißenhorn und sprachen über Futternot und schlechte Zeiten. Eine zufällig in der Wirtsstube anwesende Zigeunerin mischte sich in die Unterhaltung und sagte: „Liebe Leut, das ist noch nicht arg, aber das Jahr 1894 wird euch eine Not und ein Elend und das Jahr 1895 einen Krieg und ein Blutvergießen bringen, wie es die Welt, so lange sie steht, noch nicht gesehen hat." Ein Gendarm, der hinzukam, verwies der zottigen, zerlumpten Schwätzerin ihre un- geräumten Redensarten. Diese aber erwiderte schlagfertig: „Was ich sage, ist wahr, so wahr, wie daß Sie nicht mehr, als 77 Pfennige in der Tasche haben." Und in der That, der Gendarm legte seine Barschaft vor und diese bestand aus 77 Pfennigen.
In einer New-Aorker Zeitung fand sich im August eine Anzeige, wonach ein Mann verlangt wurde, der gegen eine Vergütung von 5000 Dollar willens ist, sich einer Operation zu unterziehen, „die vielleicht den Tod verursachen kann". Dies menschliche Versuchsobjekt ward von zwei Aerzten in Guayaquil. Ecuador, verlangt, welche die Absicht haben, dem Betreffenden ein Loch in den Magen zu schneiden und in die Oeffnung ein Glas zu setzen, um auf diese Weise die Thätigkeit des Magens zu beobachten. Auf die von Prof. Edwin K. Osbalderston, 78 West 46. Str. in New.Jork aufgegebene Anzeige hatten sich bei diesem 142 Personen, gemeldet, die sich der Operation unterziehen wollten. Der „Glückliche", der angenommen wurde, war ein junger Faustkämpfer, der bereits nach Guayaquil, abgereist ist.
(In der Sommersaison.) A.: „Sie sind seit einigen Wochen nicht auf der Stammkneipe gewesen! Haben wohl Badereise gemacht?" Rittmeister; „Offen gestanden — blos markiert!"
Mindestens Mk. 50
und noch mehr, spart Jedermann, der bei Bedarf einer Aussteuer die Beltfedern, Bettbarchent. Leinwand, Kölsch, Tischtücher, Handtücher, Kleider- und Hemdenstoffe u.s.w. bei Ludwig Becker vorm. Chr. Erhardt in Pforzheim kauft.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.