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Regierung ausgefallen. Das Journal »Jour" »ersteigt sich zu der Behauptung, daß in dem Umschwung lediglich der Druck der Regierung auf die Wähler zu erkennen sei. Die englischen Blätter äußern sich sehr sympathisch, die „Times" erwarten eine solidere Gestaltung der deutschen Politik, „Daily Graphic" und „Globe" beglückwünschen Deutschland wegen der günstigen Aussichten für die Militärvorlage.
Der Ausbruch der Cholera in Paris vervollständigt das Situationsbild, welches vor wenigen Tagen über den Gang der Epidemie in Frankreich und deren konzentrisches Vorrücken gegen die Metropole skizziert wurde. Wie voriges Jahr der Osten, so scheint dieses Jahr der Westen Europas am gefährdetsten. Das Londoner Lokal- Gouvernement Board hat bereits eine Cholerawarnung an alle sanitären Behörden Londons und der näheren Umgebung ergehen lassen, auf ihrem Posten zu fein und bei den geringfügig, sten Verdachtssymptomen alsbald mit voller Energie einzuschreiten. Was Deutschland betrifft, so können wir wiederholt darauf Hinweisen, daß für die öffentliche Meinung kaum ein Grund zur Beunruhigung vorliegt, da alle erforderlichen Maßregeln getroffen sind, und die im Gefolge der vorjährigen Heimsuchung einhergegangene gründliche Durchforschung bezw. Säuberung und Desinfektion des Bodens und der Wasserläufe, namentlich in und nahe den großstädtischen Bevölkerungszentren. dafür gesorgt hat, daß, dem Anschein nach, lebens- und entwickelungsfähige Krankheitskeime nicht in die diesjährige kritische Jahreszeit übernommen worden sind.
Die Cholera in Arabien nimmt in ganz erschreckendem Maße zu. Die Zahl der Todesfälle in Mekka, wo gegenwärtig 100 000 Muha- medaner als Wallfahrer sich befinden, ist an einem einzigen Tag auf 999 gestiegen. Ein japancsischer, von Dr. Koch ausgebildeter Arzt hat die wichtige Entdeckung gemacht, daß die im Körper absterdenden Cholerabazillen Schwefelsäure entwickeln. Hierin liegt wohl die eigentliche Todesursache. Gegen diese Schwefelsäure im menschlichen Körper ein Gegengift zu schaffen, dürfte nicht mehr allzuschwer fallen, und somit ist die Hoffnung nicht unberechtigt, daß man die Cholera in nicht allzuferner Zeit auch kurieren kann.
Unterhaltender Heil.
Um Tod und Leben.
Eine Erzählung aus den Ausläufern des Rothhaar.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 8.)
6.
Verloren Spiel.
In großer Erregung ging Dornap in seiner niedrigen Stube umher. Er ärgerte sich über das Vorgehen seiner Forstbeamten; nicht etwa darüber, daß der Vogel entwischt, sondern viel- mehr darüber, daß andere einen Versuch gemacht, den gefürchteten Wilderer unschädlich zu machen. Warum hatte er sich denn in diesen Wäldern gleichsam lebendig vergraben? War er nicht gekommen, um selbst Rache zu nehmen? Und andere wollen ihm vorgreifen, ihn um die Frucht langer Mühe bringen? Freilich, der alte Wildhüter hatte es gut gemeint. Gleichsam in väterlicher Fürsorge hatte er gehandelt, die dem geliebten Vorgesetzten in nächster Zeit sicher drohenden Gefahren von ihm abwenden wollen. Gleichviel! Die Handlung konnte Dornap nicht gefallen und dem Wildhüter war ein derber Verweis geworden. Und gebessert war durch den mißlungenen Versuch nichts, rein gar nichts, im Gegenteil. Der Wilderer war aus seiner Sicherheit aufgeschreckt und würde gewiß in nächster Zeit noch vorsichtiger als früher oppe- rieren. Freilich, hätte man ihn erwischt, sein rohes Thun gegen den Hirten, sein Schlingrn- legen, die Mutmaßungen die sich au die gefundene Pfeife schloßen-das alles hätte
dem Menschen leicht den Strick an den Hals bringen können.
Aber war er, Dornap, denn hergekommen, um den Feind den weltlichen Gerichten zu über
liefern? Nein, zehnmal nein, er selbst wollte Richter sein, Richter und Vollstrecker in einer Person. Er hatte sich die Sache leichter vorgestellt, und mußte jetzt dem alten Ehrhardt zustimmen, der ihn von vornherein auf die Schwierigkeit seines Unternehmens aufmerksam gemacht hatte. Hatte sich doch der Feind bis dahin nicht eine Blöße gegeben! Wie hatte der Oberförster sich es ausgemalt, mit dem Mörder seines Vaters — nach allem, was er erfahren, war ihm das unumstößliche Sicherheit — im dunklen Tann zusammenzutreffen, mit ihm abzurechnen, und nun? Ja, das konnte immer noch geschehen, aber wann und wo? Dem vorsichtig und scheu gemachten Wilderer war jetzt schwerer beizukommen. Nicht, als ob Dornap die sich ihm zeigenden Schwierigkeiten gefürchtet, aber daß sein vorgestecktes Ziel in unbestimmte Ferne hinausgerückt war, verstimmte ihn. Und doch war die Entscheidung näher, als er glaubte, und er irrte, wenn er dachte. Vesroth würde ruhig in einem Winkel das Weitere erwarten. In dem furchtlosen Manne war nach dem mißlungenen Versuche, ihn zu fangen, Trotz, Wut, Uebermut groß geworden. In sein Haus kehrte er wohl in der nächsten Zeit nicht zurück; aber er hatte ja Schlupfwinkel und Helfershelfer genug. Wer wußte das!
Noch immer schritt Dornap in seinem Zimmer auf und ob. Da reckte sich unter dem Schreibtisch Tyras auf. streckte die mächtigen Glieder, dann kam das kluge Tier heran und rieb den klugen Kopf am Herrn.
„Eine Streife durch Feld und Wald wollen wir machen, alter Freund? Du hast Recht! Da draußen vergehen die Grillen! Ich will einmal nach unseren Waldarbeiten sehen und
dann geht's weiter hinaus bis — bis-,
doch Du bleibst daheim, ich kann Dich heute nicht brauchen". Die ernsten Züge klärten sich auf und ein leichtes Lächeln huschte über dieselben.
Und so ging's hinaus. Der Sommertag war schwül und die Waldarbeiter, die der Förster nach dem Wetter fragte, prophezeiten für den Nachmittag ein schweres Gewitter. Und in der That, schwüler und schwüler ward es unter dem Laubdache der ragenden Buchen. Fliegen und anderes Ungeziefer wurden dem Wanderer lästig. Der Schweiß trat aus allen Poren der Haut. Tiefe Ruhe im Walde, kaum, daß ein Vogel seine Stimme erschallen ließ. Der Wanderer kam an die Eder, deren Helles Wasser munter über das Kieselgeröll dahinfloß. Und dicht am Ufer hin. durch Weiden und Wiesen führte ein Fußweg nach dem Dorfe Holzhausen. Dornap blieb eine Weile stehen, nahm den Hut ab. wischte den Schweiß von der Stirne. „Uh! welche Hitze!" stieß er hervor, „da wird ein kühler Schoppen beimLindenwirtherrlich schmecken. Vorwärts!" Bald war die schattige Linde beim Dorfkruge erreicht.
Mit einer Handarbeit beschäftigt, saß das Wirtstöchterlein im Schatten des Lindenbaums. Ab und zu schweifte der Blick des Mädchens über die Bäume hinweg und über den rauschenden Strom auf den ragenden Wald, über dessen hohe Wipfel sich schwarze Wolken auftürmten.
„Frau Wirtin, hat sie gut Bier und Wein?"
Hell und frisch klang die wohlbekannte Männerstimme und Elsbeth fuhr aus den Träumereien jäh erschreckt empor.
„Warum so erschrocken, schöne Wirtin?"
„Ach. Sie kommen so plötzlich. — ich —"
„Darf ich wissen, woran sie eben dachten, Elsbeth?"
Der Förster sprach mit Wärme und seine Augen blitzten.
„Woran ich dachte,-ich kann es nicht
sagen, Herr-"
„Nun, darf ich vielleicht einmal raten? Dachten Sie nicht an einen Jägersmann, der auf grüner Heide den Hirsch jagt, dem der grüne Jägerrock so schmuck steht und der Hut mit dem Gemsbart? Wie?"
„Sie böser! Lassen Sie mich!" Doch vergeblich mühte sich das Mädchen, die Hand aus dem Griffe des Oberförsters zu lösen.
„Also ich habe Recht gehabt." scherzte dieser weiter, „gewiß Elsbeth, Sie gäben eine Förster
frau. wie sie passender kein Forsthaus im ganzen
Rothaargebirge je gesehen-—« °
Helle Glut war dem Mädchen über das Gesicht bis über den Nacken gelaufen.
„Jetzt bitte ich ernstlich — —
„O. bitte, ich wollte Sie gewiß nicht be- leidigen, liebe Elsbeth. es ist das oft so kecke Jägerart-"
„Horch, klang das nicht aus dem Walde herüber wie ein Schuß?"
(Fortsetzung folgt.;
Einige praktische Vorschriften
über die
Anfertigung von Arucht-Likören.
Fruchtliköre können im Haushalte sehr leicht her. gestellt werden. Sie sind ebenso wohlschmeckend, alz die käuflichen und kosten pro Flasche nicht mehr alz 40—50 Pf., also kaum ein Viertel so viel als diejenigen aus den Delikatessengeschäften. Dabei ist der Genuß derselben ein angenehmer, dem Körper wohlbekömmlicher
Auch eignen sie sich in weißer Flasche, die mit hübscher Etiquette versehen ist, vorzüglich zur Verzierung des Serviertisches und gelten selbst in feinsten Gesellschaftskreisen zum Präsentieren bei Besuchen alz ebenso zulässig, wie der Wein.
Die nachstehend ausgeführten Rezepte sind dem soeben im Verlage von Eugen Ulmer in Stuttgart erschienenen Büchlein: „H. Timm, Die Fruchtliköre" entnommen:
1. Roter JohauuiSbeerlikör. Rote Johannisbeeren werden abgebeert und ausgepreßt. Dem Säst setzt man die gleiche Maßmenge Cognak (oder in Ermangelung desselben Kornschnaps) zu und versüßt mit gemahlenem Zucker. Auf 1 Liter Flüssigkeit rechnet man 175—250 x Zucker. Dann wird durch Fließpapier filtriert.
2. Himveerlikör. Man nimmt: 2 Liter Alkohol, 2 Liter Wasser, 1>/,—I V, kg Zucker und 4 Liter reinen klaren Himbeersaft. Der Zucker wird im Wasser ausgekocht und dem abgekühlten Sirup der obige Alkohol und dann der klare Himbeersaft zugesetzt.
3. Erdbeerlikör. Man füllt eine große Flasche fast ganz mit Erdbeeren (Waldbeeren sind am besten!, gießt feinen französischen Cognak darauf und läßt die Flasche an warmem Orte einige Zeit stehen. Ne Flüssigkeit wird dann abgegossen, filtriert und mit geläutertem Zuckersirup versüßt. Um letzteren herzustellen, kocht man 1 üg Hutzucker mit V, Liter Wasser ans, schäumt ab und verwendet den Sirup kalt. Man darf jedoch kein hartes (kalkhaltiges) Wasser nehmen, weil der Likör dadurch trübe würde. Regenwasser ist am passendsten.
4. Preitzelbeerlikör. Preißelbeeren eignen sich wegen ihres gewürzig bitteren Beigeschmacks vorzüglich zur Likörkabrikation. Die Früchte werden durchgesucht, wenn nötig, gewaschen, dann mit wenig Wasser ausgekocht und abgepreßt, worauf der abgekühlte Saft mit Eognak und Zucker vermischt wird. Auf 1 Liter Saft rechnet man 1 Liter Cognak und 300—400 g Zucker, Das Filtrieren geschieht durch Fließpapier.
5. Nußlikör. Man zerquetscht 30 Stück Walnüsse, die Ende Juni bis Mitte Juli gepflückt sein müssen, gibt 30 Stück Gewürznelken, 2 g guten Zimt hinzu, thut alles in eine Flasche und gießt 1 Liter Cognak darauf. Die Flasche bleibt an warmem Orte einige Wochen stehen und wird häufig geschüttelt. Nach dieser Zeit gießt man die Flüssigkeit möglichst klar ab, filtriert sie und versüßt mit klar gekochtem Sirup (1 KZ Zucker und *, Liter Wasser). Nußliköre werden grün gesärbt.
Wer sich für diesen sehr nutzbringenden und interessanten Zweig der Obstverwertung interessier^ den verweisen wir auf das obige Büchlein: „H- Die Fruchtliköre". Dasselbe ist soeben bei Eug. Ulmer in Stuttgart erschienen. Preis eleg. geb. 1-20 Man. Dasselbe kann von jeder Buchhandlung oder auch diren vom Verleger bezogen werden. Es ist durchaus prat- tisch ab gefaßt.
Nicht unerwähnt mag hier bleiben, daß hur Herstellung von feinen Likören nur ganz fuselfreier W- hol gewählt werden darf. In Ermanglung von cognak ist wirklich reiner Kornschnaps gut zu benutzen.
Das Filtrieren geschieht durch weißes Filtrierpichier oder auch durch Filz oder Flanell. Der Likör tz
ganz klar werden. Setzt er beim Stehen dennoch et
Bodensatz ab, so muß er behutsam in andere Flalm gegossen werden. —
Neuenbürg.
Vorläufige Bekanntmachung.
Am Dienstag den 11. Juli 1893 vormittags S' Uhr ,
findet im oberen Saal des Rathaus Reuenbürg eine
Amts-Uersammlung
statt.
Den 30. Juni 1893. ,
K. Oberamt.
Mairr. A.-B-
Redaktion, Druck und Verlag von Ehr». Meeh in Neuenbürg.