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servativer Tradition, wollen sich jedoch nicht völlig vom Zentrum loslösen.
Karlsruhe, 8. Juni. Am Dienstag Abend wurde ein 17jähriger Kaufmannslehrling an einer Schießbude auf der Messe aus Fahrlässigkeit eines Mädchens, welches mit einem geladenen, in der Stütze stehenden Gewehr spielte, in's Auge geschossen, so daß dasselbe noch am gleichen Abend im Diakonissenhaus entfernt werden mußte. Das Mädchen wurde in Haft genommen.
Württemberg.
Stuttgart, 9. Juni. Der kgl. Oberkammerherr Freiherr v. Neurath hat sich gestern Abend nach Rottenburg begeben, um als Vertreter Sr. Maj. des Königs der heute statt- sindenden Beisetzung des Bischofs v. Hcfele anzuwohnen. Ihre Maj. die Königin haben zu demselben Zweck Allerhöchst Ihren Kammerherrn Frhrn. v. Raßler-Weitenburg uach Rottenburg entsendet. Dieselben sind auch beauftragt, im Namen Ihrer Majestäten Kränze am Sarge des verstorbenen Bischofs niederzulegen.
Zustand.
Kalnoky über die Lage.
Nachdem Kalnoky am vergangenen Samstag im auswärtigen Ausschuß der ungarischen Delegation sich eingehend über die auswärtige Lage verbreitet hatte, ergriff er am Montag in dem Budget-Ausschuß der österreichischen Delegation wieder das Wort zu folgenden Ausführungen :
Es wäre eine Illusion zu glauben, daß die sogenannte allgemeine Abrüstung nahe bevorstehe oder unter den jetzigen Verhältnissen überhaupt ausführbar wäre.
Ein allgemeine Abrüstung sei bei der gegenwärtig in fast allen Staaten aus allgemeiner Wehrpflicht und allgemeiner Mobilisierung beruhenden militärischen Organisation überhaupt nicht mehr so denkbar als früher.
Graf Kalnoky fuhr fort:
„So lange die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß wir vor Gefahren zu stehen kommen können, welche die Existenzbedingungen des Staates zu erschüttern vermögen, ist es Pflicht der Regierungen, die organisatorischen Verbesserungen und militärischen Vorkehrungen mit aller Energie weiter zu entwickeln, damit uns das Gefühl der Sicherheit für alle Fälle erhalten bleibt. So lange andere Mächte in ihren militärischen Vorbereitungen fortfahren, müssen auch wir und unsere Verbündeten dieser Notwendigkeit Rechnung tragen. Wenn ich auf das zunehmende Gefühl der friedlichen Zuversicht zurückkomme, so thue ich es, um daran die Hoffnung zu knüpfen, daß jene günstigen Umstände. welche in den freundschaftlichen Beziehungen der Monarchen und Regierungen, sowie in der Friedensliebe der Völker liegen, uns in einen normalen Zustand hinüberführen und uns schließlich ermöglichen, uns jenem schon erwähnten Ziele jeder Friedenspolitik zu nähern."
Wie aus Wien gemeldet wird, durch eine an die „Politische Correspondenz" aus Konstantinopel übersandte Nachricht, hat der Kaiser von Rußland dem Sultan als Geschenk ein Album übersandt, welches die künstlerisch ausgesührten Abbildungen sämtlicher Schiffe der russigen Flotte des Schwarzen Meeres enthält. Diese Thatsache darf als ein günstiges Zeichen für bessere Beziehungen zwischen Rußland und der Türkei angesehen werden.
Wien, 8. Juni. Entsetzliche Nachrichten laufen über eine Hochwasser-Katastrophe in Ostgalizien ein. Alle an Flüssen gelegenen Städte und Dörfer sind überschwemmt. Der Kultur- und finanzielle Schaden ist enorm. Viele Menschenleben sind zu beklagen. Von Baron Popper's Sägewerke sind 30 000 Klötze weggeschwemmt.
Am 29. Juni findet eine Distanz-Rad- fahrt Wien —Berlin statt. Die Strecke soll binnen 35 Stunden zurückgelegt werden. Zahlreiche Anmeldungen liegen vor.
London, 9. Juni. Einer Reutermeldung aus Jeddah von heute zufolge ist die Cholera
in Mekka ausgebrochen. Gestern sind 60 Personen gestorben.
Washington. 9. Juni. Das Gebäude, in dem sich früher das Fordlheater befand und in dem jetzt die Regierungsbureaus untergebracht waren, ist heute eingestürzt. Bis jetzt sind aus den Trümmern zwanzig Leichen hcrvor- gezogen worden. Viele Personen sind verwundet. Man glaubt, es seien noch zweihundert Menschen verschüttet.
Unterhaltender Teil.
Um Tod und Leben.
Eine Erzählung aus den Ausläufern des Rothhaar.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 1.)
Der alte, einfache Forstmann schaute dem Sprechenden fest ins Auge. Er mußte wohl Vertrauen fassen zu dem Fremden; denn mit einem einfachen: „Ich nehme Ihre Einladung an!" lenkte er seine Schritte zum Kruge, gefolgt von dem Fremden.
War das ein lauschiges Plätzchen im Garten des Wirtshauses zu Holzhausen. Dort zwischen den Bäumen hindurch blitzte der Fluß herüber. Leise Nebel wallten empor und woben ihre Schleier um die ragenden Tannen des Hochwaldes. Im Wirtsgarten selbst stand eine breitästige Linde. Ihr Stamm war hohl, doch fröhlich gedieh trotzdem der mächtige Baum. In seinem Schatten stand ein eichener Tisch und um ihn herum Stühle vom selben Holze. Alles aber peinlich blank gescheuert, man sah, hier waltete eine ordnende, feste Hand. Unter dem weit niederhängenden Geäst nahmen die Wanderer Platz. Die letzten Sonnenstrahlen huschten über die Bergspitzen und kühler, erfrischender Hauch wehte vom Flusse herüber. Der Fremde schwieg, wie gebannt von der Schöne des Abends und der Herrlichkeit der ihn umgebenden Natur.
„Trinken wir ein Glas Bier?"
„Mit Verlaub, wohl erst ein Schnäpschen, es ist so Waidmannsart, nach beschwerlichem Marsche, doch ich weiß nicht, ob Sie-"
„Gewiß, lieber Alter, es ist recht so, bestellen Sie, bitte!"
Ein Schlag auf den Eichentisch mit dem Knotenstock brachte bald Leben in das bis dahin stille Haus. In der Hausthür erschien eine Mädchengestalt, schlank, mit blitzenden Augen, mit blonden Zöpfen, die weit über die Schulter hingen. Das Gesicht war gerötet, man merkte, das Mädchen kam direkt vom Herdfeuer, aber zwischen den roten, lachenden Lippen blitzten zwei Reihen schneeweißer Zähne. Das Mädchen bemerkte die Gäste; dem Fremden bewillkomm- nete ein Knix und ein freundliches Nicken des Kopfes.
„Klopftet ihr, Ehrhardt?"
„Jawohl, Elsbeth, bring uns zwei Wachholder, vom Besten!"
„Gleich!" und die biegsame Gestalt war verschwunden.
Noch immer hefteten des Fremden Augen an dem leeren Rahmen der Thür, dann wandte er sich mit fragendem Blick an den alten Forstmann.
„Es war Elsbeth, des Wirtes Tochter!"
„Wie alt mag das Mädchen sein?"
„Einige 20 Jahre vielleicht, genau-
Der Fremde schien nachzusinnen. Dann nickte er mit dem Kopfe.
„Ihre Gesundheit!" Der frische Ton weckte ihn aus seinen Sinnen. Dankend nahm er das Glas und stieß mit dem Wildhüter an.
„Und nun ein Par Glas Bier, liebes Kind!"
Indem Elsbeth davon eilte, trat der Wirt, der auf dem Felde beschäftigt gewesen, unter die Linde. Er grüßte freundlich und nahm auf einem der Eichenstühle Platz. Wirt Herrdorn war eine kraftvolle Erscheinung. Den Kopf mit dem bereits ergrauten Haar trug er etwas gebeugt. Herrdorn war lange Witwer und seine Tochter führte die Wirtschaft.
„Der Herr möchte die Nacht bei Euch bleiben." sagte Ehrhardt.
„Er ist mir willkommen, Raum ist vorhanden."
„Vielleicht bleibe ich einige Tage Euer Gast»
„Soll mir lieb sein, werde sorgen, dak Ihnen bei mir gefällt!"
Der Mond stieg herauf und tauchte den Fluß in flüssiges Silber. Auch die Tochter des Hauses trat mit einer leichten Handarbeit unter die Linde.
„Der Herr will auf einige Tage bei uns bleiben, Elsbeth." sagte der Wirt, „sorge, daß das Stübchen nach dem Flusse in Ordnung ist?
„Es ist alles bereit, Vater, doch dann mich,e ich wohl für ein Abendessen sorgen!" Zst ging mit dem Vater ins Haus. Auch der Wh. Hüter erhob sich und schob sein Gewehr über die Schulter.
„Ich muß Sie verlassen, morgen ist Pfing. stcn, da heißt es aufpassen, sonst plündern mir die Burschen zu sehr meine Maibäume."
„Thut, was Eure Pflicht ist, aber um einen Gefallen bitte ich", und dabei hob der Fremde mit schalkhaftem Lächeln den Finger, „laßt mir den Burschen laufen, der Elsbeth hier im Hause diese Nacht einen Baum setzt."
Der Wildhüter lachte. Das wird keiner besorgen. Manchen Freier hat freilich das Mädchen gehabt, aber keiner hat Gnade vor ihren Augen gefunden!"
Die schnell bekannt gewordenen Männer schieden mit Handschlag. Noch lange lag der Fremde im Fenster seines freundlichen Stübchens und horchte auf das Rauschen des Waldes und des Wassers, lauschte dem Sange der Nachtigall, die im Garten des Wirtshauses im Fliederbusch schlug. Der alte Forstläufer aber schritt sinnend hinein in den Wald. Mehr als einmal blieb er stehen und faßte sich an den Kopf, als wollte er Bilder aus längst vergangenen Zeiten sich zurückrufen in das Gedächtnis. Er achtete wenig oder gar nicht der Burschen, die Maien holten; an diesem Pfingstfeste hat er keinen zur Anzeige gebracht.
2 .
Im neuen Amte.
Pfingsten! Hell leuchtend lag an beiden Festtagen die Sonne über den unermeßlichen Waldungen, die den südwestlichen Abhang des Rothaar bedecken. Pfingsten wird im Freien gefeiert, es ist das Fest frischen fröhlichen Lebens, an dem der Städter gern die dumpfen Räume verläßt und hinauswandert in die erwachte Natur. Auch in Holzhausen feierte man das Fest nach alter Weise im Freien und am zweiten Festtage erklang fröhliche Musik durch das Dorf. Draußen unter der Linde drehte sich die Jugend in fröhlichem Reigen.
Der Gast, den das Dorfwirtshaus beherbergte, war an den Tagen wenig zu Hause. Früh am Morgen stand er mit der Lerche ans und streifte durch den taufrischen Wald; spät erst kehrte er heim. Um die Lustbarkeiten der Dorfbewohner kümmerte er sich nicht, nur als die Paare im Kreise sich drehten, stand er von ferne hinter einer knorriger Linde und folgte den fröhlichen Bewegungen. Die Elsbeth aus dem Wirtshause sah er nicht unter den Tanzenden. Seltsam, es war, als ob er Befriedigung fände in der Gewißheit, daß das schöne Mädchen sich nicht der allgemeinen Belustigung hingab.
(Fortsetzung folgt.)
(Möbelwichse für unporüerte Möbel.) Aus 50 z feingchchabtem Stearin und 70 g erhitztem Terpentinöl bereitet man eine Salbe. Bei Gebranch befeuchtet man ein Wollläppchen damit und reibt die Gegenstände al>.
Silben-Rätsel.
Ei, jo. i, ka, lei, lo, lo, men, mo, mum, ne, ne, nym, o, o, pe, pe. phas, por, re, sa, M sen, su, to.
Aus vorstehenden Silben sind 9 Wörter zu bilden, deren Anfangsbuchstaben von oben nach unten den Namen eines berühmten Griechen, die Endbuchstaben von oben nach unten eine Göttin nennen.
Die Wörter nennen in anderer Reihenfolge einen biblischen Namen, ein Metall, einen wei - lichen Namen, eine Stadt in Portugal!, ei böses Vorzeichen, einen Wind, eine Person eine griechischen Sage, einen Felsen am Rhein, eine Ausdruck für gleichlautend.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.