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welchem einige Militärische Bücher lagen, ein Stuhl und ein Unteroffizier-Waschtisch; darin bestand die Zimmereinrichtung. Vor dem Fenster befand sich ein starkes eisernes Gitter.
Der Graf stülpte den Helm auf den Tisch, zog den Degen aus dem Gehäng und überreichte denselben stumm dem Hauptmann.
Dieser übergab ihn sofort dem Sergeanten, legte satulierend die Hand an den Helm und ging mit einem kalten „Guten Morgen" zur Thür hinaus.
„Befehlen der Herr Lieutenant vielleicht etwas?" fragte der alte Sergeant.
„Mein Bursche soll mir das Mittagessen hierher bringen." war seine rauhe, kurz heraus- gestoßene Antwort.
„Sehr wohl. Herr Lieutenant! — Wenn der Herr Lieutenant sonst noch etwas wünschen, — hier ist der Klingelzug," bemerkte der Sergeant und wies dabei auf ein Ende Draht. Dann ging er zur Thür hinaus, schloß ab und überzeugte sich durch Ausklinken, ob der Riegel auch gut gefaßt habe.
Graf Zackwitz warf sich auf den Stuhl und stierte, den Kopf in beide Hände gestützt, vor sich auf den Tisch.
„Wenn ich in aller Welt nur eine Ahnung hätte, was das bedeuten soll!" murmelte er in sich hinein. „Sollte der Alte wissen, daß ich ohne Urlaub in F. war? Nein! dann würde es mich höchstens mit Stubenarrest bestrafen. Hier liegt etwas Anderes, etwas sehr Gravierendes vor."
Dann sprang er auf und lief in schnellen Schritten in dem kleinen Zimmer auf und ab, bis ihn das Rasseln der Schlüssel aus seinen Träumereien riß.
Sein Bursche trat ein und brachte das Mittagessen.
„Du siehst ja so ängstlich aus," redete ihn der Graf an. „Was ist Dir passiert?"
„Mir? Nichts, Herr Graf!" war die Antwort, wobei der Bursche aber vermied, den Offizier anzusehen.
„Unsinn!" fuhr dieser auf, „da ist irgend etwas geschehen. Heraus mit der Sprache!"
„Passiert ist freilich etwas, Herr Graf, aber was. das weiß ich eigentlich auch nicht. Der auptmann war nochmals mit zwei Herren vom ivil da. Die haben wohl eine Stunde lang in den Zimmern herumgewirtschastet, und als sie gingen, haben sie den kleinen Degen des Herrn Grafen mitgenommen. Ob sie sonst noch etwas an sich genommen haben, weiß ich nicht. Ich durste nicht darin bleiben, und als sie gingen, haben sie die Zimmer des Herrn Grafen verschlossen.und die Schlüssel mitgenommen."
Der Graf hatte mit sichtlichem Erstaunen den Bericht des Burschen mit angehört. Ihm wurde die Sache immer rätselhafter.
Was hatten die Herren vom Zivil bei ihm zu suchen? Was bedeutete das Mitnehmen seines Salondegens, das Verschließen seiner Zimmer? Er schüttelte wiederholt den Kopf und rief, nachdem der Bursche sich entfernt hatte, laut aus:
„Das begreife, wer es kann — ich kann's nicht!«
7.
Das Rasseln der Schlüssel und Oeffnen der Thür störte den Gefangenen bald darauf wieder in seinen Betrachtungen.
Diesmal trat ein Lieutenant von demselben Regiment ein, den Helm in der Hand, die Schärpe um.
Die Offiziere begrüßten sich, indem sie sich stumm verneigten.
„Darf ich Sie bitten, Herr Kamerad, mir in's Terminzimmer zu folgen," nahm der Eingetretene das Wort.
„Mit dem größten Vergnügen! Wenigstens werde ich doch endlich einmal erfahren, um was es sich handelt."
Der Graf setzte den Helm auf und folgte dem vorangehenden Lieutenant in ein Zimmer am anderen Ende des Korridors. In dem Korridor selbst stand ein Posten mit aufgepflanztem Seitengewehr, der die beiden Offiziere hurch Stillstehen grüßte.
Im Terminzimmer waren außer dem Auditeur noch zwei Hauptleute und ein Lieutenant, die sich beim Eintritte des Grasen erhoben und den militärischen Gruß desselben durch Verneigen erwiderten, dann aber wieder stumm ihre Sitze einnahmen.
Der Auditeur hatte ein bereits angefangencs Schriftstück vor sich und las aus demselben dem Grafen die Generalfragen über Namen, Ort und Tag der Geburt. Stand u. s. w. vor.
Nach Verlesung derselben begann das Verhör.
Der Graf saß dem Auditeur gegenüber. Dieser tauchte die Feder frisch ein und fragte dann plötzlich, den Grafen scharf ansehend:
„Wo waren Sie vorgestern Nachmittag, Herr Lieutenant?"
Der Graf stutzte und entfärbte sich.
„Also doch!" dachte er, laut aber sagte er mit fester Stimme:
»In F."
„Hatten Sie Urlaub?"
„Nein!"
„Was hatten Sie in F. zu thun?"
Der Graf stutzte wieder. Er wußte nicht, sollte er die Wahrheit sagen und sich lächerlich machen, oder sollte er sein Heil in einer Notlüge versuchen. Er versuchte das letztere.
„Ich habe dort einen Kameraden besucht."
„Und wie hieß der Kamerad?"
Der Graf sprang erregt von seinem Sitze auf und trat an den Tisch, hinter welchem der Auditeur saß.
„Ich muß Sie bitten, Herr Auditeur, mir zunächst mitzuteilen, zu welchem Zwecke Sie diese kleinlichen Fragen an mich richten. Ich möchte nicht gern Jemand kompromittiren."
„Es thut mir leid, Herr Lieutenant, Ihnen sagen zu müssen, daß Sie hier nicht herbeschieden sind, um Fragen zu stellen, sondern die Ihnen gestellten Fragen zu beantworten. Die Angelegenheit. um welche es sich hierbei handelt, ist so ernster Natur, daß ich sie nochmals ersuchen muß, sich der strengsten Wahrheit bei Ihren Aussagen zu befleißigen, selbst auf die Gefahr hin, Jemand zu kompromittieren. Soweit es das Jntercffe der Sache gestattet, wird übrigens alles vermieden werden, was Unbeteiligte oder gar Damen kompromitieren könnte.
Der Auditeur hatte das Wort „Damen" ausdrücklich betont, und Graf Zackwitz sah ein, daß er sich nur noch blamieren könnte, wenn er nicht die Wahrheit sagte.
„Was also hatten Sie in F. zu thun, Herr Lieutenant? begann der Auditeur von Neuem.
„Ich hatte dort eine Zusammenkunft mit einer Dame."
„War die Dame aus F.?"
„Nein, sie ist aus Berlin."
„Sind Sie mit ier Dame zugleich von hier abgefahren?"
„Ja, mit demselben Zuge."
„Halten Sie mit der Dame die Zusammenkunft vorher verabredet?"
„Nein!"
„Wie heißt die Dame?" fragte jetzt der Auditeur.
Der Graf sprang auf.
„Mein Herr, der Name der Dame kann hier nichts zur Sache thun. Es mag Ihnen genügen, wenn ich versichere, daß die Angelegenheit, die ich mit der Dame zn besprechen wünschte, durchaus Privatsache war."
„Herr Lieutenant, der Name der Dame ist diesmal von der größten Wichtigkeit. Also bitte wie heißt die Dame?"
„Ich halte mich nicht für verpflichtet, den Namen einer Dame, die ich hochachte und die bei der vorliegenden Sache meiner Ansicht nach nicht in Betracht kommt, hier zu nennen, antwortete gedrückt der Graf.
„Sie erreichen durch Ihre unzeitigc Verschwiegenheit durchaus nichts, Herr Lieutenant. Im Gegenteil, Sie ziehen die Sache unnötig in die Länge und bringen sich selbst in immer ärgere Verlegenheiten. Für diesmal will ich die Frage für Sie beantworten. Die Dame
war die verwittwete Frau Oberst von Sterns Ist es nicht so?"
„Frau von Sterneck," wiederholte der mechanisch und nahm wieder Platz. Was in aller Welt sollte das Alles bedeuten?—
„Wo, Herr Lieutenant, hatten Sie die Zusammenkunft mit Frau von Stcrneck!
„Auf dem Kirchhofe in F.
„Können Sie die Lage des Kirchhofes und ungefähr die Stelle angeben, wo das Gespräch stattgefunden hat? Hier ist ein Situationsplan des Kirchhofes." »
Der Graf machte seine Angaben nach einigem Besinnen fest und bestimmt, worauf der Auditeur unmerklich nickte.
„Um welche Zeit ist das gewesen?"
„Sogleich nachdem der Nachmittagszug von Berlin in F. angekommcn war."
„Und wann sind Sie hierher zurückgereist?«
„Um 5 Uhr."
Der Auditeur nickte wieder. Dann langte er hinter sich und holte einen Degen hervor.
„Kennen Sie diesen Degen?
„Allerdings; meinte der Graf lächelnd, es ist mein Salondegen." Der Auditeur zog die Scheide herunter. Eine schmale dünne Rappierklinge kam zum Vorschein.
„Trugen Sie diesen Degen während der Fahrt nach F. ?"
Der Graf besann sich.
«Ich glaube, obwohl ich mich nicht genau erinnere."
(Fortsetzung folgt.)
Reichsgericht. Ein für Inserenten wichtiges Urteil fällte vor kurzem das Reichsgericht, indem es entschied, daß für Anzeigen, die infolge unleserlich und undeutlich geschriebenen Manuskripts fehlerhaft in die Zeitungen kommen, von den Zeitungs-Eigentümern kein Ersatz geleistet zu werden braucht. Das Reichsgericht wurde hierbei von der Ansicht geleitet, daß Anzeigen. die man einer Zeitung zusendet, deutlich geschrieben sein müssen. .
Ahlwardt-Jndrustrie. Ein Zigarm fabrikant in Sachsen inseriert in den Dresden« Nachrichten folgendes:
Rektor Ahlwardt-Zigarre! angenehm und sein in Qualität.
Unter spezieller Genehmigung des Herrn Rektor Ahlwardt, Reichstagsabgeordneter.
Vom Umsatz dieser äußerst preiswürdigen Zigarre, die sich sicher der allergrößten Anerkennung erste« wird, rst
1 Prozent
zu Gunsten der Familie Ahlwardt bestimmt.
Die Seehunde mehren sich an der Mündung der Elbe in ganz außerordentlicher Weise. Unter den Fischen richten dieselben großen Schaden an. Der Finkenwärder Fischer Wortmann brachte kürzlich 18 dieser Tiere, von denen einige 200 Pfund wogen, nach Hamburg. Die von der Regierung festgesetzte Fangpräme beträgt 5 ^ für jeden Seehund, außerdem kann der Fang veräußert werden. Die meisten in der Elbe gefangenen Seehunde Werden von Hagenbeck in Hamburg angekauft.
Der Staatsstreich in Serbien hat folgendes Zwiegespräch an der Frankfurter Börse verschuldet: A.: „Wissen Sie schon von der neuesten Depesche aus Madrid?" — B.: „NelN.' — Ä.: „Der König von Spanien hat seine Amme verhaften lassen und sich — für entwöhnt erklärt.
(Protzig.) .... „So. von dieser Medizin gebt Ihr Eurem Mann alle 4 stunden einen
Eßlöffel voll ein!« - . O. HerrM'
wr, ich kann ihm alle halbe Stund' einen löffcl voll geben! Wir sind Gott sei Dank, I gut g'stellt, daß wir an der Medizin nicht z sparen brauchen!"
(Empfindlich ) Sie: ..Sieh' nur, lieber Moriz, wie der Epheu dort an der Burgma so herrlich wuchert!" — Er: „Bitte, sprich mir nischt von's Geschäft!"
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.