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Altona, 5. April. Auf dem Altonaer Hauptbahnhof fand ein Bahnbeamter gestern Abend zwischen den Schienen festgeklemmt eine mit weißer Masse gefüllte Patrone. Als der Bureaubeamte Lübeck dieselbe untersuchte, explodierte die Patrone. Der Beamte wurde schwerverletzt ins Krankenhaus befördert.
Pfarrer Kneipp trifft am 12. d. Mts. auch in Berlin eia. In seiner Begleitung befindet sich sein Amtsgenosse, der Pfarrer Stückle aus Mindelheim. Letzterer führt die auf diesen Reisen nötig werdenden Korrrespondenzen.
Straßburg. 5. Apr. Noch immer findet man bei Ausgrabungen im Rayon der Festung Geschosse, die von der Belagerung 1870 herrühren. Ein solcher Fund wurde vor kurzem vor dem Kronenburger Thor gemacht. Es war eine mächtige Meter hohe Granate, die aus der Stadt abgeschossen worden war und sich im Felde eingewühlt hatte, ohne zu explodieren. Heute wurde dieselbe, da ein Entladen deS Geschosses zu gefährlich war, durch eine Abteilung des Fußartillerie-Regiments Nr. 10 an Ort und Stelle gesprengt. Die angrenzenden Wege waren durch Posten abgesperrt. Ein Sergeant legte Feuer an den Zündfaden und begab sich schleunigst in Deckung. Lange harrten die herbeigeeilten Zuschauer des bevorstehenden Ereignisses aus der Ferne. Auf einmal erfolgte ein gewaltiger Knall, und eine mächtige Rauchwolke stieg zum Himmel empor. Die Sprengstücke stoben nach allen Richtungen auseinander. Das Kopfstück der Granate war 10 Meter weit geschleudert und wurde zum Schlüsse auch noch gesprengt. Ein durch den Lärm aufgescheuchter Hase suchte in mächtigen Sprüngen das Weite. Die Eisenstücke wurden nun von den Soldaten gesammelt und nach der Stadt verbracht.
Die neue Wirtschaftspaktes.
Ein vorbereitendes Komite der deutschen Wirtschaftspartei versendet einen Aufruf an die Landwirtschaft, das Handwerk und die Industrie, in welchem es behufs erfolgreicher Geltendmachung der wirtschaftlichen Interessen eine Versammlung derjenigen Erwerbskreise beabsichtigt, welche in wirtschaftspolitischer Ueberzeugung und Anschauung unter sich übereinstimmend die Solidarität ihrer wirtschaftlichen Interessen unabhängig stellen wollen.
Von dem schädigenden Einflüsse parlamentarischen Fraktionszwanges befreit, werde ein solches Zusammenfassen dieser Erwerbskreise zu einer Partei diese zum Siege führen. Das Programm der neuen Partei gipfelt in folgenden Sätzen:
I. Die Landwirtschaft ist das erste und bedeutendste deutsche Gewerbe —, sie ist das Fundament der Einzelstaaten und des Reiches. Dieselbe zu schützen und zu kräftigen, ist die erste und würdigste Ausgabe der Gesetzgebung, weil nur durch das Blühen und Gedeihen der Landwirtschaft auch die Wohlfahrt aller anderen Berufszweige gesichert ist.
2. Das deutsche Handwerk und Kleingewerbe treten für die Solidarität ihrer Interessen mit denjenigen einer blühenden Landwirtschaft ein, wie andererseits die Landwirtschaft für energische Förderung der auf Hebung der Standes- und Erwerbs-Interessen des Handwerks gerichteten Bestrebungen sich bereit erklärt.
3. Die auf dem Boden „nationaler Wirtschafts- und Sozial-Politik" stehende Industrie, sowie die Landwirtschaft, das Handwerk und Kleingewerbe treten für die Solidarität ihrer Interessen gegenseitig ein.
„Nur dadurch," heißt es am Schlüsse des Aufrufs, „daß diese drei produktiven Gruppen solidarisch zusammenstehen, vermögen sie ihre gerechten Forderungen durchzusetzen, während jede derselben ihre Interessen allein vertretend, ihr Ziel zu erreichen nicht im Stande ist."
Württemberg.
Vom 26. ds. Mts. ab bis 10 Mai d. I. findet auf dem Schießplatz bei Hagenau die Uebnng der Mannschaften des Beurlaubtenstandes der Fußartillerie statt. Er werden hierzu je 10 Unteroffiziere und 88 bezw. 87 Mann
schaften aus der Reserve und Landwehr einberufen. Das Exerzierkommando wird vom württ. Fußart.-Bat. Nr. 13 gestellt.
Stuttgart, 7. April. Heute früh 6 Uhr wurde das Gren.-Reg. Königin Olga (1. württ.) Nr. 119 alarmiert und rückte sodann unter dem Komando seines Kommandeurs, Oberst v. Hiller, und in Begleitung des Divisionskommandeurs Generallieutenant v. Lindeguist und des Brigadekommandeurs Generalmajors von Schlotheim zu einer Felddienstübung bei Cannstatt aus.
Stuttgart, 6. April. Sein SOjähriges Dienstjubiläum feiert am 8. ds. Mts. Kanzleirat uud Kanzleivorstand Unrat am Kriegsministerium, weithin bekannt durch seine zahlreichen Militärmarsch-Kompositionen, unter welchen besonders der überall bekannt und überaus melodische „König Karl Marsch" hervorzuhcben ist. Der Jubilar trat am 8. April 1843 als Musikzögling in das damals in Stuttgart garnisonierende 6. Infanterie-Regiment ein, wurde 1847 Musiker 2. Klasse und am I. März 1851, erst 23 Jahre alt, zum Kappellmeister am 4. Infanterie-Regiment in Ludwigsburg ernannt, welche Stelle er bis zum März 1872 behielt, wo er als Kanzlist ins Kriegsministerium eintrat. 1873 wurde er zvm Registrator, 1887 zum Kanzleirat und Kanzleivorstand ernannt. Im Laufe der Jahre sind ihm von allerhöchster Seile wiederholt wertvolle Geschenke zu teil geworden. Seine Brust zieren das Ritterkreuz 1. Klasse des württ. Friedrichordens, der preußische rote Adlerorden
4. Klasse, die silberne Jubiläums-Medaille, die Verdienstmedaille des Kronordens und andere Ehrenzeichen.
§§ Calw. Am Donnerstag den 6. d. M. vormittags '/r12 Uhr mußte die hiesige Feuerwehr alarmiert werden. Es war schon wieder in den städtischen Waldungen, Revier Zavelstein, ein Brand ausgebrochen, lieber die Entstehungsursache der beiden Waldbrände in ein und demselben Revier ist nichts bekannt.
Ausland.
Wien, 5. April. Der von hier aus angeregte Dauermarsch Berlin-Wien wird auch von Berlin aus unterstützt. Wie das „N. W. Tagbl." erfährt haben sich acht Offiziere in Berlin gemeldet. Ein östreichischer Hauptmann hat angefragt, ob sich preußische Offiziere gemeldet haben, was der Vorstand somit hat bejahen können. Viele der Gemeldeten haben mit dem Training bereits begonnen; es liegen Meldungen über Tagesleistungen bis zu 75 Kilom. vor; soweit sich aus den bisherigen Ergebnissen des Trainigs übersehen läßt, wird allerdings die Durchschnittsleistung derer, welche das Ziel wirklich erreichen, 60 Kilometer auf den Tag kaum überschreiten.
Aus der Schweiz, 5. April. Aus Davos wird berichtet das „Bündner Tagblatt," daß drei deutsche Kurgäste aus dem „Hotel Strela" am Mittwoch mit Führer Engi das Schwarzhorn (3150 Meter) bestiegen. Bei ziemlich günstigen Schneeverhältnissen erfolgte der Aufstieg vom Flüela-Hospiz aus in drei Stunden 40 Minuten. Die Aussicht soll ganz prachtvoll gewesen sein. Es war dies die erste Besteigung des Schwarzhorns in diesem Frühjahr. Auch Schiaharn (2700 Meter) und Jakobshorn (2600 Meter) wurden in den letzten Tagen bestiegen.
London, 7. April. In der gestrigen Rede Gladstones über Home-Rule war ein Absatz bemerkenswert, in welchem er Deutschland als ein gelungenes Beispiel für die Home- Rule-Vorlage anführt, weil dies zu den äußerst seltenen lobenden Auslassungen Gladstones über Deutschland gehört. Er sagte wörtlich: „Es ist unmöglich, für die Home-Rule-Vorlage einen stärkeren und beweiskräftigen Fall vorznbringen als Deutschland. Das deutsche Reich wurde gegründet auf der Grundlage vollster Anerkennung der selbständigen Lokaleinrichtungen, mit Ausschluß der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Einzelstaaten und durch strenge Beschränkung der Vereinigung auf jene Angelegenheiten. welche ausschließlich Reichsangelegenheiten sind."
— -ouumwoll,
Firmen Wimpfheimer u. Co. und James Verton u. Co. haben ihre Zahlungen eingestellt Die Schulden von Wimpfheimer u. Co soll-- 70 000 Pfund ^ 1400 000 ^ betragen ; dj- von Verton sind nicht bekannt. Es werden weitere Zahlungseinstellungen befürchtet.
Vermischtes.
Der Monat April ist nicht nur der an Launen und Wechselfällen reichste Monat, sondern weist auch die größte Zahl von sogenannten Bauernregeln auf, die für manchen Land- mann eine unantastbare Richtschnur bilden Schon in diesen Regeln zeigt sich das unstäte dieses Monats, denn es heißt darin:
„Ein richtiger April,
Der thut was er will.
Ist er trocken oder naß,
Leicht erkennt ein jeder das."
Aber dem Landmann ist der nasse April doch lieber, wie es die folgenden Wetterregeln aus- drücken:
„Bringt der April viel Regen,
So deutet es aus Segen," oder in anderer Lesart:
„Nasser April
Verspricht der Früchte viel."
Im Thüringischen gilt namentlich folgende Bauernregel:
„Der dürre, trockene April Ist nicht der Bauern will',
Sondern des Prillen Regen Ist ihnen gar gelegen."
Eine andere Bauernregel sagt:
„Je früher im April der Schlehdorn blüht, Desto früher der Schnitter zur Ernte zieht." Und im Schlesischen sagt das Landvolk: „Schneits dem Bauern auf den Hut,
Ist es für den Filz nicht gut."
Bis zum St. Georgslag am 23. April darf der Weinstock noch keine Triebe bekommen, denn es heißt:
„Sind die Reben um Georgi noch blutt und blind, Soll sich erfreuen Mann, Weib und Kind Für die Viehzüchter ist der Regen während der Osterfeiertage, den sonst Tausende verwünschen, sehr angenehm, denn ein altes Sprichwort sagt: „Regnets am Ostertag,
Wird fettes Futter hernach."
Noch zwei andere Bauernregeln mögen hier Erwähnung finden; die eine kennt man hauptsäch- ich in der Magdeburgischen Gegend:
„Gras, was im April wächst,
Steht im Mai fest,"
während man in der Rheingegend sagt: „Donnerts im April,
Hat der Reif sein Ziel."
Weitere Regeln sind:
„Wenn sich ein Rabe im April im Korn oder Weizen kann verbergen, giebts viel Frucht."
„April warm, Mai kühl, Juni naß,
Füllt dem Bauern Scheuer und Faß".
„So lange die Frösche vor Georgi quacken,
So lange müssen sie nach Georgi schweigen.
Bern, 2. April. Aus einem Berner Schulexamen wird dem „Bund" folgende heitere Geschichte berichtet: Lehrer: „Was sich das für e große Ma gsi, wo in Frankreich kürzlich gl'torbe sich? Sie Heine uf Staatsköste begrabe." - Keine Antwort. — Lehrer: „Kennt de keine dä Ma?" — Schüler Hans: „Ja wohl, der Pana-Ma."
(Kindliche Frage.) Mama: „Fritz, das Wort „Vater" wird groß geschrieben!" — Fritz: „Wenn der Vater auch noch so klein ist?"
(Zerstreut.) „Herr Professor, darf ich Ihnen meine Frau vorsteRen?" — „Danke — hnd selbst eine!"
Zahlenqua-rat.
97
61
17
25
Die Zahlen der ersten Reihe sollen in die leeren Reihen derart eingetragen werden, daß die
tzummenderwagrechten,
wie der senkrechten und der Diagonalreihen
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.