192
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und zu 750 000 Franken Geldbuße. — Baihaut, Blondin und Lesseps werden außerdem nach Anträgen der Zivilparteien zu einem Schadenersätze, der durch deu Staat festzusetzen ist, und zur Zalstung von 275 000 Franken an Monchl- courl, Liquidator der Panomagesellschaft, verurteilt. Die sechs übrigen Angeklagten werden freigesprochen. — Es bleibt nun abzuwartcn, ob mit diesem Spruch des Schwurgerichts der Panamaskandal zur Ruhe kommt oder nicht. Vorläufig ist wenig Aussicht hiezu vorhanden. Denn man rührt bereits andere Skandale auf und so auch einen gegen den Haupturheber des Panamaskandals, nämlich gegen Andrieux, dessen Vater seinerzeit für seine Bemühungen um das Zustandekommen eines französischen Binnenkanals 25000 Fr. erhalten haben soll. Die monarchistischen Blätter wollen auch einen Skandal aufrühren wegen der Verlängerung der Konzession der französischen Privatbahnen und der Bank von Frankreich, wobei es ebenfalls schwere Bestechungen abgesetzt haben soll.
Jules Ferry wurde auf Staatskosten in seiner Heimat Saint Diö im Vogesen-Departe- ment mit großem Pomp beerdigt. Ans dem Testament Ferry's wird bekannt, daß er in seiner Heimat begraben sein wolle, von wo aus man die Vogesen erblicke, über welche der Notruf der Besiegten herüberschalle. Wenn sogar so ein vernünftiger Mann wie Ferry die Revanchepolitik gewissermaßen ins Grab nimmt, um sie dort fortzujetzen, dann ist von den andern Franzosen für uns Deutsche für jede Zeit das Schlimmste zu befürchten.
Unterhaltender Teil.
Auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege.
Eine heitere Geschichte aus dem Soldatenleben.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.)
Als er hastig um die Ecke bog, wäre er beinahe mit seinem Freunde Heidebach zusammengelaufen, der große Eile zu haben schien.
„Entschuldigen Sie, mein Herr — ah, Sie sind's, Heidebach, Donnerwetter, wo wollen Sie denn hin?"
„Zum Dienst, mein Lieber, nun, wie haben Sie sich denn gestern amüsiert?" Dabei waren seine Gedanken wieder bei der gestrigen Scene mit Fräulein von Schöne! und über sein Gesicht flog ein trauriges Lächeln.
„Ausgezeichnet, natürlich," antwortete Roller, „die Toiletten ließen nur vieles zu wünschen übrig."
„Jawohl, aber die Damen — doch ich habe Eile, vielleicht treffen wir uns später." Und mit flüchtigem Gruß trennten sich beide.
Kaum sah sich der Lieutenant von seinem Freund verlassen, als er hastig in den nächsten Hausflur trat, ein Billet aus der Tasche zog und dasselbe erbrach. Beim Lesen verklärten sich seine Züge zusehends und freudig rief er aus: „Sie hat also doch Wort gehalten und ist hier; schade, daß wir noch keine Photograpien gewechselt haben, sonst hätte ich sie gewiß erkannt. Heule Mittag um zwei Uhr wünscht sie mich im Hotel zu sprechen. Wenn sie nur hübsch wäre! Einerlei — hingehen werde ich natürlich. Aber jetzt zum Dienst!"
Nachdem er um 1 Uhr vom Exerzierplatz zurückgckehrt war, warf er sich in seinen Paradeanzug, nahm dann eine Droschke und fuhr nach dem Hotel. Er ließ aber den Kutscher nicht Vorfahren, um keinem Kellner zu begegnen.
Es schlug gerade zwei Uhr, als der Lieutenant die Treppe zum Hotel Hinaufstieg und es wurde ihm merkwürdig zu Mute, als der entscheidende Moment immer näher rückte. Eine Anwandlung von Schüchternheit drohte ihn zu übermannen, aber kräftig kämpfte er dies Gefühl nieder und klopfte an die im Briefe be- zeichnete Thür.
Ein leises „Herein" ertönte. Zögernd legte der junge Krieger die Hand auf den Drücker, öffnete die Thür und stand vor — Marie von Schöne!. Im ersten Augenblick wußte er nicht.
ob er träume oder wache, endlich stotterte er: „Mein Fräulein, wahrscheinlich ein Irrtum, ich weiß nicht, aber —"
„Kennen Sie die Heiratsannonce?" unterbrach ihn die Dame bebend.
„Gewiß; so sind Sie — bist Du —" jubelte der Glückliche.
Er konnte nicht weiter sprechen, denn schon berührten zwei Lippen die seinigen und in seinen ausgcbreiteten Armen lag Marie, dre eigentlich einen andern, aber doch ihn liebte.
Lange sprach keines von beiden ein Wort, endlich flüsterte Heidebach: „Kannst Du mir verzeihen?"
„Verzeihen? — ich?" lächelte seine Braut glückselig.
„Nun, habe ich nicht gestern, eigentlich noch eine andere Liebe im Herzen, um Deine Hand gebeten?"
„Dein gutes Geschick hat Dich richtig geleitet, und das meinige war mir auch günstig," antwortete sie lächelnd, indem sie ihr Köpfchen an seiner Brust barg, „aber was wird meine Mama dazu sagen?"
„Sie wird uns nicht hindern, glücklich zu
sein."
„Laß mich zuerst siefragen," sagte Marie; „sie kennt Dich vom Balle her und wird uns gewiß ihre Einwilligung nicht versagen."
Noch eine Stunde blieben die Glücklichen zusammen und trennten sich endlich in der Hoffnung auf ein baldiges Widersehen.
Unterdessen war es beinahe vier Uhr geworden und Roller stieg dieselbe Treppe hinauf, die sein Freund vor kaum zehn Minuten als der glücklichste der Menschen verlassen hatte.
In dem Zimmer, in welches er bald darauf eingctreten war, herrschte ein Halbdunkel, da bei dem kurzen Wintertage die Dämmerung eingetreten war.
Ehe er noch ein Wort sagen konnte, lud ihn schon ein „Bitte, Herr Referendar" ein, Platz zu nehmen.
Roller schrak bei dem Klang der Stimme zusammen. Er entsann sich, dieselbe irgendwo gehört zu haben. War das nicht — doch ja, das stimmte; die ganze Figur, die Haltung — er sah genauer hin, es war Frau von Schönek. Im ersten Augenblick glaubte er, die Sache beruhe auf einem Irrtum; er wurde aber bald eines besseren belehrt.
„Nach Ihrer eingesandten Photographie habe ich Sie gestern sofort erkannt, wollte aber bis heute warten, um Sie vorher kennen zu lernen."
Der Referendar bekam einen gelinden Schwindelanfall, ermannte sich aber wieder. „Kein Zweifel," dachte er, „sie wirbt für ihre Tochter; das ist ja auch ganz in der Ordnung und stimmt vollständig mit meiner Annahme überein ; sie selber sollte noch heiraten wollen — lächerlich — wie konnte er nur einen Moment daran denken!"
„Nun, Sie reden ja gar nicht," fuhr Frau von Schönek fort, indem sie ebenfalls Platz nahm, „lassen Sie uns die Sache vom praktischen Standpunkte betrachten; ich habe nur eine Tochter —"
„Ja, aber wo ist sie denn?" unterbrach sie der Referendar ungeduldig.
„Meine Tochter ist, glaube ich, etwas unpäßlich, und soll auch vorläufig gar nicht wissen, daß ich mich verheiraten will."
Jetzt wurde es Roller doch etwas zu viel. Das also war die Dame, der er seine Photographie übersandt hatte; die Mutter einer heiratsfähigen Tochter sollte er heiraten, Vater eines Mädchens werden, die eigentlich seine Frau sein sollte — ihm schwindelte der Kopf — er mußte Luft haben.
„Ich will mir die Sache überlegen," stöhnte der Referendar und ohne weiter noch ein Wort zu sagen, stürzte er zum Zimmer hinaus, rannte draußen den Kellner um und kam erst wieder zur Besinnung, als er frische Lust einatmete.
Frau von Schönek hatte sich kaum von ihrem Erstaunen, ihren Ehegatten in spo so plötzlich verschwinden zu sehen, erholt, als ihre Tochter in das Zimmer hüpfte, ihr um den
Hals fiel und ausrief: „Ich bin das alückli^. Mädchen auf Erden; laß mich Dir alles!, decken, liebste Mama!" Und sich neben siesM > flüsterte sie leise: „Ich habe mich verlob,? '!
„Verlobt." wiederholte ihre Mama, ^ j nicht etwa mit dem Referendarius Roller?»
„Was da, Roller." lächelte Marie. nant von Heidebach heißt mein Bräutigam, H» hast ihn ja gestern auf dem Balle gesprochen ist er nicht ein reizender Mensch? Und mM Du, wie ich ihn kennen lernte — das HM bevor ich ihn sah? Durch eine Annonce ui ^ . Zeitung, die er hatte einsetzen lassen, und W s welche ich antwortete. Wir korrespondierten >'« eine Zeit lang, und es sollte eben der AustaM der Photographien stattfinden, als Du plöW den Entschluß faßtest, hierher zu reisen und Deine Verwandten zu besuchen. Natürlich M das für mich ein höchst glücklicher Zufall, gestern sahen wir uns und verlobten uns heute.»
„Laß mich allein." flüsterte ihre Muttki, „mir ist nicht wohl."
„Soll ich nach einem Glase Wasser schicken?' fragte Marie besorgt; „Du siehst wirklich bhi aus." !
„Laß nur. mein Kind, es ist nur M ' augenblickliche Schwäche. Werde mit Deinen, Lieutenant recht glücklich und schreibe ihm nur daß ich meine Einwilligung gegeben hätte.»
Nach einer Woche ungefähr wurde im Hanse der Verwandten von Frau von Schönek die Verlobung des jungen Paares gefeiert.
Der glückliche Bräutigam hatte sämtlich Freunde dazu eingeladen, nur Roller, der plötz, lieh einen längeren Urlaub genommen hatte, sehlti.
Nach längerer Zeit schrieb er an seim Freund Heidebach einen Brief, in welchem n sein ganzes Mißgeschick erzählte und ihm z» seiner Verlobung gratulierte. Dieser war notiii. lich im höchsten Grade über den Schwiegerpap», welchen er hatte bekommen sollen, erstaunt, bezahlte aber doch alle Schulden Roller's, da derselbe ihm doch „auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege" zu einer Frau verholsen halte.
Die ersten Kibitzeier trafen am 21. Mg in Sandmanns Auktionshalle in Berlin eia und brachten den bisher unerreichten Preis von 7.50 Mk. pro Stück.
Ein Kind ohne Augapfel istia Ennigerloh in Westfalen geboren. Als man die Augenlider des sonst ganz normal entwickelte» Kindes aufhob. fand man leere Augenhöhle». Die Aerzte erklären, daß der Wissenschaft ei» solcher Fall bisher unbekannt gewesen sei.
Frühlingsdichter (am 20 März in de» Kalender sehend): Gott sei dank, endlich Frühlings-Anfang! Nun kann das Dichten wieder losgchen!
(Auf der Opernprobe.) Kapellmeister: „Tiefer, tiefer, Herr Quabbe, das ist noch nichts!' — „„Bedaure! Mit der Kniekehle kann ich nicht singen.""
Auflösung des Rätsels in Nr. 43.
Schwermut.
Richtig gelöst von Friede. Ohngemach, KameralanB- incipient, Neuenbürg.
Unsere Leser
ersuchen wir höflich, das Abonnement auf das mit dem 1. April beginnende
zweite Quartal
zu erneuern, vamit in der Versendung des Blattrs keine Unterbrechung einrritt.
Wir bitten alle Freunde des Enzthälers für immere weitere Verbreitung thätig zu sew> In Neuenbürg abonniert man bei der Geschäftsstelle, sonst überall bei den betreffenden
Poststellen und Postboten.
Redaktion u. Vertag des KnzMers.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.
Anzeiger
Ni. 48.
Erscheint Dienstag, vierteljährlich 1
Ke,
Zu der Verb
Sensenschmieds hie
Damstag t
auf dem Rathaust i GebMr. 217 ,l „ 217a,
„ 217b
2l7o
Feid Parz. Nr.
4, "
Den 23. M-
Revier S
Am Dienstag i aus dem Staatsr braunen, Oelmaie Kahler Berg: geschätzt zu 60> buchenen und 20i Nadclholzwellen eignet.
Zusammenkunft morgens 8 Uhr wiesen, Verkauf '/ Stollenumkehr-Hüt
Revier S 3000 verschickte verschickte 3jährige
Lär
sind zu verkaufen.
Engels
Mcg-S
Wegen zur Zei Grösselberg (recht stattfindender Hol; Passieren der unte watdabteilungen S loch gelegenen bindungswegs Er seld gefährlich und Weg, soweit ar Engelsbrand geleg und Fußgänger verboten.
Fußgängern steh sogen. Feinauer-3 thal frei.
Den 24. März §