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Duell zwischen Deroulöde und einem jungen Deputierten namens Pichon zur Folge gehabt, wobei letzterer einen Stich in die Brust erhielt. Der französische Minister des Auswärtigen, Dcvelle, hat dem österreichischen Botschafter Grafen Hoyos für die frevlen Angriffe der französischen Presse Genugthuung gewährt und die Frage der Abberufung sämtlicher Botschafter der Großmächte aus Paris und deren Ersetzung durch einfache Gesandte scheint vorläufig vertagt zu sein. Dagegen gilt cs als ausgemacht, daß der russ. Botschafter Baron Mohrenheim von dort abberufen wird, nur soll dies erst später geschehen, um den Schein nicht aufkommcn zu lassen, als sei er vom Zaren wegen seiner Verwickelung in die Panama-Asfaire abberufen.
Der Bankenskandal in Italien hat zwar vorläufig dadurch einen Stillstand erhallen, daß das Ministerium Giolitti mit großer Mehrheit ein Vertrauensvotum von der Kammer erhielt durch die Ermächtigung, daß die Regierung die Untersuchung gegen die Bankbetrüger allein führen solle. Inzwischen aber hat ein neapolitanisches Blatt bereits eine Anzahl von Deputierten genannt, welche in den Banken-Skandal verwickelt seien, darunter den früheren Minister Nikotera. Die so Bloßgestellten haben den Strafrichter angerufen und behaupten, sie seien schwer verleumdet worden. Das Resultat der bezüglichen Gerichts-Verhandlungen bleibt natürlich abzuwarten.
Auf Anstiften eines Zuckerfabrikanten in Honolulu ist auf den Hawaii-Jnseln ein Aufstand ausgebrochen. Das Ministerium wurde abgesetzt, die Königin zog sich auf ihren Landsitz zurück und der Zuckeisieder sendet eine Depu- tation nach Washington mit der Bitte, die Vereinigten Staaten möchten die Hawaii-Inseln annektieren. Die Beratung hierüber nn amerikanischen Senat wurde aber nach kurzer Debatte auf unbestimmte Zeit vertagt, da sowohl England, als wahrscheinlich auch die überseeischen Mächte gegen eine derartige Annexion, welche überdies allen politischen Traditionen der Bereinigten Staaten widersprechen würde, Protest erhoben haben bezw. noch erheben wollen.
AnLerhattender Heit.
Pelly's Verlobung.
Eine nächtliche Geschichte von Reinhold Ortmann.
lNachdruck verboten.- (Fortsetzung 2.1
Es war nur natürlich, daß der anscheinend leblose Körper die Aufmerksamkeit des Mannes in dem Mantel beschäftigte; aber als er die Laterne aus ihrem Gestell nehmen wollte, um den armen Johann zu beleuchten, fiel ein verräterischer Lichtstrahl auf Nellys zitternde Gestalt, daß sie nicht länger daran denken konnte, sich zu verstecken. Glücklicherweise nahm sie gleichzeitig wahr, daß der Fremdling sich jetzt weniger grauenhaft ausnahm, als vorhin in der Finsternis, daß sein Mantel nicht blutrot, sondern grau, sein Gesicht noch ziemlich jung und, wenn auch nicht gerade hübsch, so doch keineswegs fürchterlich aussah, und daß ihr sogar ein bekannter Zug oder eine Aehnlichkeit, die sie nur nicht gleich unterbringen konnte, daraus ent- gegenschaule. Von Stirn und Auge konnte sic freilich unter dem breitrandigen Filzhut nicht viel erkennen; aber ihre Beunruhigung verlor sich beinahe ganz, als der Mann mit einer Art von Verbeugung zur ihr gewendet sagte:
„Ich bedauere unendlich, sie in einer so traurigen Lage anzutreffen, mein Fräulein, denn Sie hätten sich gar keine gottverlassenere Gegend zum Umwerfen aussuchen können! Ich denke aber, es wird noch ziemlich gnädig abgelaufen sein. Ich bin Arzt und es war wenigstens kein übler Zufall, der mich gerade jetzt in diese Wüste brachte!"
Damit drehte er ihr den Rücken und beugte sich mit der Laterne zu dem Kutscher herab. Nelly atmete auf; aber gleichzeitig wollte sich doch ein Gefühl von Aerger in ihrem Herzen regen, denn wenn der Mann wirklich ein Arzt war, so hätte er immerhin etwas mehr Lebens
art entwickeln und sich mit größerer Zuvorkommenheit um sie bemühen können. Erst jetzt erinnerte sie sich des unangenehmen Schmerzgefühls an ihrer rechten Hand, sie wagte sich etwas näher an den schwachen Lichtkreis der Laterne heran, um sich von der Ursache zu überzeugen, und stieß gleich darauf einen allerliebsten, kleinen Schrei des Entsetzens aus.
Der Doktor wendete ihr sein Gesicht zu, ohne sich vom Boden zu erheben.
„Nun, mein Fräulein?"
„O, ich bin verwundet." hauchte Nelly. „Es blutet! Es wird doch nicht die Pulsader sein?"
Der Arzt begieng die unglaubliche Unschicklichkeit, auf die angstvolle Frage zu lächeln, während er fortfuhr, den Kopf des noch immer regungslosen Johann zu untersuchen.
„Wohl schwerlich", sagte er lakonisch, „wenn Sie es erst jetzt bemerken! Wollen Sie gütigst etwas näher treten, so werve ich Sie gleich vollständig beruhigen können.
Das war stark! — Statt aufzuspringen und sich ihr dienstbereit zu widmen, verharrte dieser ungalante Arzt ruhig in seiner Stellung und forderte sie im gleichgültigsten Ton von der Welt auf, sich zu ihm zu bemühen. Sie war nahe daran, eine höchst ungnädige Antwort zu geben und auf seine Hilfeleistung zu verzichten; aber die Furcht, daß es doch etwas Ernstliches mit der Verletzung sein könne, behielt schließlich die Oberhand. Auf den Fußspitzen tappte sie einige Schritte weiter durch den Morast und streckte dem Knieenden aus einer immer noch beträchtlichen Entfernung die verwundete Hand entgegen. Er nahm die schlanken, zierlichen Fingerchen in seine Linke, zog ein weißes Tuch aus der inneren Brusttasche seines Mantels, beseitigte damit die wenigen stoch hervorquellenden Blutstropfen und betrachtete aufmerksam die kleine Verletzung.
„Sie haben sich wahrscheinlich an dem Glas des zerbrochenen Wagenfensters geschnitten," meinte er dann trocken. „Das hätte freilich eine tüchtige Wunde geben können!"
Damit ließ er die Hand los und wendete sich wieder dem Kutscher zu. Nelly war im tiefsten Grunde ihres Herzens empört über eine solche Rücksichtslosigkeit.
„Ja, wollen Sie mich denn nicht verbinden?" fragte sie, ohne ihre Gereiztheit zu unterdrücken.
„Das wäre unter den obwaltenden Umständen eine unverantwortliche Zeitvergeudung! — Der kleine Schnitt ist so unbedeutend, daß es vorläufig genügt, wenn Sie Ihr Taschentuch darüber legen. — Der Bursche hier hat im Augenblick meinen Beistand nötiger, wenn schon es auch mit ihm lange nicht so schlimm bestellt ist, als es den Anschein hat!"
„Und meine Tante, die noch im Wagen liegt und vielleicht viel schlimmer zugerichtet ist als Johann? — Wollen Sie sich denn um die gar nicht kümmern?"
„Da ich mich nicht zweiteilen kann, mein Fräulein, muß ich wohl Einen nach dem Anderen vornehmen?"
„Aber man sollte doch annehmen, daß meine Tante dabei vor dem Kutscher den Vorzug hat!"
„Diese Rangordnung hat gewiß überall ihre volle Berechtigung," erwiderte er mit einiger Ironie, „nur wir Aerzte sind in dieser Hinsicht leider viel schlimmer als die ärgsten Republikaner. Der Leidende, der uns am nächsten ist. ist uns auch immer der vornehmste! Es ist eine Thor- heit, aber es ist nun einmal so!"
Nelly biß sich auf die Lippen, wennschon sie lieber mit dem Fuße gestampft hätte.
„So können Sie mir vielleicht die Richtung bezeichnen, in der ich auf menschliche Wohnung stoße," fuhr sie nach einer kleinen Pause fort. Ich werde noch andere Hilfe herbeiholen."
„Das wäre allerdings sehr wünschenswert, mein Fräulein! Ich fürchte nur, es wird Ihre Kräfte übersteigen: denn das nächste Häuschen ist zwar nur eine Viertelstunde entfernt, aber Sie finden dort außer einer alten schwachen Frau nur einen Kranken, der selbst Hilfe brauchen
könnte. Und bis zum Dorf sind's für eine so schlecht gerüstete Fußgängerin selbst auf dem nächsten Wege mehr als vierzig Minuten."
Nelly wandte sich mit einer trotzigen Bewegung ab, weil sie fühlte, daß ihr die Thränen in die Augen stiegen. Dieser Doktor war in ^ seiner unerschütterlichen Ruhe wirklich abscheulich, s Da fielen ihre Augen auf eine dicke dunkle Ge- s stalt, die sich mühsam, gleich einem aus dem l Grabe erstehenden Geist aus dem Innern des i Wagens hervorhafpelte und mit Tante Dorettens s Stimme jammerte: !
„Wie grausam, mich so hilflos und zer- i schmettert liegen zu lassen. Alle meine Glieder sind gebrochen und kein Mensch kümmert sich um mich."
Natürlich war Nelly sogleich an ihrer Seite, und mit ihrer kräftigen Hilfe gelang es der Tante auch in der That, festen Boden zu gewinnen.
„Du darfst dem Herrn, der uns so freundlich beisteht, darum nicht böse sein, liebes Tauschen," sagte das junge Mädchen dabei ziemlich laut und nun auch seinerseits mit unverholener Ironie. „Er ist ein Arzt und bekümmert sich als solcher immer nur um die Patienten, die ihm am nächsten liegen. Da nun zufällig unser ! Johann statt Deiner dieses Glück hatte, io wir i es ganz natürlich, daß Du unberücksichtigt ' bliebst.
„Eine Vernachlässigung, der sie Ihren Beifall sicher nicht versagen werden, mein Fräulein, nachdem sie durch den Augenschein belehrt worden sind, wie wenig Ihr gnädigstes Fräulein Tante meines schwachen Beistandes bedurfte."
In dem nämlichen Augenblick stieß der arme Johann einen langgezogenen Klagelaut aus, der die beiden Damen erschrocken zusammenfahren ließ. Der Doktor aber, in dessen Brust nach Nelly's Ueberzeugung kein Funke menschlichen Mitgefühls leben konnte, stand mit großer Seelenruhe auf und ließ den unglücklichen in seinen scheinbar fürchterlichen Schmerzen liegen.
„Wenn ich Ihnen jetzt Ihre Hand verbinden darf, mein Fräulein," sagte er, „so stehe ich ganz zur Verfügung!"
(Fortsetzung folgt.l
(Eine orginelle Ball-Erinnerung) erregte neulich allgemein Beifall. In seiner Stammkneipe erschien der Bäckermeister rk eines Morgens mit stark angeschwollener Wange. Als man ihn nach der Ursache dieser einseitigen Geschwollenheit fragte, entgegnete der stets bei gutem Humor befindliche Dulder: „Det is eene Damenspende, die ick von meine Fran uff dem Maskenball jekriegt Hab', wo sie mir erwischte!"
(Was ist höchster Geiz?) Wenn Jemand permanent über die Brillengläser sieht, damit sie nicht so abgenützt werden.
(Was ist eine Mesalliance?) Wenn ein doppelter Buchhalter ein einfaches Mädchen heiratet.
H0M0NYM.
Zu schlagen ist meines Lebens Beritf,
Dazu mich Gott im Himmel schuf,
Bald bin ich zu eng und bald zu weit;
Zu eng — ist fehlerhaft jederzeit,
Zu weit — nun ja, beim jungen Blut Lobt man's zuweilen und findet's gut;
Doch wen man gern allein möcht' haben,
Dem rechnet man's nicht zu den guten Gaben,
Und stets rügt der Jünger des Aeskulap,
Wenn ich das rechte Maß nicht Hab'.
Ich schließe bald tiefe Leiden.
Bald himmelhohe Freuden,
Selbst einer ganzen Hölle Pein In winzig kleinem Schranke ein.
Noch find'st du mich nicht? — so rat ich dir, >. Geh anders wohin und such nach.mir,
Zum Beispiel wo guten Salat man ißt,
Oder wo ein volles Kartenspiel ist.
Setz ein Blatt hinzu und siehe, sofort !
Hast du bekommen bas zärtlichste Wort. l
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.
Anzeiger
Nr. 21.
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