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stellte sich heraus, daß das Mädchen ohne weiter ein Wort zu verlieren, davon gegangen war. Spät abends kehrte es, und dazu noch in augenscheinlich angeheiterter Stimmung zurück, seiner „Gnädigen" auf deren Fragen die Antwort gebend, daß eS mit dem Ausgang nichts anderes gethan, als was das Gesetz ihm als gutes Recht einräume. Das Ende der Diskussion war, daß die Frau des Hauses dem Mädchen sagte, es möge schleunigst seine Sachen packen und losziehen, damit es auch noch in den Wochentagen seinem Ruhebedürfnis genügen könne.
Daß eine Kirche mit allem ihrem Zubehör zwangsweise verkauft wird, dürfte sicherlich zu den Seltenheiten gehören. Und doch hat sich dieser Fall auf dem Amtsgericht in Landeshut i. Schl, zugetragen. Hier wurde nämlich die Kirche der freireligiösen Gemeinde zu Ober-Hasel- bach mit Orgel, Bänken, Fahne, Totenbahren, Abendmahlsgefäßcn am 3. d. M. versteigert. Diese Kirche war 1852 aus wohlthätigen Mitteln erbaut worden. An Zinsenzahlen war seit Jahren nicht mehr gedacht, da fast sämtliche Mitglieder wieder zur Landeskirche übergetreten waren. Ein gewisser Herr Karbe aus Nieder-Haselbach machte den Besitzer der ersten Hypothek, welche aus 6000-/L lautete, ausfindig, erwarb dieselbe für 1800-^ und beantragte sodann den Zwangsverkauf, bei welchem ihm die Kirche samt Predigerhaus und Garten für 500 ^ zugesprochen wurde. Die Orgel allein hatte 1500gekostet.
(Ein photographischer Diebsfänger.) Londoner Blätter berichten über eine originelle Anwendung des photographischen Apparates zur Entdeckung von Dieben. Einem Zigarrenhändler wurden fortwährend kleine Mengen von Zigarren gestohlen, ohne daß man, trotz schärfster Ueber- wachung, der Diebe hätte habhaft werden können. Als Alles nicht mehr half, ließ der erfindungsreiche Ladenbefitzer eine photographische Kamera so aufstellen, daß der Momentverschluß derselben durch einen Elektromagneten, dessen Strom durch Oeffnung des betreffenden Glaskasten geschlossen wurde, funktionierte, während die Stromschließung gleichzeitig das Aufflammen einer Magnc- sium-Blitzlampe bewirkte. Am nächsten Morgen schon ließ die Stellung des Momentverschlusses erkennen, daß der Apparat während der Nacht funktioniert hatte. Als man die leichtempfindliche Platte nach den Vorschriften der photographischen Technik entwickelte, erhielt man das scharfe Bild zweier Knaben, welche ihre Hände in den Zigarrenkasten gesteckt hatten. Dasselbe überlieferte die jugendlichen Diebe der Polizei und diente gleichzeitig bei der Aburteilung als untrügliches Beweismittel.
(Wie „historische Thatsachen" entstehen.) Man schreibt aus London, 29. Februar: Archibald Forbes, der bekannte Kriegskorrespondent, führt uns im „Ni- neteenth Century" einige Erinnerungen aus den Tagen von Sedan vor. Derselbe schlief in demselben Hause, dem Chateau Bellevue, ja in demselben Bette, in welchem Napoleon vor sein er Uebersührungnach Wilhelmshöhe in der vorhergehenden Nacht geruht hatte. In diesem Schlosse schrieb er an einem großen Eßtisch auch seine so viel Aufsehen erregenden Berichte für die „Daily News". „Es gab nichts mehr zu essen", berichtete Mr. Forbes und fährt dann fort: „Mein Begleiter nagte trostlos an einem Schinkenknochen, dem armseligen Ueberbleibsel unseres Proviants; aber es war schlecht Pudeln, und mit einem unterdrückten Fluch warf er schließlich den Knochen zornig aus den Tisch, indem er zugleich mein Tintenfaß umwarf, dessen Inhalt über den Tisch ausgegossen wurde. Als ich einige Monate später das Schloß wieder besuchte, zeigte man mir allen Ernstes aus dem Eßtisch einen großen Tintenflecken, der, wie mein Führer feierlichst mitteilte, durch das Umstoßen des Tintenfasses verursacht worden, welches man bei der Unterzeichnung der Kapitulation von Sedan gebraucht hatte. Wimpfen, versicherte mich der Mann, hatte es umgestoßen in seiner Aufregung in welche ihn Scham und Trauer versetzt hatten. Der Führer fügte hinzu, daß große Summen für diesen Tisch mit dem historischen Tintenklecks geboten seien, aber daß kein Geld den Eigentümer veranlassen würde, denselben zu veräußern.
(Der größte Buch-Erfolg.) Es ist bekannt, daß General Grant, nachdem er durch seine Leichtgläubigkeit em Opfer des Großschwindlers Ferdinand Ward geworden war und sein Vermögen verloren hatte, mit dem Zungenkrebs behaftet und bereits sozusagen mit dem Tode vor den Äugen den Entschluß faßte, seine Biographie
zu schreiben oder vielmehr zu diktieren, um durch den Ertrag des Buches seine Familie vor Not zu bewahren. Diese Heldenthat, die den keineswegs mit großer Liebe zur Schriftstellerei behafteten Besieger der Sklavenhalter höher stellt als alles, was er je aus dem Schlachtfelds vollbracht, hat ein Ergebnis gehabt, von dem der unter Schmerzen diktierende Held wohl kaum eine Ahnung gehabt hat. Es wird nämlich gemeldet, daß die Familie des Generals bis jetzt als ihren Anteil aus dem durch den Verkauf des Buches erzielten Gewinn die Summe von 414 855 Dollars, also über 1'/- Mill. Mark erhalten hat. Es ist dies wohl der größte Buch- Erwlg, der in Amerika vorgekommen ist.
Wie man oft Inserate stylifiert, zeigt auf's Neue folgende Sammlung in der „Germania" : „Ein Mädchen von 5 Wochen wünscht eine Mutter an Kindesstatt abzngeben." (Jn- telligenzblatt.) — „Drei doppelte Buchhalter für erste Häuser sucht der Vorstand des Handlungs-Kommis-Vereins." (Nat.-Ztg.) — „Ich suche solide tüchtige Handschuharbeiter und zahle pro Dutzend 1—2^. Fr. Friedel, Handschuh- Fabrikant." (Schles. Ztg ) — „Der Unterzeichnete bringt zur Anzeige, daß unterm Heutigen Vormittags 10 Uhr, der Hund des Lohnkutscher Andres, welcher Rattenfänger nicht nur einmal, sondern mehrere Tage ohne Marke und Maulkorb herumläuft, ohne sich darum zu kümmern, und höhnisch dazu lacht, wenn derselbe gewarnt wird. Joseph Hörner, Polizeisoldat." (Bayer. Vztg.) — „Am 7. März zu meinem Geburtstage entriß mir der Tod zum zweiten Male meine innige, treue und gewiß von Jedermann geliebte Gattin. F. W.„ (Leipz. Tagbl.) — „Die Dame, welche vorigen Montag den Manschettenknopf suchte, ist gefunden worden, und ist abzuholen. Grimmasteig 9." (Leipz. Ztg.) — Durch die „Kobl. Ztg." wird für einen „älteren jungen Mann Nachhülfe in der Religion gesucht." — „Ein dreijähriger Esel, wegen seiner Frömmigkeit auch für den Umgang mit Kindern Paffend, ist zu verkaufen." (Amtsblatt für Rügen.) — „Zu verkaufen sind zwei gut melkende Ziegen, Kapellgasse Nr. 9 und nur Nachmittags von 3 Uhr an zu sprechen.
(Keinen neuen Hafer für Pferde.) Man wird es nicht leugnen dürfen, daß der neue, noch nicht hinreichend ausgetrocknete Hafer schwerer verdaulich ist und deshalb weniger gut nährt, was bei der Arbeit schnellere Ermattung und leichteres Schwitzen zur Folge hat. Auch der mitunter darnach auftretende Magen- und Darmkatarrh mit Kolik und leichtem Durchfall sind unzweifelhaft auf die größere Schwerverdaulichkeit zurückzusühren. Uebrigens zeigen sich edle Pferde für die Fütterung neuen Hafers viel empfindlicher, als solche von gemeiner Rasse. Mag auch häufig genug kein auffälliger Nachteil zu Tage treten, will man sich vor Verlusten bewahren, wird es denn doch immer geraten sein, den Hafer erst zu verwenden, wenn er gehörig ausgeschwitzt hat., und wenn man ihn dann — drei Monate etwa nach seiner Einerntung, also gegen Mitte oder Ende November — verfüttert, ihn anfänglich noch mir altem Hafer zu vermischen. Umgekehrt ist auch ein recht alter Hafer, der lange gelagert hat, schwerer verdaulich und weniger nährkräflig, denn er hat an seinem Stickstoff- und Stärkegehalt eingebüßt und infolge seines Austrocknens können die Verdauungssäfte ihn weniger leicht einsaugen. In gleichem Maße gilt das auch von den anderen Getreidekörnern und in noch höherm von den Hülsenfrüchten.
Die größte Gänsemästerei in Deutschland ist die von Strache in Alt-Mcdewitz; denn vom August bis Ende Dezember werden dort täglich 400—500 Gänse geschlachtet. Die Verträge mit Berliner Abnehmern sind so geschlossen, daß er wöchentlich mindestens 3000 Stück liefern muß. Oester aber werden bis 6000 verlangt. Die Mast dauert 3 bis 4 Wochen, und geschieht in Buchten unter freiem Himmel, wo 50—200 Gänse ziemlich eng beisammen stehen. Die Mast besteht aus Hafer und Gerste.
(Süß eingemachte Kürbisse.) Man schält den Kürbis, schneidet ihn, nachdem der markige Teil herausgenommen wurde, in fingerlange Stückchen, legt dieselben, nachdem
sie gewogen sind, in eine Schüssel und schüttet Weinessig darüber. Nach drei Stunden läßt man den Essig ablaufen, rechnet aus ein Kg. Schnitze >/? Kg. Zucker, etwas Zimmet, 3 Nelken, etwas Zitronenschale und etwas Vanille. Hierauf nimmt man von dem Weinessig
Teil und 3/, Teile Wasser, läßt den Zucker darinnen kochen und legt die Schnitze hinein, läßt sie aber nicht zu lange mitkochen, damit sie nicht zu weich werden. Hierauf werden die Schnitze vorsichtig in die Gläser gefüllt, der Essig aber, damit er dicker wird, noch einmal eingekocht und dann über die Schnitze geschüttet. Auf diese Art eingemachte Kürbisschnitten halten sich bei gutem Verschluß über ein Jahr und sind als Beilage zum Rindfleisch vorzüglich.
(Die neuesten Damenblousen.) „Herr Doktor, cs ist eine Dame draußen!" — „„Donnerwetter, da muß ich mir wieder den Rock anziehen, ich bin ja in Hemdsärmeln, so kann ich sie doch nicht empfangen!"" — „Ach lassen Sie nur, Herr Doktor, die Dame hat auch nicht mehr an, als Sie." (L. Bl.
(Uebereinstimmung.) Oheim: „Fritz, Du bist ein unverbesserlicher Mensch! Geld, Geld und immer wieder Geld! Ich bin froh, daß ich nicht mehrere solcher Neffen habe!" — Neffe: „Du sprichst mir aus der Seele, Oheim; auch Ich bin froh, daß ich Dein einziger Neffe bin!"
(Am schlimmsten.)
Trüb klang wohl immer noch
Das Abschiedswort „Ade"!
Am bittersten jedoch
Klingt's, schreibt man's nur: „a.D."! (Fl.Bl.)
Zitaterr-Rätsel.
1. Es wandelt niemand ungestraft unter
Palmen.
2. Die Jugend weiß nicht, das Alter kann nicht.
3. Nie stille steht die Zeit, der Augenblick
entschwebt.
4. Aufrichtigkeit ist die beste List.
5. Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei.
6. Wer in der Welt ist frei von allen Banden.
7. Du suchst Frieden? Friede wohnt hier.
8. Lerne um zu leben, lebe um zu lernen.
9. Den Teufel spürt das Völkchen nie und
wenn er sie beim Kragen hätte.
10. Wenn dich die Menge preiset, acht' es nicht.
11. Mit dem Pfeil, dem Bogen.
12. Wenn dich die bösen Buben locken, so
folge ihnen nicht.
13. Gesundheit Herr Nachbar, das Gläschen
ist leer.
14. Es ist nicht alles Gold was glänzt.
15. Erlaubt ist was gefällt.
Aus jedem der vorstehenden Sätze ist ein Wort zu wählen. Bei richtiger Wahl findet man ein Zitat aus einem Drama von Schiller.
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Wir beziehen uns auf unsere früheren Erklärungen und unterlassen jede marktschreierische Reklame, da sich ja über die Haltung unseres Blattes der aufmerksame Leser sein Urteil zu bilden vermag. Bei Eintritt in das Winterhalbjahr hoffen wir auch wieder einen namhaften Zuwachs von Abonnenten zu erhalten.
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HMti-n ». iltr AnrtWm.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.