Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 4. Juli. Die gestern vor­genommene Ergänzungswahl zum Kirchen­gemeinderat hat folgendes Ergebnis: Abge­stimmt haben zusammen 135 Wahlberechtigte. Es sind wiedergewählt die HH. Kameralver- walter Löflund mit 133, Gemeinderat Chrn. Hagmayer z. Schwanen mit 129, Gemeinderat Gottlob Blaich, Sensenschmied mit 125 Stimmen. Neugewählt wurde ferner Hr. Schullehrer Schramm mit 53 Stimmen. Die nächsten in der Stimmenzahl sind: Wilh. Pfrommer, Kupfer­schmied, Ehr. Blaich. Sensenschmied (seith. Mit­glied) je mit 32 Stimmen. Vereinzelte Stimmen sind es 37. Da im ersten Wahlgange vormittags nicht ganz ein Drittel der Stimmberechtigten, wozu die Zahl 132 erforderlich gewesen wäre, abgestimmt hatte, mußte die Wahl nachmittags von 67 Uhr fortgesetzt werden.

Neuenbürg. 3. Juli. Als Zeichen der sehr sommerlichen Witterung wird uns ein hübsches Bündelchen mit schönen reifen Him­beeren aus dem Garten des Wilhelm Schnepf dahier übergeben, nachdem wir bereits vor acht Tagen schon einige Exemplare erhalten hatten.

Ein glücklicherImker" in Schömberg berichtet uns folgendes: Am Himmelfahrtstag den 26. Mai fand ich beim Spazierengehen im Wald einen Bienenschwarm, den ich gefaßt und mit nach Hause genommmen habe; am 9. Juni hat derselbe geschwärmt und alsdann am 24. nochmals. Es ist eine Seltenheit, daß ein junger Schwarm binnen so kurzer Zeit noch 2 mal schwärmt, dazu sind es recht starke Schwärme. Der erste Schwarm ist schon so weit, daß ich Honig von demselben nehmen kann, die beiden jungen sind jo weit, daß ich sie heute zu meiner freudigen Ueberraschung untersetzen muß.

Deutsches Weich.

Die Preßsehde zwischen der Reichs- regierung und dem Fürsten Bismarck, hat, wie dies nicht anders zu erwarten stand, in der gesamten inländischen Presse wie auch in zahlreichen Blättern des Auslandes ein lautes Echo gefunden. Was die Urteile der ausländ­ischen Presse über diesen traurigen Streit anbe­langt, so zeichnen sie sich meist durch offene oder versteckte Schadenfreude über den Zusammenstoß zwischenaltem" undneuem" Kurs aus. in der leider richtigen Voraussetzung, daß eine Fort­setzung dieses Schauspieles das Ansehen Deutsch­lands nach Außen entschieden erschüttern müßte. Sehr verschieden lauten die Ansichten der deut­schen Zeitungen über denFall Caprivi-Bismarck"; während die einen den Altreichskanzler rückhalt­los verteidigen, nehmen die andern ebenso schroff für den Grafen Caprivi Partei, seinen berühmten Amtsvorgänger mit Gehässigkeit und Hohn über­schüttend. Aber erfreulicher Weise fehlt es in diesem erbitterten Kampfe der Meinungen auch nicht an eindringlichen Ermahnungen nach beiden Parteien hin, es möchte endlich ein Streit zur Ruhe kommen, der wahrlich dem Interesse des Landes und dem ganzen Ansehen unseres Staats- lebenS nachAußen wiedemFriedenimJnnern nicht entspreche. Solche Mahnung ist allerdings nur zu sehr begründet und es steht daher zu hoffen, daß sie auch die so nötige Beherzigung finden werde. Inzwischen wird aber aus Kissingen, dem gegenwärtigen Aufenthaltsorte des Fürsten Bismarck, eine neue Erklärung desselben ge­meldet, welche sich teilweise mit auf die von ihm dem Chefredakteur derNeuen Freien Presse" in Wien gegenüber abgegebenen Erklärungen be­ziehen. Die erwähnten neuen Auslassungen hat Bismarck gegen einen ihn in Kissingeninter­viewenden" Redakteur derMünch. N. Nachr." gethan, und ließ sich der Ex-Kanzler hierbei un­gefähr folgendermaßen vernehmen: Er beabsichtige keineswegs, Rache für seine Entlassung zu nehmen, sondern nur, die von ihm für nicht gedeihlich erachteten Regierungsmaßnahmen zu korrigieren; er halte Parlament und Presse für ein nötiges Corretiv (Besscrungsmittel) der Regierung. Wenn das Vertrauen in die Berliner Centrale schwinde, wachse der Partikularismus, doch werde letzterer niemals eine gefährliche Form annehmen. Er habe das Vertrauen des Kaisers Alexander III.

in höchstem Maße besessen, in der Berliner Unterredung zwischen ihm und dem Zaren vom Jahre 1889 habe seine mündliche Versicherung genügt, daß die mit Stempel und Unterschrift geschickt auf den Namen des Fürsten von Bul­garien und der Gräfin von Flandern gefälschten Schriftstücke unecht seien. Die guten Beziehungen Rußlands zu Deutschland hätten lediglich auf dem Vertrauen des Zaren zu ihm, Bismarck, beruht. Er sei bei dem deutschen Kaiser in Un­gnade gefallen, wisse aber nicht, warum. Von einer Versöhnung könne nicht gesprochen werden, denn der Kaiser sei nicht bei ihm in Ungnade gefallen; wenn der Monarch diese Ungnade auf­höbe, so würde das Verhältnis wieder das alte sein. Jntriguen spielten aber mit ihre Rolle, auch schmerze ihn. Bismarck, die Form seiner Entfernung tief, er habe gehofft, die Geschäfte erst bei Krankheit niederlegen zu brauchen oder sie bis zu seinem Tod fortführen zu können Er schöpfe indessen neuen Mut aus dem Ge­danken, im nächsten Winter in den Reichstag zu kommen. DenMünch. N. Nachr." wird aus Kissingen weiter gemeldet, Fürst Bismarck werde demnächst in denHamburger Nachrichten" auf die Ausführungen derNorddeutschen Allge­meinen Zeitung" antworten. Bismarck sei über den Vorwurf des Mangels an Vaterlandsliebe tief entrüstet, während doch die Vaterlandsliebe der einzige Beweggrund seiner Aeußerungen ge- wesen sei. Wenn man ihm deshalb den Prozeß machen wolle, sehe er allem ruhig entgegen.

In maßlosen Beschimpfungen ergeht sich die ultramontane Presse gegenüber allen Jenen, welche es wagten, dem Fürsten Bismarck für seine Verdienste um Deutschlands Einigung ihren Dank auszusprecheu und ihm ihre Ver­ehrung zu beweisen. Wenn man die Schimpf­worte, welche in den letzten Tagen in der ultramontanen Presse paradierten, zusammen­stellt, so bekommt man das reinste Schimpf- wörter-Lexikon. In einer einzigen Nummer eines ultramontanen Blattes werden den Bis- marcksreunden folgende Grobheiten an den Kopf geworfen:Pollständig überschnappt, halb ver­rückt, höchste Unverschämtheit, armselige Mannes­seelen. Schwindel, halbverrückte Gesellschaft, widerliches Gebühren, gedankenlose Menge, Charakterlosigkeit." Diejenigen, welche Bismarck gegenüber die einfachste Pflicht des Anstandes verletzten und ihre Bildung durch bubenmäßiges Pfeifen bekundeten, werden von dem Blatte da­gegen alsanständige Bürger" bezeichnet! Die­jenigen ultramontanen Gemeindevertreter, welche sich beim Empfange Bismarcks im Rathause be­teiligten, namentlich die Herren von Ruppert und Radspieler, werden besonders herunterge­rissen und beschimpft. So sagt ein anderes ultramontanes Blatt von Radspieler, dieser habe sich beim Frühschoppen im Rathause bemüht, die Bedienung überflüssig zu machen;galt es doch Ihm, da kann man schon einmal den Pic­colo spielen. Wie predigen die ultramontanen Blätter, diese Vertreter der Religion, der christ­lichen Nächstenliebe doch immer? Wir haben es schon des Oeftcren gelesen:In allem Liebe!"

Die Auffassung, als habe Fürst Bismarck vom höfischen Standpunkt aus eine Taktlosigkeit begangen, als er in Wien eine Audienz beim Kaiser Franz Josef nachsuchte, wird aus Kreisen, die mit der Etikette vertraut sind, als durchaus unrichtig bezeichnet. Vielmehr konnte der Fürst, da alle Welt von seinem Ausenthalt in Wien wußte und er sich mehrere Tage in der österreichischen Hauptstadt aufhielt, nicht wohl anders handeln. Von Kaiser Franz Josef stets in besonderer Weise ausgezeichnet, war es geradezu eine Anstandspflicht für den Fürsten, sich beim Kaiser melden zu lassen. Daß Fürst Bismarck nicht gekommen war, um sich etwa in politischen Dingen vor dem österreichischen Monarchen zu rechtfertigen, ging ja aus der Veranlassung seiner Anwesenheit in Wien her­vor. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn er ohne irgend welche andere Gründe Wien be­rührt und eine Audienz nachgesucht hätte. Nichts destoweniger muß wohl Kaiser Franz Josef be­fürchtet haben, der ehemalige Reichskanzler könne in seiner lebhaften offenen Art auf Dinge zu sprechen kommen, deren Erörterung für den

Bundesgenossen des deutschen Kaisers peinlich gewesen wäre; auch glaubte man in Wien, das Gefühl Kaiser Wilhelms schonen zu müssen, und hielt es deshalb für besser, daß Fürst Bismarck überhaupt nicht und wenn auch nur zu einem vollkommen harmlosen Zwiegespräch, in der Hofburg empfangen würde.

Kissingen, 30. Juni. Dem Fürsten Bismarck brachte heute Mittags l Uhr die Kurkapelle unter Leitung ihres Dirigenten Jul. Schreck ein Ständchen. Vormittags ließ der Fürst sich auf der an der Salincnpcomenade, neben dem Cafä Neptun gelegenenBismarck­wage" wägen. Sein Gewicht betrug 206 Psd.,

I Pfd. weniger als im Vorjahre. Das höchste Gewicht hatte der Fürst im Jahre 1879 mit 247 Pfund, das Mindestgewicht mit 202 Pfd. im Jahre 1883.

Militärisches. Der feldmäßigen Aus­rüstung der Infanterie, der Pioniere und der Feldartillerie ist ein schilsfarbener Helmüberzug hinzugetreten. Dieser Ueberzug tritt auch als Unterscheidungszeichen der Parteien beim Manöver an Stelle des bisherigen weißen Ueberzugs über den Helm rc., und zwar hier für alle Waffen­gattungen. Sodann erhält jeder Unteroffizier und Gemeine der Infanterie, Pioniere, Feld- und Fußartillerie eine Zeltbahn von braunem, wasserdichten Baumwollenstoff mit Oesen und Knöpfen aus Aluminium, eine Zelt- und eine Halsleine, einen Zeltstock (dreiteilig) aus Eichen­holz, drei Häringen aus demselben Holz und zwei Hülsen mit einer Halteschraube aus Alu­minium. Das Zelttuch kann sowohl während des Marsches als während des Lagerns benutzt werden. Im ersteren Falle hängt der einzelne Mann es nach Art eines Havelrocks um und schnürt es mit einem Zeltstrick um die Hüften zusammen. Dies gestattet, Arme und Beine frei zu gebrauche», Tournister und Gewehr zu tragen, so daß der Mann die Annehmlichkeit eines Regenmantels hat. Schon zwei Mann vermögen sich ein notdürftiges Schutzdach her­zustellen; durch das Zusammentreten mehrerer Leute können die Zelte verlängert und auch ge­schlossen werden; es lassen sich dann alle mög­lichen Zeltfiguren Herstellen, und zwar leicht und schnell, was beispielsweise im Vorposten­dienst von großem Werte ist. Daß Truppen, welche in Zelten lagern, besser ruhen und schlafen, am nächsten Tage demzufolge mehr leisten als solche, welche die Zelten entbehrten, ist einleuchtend. Die Fußtruppcn führen diese Zeltausrüstung, welche für den Infanteristen eine Gewichtsvermehrung von nur 1750 Gramm beträgt, im Tournister bei sich; bei der Feld- artillerie wird sie in eigenen Säckchen mitge­führt. Die Zelte sind gegenwärtig in Arbeit und werden so zeitig an die Truppenteile zur Ausgabe kommen, daß dieselben schon zu den diesjahrigeu Herbstübungen damit werden aus­rücken können. Auch die schilffarbenen Helm- rc. Ueberzüge werden schon dieses Jahr zu Ver­wendung kommen.

Die Gerichtsferien werden am 15. Juli beginnen und bis zum 15. September währen. Während dieser Zeit werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheid- - ung erlassen. Feriensachen sind: Strafsachen und Arrestsachen; Streitigkeiten zwischen Ver­mietern und Mietern von Wohnungen oder anderen Räumen wegen der Ueberlassung, Be­nutzung und Räumung, sowie Zurückbehaltung der vom Mieter eingebrachten Sachen; Wechsel­klagen , Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird; An­träge auf Unterbringung verwahrloster Kinder. Auf Antrag kann das Gericht auch, soweit sie besonderer Beschleunigung bedürfen, als Ferien­sache bezeichnen. Der Lauf einer Frist wird durch die Ferien gehemmt. Die Ferien sind auf das Mahnverfahren, das Zwanksvollstreckungs- Berfahren, das Konkursverfahren und die Ver­pflichtung derGerichtsvollzieher, die ihnen erteilten Aufträge zu erledigen, ohne Einfluß.

Württemberg.

Stuttgart, 2. Juli. Bei der Ausfahrt der Königin Charlotte gestern Nachmittag brach die Hinterachse des Wagens. Der Kutscher