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strömte infolgedessen so stark in eine Parterrewohnung, welche von einer Familie von 7 Köpfen bewohnt ist, daß diese beinahe ein Opfer der Ausströmung geworden wäre, wenn nicht um halb 6 Uhr früh ein lOjühriger Knabe aus seinem Bett aufgesprungen wäre und wegen Uebelseins die Mutter zu Hilfe gerufen hätte. Dadurch entgingen die schon ziemlich bewußtlosen Kinder dem ihnen drohenden Verhängnis, das nach ärztlichem Urteil in kürzester Zeit eingetreten wäre. Bemerkt sei, daß in dem Hause eine Gasleitung nicht vorhanden ist.
Riedl in gen, 18. Februar. In dem Modewarengeschäft von Frl. Knapp brach in der Nacht zum Sonntag Feuer aus. In kurzer Zeit war das ganze Haus so vollständig mit Rauch angefüllt, daß die Gäste der im ersten Stockwerk betriebenen Gastwirtschaft zum Greifen an Leitern durch die Fenster ins Freie flüchten mußten. Die Warenvorräte wurden zum größten Teil vernichtet, doch konnte das Feuer bald gelöscht werden.
Saulgau. 17. Febr. Eine freudige Ueberraschung wuroe laut „Oberländer" dem 61 Jahre alten, bresthaften Hausierer Josef Weller von Waldsee zu teil; als derselbe vorgestern Abend im Gasthaus zur Krone hier im „Oberländer" die ersten Gewinne der roten Kreuzlotterie las, zog er sein Los aus der Tasche und fand, daß auf dasselbe der 1. Gewinn mit 15000 Mk. gefallen war. Dem armen alleinstehenden Mann ist sein Glück wohl zu gönnen.
Bern, 16. Febr. In der Berner Universität studieren sehr viele Russen und Russinnen. Zwei russische Studenten liebten eine und dieselbe Russin. Gestern gab der eine Russe auf seinen Rivalen im Laboratorium des Professors Friedheim zwei Revolverschüsse ab, die in Arm und Bein trafen. Der Thäter wurde verhaftet. Die in großer Zahl anwesenden Studenten flohen sofort, da sie im ersten Moment an eine Explosion glaubten.
Berlin, 19. Febr. (Deutscher ReichS- t a g.) Uebcr die Beratung der Vorlage bezw. des Bundesratsbeschlusses betreffend Einreihung der Porzellanbrennöfen, der Brennöfen für andere Thonwaren, der Cement-Brennöfen und der Gypsöfen, sowie der Anlagen zur Herstellung von gebranntem Kalk unter die genehmigungspflichtigen Anlagen entsteht eine kurze Debatte über die Genehmigungspflicht. Tie zweite Beratung der Vorlage wird von der Tagesordnung abgesetzt. Es wird dann die Beratung des Postetats fortgesetzt beim AuS- gabetitel Postkassierer, Oberpostsekretär, Postsekretäre. Abg. Eickhoff (freis. Volksp.) wünscht Gleichstellung der Postkassierer und Oberpostdirek- tionS-Sekretäre mit den Assessoren. Staatssekretär Podbielski giebt zu, daß ein Teil der Beamten der höheren Laufbahn sich in wenig günstiger Lage befinde. Eine Reorganisation der höheren Laufbahn sei in Bearbeitung. Er hoffe, demnächst den berechtigten Wünschen entsprechen zu können. Der Titel wird genehmigt. Beim Titel Assistenten liegt eine von der Kommission vorgeschlagene Resolution vor. welche einen Nachtragsetat fordert zwecks Erhöhung sämtlicher Gehaltszwischenstufen zwischen dem Anfangsgehalt von 1500 und dem Endgehalt von 3000 Mk. um je 100 Mk. Eine weitere Resolution ersucht um Verkürzung der diätarischen Dienstzeit und Verbesserung in den Anstellungsverhältnissen der nicht etatsmäßig angestellten Assistenten. Abg. Singer (Soz.) fordert, daß der unpolitische
Charakter der Post auch gewahrt werde gegenüber dem Flotten-Verein und dessen Zeitung. Seine Fraktion stimme für die Resolution. Abg. Müller- Sagau (freis. Volkspartei) kritisiert das rücksichtslose Verhalten gegenüber den früheren Beschlüssen des Hauses und ist gleichfalls für Annahme der Resolution, ebenso der Abg. Müller-Duisburg (natl.) Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Kardorff- (Rp.) erklärt Staatssekretär Podbielski was die Resolution betreffe, so liege in den jetzigen Zwischenstufen eine Anomalie vor, doch müsse, um Beträge in den Etat einzustellen, die Zustimmung der Verbündeten Regierungen vorher eingeholt werden. In seinen weiteren Ausführungen sagt der Staatssekretär, eine Verfügung, daß die Unterbeamten die Zeitung des Flotten-Vereins halten oder verbreiten sollten, existiere nicht. Nachdem Geheimrat Reumann namens des Schatzamtes um Ablehnung der zweiten Resolution gebeten und die Abgg. Müller-Sagan Kirsch (Centrum) und Singer nochmals sich zur Sache geäußert nimmt Staatssekretär Podbielski nochmals das Wort, um zu erklären, er fühl« sich mit seinen Beamten eins in den Bestrebungen zur Erhaltung des Reichs. Amtliche Einwirkungen zu Gunsten der Bestrebungen eines politischen Vereins halte er nicht für zulässig. Die Debatte wird geschlossen. Der Titel wird genehmigt. Die erste Resolution wird einstimmig, die zweite gegen die Stimmen,der konservativen und eines Teiles der Nationalliberalen angenommen. Beim Titel Unterbeamten wird die Debatte abgebrochen.
Berlin, 19. Febr. In der Budget- Commission des Reichstages wurden heute zunächst die außerordentlichen Ausgaben des Militär-Etats beraten. Zu Beschaffung von Fcldbahnmaterial wird eine fünfte Rate von einer Million Mark gefordert. Die Commission hat die Hälfte gestrichen. Dann werden zur Beschaffung von Kriegsbedarf an Klcidungs- und Ausrüstungsstücken für mehr aufzustellende Kriegsformationen als siebente Rate 2,943,800 gefordert. Hier wurde eine Million gestrichen. Es entspann sich hierauf eine längere Debatte über die Forderung von 15 Millionen Mark als neunte Rate zur Vervollständigung von wichtigen Festungs-Anlagen. Abg. Gröber (Centrum) beantragte hier einen Abstrich von 3 Millionen. Eine Bewilligung so großer Pauschalsummen erscheine ihm sehr bedenklich. Der Kriegsministcr trat für Bewilligung der ganzen Summe ein. Nach Beendigung der Debatte wurde ein Antrag Müller-Duisburg angenommen, daß die Abstimmung über die Forderungen bis nach Erledigung des ordentlichen Etats ausgesetzt wird. Es folgte die Beratung des ordentlichen Etats. Bei den einmaligen Ausgaben zur weiteren Beschaffung von Geräten für die Luftschiffer-Abteilung werden als letzte Rate 436000 ^ gefordert. Hiervon werden 200000 gestrichen, ebenso die erste Rate von 100 000 für das Magazingebäude in Bonn. Dagegen werden bewilligt als erste Rate für ein Magazin-Gebäude in Köln 383,000 und zur Wiederherstellung der durch Brand zerstörten Garnisonmühle in Köln 109,000
Berlin, 19. Febr. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Cuxhafen: Auf dem Dampfer „Walder- see", der seit voriger Woche hier im Schnelldampferhafen liegt, brach gestern Abend Feuer aus. Als Ursache des Brandes ist Selbstentzündung von Baumwolle anzunehmen.
— Die „Tägl. Rundschau" hat eine Depesche aus London erhalten, wonach Dewet mit 2500 Mann zwischen Britstown und Brakfontein westlich de Aar von 1200 Engländern umzingelt sei. Ein Entweichen sei unmöglich und die Entscheidung stündlich zu erwarten.
— Wenn man den Meldungen englischer Blätter glauben darf, so steht eS sehr schlimm um Dewe t. Der berühmte Burenführer soll nämlich bei Britstown nordwestlich von de Aar mit 2500 Maun von 12,000 Engländern unter Lord Kitchener völlig umzingelt sein. Die Gefangennahme stehe unmittelbar bevor. Man muh das abwarten. Daß freilich die Lage Dewets schwierig und gefährlich geworden ist, läßt sich nicht verkennen. Was sich in der Gegend von de Aar abspielt, hat eine gewisse Aehnlichkeit mit den Vorgängen, die der Kapitulation Cronjes bei Paardeberg vorausgingen. Nur ist Dewet aus anderem Holze geschnitzt als Cronje. An seinem Troß, der an und für sich geringfügig ist, klammert sich der „schwarze Christian" nicht, und wenn er dennoch in einer englischen Umzingelung festsitzen sollte, so müssen seine Pferde derart erschöpft sein, daß er es nicht, wie schon einmal, wagen konnte, durch eine allgemeine Attacke den Ring zu durchbrechen. Jedenfalls darf man mit Spannung den nächsten Nachrichten entgegensehen.
London, 19. Febr. Der Korrespondent der „Daily Mail", welcher die Uebergabe Dewets bereits gestern als bevorstehend gemeldet hatte, hat seinem Blatte heute folgendes Telegramm gesandt, welches am 17. Febr. von der Kolonne Hennice, die sich 20 Meilen westlich von Hopetown befindet, datiert ist: Dewet ist au der Ausführung seines Planes verhindert worden. Er befand sich auf dem Marsche nach Hopetown und ist von den Engländern gezwungen worden eine andere Marschroute einzuschlagen. Während des Vormarsches beschoß er die Kolonne Plumers mit automatischen Geschützen, ohne jedoch den Engländern große Verluste beizubringen. Dewet hat zahlreiche Pferde in der Umgegend requiriert. Er hält eine äußerst strenge Disziplin in seinem Kommando aufrecht. Ein Teil seiner Truppe protestierte gegen die Härte dieser Disziplin. Die Unzufriedenen stellten sich unter das Kommando eines anderen Führers und operierten unabhängig von Dewet.
London, 19. Febr. In den Wandelgängcn des Unterhauses war bis heute früh - noch keine Bestätigung des Gerüchtes von der Uebergabe Dewets eingetroffen. — Der Gemeinderat des Londoner Stadtviertels Batterseade hat gestern der Regierung folgenden Beschluß zugesandt: Der Gemeinderat wünscht, daß die Regierung zur Ehre Englands und dem Wohl der Menschheit dem Kriege in Südafrika ein Ende mache und Maßregeln treffe, um den beiden Burenrepubliken ihre Unabhängigkeit zu lassen und den Führern derselben annehmbare Bedingungen zu machen.
Rom, 19. Febr. Den ganzen Tag hindurch bot Rom gestern ein merkwürdiges Schauspiel. Das Schneegestöber dauerte bis Mittag fort. Aller Trambahn-, Omnibus- und Droschkenverkehr stockte. Die Einwohner vergnügten sich, und zwar unterschiedslos jung und alt, mit dem Bau von Schneemännern und mit Schneeballenschlachten. Erst abends nahm die Ewige Stadt wieder ihr gewohntes Aussehen an.
Tante. „Der aufgehende Mond ist ja ganz schön anzusehen, aber etwas Trauriges kann ich darin nicht entdecken. Was haben denn die eigentlich gesungen, Mr. Egerton? Es war wohl so eine Art Serenade?"
„Das schien mir auch so," stimmte ich bei. „Uebrigens muß ich sagen, fand ich den Augenblick für den Gesang sehr gut gewählt." Dabei blickte ich mein Liebchen an und wünschte die Tante ins Pfefferland. Was verstand diese prosaische Person von unfern Gefühlen? Es war schrecklich gerade jetzt durch ihre Gegenwart gebunden zu sein, gerade jetzt, in einem Moment, wo der Mond und die Musik das Herz meiner Geliebten so weich und melancholisch gestimmt und es so recht geeignet gemacht hatten für ein ungestörtes, schwärmerisches Plauderstündchen. Und mein Groll wuchs, als der Gesang von neuem begann und von neuem seine Wirkung übte. Wir sprachen alle drei kein Wort. Flo- rence und ich warfen uns aber nur ab und zu heimlich verständnisvolle Blicke zu. Tante Damaris aber starrte finster vor sich hin. Plötzlich sprang sie mit einem jähen Ruck auf und schrie:
„Barmherziger Himmel! was ist das?"
Alles stürzte nach der Reling. Es war, als wenn die Sonne aus dem sternbesäten Himmel hervorgebrochen wäre und die See bis an die fernsten Grenzen erleuchtete. Ein ungeheurer flammender Körper kam von oben herab und wuchs während seines Falles in seinen Dimensionen. Das Mondlicht wurde verdunkelt, die Sterne erblaßten, die ganze See schimmerte wie Gold unter dem stürzenden Wunder. Unser Schiff trat hervor, als wenn es unter den Strahlen der tropischen Mittagssonne läge, und deutlich war das Entsetzen zu erkennen,
welches sich auf allen Gesichtern malte. Wer nie so etwas gesehen und erlebt hat auf See, soll nicht denken, daß ich übertreibe. Der Atem stockte uns in der Erwartung, den Feuerball ins Meer stürzen und dasselbe hoch aufkochen zu sehen, doch als er etwa noch eine halbe Meile von uns entfernt war, explodierte er mit mächtigem Getöse unter donnerndem Krach, und unzählige glühende Stücke fielen herab wie Lava aus einem Vulkan. Gleich darauf lag alles wieder in Finsternis und das geblendete Auge sah nur noch einen bläulichweißen, leuchtenden Rauch, der wie ein Ring um jenen Teil der Luft hing, in welchem das Meteor verschwunden war.
Jetzt wurde es wieder lebendig auf den Decks. Ueberall ertönten Ausrufe und mit lauter Stimme hörte man da und dort das Phänomen besprechen. Es war eine Art Aufregung über das ganze Schiff gekommen, welche nach der Lethargie, die dort während der letzten Zeit geherrscht hatte, doppelt hervortrat. Kapitän Jackson hatte natürlich schon ein Meteor gesehen, das mindestens noch einmal so groß gewesen war wie das, dessen Anblick wir soeben gehabt hatten, und Daniel, der ihm nichts schuldig bleiben wollte, beschrieb eines, das mindestens das Zehnfache an Umfang gehabt hätte und dabei dicht an Bord seines Schiffes niedergeschlagen wäre. Sie logen beide, daß die Balken sich bogen, hatten aber in den Paffagieren, und unter diesen auch in Tante Damaris aufmerksame Zuhörer. Es war schon spät, als alles sich trennte, und jeder ging mit dem Wunsche zur Ruhe, daß der Vollmond endlich wieder etwas Wind bringen möchte.
(Fortsetzung folgt.)