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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Wildbad, 22. Mai. Der hiesigen Stadt wird die hohe Ehre zu teil, Ihre Majestäten den König Wilhelm und Königin Charlotte am Mittwoch den 25. ds. anläßlich der feierlichen Eröffnung des König- Karl-Bades begrüßen zu dürfen. Die Vorbereitungen zu einem festlichen Empfang sind in vollem Gange, zahlreiche Hände sind beschäftigt. für Tannengrün u. Dekorationsmaterial zu sorgen. Ihre Majestäten werden nach den bis jetzt eingetroffenen Bestimmungen mittelst Sonderzuges um 10.30 vormittags am Bahnhof eintreffen, woselbst Empfang durch die hiezu bestimmten Beamten und Vereine stattfindet. Die feierliche Handlung der Einweihung wird im Kuppelsaale des neuen König-Karl-Bades unter Anwesenheit der speziell geladenen Personen vor sich gehen. An diesen Akt und die Besichtigung des neuen Bades reiht sich unmittelbar festliche Tafel im K. Badhotel, worauf etwa um 4 Uhr die Abfahrt Ihrer Majestäten erfolgen wird. — Die Anordnungen und Einladungen ergehen unmittelbar durch das hohe K. Finanzministerium bezw. durch die diesem unterstellte K. Badbehörde. Der Hr. Finanzminister Dr. von Ri ecke wird bereits am Dienstag abend hier eintreffen.
Neuenbürg, 23. Mai. Gestern nachmittag fand in der Bierbrauerei Schneider die alljährliche Generalversammlung der hiesigen Gewerbebank e. G. m. u. H. statt, welche sehr zahlreich besucht war. denn es haben sich etliche 130 Mitglieder daran beteiligt Auf der Tagesordnung stand die Neuwahl des Aufsichtsrats, Publikation des Rechenschaftsberichts und Beschlußfassung über die Verleitung des Reingewinns pro 1891 sowie die Neuwahl des Kassiers an Stelle des von seinem Amte zurücktretenden langjährigen Kassiers Hrn. G. Lustnau er. Mittelst schriftlicher Abstimmung wurden die seitherigen Aufsichtsratsmitglieder (die HH. Stirn, Holzapfel, Wanner, Metzger, Olpp und Pfrommer) mit einer Stimmenzahl von über 100 wiedergewählt. Als Bankkassier er- hielt Hr. Kaufmann Alb. Hummel (in Firma Gollmer L Hummel) 68 Stimmen und ist somit gewählt; Mitbewerber waren es noch 4 hiesige Herren, welche bis zu 24 Stimmen erhielten, ferner 18 auswärtige. Im nächsten Jahr läuft die 3jährige Wahlperiode des Vorstands, bestehend aus dem Direktor, Kassier und Kontrolleur ab, und es findet alsdann wieder Neuwahl desselben statt. Der Rechenschaftsbericht wird demnächst in diesen Blättern erscheinen; die Bank ist in der Lage, auch diesmal wieder 5 Prozent Dividende zu geben.
Hf Neuenbürg, 22. Mai. Der nun wieder neu erwachte Frühling veranlaßte auch die Turner in hiesiger Stadt, ihre Turnstunden wieder auf dem Turnplätze zu beginnen. Am heutigen Sonntag beging, von dem schönsten Wetter begünstigt, der hies. Turnverein sein alljährliches A n - oder Schauturnen. Eine große Anzahl der Mitglieder versammelten sich im Vereinslokale, von wo aus unter Musikspiel und Trommelschlag durch die Stadt auf den Turnplatz marschiert wurde; daselbst trug der Turnergesangverein das Lied „Wie soll das Aug' des Turners sein", vor. Bevor die Turner zu den Uebungen aufgestellt wurden, hielt der Vereinsvorstand, Hr. Fr. Vogt, eine Ansprache voll turnerischen Sinnes und dankte noch allen denen, die zum Blühen, Wachsen und Gedeihen des Vereins beigetragen haben, sowie für das auch im letzten Jahre wieder so wohlthätige Entgegenkommen von Seiten der hies. Einwohnerschaft und endigte mit einem allseits erwiedertcn „Gut Heil." Einige hübsch anzusehende, auf Musiktempo ansgeführte Stabübungen wurden hierauf von etwa 20 Turnern ausgesührt. Daran reihten sich die übrigen turnerischen Uebungen in verschiedenen Abteilungen und man hatte dabei wieder Gelegenheit, hübsche, aber auch den
Einzelnen sehr anstrengende Uebungen mit anzusehen. Nach den Uebungen begab sich der Verein zu geselliger Vereinigung in die Gartenwirtschaft „zum Münster", woselbst die durstigen Kehlen durch ein frisches gutes Bier erquickt werden konnten.
Deutsches Weich.
Berlin, 19. Mai. Wenn nicht wieder einmal unvorhergesehene Hindernisse eintreten — der Herrscher aller Reußen verfügt zwar über eine ganze Legion unvorhergesehener Zufälle, wenn sie ihm anders genehm sind — wird binnen Kurzem der Zar, eine saure Pflicht der Höflichkeit erfüllen und dem deutschen Kaiser den längst fälligen Gegenbesuch abstatten. Es ist ein seltsamer Auftakt für die Begrüßungs- Sinfonie, daß sich der Zar zuvor feierlich bei der französischen Regierung entschuldigt hat Er ließ, wie auch hier vorliegende, zuverlässige Berichte bestätigen, durch seinen Pariser Vertreter dem französischen Minister des Auswärtigen die Versicherung abgeben, daß der Besuch in Berlin keine Aenderung in der russischen Auslandspolitik bedeute und insbesondere die russisch- französifchen Beziehungen nicht berühre. Hier hat man eine andere Aufastung über diesen bevorstehenden Besuch niemals gehabt und insbesondere nicht daran gedacht, daß dadurch die Erinnerung an die Kronstädter Vorgänge mit Allem. was vorausgegangen war, und folgte, ausgelöst worden sollte. Aber bezeichnend in mehr als einer Hinsicht ist es doch immer, daß der russiche Selbstherrscher sich herbeiläßt, eine einfache Höflichkeitsbezeichnung bei den Machthabern der französischen Republik gleichsam zu entschuldigen. Es wäre kein Wunder, wenn den Franzosen, deren Selbstbewußtsein ohnehin seit den Champagnernächten von Kronstadt bedenklich in die Höhe geschnellt ist, der Kamm noch mehr schwellen würde. Der Vorgang hat gleichwohl auch für uns sein Gutes. Wenn man hier zu Lande auch vorwiegend die Bedeutung des Zarenbesuches nachgerade richtig abzuschätzen gelernt hat. so gab es doch immer noch unverbesserliche Optimisten, die in eine sanguinische Fieberstimmung verfielen, wenn sie des bevorstehenden Besuches gedachten. Für diese wird die zu Paris im Voraus angebrachte Erläuterung und Entschuldigung ebenso abkühlend wirken, wie abschreckend auf diejenigen, die den Versuch machen wollten, aus finanzpolitischen Rücksichten die Bedeutung des verspäteten Zarenbesuches beim deutschen Kaiser aufzubauschen. Uebrigens dürste die bevorstehende Bewegung der beiden Kaiser auf längere Zeit hinaus die letzte sein. Auf deutscher Seite ist wenigstens nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre keinerlei Neigung vorhanden, den Zaren wieder in die Notwendigkeit zu versetzen, einen Besuch des deutschen Kaisers erwiedern zu müssen.
Die „Münch. Allg. Ztg." hält ihre viel angezweiselte Behauptung, daß einflußreiche Mitglieder des preußischen Staatsministeriums eine „Aussöhnung" zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck für notwendig erachteten, aufrecht. Trotzdem dürfte diese Versicherung nach wie vor zu bezweifeln sein.
Das Verhältnis zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck ist in jüngster Zeit auf Grund verschiedener Vorgänge und Gerüchte wieder einmal zur Erörterung gelangt. Diese Betrachtungen gelangen vorwiegend zu dem Schluffe, daß vorerst eine Wiederannäherung zwischen dem Kaiser und dem Altreichskanzler schwerlich zu erwarten stehe, eine Schlußfolgerung , der man eine gewisse Berechtigung in Würdigung der hier obwaltenden eigentümlichen Verhältnisse schwerlich absprechen kann. Was die umlaufenden Gerüchte über den angeblich bevorstehenden Wiedereintritt des Grafen Herbert Bismarck in den Reichsdienst anbelangt, so mußten sie gleich von Anfang an in Anbetracht der gespannten Beziehungen zwischen Berlin und Friedrichsruhe als müssige Anstrengungen erscheinen, was nunmehr durch einen Artikel über Herbert Bismarck in den „Hamb. Nachr." auch bestätigt worden ist.
lieber den Reichskanzler Grafen Caprivi gehen schon wieder Rücktrittsgerüchte
um. Er soll sich privatim dahin geäußert haben, er würde, wenn dies in sein Belieben gestellt wäre, die Reichskanzlergeschäfte gern so bald wie möglich abgeben. Diese Aeußerung scheint denn auch die Grundlage für die aufgetauchten Meldungen zu bilden, welche für kommenden Herbst eine neue Kanzlerkrisis in bestimmte Aussicht stellen. Einstweilen wird man gut thun, diesen Mutmaßungen kein zu großes Gewicht beizulegen.
Berlin, 21. Mai. Die „Post" hält ihre früheren Mitteilungen über die neue Militär- Vorlage aufrecht. Die Heeresvermehrung werde nur die taktischen Einheiten der Fußtruppen umfassen, jedoch in umfangreichstem Maßstabe, entsprechend den Andeutungen Caprivis in der Reichstagssitzung vom 27. November v. I. Von der Aufstellung höherer Stäbe und der Bildung neuer Armeekorps sei keine Rede. Ein allmählicher Uebergang zur zweijährigen Dienstzeit mit Ausschluß der berittenen Waffen stehe in Aussicht, cs sei jedoch nicht ausgeschlossen, daß man betreffs ungenügend ausgebildeter Mannschaften das Retentionsrecht für ein drittes Jahr aufrecht erhalte.
Da gegenwärtig die Einberufungen der Mannschaften zu den Friedensübungen wieder beginnen, so sei darauf hingewiesen, daß nach dem neuen, auf Anregung des Reichstages in Kraft tretenden Gesetzes auch Unter st ützungen rücksichtlich solcher Friedensübungen gewährt werden sollen, die ganz oder teilweise in die Zeit vom 1. April bis zum 1. Juli d. I. stattfinden, während das ganze Gesetz erst mit dem 1. Juli d. I. in Kraft treten wird.
Eisenach, 23. Mai. Das nationalliberale Parteifest wurde gestern hier abgehalten und ist glänzend verlausen. In der Versammlung auf der Waldwiese brachte Marquardsen das Hoch auf den Kaiser und den Großherzog von Sachsen-Weimar aus, welchen Huldigungstelegramme zugesandt wurden. Ferner wurden Begrüßungsdepeschen an den Fürsten Bismarck und an Herrn v. Bennigsen gerichtet. Der Reichs» tagsabgeordnete Böttcher schilderte die Wirksamkeit der Partei. Die Fortsetzung der Festfeier fand in der Festhalle zur Phantasie statt. Als weitere Redner traten auf Delbrück-Jena, Benda, Hobrecht, Friedberg, Stälin-Stuttgart u. Osann- Darmstadt.
Bonn, 18. Mai. Eine hervorragende Marschleistung berichtet die „K. Z." von zwei Offizieren. Dieselben gingen am 10. und 11. Mai zu Fuß von Bonn nach Wiesbaden, und zwar über Godesberg, Andernach, Koblenz. Ehrert- dreitstein, Ems, Nassau und Holzhausen an dSr Haide. In der Nacht vom 10. Mai marschirten sie Nachts 12 Uhr von Bonn ab und kamen am 11. Mai, 11 Uhr Vormittags, also in ungefähr 37 Stunden in Wiesbaden an. Die Länge des Weges beträgt 150 Klm. wovon am ersten Tage von 12 Uhr Nachts bis 8 Uhr Abends, ungefähr 102 Kilometer bis Holzhausen an der Haide zurückgelegt wurden. Der Weg von Nassau an ist ungemein anstrengend, weil das Land sehr bergig ist. Am zweiten Tage wurde von 4 Uhr Morgens bis 11 Uhr Vormittags der Rest zu- rückgelegt. Die Rückkehr erfolgte mit der Bahn. Beide Offiziere nahmen frisch und munter a«n 12. Mai am Bataillons-Exerzieren Teil.
Württemberg.
Stuttgart, 21. Mai. Der internationale Kongreß für die Sonntagsfeier wurde gestern Abend mit einem Vortrage Stöckers im dichtgefüllten Festsaale der Liederhalle geschlossen. Vom Hofe waren anwesend Prinz von Weimar und die Herzogin Vera. Stöckers Rede für die Rückeroberung des Sonntags wurde beifällig ausgenommen. Oberhofprediger Prälat Schmid sprach dem Redner den Dank der Versammlung aus.
Stuttgart, 22. Mai. Heute war der zweite Tag der Rennen des Württemb. RenN- Bereins zu Weil. Die Kgl. Majestäten waren mittags in Weil eingetroffen und fuhren Schlag 3'/, Uhr vor. Sofort begann das 1. Rennen: