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Neuenbürg.
Ein größeres freundliches
möbliert oder unmöbliert, hat auf Neujahr oder Lichtmeß zu vermieten.
Wer sagt die Redaktion.
Wie erhält man seinen Körper gesund
und seine Verdauung in Ordnung? Indem man bei Störungen sofort die ächten Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen, welche in jeder Apotheke ä Schachtel 1 erhältlich sind, gebraucht und hierdurch überflüssige, schädliche Stoffe aus dem Körper entfernt.
„Die auf jeder Schachtel auch quantitativ angegebenen Bestandteile sind: Silge, Moschusgarbe, Aloe, Absynth, Bitterklee, Gentian."
Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
^Neuenbürg, 8. Dezbr. Die am Sonntag abend zu Gunsten des Turnhallebaufonds durch den Turnergesangverein im Gasthof zum „Bären" gegebene Abendunterhaltung war außerordentlich gut besucht. Der strebsame Verein zeigte unter seinem neuen Leiter, Reallehrer Geiger, erhebliche Fortschritte. Die Schwierigkeiten, die sowohl in den ausgewählten Chören selbst, wie nicht minder in den zum Teil noch jugendlichen Stimmen lagen, wurden meist glücklich überwunden. Die Männerchöre zeugten von großem Fleiß und peinlicher Sorgfalt in der Einübung sowie von zarter Auffassung des Textes und der Kompositionen. „Trompeter blas" von Feyhl und „Ade du lieber Tannenwald" von Esser waren ziemlich gut gelungen. Als beste Leistung darf der herrliche Kreutzer'sche Chor „Das ist der Tag des Herrn" und das gefühlvolle „Still ruht der See" von Pfeil bezeichnet werden. Wie schon früher, so gab der Verein ein besonderes Geschick im Vortrag komischer Stücke kund. „Guter Mond", musikalischer Wettstreit von Heintze, sowie „In der Klemme", lustige Scene aus dem Studentenleben" von Simon fanden die beifälligste Aufnahme. Auch die schon früher aufgeführte äußerst humorvolle „Gemeinderatssitzung von Albernhausen" verfehlte ihre komische Wirkung nicht. Der tüchtige Dirigent des Vereins erfreute die zahlreiche Gesellschaft mit zwei vorzüglichen Violinsolos „Heimatiehnen" von Kelör- Bkla und dem Donauwalzer als Zugabe, die rauschenden Beifall ernteten Der Verein darf mit Befriedigung auf den wohlgelungenen Abend zurückblicken.
Igels loch, 9. Dezbr. Gestern wurde hier Schullehrer Conzelmann begraben, nachdem ein schweres typhusartiges Unterleibsleiden ihn im Alter von 31 Jahren und kaum 4jähriger Thätigkeit in hiesiger Gemeinde so schnell weggerafft hatte. Die ganze Gemeinde, jung und alt, gab dem beliebten Lehrer das Geleite zu seiner letzten Ruhestätte, und auch seine Freunde und Amtsgenossen aus dem Neuenbürger und Calwer Amtsbezirk erwiesen dem Freunde in großer Zahl die letzte Ehre. Vor dem Schulhaus hielt Schullehrer Möß von Schömberg eine längere, zu Herzen gehende Ansprache an die Trauerversammlung , worauf sich der Zug nach dem Kirchlein zu in Bewegung setzte. Aus dem Kirchhof hielt nach dem Gesang der Lehrer und der schönen, tiefempfundenen'
Grabrede des Pfarrers Beitter von Schömberg Schultheiß Bertsch von hier dem Verstorbenen einen warmen Nachruf, indem er namens der Gemeinde einen prächtigen Lorbeerkranz niederlegte. Schullehrer Schramm von Neuenbürg sprach im Namen der Lehrer des Bezirks, dem Verstorbenen gleichfalls einen Lorbeerkranz weihend, worauf der Vorstand des Kriegerund Beteranenvereins Altburg und Umgebung, Schultheiß St oll von Altburg, dem abgerufenen Kameraden warme Worte der Freundschaft widmete und einen Eichenkranz am Grabe niederlegte. Mit dem von der ganzen Trauerversammlung gemeinschaftlich gesungenen Choral: „Was Gott thut, das ist wohlgethan" schloß die ergreifende Totenfeier.
Kronik.
Deutschland.
Der deutsche Kaiser hat an den Zaren anläßlich dessen silberner Hochzeit ein Glückwunschreiben gerichtet, das von diesem mit besonders freundlichem Dank erwidert wurde. Derartige Höflichkeitsakte sind für den Gang der Politik ohne jede Bedeutung. Nach wie vor bleibt den Russen der deutsche Geldmarkt völlig ver schlossen, die Reichsbank darf keine russischen Werte beleihen und dies trifft die Russen an der empfindlichsten Seite.
Wohin man blickt — Handelsverträge! Alle Zeitungen haben ihre Spalten damit gefüllt; die thatsächlichen Mitteilungen aus der Denkschrift und den Zolleinzelheiten beherrschen noch das Feld; die Kritik hat offenbar noch nicht Zeit gefunden, sich zu orientieren. Die Hauptsache in den neuen Handelsverträgen, welche zur Zeit dem Reichstag vorliegen, ist die Ermäßigung der Getreide- und Vieheinfuhrzölle, deren nähere Aufzählung an dieser Stelle wegen des ungeheuren Raumanspruches unmöglich ist. Wir haben aber mit dieser Ermäßigung wertvolle Zugeständnisse der anderen Vertragsmächte für die deutschen Industrie-Erzeugnisse erreicht und deshalb ist es einfach nicht wahr, was man den Leuten hie und da weiß machen will, nämlich, daß die freisinnigen Parteien des Reichstags dasselbe schon längst verlangt hätten, was jetzt die Reichsbehörden gethan haben. Diese Parteien haben ohne jede Gegenleistung anderer Staaten eine beträchtliche Herabsetzung, ja zum Teil eine völlige Aufhebung der Ge- treidezölle verlangt. Das ist doch wohl ein wesentlicher Unterschied. So viel man bis jetzt hört, sind nicht nur die beteiligten Jnteressenkreise mit den neuen Handelsverträgen durchaus zufrieden, sondern auch die große Mehrheit des Reichstags ist für die Annahme der Verträge von vornherein gesichert. Man nurd dem neuen Reichskanzler das Zeugnis nicht versagen können, daß er sehr fleißig gearbeitet, einen großen wirtschaftlichen und zugleich einen sehr bedeutenden politischen Erfolg errungen hat. Es war immer etwas mißliches, daß wir mit unseren politischen Verbündeten in einem wirtschaftlichen Kriege lagen. Durch die Handelsverträge hat der Dreibund eine weitere Festigung erfahren, was allein schon sehr hoch anzuschlagen ist. — Auch
l in Oesterreich Ungarn, dessen Parlamenten die neuen Zollverträge gleichzeitig mit dem deutschen Reichstage vorgelegt wurden, herrscht große Befriedigung über das Zustandekommen der Handelsverträge.
Berlin, 9 Dezbt. Man konnte im Voraus darauf gefaßt sein, das schwerste Geschütz der Kritik gegen die Z olltarif- Reform in den „Hamb. Nachrichten" aufgefahren zu sehen. Denn Fürst Bismarck, der weitaus bedeutsamste Gegner der neuen Handelspolitik, hatte keine Zweifel über seine Stellung zu der Wendung der Dinge aufkommen lassen. Jetzt, da die Handelsverträge zur allgemeinen Kenntnis gelangt sind, beginnt denn auch in dem Hamburger Organ der kritische Feldzug, Zunächst wird die Frage aufgeworfen, was die Regierung gegenüber dem Getreide aus anderen Ländern zu thun gedenke, ob sie z. B. russisches Getreide mit dem alten Zollsätze von 5 Mark verzollen wolle. Dann betont der Kritiker die Schwierigkeit der Deckung des Ausfalls, bisher sei diese Frage noch durchaus offen gelassen. An die Erklärung der Denkschrift, daß der zollpolitischen Reform zwei Hauptgedanken zu Grunde lägen, nämlich die Erleichterung der Ernährung des deutschen Volkes und die Erweiterung des Absatzes seiner Industrie, knüpft der Beurteiler die Bemerkung, die Reichsregierung verleugne die Anschauung, daß Deutschland vorwiegend Ackerbaustaat bleiben müsse und daß der Ausbau zum Jndustriestaate eine soziale und politische Gefahr enthalte. Sie erkenne vielmehr diesen Ausbau als bereits vollzogen an. Was die geschäftliche Behandlung der Vorlagen betrifft, so warnt er vor Ueberstürzung bei Beratung im Reichstage. Der Druck, der zu Gunsten der Uebereilung mit dem Hinweise auf den am 1. Februar 1892 stattfindenden Ablauf der jetzigen Verträge ausgeübt werde, dürfe für das Parlament nicht entscheidend sein, wenn es sich gegen die Rekriminationen derjenigen sichern wolle, denen die Verträge Opfer zumuten. Erst auf Grund der Kommissionsberatung könne das Plenum zu einem einigermaßen fundierten Urteil gelangen.
Berlin, 10. Dez. Die konservative Fraktion des Reichstags lehnte mit 24 gegen 12 Stimmen die Handelsverträge nach erregter Beratung ab. — Der Zudrang zur heutigen Sitzung des Reichstags ist groß. Fürst Bismarck kommt zur ersten Lesung nicht.
Wegen des in letzter Stunde erfolgten Andrangs von Inseraten müssen wir mehrere Artikel, welche sür heute vorgesehen waren, auf morgen verschieben. Die Redaktion.
Briefkasten: Dem anonymen Turner erwidern wir, daß Zuschriften ohne Namensnennung unter keinen Umständen berücksichtigt werden. Wir meinen, daß es sich auch für einen Turner, der den Wahlspruch der Turnerei: „Frisch, fromm, röhlich, frei!" Hochhalten sollte, gar nicht ziemt, im Dunkeln vorzugehen; es ist dies gar nicht mannhaft; am wenigsten paßt ein solch' Gebühren. — Wären Sie, Herr Anonymus, vielleicht im Stande gewesen, solch ein „gediegenes Inserat" selbst abzusassen? Ihre namenslose Zuschrift läßt uns darüber stark im Zweifel.
Die Redaktion.
Mit einer Aetkage.
Redaktion. Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.