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Treiben ein Ende gemacht, das schon seit einiger Zeit allgemeines Aergernis in der Geschäftswelt erregte. Die Passiven sollen ziemlich bedeutend sein, eine Aktivmasse ist nicht vorhanden. Loewy hatte durch große Reklame sich eine ziemlich große Klientel geschaffen; viele kleine Leute werden durch den Zusammenbruch des Geschäfts ge­schädigt. Schon in den letzten Wochen waren über die ungünstige Lage des Loewy'schen Geschäfts Gerüchte im Umlauf, welche auch Eingang in die Presse fanden. Loewy dementierte damals die Gerüchte sehr energisch und in frecher Weise, wie man sieht, wußte er den Zusammenbruch seines Geschäfts auch noch einige Zeit hin­zuhalten. In geschickter Weise wußte er dem Ansturm der Depots-Inhaber dadurch zu begegnen, daß er zur Befriedigung des einen Gläubigers andere noch nicht zu­rückverlangte Depots benutzte und für die eingelieferten Werte gleichwertige Papiere zurückgab. Gestern ist aber von einem unbefriedigt gebliebenen Gläubiger An­zeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet und die Verhaftung des Loewy verfügt worden. Sämtliche Geschäftslokalitäten sind polizeilich geschlossen worden.

Ein Fräulein Christine Schulze uus Oldenburg, die kürzlich hier starb, hat der Stadl zur Verwendung für wohl- thätige Zwecke ein Vermächtnis von 300000 ^ hinterlassen.

München. Der hier wohnhaft ge­wesene Kommissionär und Stellenvermittler Emil Haenselmann von Stuttgart (vorher Verlagsbuchhändler daselbst) hat in jüngster Zeit eine große Anzahl von Stellensuchenden bei sich selbst als Aus-s geher, Bureaudiener, Schreibgehilfen u.dgl., je gegen Hinterlegung einer Kaution enga­giert und ist mit seiner Frau flüchtig ge­gangen. Bis jetzt sind 75 geschädigte Per­sonen bekannt geworden, welche Kautionen im Gesamtbetrag von über 18000 Mark erlegt haben.

Württemberg.

Da das neue Vewaltungsgesetz mit dem 1. Dezember in Wirksamkeit tritt, sind nunmehr auch die Vorstände und Mit­glieder des Disziplinarhofs für Körper­schaftsbeamte ernannt worden. Vorsitzen­der dieses Disziplinarhofs ist der Mini­sterialdirektor v. Bockshammer, dessen Stellvertreter der Direktor v. Pischek. Zu Mitgliedern, beziehungsweise deren Stellvertretern sind ernannt je zwei Obcr- landesgerichtsräte, zwei Oberregierungs- resp. Regierungsräte und je zwei Ge­meindevorstände, welche zugleich Landtags- Abgeordnete sind. Betrachtet man sich die einzelnen Namen, so wird man zugeben müssen, daß dieser Disziplinarhof in seiner Zusammensetzung alle Garantien für eine umsichtige und unparteiische Handhabung der Disziplinargesetze gegen die Gemeinde- und Körperschaftsbeamten bietet. Es ist schon in einigen Blättern die Frage aufge­worfen worden, ob das Gesetz bezüglich dieser Beamten irgend eine rückwirkende Kraft habe, so daß z. B. Verfehlungen von Ge­meinde- und Körperschaslsbeamten auch dann unter das neue Gesetz fallen, wenn sie zwar früher begangen, aber jetzt erst angezeigt werden. Darüber sind auch die

Juristen einig, daß bereits angezeigte und in Untersuchung genommene Verfehlungen nach dem früheren Gesetz zu beurteilen sind und demgemäß nicht vor dem neuen Disziplinarhof zur Aburteilung gelangen. Die Sache hat insofern praktisches Interesse, als hienach der Hellbrauner Oberbürger­meister nicht vor den Disziplinarhof ge­stellt werden kann. Die zuerst erwähnte strittige Frage wird wohl auf dem Ver­ordnungswege geregelt werden.

Die neueste Nummer 29 des Regier­ungsblatts enthält die vom Ministerium des Innern unter dem 18. d. M. erlassene Vollziehungsverfügung zu dem am 1. Dez. d. I. in Kraft tretenden Gesetz vom 21. Mai 1891 über die Verwaltung der Ge­meinden , Stiftungen und Amtskörper­schaften. Dieselbe trifft in 40 Paragraphen eine große Anzahl von näheren Bestimm­ungen über die Art der Anwendung und Ausführung des bezeichneten, wichtigen Gesetzes. Von besonderem Interesse sind hiebei die hinsichtlich der staatlichen Auf­sichtführung über die Gemeinde- und Amts­körperschaftsverwaltung gegebenen Vor­schriften. In den Schluß- und Uebergangs bestimmuugeu wird den Gemeindebehörden anempfohlen, die erforderliche Neuwahl des Bürgerausschusses im Lauf der Monats Dezember d. I. zu vollziehen, und im Einklang hiermit wird angeordnet, daß die erstmalige neue Wahl der Mitglieder der Amtsversammlung im Januar oder Februar 1892 vorzunehmen ist.

Heilbronn, 24. Nov. (Eine in­teressante Uhr) ist gegenwärtig im Schau­fenster des Herrn Uhrmacher Wimmer in der Fleinerstraße ausgestellt. Es ist dies eine Nachbildung der ersten, im Jahre 1640, im Schwarzwald hergestellten Uhr. Das Triebwerk derselben besteht aus 3 Rädern und ist die Uhr mit Ausnahme des Gewichtsteins und zweier kleiner Ge­wichte am Balancier (Pendel) ganz aus Holz gefertigt.

O e st e r r e i ch.

Der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, hat kürzlich ein kleines Jubiläum gefeiert; er steht nämlich jetzt 10 Jahre auf seinem Posten und sowohl Kaiser Franz Joseph, als alle übrigen Gratulanten konnten dem Grafen bezeugen, daß er mit Takt und Umsicht seines Amtes waltet und sein menschenmöglichstes zur bisherigen Erhalt­ung des europ. Friedens beigetragen hat. Die Untersuchung wegen des berüchtig­ten Börsenschwindels hat bis jetzt noch kein greifbares Resultat ergeben; es müßte je­doch mit seltsamen Dingen zugehen, wenn der oder die Schuldigen nicht ermittelt wer­den könnten. Irgend jemand muß doch wohl dem Wiener Tagblatt die Mitteilung von der angeblichen Aeußerung des Kaisers Franz Joseph gegenüber dem Abgeordneten Jarowski gemacht hal.

Ausland.

Die Franzosen lassen zur Abwechs­lung wieder einmal die Köpfe hängen, well der russische Minister des Aeußern, v. Giers, nach Pariskein Papier mitge­bracht habe" und auch durchaus abgeneigt j gewesen sei, irgend einen Vertrag zu unter­

schreiben beziehungsweise einen solchen in Aussicht zu stellen. Recht ärgerlich ist es für die Franzosen auch, daß Giers von Paris aus nicht direkt heimgereist ist, son­dern sich einige Tage in Berlin aufhielt. Doch geben die Franzosen die Hoffnung noch nicht auf, als Verbündete Rußlands gegen Deutschland ins Feld ziehen zu können und vermehren ihre Armee um ein neues Armeekorps. Die Friedensaus­sichten werden unter solchen Umständen immer besser! Der Erzbischof von Aix wurde wegen seines respektwidrigen Briefes an den Kultusminister Fallieres zu 3000 Franken Geldbuße von dem Pariser Zucht­polizeigericht verurteilt, worüber die Ra­dikalen in Frankreich sehr erbittert sind.

Die russische Regierung hat am letzten Montag das langerwartete Weizen- Ausfuhrverbot erlassen. Im Ausland und namentlich in Deutschland ist diese Maß­regel ohne Eindruck geblieben. Jetzt fehlt nur noch, daß Rußland sowohl für Ein­fuhr als für Ausfuhr von Waren aller Art eine vollständige Grenzsperre verfügt und überhaupt eine chinesische Mauer an seiner Westgrenze errichtet. Der Zar soll zur Unterstützung der Notleidenden 50 Millionen Rubel gespendet haben. Das Apanagevermögen der Zarenfamilie scheint bedeutend gespickt zu sein. Aber auch die Not muß erschreckende Dimen­sionen angenommen haben, sonst hätte der Zar sicher nicht so tief in die Kaffe ge­griffen.

Aus De u tsch-Ost afrika. Die Nachrichten aus dem Innern von Ostafrika widersprechen sich noch immer; nach der einen Meldung sollen die Wahehes aus dem Kriegsfuße sein und abwarlend am südlichen Ufer des Ruaha stehen. Nach anderen Mitteilungen soll der Oberhäupt­ling der Wahehe Friedensboten nach der Küste unterwegs haben, welche erklären sollen, daß der Ueberfall der Expedition Zelewski von fünf Unterhäuptlinge« ohne sein Wissen ausgeführt worden sei.

(Frau eines Reichstagsmitgliedes:)

. . . Seheu Sie, liebe Freundin meine Rechnungen der Schneiderin und Putz- ; macherin lege ich immer meinem Manne vor, wenn im Reichstage der Reichsetat ! debattiert wird; da ist er an so große ! Summen gewöhnt, daß er nie murrt!"

Wetterprognose für Dezember 18S1. !

(Nachdruck verboten.^

1. auf 2. übergehend, wahrscheinlich an beiden Tagen bei noch südwestlicher bis südöstlicher Strömung starker Nebel, meistens bewölkt, mehr oder weniger starkes Schneien je nach Oertlichkeiten, starker Wind bis stürmisch;

3. neblig, wolkig, leichtes Schneerieseln, wechselnd sonnig, windig, Uebergang von Südost nach Ost bis Nordost, kälter;

4. erheblich kalt nachts, morgens neblig, dann aufheiternd bis wechselnd heiter, einzelne Schneeflocken möglich stellenweise, Ost;

5. 6. Nebel, kalt, leichtes Schneien, Sonnen­

blicke (in Nordwest bis Norden mehr schneien, auch sehr kalt); i

7. dto., ähnlich, drohend oder zunehmend bewölkt, ! stellenweise schneien, Barometer sinkend;

8. etwas gelinder, neblig mit Schneien, meistens 1

bewölkt, Barometer gesunken, windig; I

9. windig, teils drohend bewölkt, teils heiter s zeitweise, stellenweise leichtes Schneien.

Mt einer Neilag«.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.