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eine parteiische Stellung eingenommen, verwahrte sich der Minister v. Metzsch Namens der Regierung in sehr ent­schiedener Weise. Der Minister erklärte, die Regierung sei zur Einstellung von Militär gezwungen gewesen, um das Fort­erscheinen des offiziellen Preßorgans zur Veröffentlichung der Regierungsbekannt­machungen zu sichern, die Regierung könne nie zugeben, daß durch herbeigeführte Auf­stände eine Lahmlegung der Regierungs­interessen eintrete, wie dies eine gewisse Partei wünsche. Kriegsminister v. d. Planitz fügte dem die Erklärung hinzu, die Ver­wendung des Militärs zum Satze und Drucke auch des Inseratenteils desDr. I." sei völlig ausgeschlossen. Abg. Kaden (Sozialdem.) beschuldigte die Regierung der Arbeiterfeindlichkeit, was ihm einen Ordnungsruf des Präsidenten zuzog. Nach­dem der Geh. Reg.-Rat Dr. Häpe durch statistische Belege nachgewiesen hatte, daß für die Setzer und Drucker desDr. I." nicht die geringste Notwendigkeit zum Streik Vorgelegen habe, hielt Abg. Lieb­knecht eine heftige Rede gegen die Regier­ung, welchen Angriffen gegenüber die Ab­geordneten Klemm und Fritzsche die Re­gierung in Schutz nahmen.

In Bremen bewilligte die Bürger­schaft 400 000 cM für ein großes Museum für Natur-, Völker- und Handelskunde, das 800000 kosten und die großartige vorjährige Handelsausstellung und Emin Paschas afrikanische Vogelsammlung ent­halten wird.

Berlin, 20. Novbr.Ein kleiner Sommerfeld oderMaaß" scheint ein hies. Buchhalter gewesen zn sein. NoblePassionen haben denselben, der in einer Holzhandlung beschäftigt war, zu Unterschlagungen im Be­trage von 7000 bis 8000 verleitet. Der Inhaber des Geschäfts hat seit einiger Zeit die Wahrnehmung gemacht, daß ihm größere Kaffenbestände fehlten, und auf seine Veranlassung wurden infolgedessen die in seinem Geschäft thätigen jungen Leute beobachtet. Da stellte es sich bald heraus, daß der Buchhalter S., der an Gehalt und Tantieme jährlich gegen 2400 Mark bezog, einen Aufwand trieb, der in keinem Verhältnis zu seinen Einnahmen stand. Er hatte eine Geliebte, in deren Gesellschaft er in einem hiesigen Reitinstitut Reitunterricht nahm, wofür er in den letzten vier Monaten 400 ^ bezahlt hat. Er hat Reitpartieen nach Potsdam unter­nommen, die für die Benutzung der Pferde allein 50 kosteten und in Potsdam hat er sich 15 Musiker des 1. Garde­regiments kommen lassen, denen er für ein Konzert 80 ükL gezahlt hat ! ! ! Da die Angaben, welche er über den Erwerb der verschwendeten Summen machte, zum Teil nachweislich unwahr waren, so ist er verhaftet worden.

In Dortmund nahm sich ein elf­jähriger Knabe das Leben, weil er wegen einer Lüge seiner Vertrauensstelle als Erster in der Klaffe vorläufig ent­hoben worden war.

Straßburg, 20. Novbr. Welch hartes Los die Unbefangenen erwartet, die sich der Fremdenlegion verkaufen, ist in der Presse schon ungezählte Male er­örtert worden, und doch darf dieselbe nicht

ermüden, ihre warnende Stimme stets von neuem zu erheben. Der große Menschen­verbrauch, der bei dieser Truppe statt­findet, tritt wieder einmal recht vor Augen in der Thatsache, daß nach Meldung der amtlichen Korrespondenz an einem der letzten Tage nicht weniger als 21 Toten­scheine auf einmal über Elsaß-Lothringer hier eingegangen sind, welche in der jüng­sten Zeit als Legionäre gestorben sind.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Nov. DerAllg. Ztg." telegraphiert man von hier: Der Hopfenhändler S. M. Wormser ist flüchtig mit Hinterlassung von angeblich 300000 -/A Wechselschulden.

Stuttgart, 22. Nov. Einbruchs- Diebstahl. Im neuen Bau des Ka­tharinenstifts wurde in der Nacht vom Freitag zum Samstag ein frecher Einbruchsdiebstahl verübt. Die Schränke sämtlicher Klassen wurden erbrochen und eine Anzahl Umschlagtücher der Schülerin­nen nebst einigen wertvollen Schuluten­silien mitgenommen. Auch dem Rektorats- zimmer wurde ein Besuch abgestattet und aus demselben Kleidungsstücke entwendet. Der Dieb, der offenbar vertraut mit den Lokalitäten war, ist noch nicht ermittelt. Daß dies in Bälde geschieht, wäre sehr zu wünschen, da der Vorfall für die Eltern der Schülerinnen recht beunruhigend ist.

Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft Kath. Vereinshaus Stuttgart" beschloß, in seinem Anwesen in der Friedrichsstraße, das auf ca. 370000 ^ zu stehen kommen wird, einen größeren Saal, der für 7800 Personen Raum gewähren soll, mit einem Aufwand von ca. 50000 einzubauen.

Ulm, 21. Nov. DieBraut" des Einbrechers Klein, der immer noch in Rom sitzt, wurde gestern hier aus der Unter­suchungshaft entlassen, da die Behörde ihrer Angabe Glauben schenkte, sie habe von dem unehrlichen Erwerb des Geldes, das dem Klein und ihr zum Unterhalt diente, nichts gewußt. Klein habe ihr immer ge­sagt, er hätte in der Lotterie gewonnen. In hiesiger Stadt tritt die Influenza unverkennbar epidemisch auf und verbreitet sich mit ziemlicher Raschheit.

Ulm, 21. Nov. Der Ob stv erkehr aus dem hies. Bahnhof geht nachgerade zu Ende. Im ganzen sind diesen Herbst aus Oesterreich, Bayern und der Schweiz 1110 Wagen Obst (meist Aepfel) mit einem Gesamtgewicht von 221000 Ztr. hier an­gekommen, gewogen, verkauft und teils! hier ausgeladen, teils nach Göppingen, Stuttgart, Kirchheim rc. weiter geführt worden. Da der Waggon durchschnittlich zu 850 oA verkauft wurde, so ergiebt sich für den Platz Ulm Heuer ein Gesamtumsatz in Obst von rund 450 000 Es wäre von großem Interesse, die heurige Gesamt- Obsteinsuhr in Württemberg zusammen­gestellt zu erhalten, sowie die Summe, die Heuer wirder für Obst aus dem Lande gieng. .

Reutlingen, 20. Nov. Gestern! fanden Arbeiter bei den Bahnarbeiten an der Honauer Steige 2 große, sehr wert-, volle römische Goldmünzen. 1

Schweiz.

Basel, 19. Nov. Der neulich ver­storbene Professor Ignaz Hoppe hat zur Erforschung der Seele Million testiert, in seinem Hause sollen einige Forscher unausgesetzt über das Wesen der Seele Nachdenken und die Studienergebnisse ver­öffentlichen. Die Rechtsbeständigkeit des Testaments wird nun bestritten und muß gerichtlich entschieden werden. Hoppe hat entfernte Verwandte in Hannover.

Ausland.

Petersburg, 27. Novbr. Das Weizenausfuhrverbot ist heute ver­öffentlicht worden. Dasselbe tritt morgen in Kraft. Die Vervollständigung der vor Veröffentlichung des Verbots begonnenen Weizenverladungen ist bis einschließlich Montag gestattet. DerRegierungsbote" sagt: Die infolge der Ausfuhrverbote im Lande bleibende Getreidemenge befriedige das Bedürfnis Rußlands bis zur nächsten Ernte.

Boston, 20. Nov. Bei dem gestrigen Bankett des Home-Market-Klub wurde Mac Kinley als künftiger Präsident der Republik begrüßt. In einer Ansprache wies Mac Kinley auf die aus dem neuen Tarif für die Bereinigten Staate« ent­standenen Vorteile hin. Amerikas aus­wärtiger Handel sei niemals so groß ge­wesen, wie im vergangenen Jahre. Europa habe an die Vereingten Staaten im letzten Jahre 99 Millionen Dollars in Gold be­zahlt, woraus sich ergebe, daß die euro­päischen Einkäufe in Amerika die ameri­kanischen Einkäufe in Europa überstiegen. Die Schutzzollpolitik müsse aufrecht er­halten bleiben, bis alle Nationen der Welt sich den amerikanischen Arbeitsbedingungen anpaßten und ihren Arbeitern dieselben Löhne bezahlten, wie die Amerikaner den amerikanischen Arbeitern.

MisMcn.

Nach einer Verordnung des Staats­ministeriums in Meiningen darf die Anwesenheit von schulpflichtigen Kindern beim gewerbsmäßigen Schlachten nicht geduldet werden.

(Rechtfertigung.) Mutter:Ich habe Dich immer gewarnt vor dem ersten Kuß, Lina, und nun hast ihn doch dem Vetter gegeben!" Tochter:O bitte, Mama, ich Hab' ihm den zweiten gegeben, den ersten gab er mir!" (Fl. Bl.)

(Neue Krankheit.)Was fehlt Ihnen denn?"Ach ich bin in einem Pferde­bahnwagen gefahren, in dem es so zog." Ach, Sie haben Tr am weh!"

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.

Das beste Mittel gegen Brandwunden soll ungekochtes Sauerkraut oder Sauerkraut­wasser sein. Dasselbe verhindere nicht blos das Bilden von Blasen, sondern beseitige sofort jeden Schmerz und bewirke eine rasche Heilung der Wunde. Möge man daher diesesHeilkraut" nicht ausgehen lassen!

Gedankensplitter.

Wir nehmen keine Lüge übel, die uns schmeichelt, und keine Wahrheiten, von denen sich Andere getroffen fühlen.

Man trinkt leichter nichts, als wenig.