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besorge. Er wollte sofort* zum Polizei­direktor fahren, um noch heute die Ver­haftung der gefährlichsten Verbrecher vor­nehmen zu lassen.

Der starke August sollte als Wegweiser die Razzia begleite». Auf der Treppe begegnete ihm der lange Hans und meldete den Tod der Schwester des Bankiers. Der Krimiualrat hörte kaum darauf, be­auftragte ihn nur noch, das Haus und die Person des Bankiers bis mittags im Auge zu behalten, dann würde dieser schon verhaftet werden. eilte hierauf auf die Straße und sprang eilig in die Drotschke.

Verdutzt schaute ihm der Polizeispion nach und murmelte ärgerlich, während er gleichfalls wieder auf die Straße trat: Hol's der Teufel! Da heißt's auch wieder einmal:Der Mohr hat seine Schuldigkeit gelhan, der Mohr kann gehen!""

Während der Kriminalrat den starken August abhörte, war der Aktuar mit dem gefangenen Hugo und dem Gensdarmen auf dem Stadtgut angekommen und hatte sich, nachdem er vorher Rücksprache mit dem gerade anwesenden Doktor Just ge­nommen . in das Zimmer begeben, wo die Nichte des Bankiers untergebrachl war. Hugo mußte einstweilen unter Bewachung des Gensdarmen in der Hausflur Zurück­bleiben. Bertha war noch sehr entkräftet in Folge des starken Blutverlustes, aber im vollen Besitze ihrer Vernunft.

Der Aktuar frug höflich, ob sie sich stark genug fühle, um ihm einige Fragen zu beantworten. Sie bejahte mit leichtem Neigen des Kopfes.

Der Jurist begann:Ist Ihnen der Name desjenigen bekannt, welcher sie er­morden wollte?"

Ein momentanes Zittern lies durch ihre Glieder, dann antwortete sie:Nein!"

Der Aktuar frug weiter:Würden Sie denselben wiedererkennen, wenn er Ihnen vorgeführt würde?"

Nach kurzem Besinnen erwiderte sie: Ich denke wohl!"

Der Kriminalist ließ Hugo Baumann hereinführen.

Angstvoll starrte Bertha auf den Ge­fangenen, der seine Arme wie sehnend gegen sie ausstreckte und schon triumphierte der Aktuar im Innern, als sich die Ver­wundete plötzlich zu ihm mit der Frage wandte:Um Gottes Willen! Herr Aktuar, was soll das bedeuten?"

A Dieser erwiderte:Nichts Anderes, als daß der junge Hugo Baumann als des an Ihnen verübten Mordversuchs dringend verdächtig in Hast genommen worden ist!"

Großer Gott!" stöhnte die Nichte des Bankiers,ist es möglich?"

Eine Pause entstand und der Aktuar befand sich in nicht geringer Verlegenheit. Er schaute bald auf die Kranke, bald auf seinen Jnquisiten und war froh, als Bertha jetzt leidenschaftlich ausries:Hugo! mein lieber armer Hugo, komm her zu mir!"

Der Gerufene eilte schnell an ihr Bett, sie ergriff seine Hände und sah ihm. mit Thränen im Auge, ins bleiche Antlitz, auch Hugo konnte seine Bewegung kaum bewältigen. So schauten sie sich einander wohl mehrere Sekunden in die treuen Augen, dann wandte sich die Kranke wieder

an den Aktuar und sprach: «Hugo ist kein Mörder! Er hat mich nicht überfallen; ich kann es beschwören! Nicht wahr, nun wird er sofort auf freien Fuß gesetzt?"

Der Aktuar bedauerte höflich, dies so lange verneinen zu müssen, bis sich der wirkliche Mörder gefunden haben würde.

Die Kranke erschrak heftig bei diesen Worten und kämpfte sichtlich mit einem Entschluß. Plötzlich rief sie aus:Es muß sein! So hören Sie denn, Herr Aktuar: ich will Ihnen den Mann nennen, der mich töten wollte. Es ist mein Stiesonkel, der Bankier Karl Römer!"

Die letzten Worte stieß sie mit äußerster Kraftanstrengung hervor und erschöpft sank sie dann in die Kissen.

Alle waren tötlich erschrocken über diese schreckliche Angklage der Verwundeten und der Aktuar wollte eben eine weitere Frage an sie richten, um zu erfahren, ob sie etwa gar ihren Geliebten durch falsche Aussage retten wollte, als der mit an­wesende Arzt auf ihn zukam und jede weitere Vernehmung zu unterlassen bat, da der Zustand der Kranken durchaus noch nicht geeignet sei. große Gemütser­schütterungen ohne Nachteil zu ertragen.

Der Jurist packte daher zusammen und ging mit seinen Begleitern hinaus. Auch Hugo mußte mit. wurde aber von Stund an viel freundlicher und zuvorkommender behandelt. So fuhren sie zur Stadt zurück.

Im Gerichtsgebäude angckommen, re­ferierte der Aktuar seinem Chef, dem kleinen Doktor Fuchs, der bereits vom Polizeidirektor wieder zurück war und nun mit einem großen Selbstgefühl in seinem Zimmer umherstolzirrtc.

Er schien nicht im Geringsten von der Nachricht überrascht. welche Vetters in Betreff des Mordversuchs mitteilte, sondern schien es ganz natürlich zu finden. daß ein Mann seine Nichte erdolcht, denn er nickte nur, als sei dies Alles selbstverständ­lich, mehrere Male mit dem Kopfe zum großen Erstaunen und Aerger des Herrn Vetters.

(Fortsetzung folgt.)

(Der Kampf um das.Nachtwächterhorn.) Aus Jever wird berichtet: Im nahen Wilt- mund haben die Bürger zum Schutze ihrer Nachtruhe und ihres Eigentums einen Wächter der Nacht, der von seiner Wach­samkeit durch allstündliche Hornsignale ein lautes Zeugnis ablegen muß. Die böse Polizei aber sagt, durch das Tuten würden etwaige Diebe genau unterrichtet, wo der Wächter sich befände, und um io unge­störter können die Langfinger seinem dunklen Gewerbe nachgehen. Die Fleckensvertret- ung antwortet jedoch einstimmig mit einen, kategorischenNein!" Es wird also fort­getutet. Sie hat indes die Rechnung ohne das Königliche Landratsamt gemacht. Diec- gab dem Fleckensvorsteher bei 10 Mark strafe auf, dem nächtlichen Blasen ei» Ende zu machen. Die Fleckensvertretung will aber von dem angestammten Tuten nicht lassen und bei der Königlichen Re­gierung in Aurich vorstellig werden. Von diesem Kampf um das Nachtwächterhorn sind in Wittmund alle Gemüter bewegt.

I (Regen auf Bestellung.) DerRegen­macher" Melbourne schloß in Topeka (Kansas) mit einer dortigen lGesellschast einen Vertrag ab, wonach er sich ver­pflichtet, den nordwestlichen Teil von Kansas während der Monate Juni, Juli und August des nächsten Jahres gegen- von 1 Dollar pro Acre mit Regen zu versorgen. Melbourne beabsichtigt, mehrere große Versammlungen in den nordwest­lichen Staaten abzuhalten, um für sein Unternehmen Propaganda zu machen.

(Auch eine gute Sitte.) Max (zu seinem Freunde).Aber sage mir nur, Albert, wie konntest du dir eine Frau nehmen, die so stottert?" Albert,Ja weißt du, lieber Freund, die Sache hat doch auch ihre Lichtseite. Bis meine Frau abends zu mir sagt:Aaalbert, willst du denn Heuheute schon wieder aa aausgehen?" bin ich schon lang zur Thüre hinaus.

(Der junge Lateiner.) In der Klasse frägt ein Professor, mit welchem Worte (ave!) sich die Römer gegenseitig begrüßt hätten. Niemand weiß es. Endlich steht der kleine Moritz auf und sagt:Servus, Herr Professor!"

(Merkwürdige Rasse.) Richter:Was mar es für ein Hund, der Ihnen in der Nacht vom 5. auf den 6. d. M. vergiftet worden sein soll?" Kläger:Eigent­lich wars a Hühnerhund, Herr Richter aber wenn ma' 'm die Ohre stutzt, so ischls a Pulldogg'!"

(Kasernenhofblüte.) Unteroffizier (zum Rekruten):Mensch, Sie setzen ein Gesicht auf, wie der selige Holofernes, als er plötz­lich ohne Kopf wach wurde."

Gemeinnütziges.

sDasWaschen schwarzer Trikottaillen.j Man verschaffe sich für 1V Pfennige Salmiak aus einem Droguengeschäft, schütte ^ T. davon in einen Eimer Wasser und wasche ziemlich heiß ohne jeglichen Zusatz die Taille darin tüchtig durch; namentlich die durch längeres Tragen glänzend gewordenen Stellen müssen mit mehr Aufmerksamkeit behandelt werden. Darauf bringe man die Taille in frisches, lauwarmes Wasser, gieße den Rest des Salmiaks dazu und wasche sie noch einmal leicht durch, hänge sie sofort unausgerungen auf und lasse sie abtropsen. Dann bringe man sie zum raschen Trocknen an einen wannen Ort und glätte sie, so lange sie noch etwas feucht ist. In gleicher Weise be­handelt man alle schwarzen Stoffe mit bestem Erfolg.

(Mittel gegen das Wundliegen der Kranken.) Ein erprobtes Mittel gegen dieses schmerzhafte und lästige Nebel ist folgendes. Zwei oder drei weiße Rüben Steckrüben, brassica ruxa werden in Stücke geschnitten, in ein Tuch ge- than und der Saft ausgepreßt. Vier Lot frische ungesalzene Butter werden hierauf am Feuer zerlassen, wobei man darauf zu sehen hat, daß die Butter nicht ins Kochen komme oder brandig werde. In diese Butter wird der ausgepreßte Rübensast gethan, und beides wird so lange ge­rührt, bis es ein salbenartiger Brei wird. Der­selbe wird auf Leinwand gestrichen und täglich zweimal frisch auf die Wunden gelegt.

Auflösung der Charade in Nr. 173.

Eisleben.

Richtig gelöst von Wilhelm Kraft in Dobel.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.