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Zur Abgeordneten-Wahl!

Nachdem unserem seitherigen Abgeordneten, Herrn Kch. Wkeyer, leider ein so frühes Ende Leschieden war, ist von einer Anzahl Wähler des Bezirks die ehrenvolle Aufforderung an mich ergangen, mich als Kandidaten für die Ersatzwahl zur Verfügung zu stellen. Ich hielt es den hierfür vvrgebrachten Gründen gegenüber für meine Pflicht, meine persönlichen Bedenken unterzuordnen und zu erklären, daß ich eine etwa auf mich fallende Wahl annehmen werde.

Seit über 30 Jahren im Bezirk Neuenbürg ansässig und im gewerblichen Leben thätig, bin ich dem großen Teil der Wähler persönlich bekannt, nicht minder bekannt ist meine Politische Gesinnung.

Rückhaltlos stehe ich ein für das neu gegründete deutsche Reich und seine Einrichtungen, ebenso rück­haltlos trete ich aber auch ein für unser engeres Vaterland Württemberg und seinen Rechtsbestand auf Grund der deutschen Bundesverfassung.

Welcherlei Aufgaben auf dem Gebiete der Gesetzgebung den Landtag in seiner restlichen Periode vorzugs­weise beschäftigen werden, ist mir nicht bekannt; es ist mir deshalb auch nicht möglich, mich über einzelne Punkte auszusprechen, ich vermöchte dies um so weniger, als ich für unerläßliche Pflicht halte, mich vorher genau zu unterrichten und gewissenhaft zu Prüfen, ehe ich bindende Erklärungen abgebe. Ich gebe jedoch den Wählern die Versicherung, daß ich getreu meinen seitherigen Politischen Anschauungen für die Rechte und Be­dürfnisse des Volkes mit unabhängiger und liberaler Gesinnung eintreten würde, fern von jeder extremen politischen Parteistellung.

Nach den vielen neuen Gesetzen, welche in den letzten Jahrzehnten erlassen und den nicht unerheblichen Anforderungen, welche an die Leistungsfähigkeit des Volkes gestellt wurden, erscheint es mir als dringendes Bedürfnis, daß soweit es sich nicht zur Vereinfachung und Erleichterung in den Leistungen, um Maßregelung zur Förderung der Volkswohlfahrt handelt, in der Gesetzgebung eine Ruhepause eintritt.

Unser langjähriger Abgeordneter, Herr Stadtschultheiß Beutter, hat sich in Wahrung und Förderung der Interessen des Bezirks unbestreitbar große Verdienste erworben; auch ich würde es mir zur ernsten Pflicht machen, für meinen Heimatbezirk und seine einzelnen Angehörigen nach den mir zu Gebot stehendeil Kräften einzutreten, wobei mir die genaue Kenntnis des Bezirks und seiner Bedürfnisse zu statten kommen dürfte.

Besondere Versprechungen vermag ich dagegen nicht zu machen, werde jedoch in den Wahlorten, wo ich weniger bekannt oder wo es gewünscht wird, gerne erscheinen, um Rede und Antwort zu stehen und schließe mit der Versicherung, daß, falls das Vertrauen der Wähler mir zu Teil wird, ich der mir gestellten Auf­gabe zum Wohle des Landes und Bezirks mit aller Kraft und bestem Gewissen nachzukommen stets bestrebt sein werde.

Höfen den 12. Oktober 1891.

Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Nromk.

Neuenbürg. 15. Okt. Die heutige Amtsversammlung wurde aus Anlaß des Hingangs des verewigten Königs Karl Majestät durch den Vorsitzenden Herrn Oberamtmann Hofmann mit einer herzlichen Ansprache eröffnet. Auf der Tagesordnung stand u. A. die Besetzung der erledigten Stellen des Oberamts­pflegers und des Oberamtsbaumeisters. Nach eingehender Beratung wählte die Versammlung einstimmig Hrn. Stadt­baumeister und Bezirksfenerlöschiuspektor Link zum Obe r amtsb aum ei ster und mit 25 gegen 1 Stimme den bisherigen Amtspflegeverweser. Hrn. Oberamtsspar- kassicr Kübler zum Oberamtspfleger. Die hienach wieder frei werdende Stelle eines Oberamtssparkassiers soll zur Be­werbung ausgeschrieben werden und dürfte bei der nächsten Amtsversammluug zur Beratung kommen.

Deutschland.

Berlin, 14. Okt. Aus militärischen Kreisen verlautet, die versuchsweise Art der Einstellung, welche vom 4. Garde­regiment zu Fuß gemeldet wurde und als Probe auf die zweijährige Dienstzeit be­trachtet wird, solle noch bei einer Reihe von anderen Regimentern ebenfalls Platz greifen. Man betrachtet dies als Anzeichen, daß die Frage einer Einführung der zwei­jährigen Dienstzeit an allermaßgebenster Stelle ernstlich erwogen wird. Natürlich müßte eine ausgiebige Vermehrung des Kontingents Platz greifen.

DerNew-Iork-Herald" hatte gemeldet, es sei ein Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland abgeschlossen, wonach einerseits amerikanischeFeld- früchte zollfrei nach Deutschland ein geführt werden dürfen, andererseits deutscher

Rübenzucker vom 1892 an keinen Zoll in die Vereinigten Staaten zu zahlen hat. Wie das Reutersche Bureau sich aus Washington berichten läßt, ist diese Nach­richt verfrüht. Die Verhandlungen schweben vielmehr noch. Man glaubt jedoch, daß dieselben noch vor Neujahr einen befrie­digenden Abschluß gefunden haben werden.

Wer noch die elektrische Aus­stellung in Frankfurt besuchen will, mag dies bald thun; dieselbe wird bestimmt am 19. Oktober, abends 11 Uhr, ge­schloffen.

Danzig. II. Okt. Für die während der Ausstellung des heiligen Rockes nach Trier kommandierten Eisenbahnbeamten hat der Bischof Korum, der Danz. Ztg. zufolge, 25 000 zu Belohnungen an­gewiesen.

Köln, 14. Okt. Die Köln. Volksz. veröffentlicht eingehende Mitteilungen über einen neuen Telegraphen-Apparat