können. Gegen die Hexerei werden verschiedene Ratschlage erteilt; sie ist eine Anschauung, die man sowohl bei den Kultur- als bei den primitivsten Naturvölkern findet. Das Christentum traf schon ähnliche Anschauungen an, schenkte ihnen aber wegen anderer Aufgaben wenig Beachtung und so ist es begreiflich, daß diese Dinge sich durch alle Jahrhunderte fortpflanzten. Es ist anzunehmen, daß der Glaube an umgehende Geister nicht sobald verschwinden sondern immer einen gewissen Rückhalt finden wird. Interessant sind auch die Mittel, welche angewandt werden, um die Zukunft zu erkennen; bei diesen Mitteln der Zauberei und Sympathie soll das Gemüt befriedigt werden, weshalb die Phantasie stark mithelfen muß. Bei den Mitteln zum Voraussehen der Zukunft spielen die Vorzeichen eine große Rolle. Tiere, die einem begegnen, sind gute oder schlimme Anzeichen; als schlechte Vorzeichen gelten der Hase und die Katze, als gute das Eichhörnchen. Beim Lebenslauf des Menschen bedeutet das Regnen in den Brautkranz ein gutes Vorzeichen; manchmal deutet ein Vorzeichen zum Guten und Schlimmen, von der Spinne sagt ein Spruch: Spinne am Abend ist erquickend und labend, Spinne am Morgen bringt Kummer und Sorgen. Die Macht dieser Vorzeichen übt eine große Wirkung auf das Gemüt des Menschen aus. Der Mensch möchte deshalb auf die zukünftigen Ereignisse auch einwirken und dies geschieht zum Teil mit Gegenständen, zum Teil kommt es auch auf die Handlungsweise an. Als Gegenstände werden seltene Dinge gebraucht; das Blut oder die Kleider von Hingerichteten, Ringe aus Sargnägeln sollen ganz besonders wirksam gegen verschiedene Krankheiten sein; ein schwarzer Bock im Stall soll gegen Hexerei schützen. Die Heilung von Krankheiten geschieht nach volkstümlicher Ueberlieferung durch sehr interessante Zauber- und Segenssprüche. Derartige Zaubersprüche waren schon bei den Indiern in ganz gleicher Form in Uebung. Es giebt nun Personen, die es besonders verstehen, solche Handlungen zu vollbringen und daraus entstand der Glaube an Hexen. Die meisten Sagen gehören dem niederen Gebiet an; aus dem höheren Gebiet, das Wohl schnell entschwinden wird, hat sich die Sage von dem wilden Heer erhalten; in dieser Sage wird uns eine Gottheit deS Heidentums vorgeführt: Der alte Gott Wuotcm umgeben von seinem ihn begleitenden Heer. Der Redner schloß seinen höchst lehr- und genußreichen, äußerst anziehenden Vortrag mit der Aufforderung, an dem großen Werk der schwäbischen Volkskunde mitzuhelfen, damit die wichtigen Aufschlüsse, die sich in den Ueberlieferungen fort erhalten haben, unserem Volke nicht verloren gehen.
Calw, 11. Jan. Am nächsten.Sonntag, nachmittags 3 Uhr, werden im I. Dreiß'schen Saale die bei der Weihnachtsfeier des Militärvereins aufgeführten Theaterstücke: „Die Tochter des Regiments" und „Ein Flankenangriff", sowie einige humoristische AuMhrungen wiederholt werden, wozu Jedermann Zutritt hat. Der Eintrittspreis ist auf 30 festgesetzt und wird der Erlös zu Gunsten der Kranken und Bedürftigen des Vereins Verwendung finden.
Calw, 10. Jan. Der Bezirk ist gegenwärtig von Zigeunern stark frequentiert. Gestern wurden 2 Familien, zusammen 11 an der
Zahl ans hies. Oberamt eingeliefert. In Ober- kollwangen ist einer Zigeunerfamilie ein wenige Tage altes Kind gestorben, man vermutet infolge der Kälte. Untersuchung ist angeordnet.
Böblingen, 8. Jan. Seit Eintritt der strengen Kälte wird die Eisgewinnung auf den beiden hiesigen Seen emsig betrieben. Auch von den Vaihinger Seen werden zahlreiche Wagenladungen Eis den hiesigen Großbrauereien zugeführt. Für nicht wenige Leute bietet sich hiedurch erwünschter Verdienst. — Für die notleidenden Buren wurden in Stadt und Bezirk Böblingen über 500 er- sammelt, welcher Betrag durch Stadtpfarrer Marquardt an die Hauptsammelstelle übermittelt wurde.
Stuttgart, 8. Jan. Eine zahlreiche Trauerversammlung gab heute abend dem am Erscheinungsfest infolge eines Herzschlags verstorbenen Forstrat a. D. Hermann Hopfengärtner das letzte Geleite. Neben den Familienangehörigen hatten sich viele Forstbeamte, an ihrer Spitze Präsident von Dorrer, sowie aktive und inaktive Offiziere zu der Trauerfeier eingefunden. Stadtpfarrer Gänger hielt die Grabrede. Hermann Hopfengärtner war in Stuttgart 1827 geboren, war 19 Jahre als Revierförster in Murrhardt und 23 Jahre als Forstmeister in Wildberg im Amt. In den letzten 3 Jahren wohnte er im Ruhestand in Stuttgart. Kränze wurden niedergelegt im Namen der Forstbeamten des Bezirks Wildberg, des Alten Herrenvereins für Württemberg und Hohenzüllern und der Sanitätsoffiziere der hiesigen Garnison.
H e ilbronn, 9. Jan. Sicherem Vernehmen nach ist es gelungen, die beiden des Pleidels- heimer Raubmords dringend verdächtigen Leute, Viktor und Albert Englert, heute in Köln zur Haft zu bringen. Nach dem dritten Genossen, Rheinen, wird noch gefahndet.
London, 9. Jan. Aus Kapstadt wird berichtet: Die Zahl der Buren, welche im Westen der Kapkolonie eingedrungen sind, nimmt jeden Tag zu. Die Mehrzahl dringt nach Süden vor, indem sie der Eisenbahn folgt. Die Buren gebrauchen, wie es heißt, Gewaltmaßregeln gegen die Holländer, welche sich weigern, sich ihnen anzuschließen. Ihre Zahl wird jetzt bereits auf 13 000 geschätzt. Sie sind mit guten Pferden versehen und haben große Vorräte an Kriegsmuuition.
London, 10. Jan. Daily Mail meldet aus Kapstadt, daß augenblicklich dort große Panik herrscht. Die Behörden weigern sich trotzdem, kundzugeben, daß die Lage sehr kritisch sei. Man glaubt hier, daß die Buren noch mehrere Monate in der Kap-Kolonie verbleiben werden. Die fremden Konsuln hielten gestern eine Konferenz ab, in der sie beschlossen, Maßregeln zum Schutze ihrer LandeS- angchörigen zu treffen, im Falle die Kolonie in Belagerungszustand versetzt würde. Der deutsche Konsul hat den deutschen Landes-Angehörigen bereits Pässe überreicht, in denen es heißt, daß die Besitzer derselben sich unter deutschem Protektorat befinden.
London, 10. Jan. Aus Warrenton wird berichtet: Die Engländer beschlagnahmten sämtliche Pferde der Holländer sowie der Eingeborenen. Die Lebensmittel haben bereits
unerschwingliche Preise erreicht. Diejenigen Farmer von denen man annimmt, daß sie Freunde der Buren sind, werden verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.
London, 10. Jan. Lord Kitchener hat um 25 000 Mann Verstärkungstruppen gebeten. Die Blätter bemerken hiezu, daß dies eine schwer zu lösende Aufgabe für das Kriegsamt sei.
London, 10. Jan. Daily Expreß berichtet aus dem Haag: Dr. LeydS organisiert augenblicklich geheime Komites zwecks Agitation zu Gunsten der Buren in Südafrika und ganz besonders in der Kap-Kolonie. Diese sind mit reichlichen Geldmitteln versehen und beauftragt, in der Kap-Kolonie sowie in Südafrika überhaupt so viel wie möglich Lebensmittel anzukaufen und somit die Verproviantierung der englischen Truppen zu beeinträchtigen.
Die Wirren in China«
London, 10. Jan. Aus Shanghai wird gemeldet, daß wenn nicht neue Schwierigkeiten entstehen, General Waldersee Ende März nach Europa zurückkehren werde.
London, 10. Jan. Aus Peking wird berichtet: Der deutsche Gesandte hat den Wunsch ausgesprochen, das Prinz Chung, der jüngere Bruder des Kaisers als Vertreter desselben nach Berlin gehe, um dem deutschen Kaiser das Beileid der chinesischen Regierung über die Ermordung des Freiherrn von Ketteler auszudrücken. Prinz Chung ist 17 Jahre alt.
Geffentliche Sitzung
-er HarrdekSkamwer Calw am Dormerstag. de» IV. Ja« 1801, vormittags S Uhr, auf
dem hiesigen Rathaus.
Tügcsordvuua:
1) Die neuen Handels- und Zolltarifverträge,
2) Wahl der Beiräte der K. Centralstelle,
3) Nahrungsmittelkontrole,
4) Mißbräuche bei der Taraberechnung,
5) Rechnungsprüfung und Etatsberatung.
Vorstand:
Kommerzienrat E. Zoeppritz.
Gottesdienste
am 1. Sonnlag nach dem Erscheinungsfest, 13. Jan. Vom Turm: 655. Predigtlied: l25. 9Y- Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Vikar Döring. Ordination desselben. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr- Predigt im Vereinshaus, von Hrn. Dekan Roo S.
Mittwoch, 16. Jan.
10 Uhr: Betstunde im Vereinshaus.
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denken, was er wollte. Die einzige Person, die mir noch Sorge machte, war Tante Damaris.
24. Kapitel.
Ach frühstücke mit Ikorerrce.
Ich legte mich heute mit meinen Kleidern zu Bett, denn es war schrecklich kalt, und ich sah voraus, daß ich sehr häufig würde aufstehen müssen, um Mr. Morecombe beizustehen. Doch was war diese kleine Unbequemlichkeit im Vergleich zu den Höllenqualen, die dieser arme Mensch durchmachte. Es war genug, um ein Pferd zu töten; — er mußte die Natur eines Riesen haben. Trotz seiner fürchterlichen Schwäche hatte er aber doch manchmal Kraft genug, mit leiser Stimme in jenen modischen Flüchen auf die See zu schimpfen, in deren geschmackvoller Anwendung er Meister war. Und um ihn ganz zu zeichnen, muß ich auch bemerken, daß er niemals die geringste Dankbarkeit zeigte, für all die Mühe, mit welcher ich ihn pflegte. Im Gegenteil, er nahm meine Dienste an, als wäre ich der Steward, und als wäre ich nur dazu da, ihm Branntwein zu geben, wenn er ihn forderte, und seinen Kopf zu stützen, wenn er einen Anfall bekam. Es war mir ein reines Wunder, daß der Mensch nicht betrunken wurde, denn er nahm absolut nichts anderes zu sich als Spirituosen und immer wieder Spirituosen. Ein Nilpferd wäre davon taumlich geworden. Doch vielleicht war er an starke Getränke gewöhnt, oder noch wahrscheinlicher, sein Zustand erlaubte ihm, einen Segeldruck zu ertragen, bei dem er unter gewöhnlichen Umständen gekentert wäre.
Ich war natürlich nicht der Narr, ihn zu ermutigen, die Reise fortzusetzen. Ich benutzte im Gegenteil jede Gelegenheit, seine Angst zu steigern. Immer von
neuem erzählte ich ihm, wie der Doktor geäußert hätte, daß, wenn nicht bald Besserung cinträte, gar nicht daran zu denken sei, daß er das Ende des Kanals lebendig erreiche, und die einzige Aussicht, sein Leben zu erhalten allein darin bestände, mit dem Lotsen an Land zu gehen.
Ich versicherte ihm auch, daß der Kanal wenig mehr wie ein Teich sei, im Vergleich mit dem, was wir in der Bai von Biskaya zu erwarten hätten, wo die Wogen so berghoch rollten, daß sogar die erfahrensten Seeleute dieser schrecklichen Bewegung nicht stand zu halten vermöchten.
„Jä," hauchte er, „ich habe von der Bai von Biskaya gehört, und werde es sßwerlich mit ihr — äh — versuchen. Werflucht und verdammt dieses guäßliche Swanken! — Aber sagen Sie, sind Sie denn nicht mehr kuank? Sie waren es doch diesen Morgen?"
„Sonderbarerweise ist es bei mir das glatte Wasser, welches mich krank macht. Sowie das Schiff sich zu heben anfängt, werde ich gesund."
„Närrische Geschichte das. Nie so was mäkwürdiges gehört. — Hä — warum zum Kuckuck muß ich mich die ganze Nacht noch so quälen? Kapitän, Esel verdammter! Konnte er denn nicht irgendwo einen Hafen finden und Anker werfen? werde verklagen, den Kerl den erbärmlichen." Dann schrie er wieder nach Cognac, und verlangte, ich sollte ihm das Gesicht abwischen.
Doch nur selten sprach er so viel. Ost lag er stumm und bewegungslos, bis er einen Anfall bekam, dann aber stöhnte und ächzte er um so schlimmer, und rief nach mir mit so angstvollem Gewimmer, daß ich nie verfehlte, im Nu hilfsbereit an seine Seite zu springen. So fand ich sehr wenig Schlaf; nur in den frühen Morgenstunden ließ er mir etwas Ruhe.
(Fortsetzung folgt.)