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Neuenbürg, 4. Septbr. 1891.

IvÄSS-^-ILSSlAS.

Meine liebe Frau

r'riSÄsrilrs sstzd. Lsil

ist heute früh 3 Uhr nach langem schweren Leihen sanft ver­schieden, wovon ich Bekannte und Freunde mit der Bitte um stille Teilnahme tiefbetrübt in Kenntnis setze.

Die Beerdigung findet Samstag nachmittag 4 Uhr statt.

Besondere Ansagen unterbleiben.

Julius Böpple, Oberamtstierarzt.

Für Condolenzbesuche wird höfl. gedankt.

Erdarbeiter-Gesuch.

An der Wasserleitung Unterlengen­hardt OA. Neuenbürg finden ca. 20 Mann dauernde Beschäftigung im Accord oder Taglohn.

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Die Kindertvelt. Unter diesem Titel ent­hält Pahne's Jllustr. Familten-Kalender für 18S2 ein humoristisches Blatt von Lothar Meggendorfer, dem bekannten Zeichner und Humoristen der Fliegenden Blätter, das in jeder Familie, wo Kinder sind, viel Freude machen wird. Auch ein zweites BlattIm Circus" wird bei den Kleinen ungeheuren Beifall finden, denn nichts ruft bei Kindern so viel ungeteilte Freude hervor, als die Mysterien der Circuswelt. Der übrige Inhalt des Kalenders ist so reich­haltig, daß ihm in dieser Beziehung kein anderer Kalender Konkurenz machen kann. Wer daher den Kalender noch nicht hat, der wird gut thun, sich denselben schleunigst zu kaufen. Mann sehe aber daraus, daß man wirklich Payne's Illu­strierten Familien - Kalender mit allen Beilagen erhält, denn es werden unter ähnlichem Titel mehrere minderwertige Erzeugnisse zu scheinbar sehr billigem Preise verkauft. In Wirklichkeit aber sind sie sehr teuer, denn sie enthalten im Vergleiche zu dem Payne'scheu Illustrierten Familien-Kalender ist durch die Ex­pedition dieses Blattes und deren Boten für 50 Pfennige pro Exemplar zu beziehen.

Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 3. Septbr. Gestern wurde hier der Tag von Sedan trotz des letztjährigen Beschlusses, denselben künftig nur alle 5 Jahre zu feiern, wieder festlich begangen. Fand auch keine eigent­liche Schulfeier mit Verteilung von Sedansküchlein" statt, so wurde doch in der ersten Stunde die Bedeutung des Tages durch Ansprache. Bortrag patriot­ischer Gedichte und Gesänge gewürdigt. Abends war der neue Saal imBären" dicht mit Festgästen besetzt, und wir merkten diesmal nichts davon, daß das Sedansfest allmählich zualtern" beginne. Nach dem allgemeinen Gesang:Stimmt an mit Hellem, hohem Klang" begrüßte der Vorsitzende. Verwalter Loos, die so zahl­reich Erschienenen und brachte dem Kaiser den schuldigen Dank für seine rastlosen Bemühungen, den Frieden nach außen und innen zu erhalten. in einem Hoch dar. Nach dem Absingen derWacht am Rhein" gedachte Stadtschultheiß Stirn unseres Königs. Dem begeistert aufge­nommenen Hoch folgte:Preisend mit viel schönen Reden." worauf Fvrstrat Gras v. Uxkull die Festrede hielt. In der­selben beantwortete Redner die Frage, ob wir nach 21 Jahren noch den Tag von Sedan feiern sollen, und erinnerte an die große Zeit," die wir nie vergessen dürften. Wehe dem Volk, das vergessen kann die Barmherzigkeit seines Gottes, das vergessen kann den Heldenmut. die Tapferkeit und die Ausdauer des deutschen Heeres, ver­gessen die großen Männer, mit denen Gott unser Vaterland in jener Zeit gesegnet, vergessen die Helden, die ihr Leben lassen mußten. Sage keiner: Ich denke dran im Herzen und brauche keine Feierlichkeit! Wenn wir aber als deutsches Volk den Dank fühlen, dann haben wir auch die Verpflichtung, demselben offenen Ausdruck zu geben durch die Feier des heutigen Tages. Das Kciegsjahr 1870 hat uns ein schönes Bild der Einmütigkeit gezeigt, eine Verkörperung der Worte:Bete und arbeite!" Die Krieger haben für uns gearbeitet, wir für sie gebetet. Den Grund­ton dazu hat der verewigte Kaiser Wilhelm I. gegeben durch den ErlaßAu mein Volk," (derselbe wurde verlesen) unv durch die Anordnung eines allgemeinen Bettages, durch seine Briefe an die Königin Augusta und durch seine einfach schlichten und fromm demütigen Worte, die er an die Vertreter der Stadt Berlin richtete"

(werden verlesen). Wir feiern den Sedans- lag nicht als Schlachtfest, nein wir feiern ihn als den Tag. an welchem der Grund zu der Einigung der deutschen Stämme gelegt wurde, als den Tag. da dem seind- lichen Nachbarstaate seine Macht gebrochen wurde, wir feiern ihn. daß jeder deutsche Mann sich dessen bewußt bleibe, daß wir ein Volk sind und bleiben wollen. Das deutsche Vaierland möge wachsen, blühen und gedeihen, lebe hoch!" Krallige Hoch- und Beifallsrufe bewiesen, daßLiefe herzlichen Worte, wie der Vorsitzende sich ausdrückte, zu Herzen gegangen" waren, und jubelnd wurdeDeutschland über alles" angcstimmt. Schullehrer Braun führte die Anwesenden im Geist aus die Schlachtfelder hinüber über den Rhein, hin zu denschwarzen Kreuzen auf grünem Plan", unter denen die stumme Heldenschaar denhimmlischen Appell" heranschlLft, er gedachte der Schwerverwundeten, die osl noch so lange zu leiden hatten bis sie dem unerbittlichen Tod zum Opfer gefallen, und wies hin auf die Helden, die seitdem Jahre 1871 zur großen Armee abberufen worden sind: der greise Heldenkaiser selbst, sein ritterlicher Sohn» Prinz Friedrich Karl und wie die großen Männer alle heißen, bis zu Moltke, dem vor 4 Monate» die Totenglocken den letzten Gruß nach Kreisau nachsandteu. Wohl werden die Gräber der Gefallenen alljährlich geschmückt, und stolze Denkmäler rufen uns auf den Schlachtfeldern zu: Gedenket der Toten! Das dürfe aber nicht alles sein, nein einen bleibenden Platz in unserem Herzen haben diese Männer verdient, sie, die Leben' und Gesundheit, ja ihr Herzblut an die heilige Sache des Vaterlandes gerückt haben. Das Andenken der Toten wurde durch Erheben von den Sitzen geehrt. Eine kleine Episode aus des allen Kaisers Leben, die Redner hier anknüpfte, leitete über zu dem allbekannten Volkslieoe:Ich hat einen Kameraden", worauf Stadlvikat Köstlin den Einen feierte» der uns aus der Zahl jener großen Männer der Glanz- und Ruhmeszeit noch übrig geblieben ist, den, der gleich der deutschen Eiche den Stürmen und Wettern trotzt» den großen Altreichskanzler Fürsten Bismarck. Der Gründer des deutschen Reiches stehe freilich nicht mehr auf seinem Posten, eine neue Zeit sei angebrochen, in der man glaube, des erfahrenen Kanzlers entbehren und vergessen zu dürfen, darum thue es mol, den Namen Bismarcks nicht untergehen zu lassen im Strome der Zeit, sondern immer und immer wieder an das zu er­innern, was er fürs Vaterland gethan. Der große herrliche Bau des deutschen Reiches sei kein Werk des Zufalls oder des Augenblicks, sondern ein Meisterwerk politischer Weisheit und Kunst. die reife Frucht einer laugen Lebensarbeit. Ein anderes Werk dieser Staatskunst sei der Dreibund, mit dessen Schöpfung Bismarck den Frieden in Europa auch in kritischen Zeiten erhalten und dadurch die segens- volle Kulturarbeit gefördert habe. Das tiefste Wesen und der innerste Gehalt seiner gewaltigen Persönlichkeit aber liege in seiner sittlichen Größe, die sich am hellsten widerspicgle in der unentwegten Treue, mit welcher er dreien Kaisern ge- > dient und seine beste Kraft eingesetzt habe