stehen, weil das Signal für geschlossene Einfahrt gegeben war. Etwa um 7 */, Uhr; alle Züge hatten bedeutende Ver­spätung. Da kam hintendrein auf dem gleichen Geleise der Pariser Schnellzug. Die Eisenbahnlinie macht an der Stelle, wo der Unglücksfall stattfand, eine scharfe Biegung und ist beiderseits von einem dichten Wald eingefaßt, so daß der Lokomotivführer des Pariser Zuges den anderen Zug erst bemerkte, als es schon zu spät war. Augenzeugen erzählen: Es war ein Krach wie von zwei Kanonen; dann ein schreckliches Schreien. Die Lokomotive überdeckte alles mit Dampf und das Unglück war geschehen. Der letzte Wagen dritter Klasse und der zweitletzte Wagen 1. und 2. Klasse des Extrazuges waren zertrümmert. So­fort eilte von allen Seiten den herzzer­reißend Hilferufenden Hilfsmannschaft zu. Die Todeswunden sind meist am Kopf und die Brust ist eingedrückt. Schwer­verwundet sind 18; sie werden in Trag­bahren nach Bern und Münchenbuchsee gebracht. Leicht verletzt sind etwa 49 Mann. Vom Zugspersonal ist schwer verwundet der Lokomotivführer des Pariser Zugs und leicht der Heizer, Reisende des Schnellzugs haben nur leichte Verletzungen. Die Passagiere flüchteten durch die Fenster. Die Aufregung ist sehr groß.

Ausland.

Paris, 16. Aug. Wieder ein Eisen­bahnunglück! Heute früh etwa um 3 Uhr rannte der von Limoges kommende Ex- preßzng auf einen Gükerzug, und zwar am Ende eines Tunnels. Der Führer des Expreßzuges hatte die rote Laterne übersehen. Zerstört wurden 4 leere Per­sonenwagen des Güterzuges. Zugsinsassen wurden nicht verletzt.

Am Sonntag vormittag hat in Brüssel die Eröffnung des internationalen soziali­stischen Arbeiterkongresses stattgefunden. Der Kongreß ist von allen Ländern durch zahlreiche Delegirte beschickt, als Haupt­vertreter der deutschen Sozialdemokratie sind die Herren .Bebel, Liebknecht und Singer anwesend. In der Eröffnungsrede wurde dem Wunsche Ausdruck verliehen, daß die Delegierten alle persönlichen Fragen und Spaltungen bei Seite lassen und sich lediglich mit der Lösung der sozialen Frage beschäftigen möchten. Es wird sich ja inzwischen schon gezeigt haben, von welcher Stimmung die internationale Sozialisten-Vcrsammlung zu Brüssel be­seelt ist und ob in ihr der Geist gegen­seitiger Verträglichkeit der anwesenden Ge­nossen weht. Ob der Brüsseler Kongreß so ganz glatt verlaufen wird, wie seine Urheber gewiß wünschen, möchte indessen schon jetzt zu bezweifeln sein, es steht viel­mehr zu vermuten, daß auf dem Brüsseler Sozialistenkongreß gelegentlich gar manches scharfe Wort zwischen denGenossen" ge­wechselt werden wird.

Montevideo, 18. August. Der deutsche Dampfer Roma, von Jquique nach Hamburg unterwegs, ist am 3. August auf einen Felsen gestoßen und gesunken. Die Mannschaft wurde gerettet. Das Schiff ist gänzlich verloren.

Miszellen.

Am Meer.

Erzählung von L. Frank.

(Nachdruck verboten.)

Es ist Oktober.

Schöne Tage, wie sie in dieser Zeit häufig sind, waren einander gefolgt. Jeden Tag war die Sonne glänzend aus dem Meer empor gestiegen; strahlend war sie am Himmel gestanden, mit verschwenderischer Freigebigkeit Ströme von Licht und Wärme auf die Erde ausgießend; mit lieblichem Lächeln war sie im Westen versunken, noch im Untergehen die nimmerrastenden Wogenkämme und die grünenden Eilande vergoldend. Es war ein so herzerquickender Nachsommer, daß man nur dem Schritte der Zeit hätte Halt gebieten mögen, um noch die kurze Spanne des fliehenden Herbstes recht genießen zu können, ehe Winternacht und Schnecstürme Lust und Freude vertreiben; es war ein Herbst, an dem die Luft so klar und rein und das Menschenherz so leicht und fröhlich ist, wenn auch das gelbe Laub und die langsam und fast wie feierlich dahinschwebenden Silberfäden an den kommenden Harm des Winters gemahnen.

Die letzten Herbst- und Erntcarbeiten werden vollbracht, die reichen Spenden der gütigen Mutter Natur mit dankbaren Händen empfangen, die kostbaren Vorräte eingeheimst nnd sorglich verwahrt. Rüttelt dann der heulende Sturm an Fenstern und Läden und schlägt grimmiger Frost die ganze Natur in eisige Fesseln : man zieht sich zurück an den häuslichen Herd, wo man sich alsdann geschützt und ge­borgen weiß.

Auch auf der kleinen Nordseeinsel Skanderoog hatte man die schönen Herbst­tage nicht unbenutzt vorüberstreichen lassen. Schon mit Tagesgrauen waren die zahl­reichen Fischerboote hinausgezogen in das schäumende Meer, wo ihrer in Gestalt von Myriaden wimmelnder Fische eine reiche Ernte wartete; schwerbeladen waren sie abends heimgekchrt. Dann hatte ein reges Leben am Strande begonnen. Die Fische mußten ausgeweidet, eingesalzen und in Fässer verpackt werden; ein Teil derselben, der als Wintervorrat dienen sollte, wurde an Schnüren in der Luft zum Trocknen aufgehängt; andere wurden an besonderen Feuern und am Herd geräuchert, Alles mußte Hand anlegen, der ganze Strand wimmelte von fleißigen Menschen. Die Fischer mit den Frauen und Mädchen in ihren malerischen Trachten, die weißlichen Dünen und der dunklere Ufersand, die ursprünglichen Fischerhütten, die sich halb­kreisförmig um die kleine schimmernde Bucht, die als Hafen diente, gruppierten^ die zahlreichen schmucken Boote in ihren aufgeblähten Segeln, dahinter das blaue Meer in seiner Unendlichkeit mit seinen blitzenden Wellen und dem ewig wechselnden Farbenspiel, und das Ganze gebadet im erwärmenden und belebenden Sonnenschein fürwahr ein ungemein reizendes und eigenartig schönes Bild! Kein Wunder, daß ein strebsamer Jünger der Kunst seine freie Zeit benutzte, um dieses Bild mit gewandtem Pinsel auf seiner Leinwand

festzuhalten, zum großen Staunen der biederen Fischersleute und zum Ergötzen der gaffenden Jugend.

Seit zwei Tagen aber war ein Umschlag erfolgt. Morgens und abends hüllte, wie es in der Nordsee und an ihren Küsten häufig ist, ein dichter, undurchdringlicher Nebel Land und Meer ein. Kaum daß die Sonne über Mittag die graue Hülle etwas zu zerstreuen und zu durchdringen vermochte. Bald aber wogten wieder dichte Wolkenmassen, weiße Nebelschleier und phantastische Dunstgebilde in wirrer Ver­schlingung durcheinander, und das Meer, das vor einigen Tagen noch wie heiter lachend dalag, schien nun, in finsterem Unmut grollend, eine Gewaltlhat zu seiner Befreiung vorzubereiten, so unheimlich gurgelten und murmelten die Wasser; bleiern, wie von heimlicher Schadenfreude und zorniger Erregung geschwellt, schimmerten die Wogen. Ein kalter unfreundlicher Wind wehte aus Nordost alle Freude und Lust war dahin, das Leben am Strand wie erstorben.

Der Abend naht. Eine Stunde früher als sonst sinkt heute die Dämmerung auf das kleine Eilano herab. Die Einwohner des kleinen Dorfes haben sich bereits in ihre Wohnungen zurückgezogen; da und dort blitzen schon Lichter auf. Ein Boot lenkt eben in die kleine Bucht ein. Es ist der Strandwächter, der von einer Rundfahrt zurückkehrt. die er vor einer Stunde unternommen hatte, um die Vor­richtungen des Sicherungsdienstes, die für die Küstenschifffahrt unentbehrlichen See­zeichen zu besichtigen. Er zieht das Boot auf den Strand herauf uud befestigt es. Indem er sich den Schweiß mit einem großen, rotgetupften Taschentuch aus der Stirn wischt, späht er scharf in die Ferne. Seine scharfen, hinter buschigen, leicht er­grauten Brauen lebhaft blitzenden Augen suchen die Dämmerung zu durchdrungen. Sein Gesicht mit der scharfkantigen, kräftigen Adlernase und dem breiten und energisch geschlossenen Mund hätte etwas Harles und Unbeugsames, wenn dieser Ausdruck nicht gemildert würde durch die unverkenn­baren Linien herzlichen Wohlwollens und gutmütiger Derbheit um Mund und Augen und den charakteristischen Seemannsbacl, der eigentlich mehr den Anschein von Besenreis hat, das . am Hals herum ein­gesteckt und mit einer Kratzbürste kräftig nach vornen gebürstet worden ist.

Hm, hm! Verfluchtes Wetter! Meiner Seel! Das Leichentuch der See, dieser verdammte Nebel! Wenn es doch endlich aufklaren wollte! So, so, er fängt an zu tanzen und zu wirbeln, die See rumort auch, wie wenn etwas im Anzug wäre. Wird eine schöne Nacht geben!"

(Fortsetzung folgt.)

^ (Der vom Stockschnupfen kurierte Sachse.) A. Ich habe Se e ganz nieder­trächtigen Stockschnuppen! B.: Da will ich Se e neies Mittel ufschreiben, das missen Se nähmen; ich hatte neilich auch so'n Stockschnuppen, da Hab' ich das Mittel genommen, und den nächsten Dag aadiec- lich war der Stockschnuppen weg. Seit­dem is mir zu Muth, als hädde ich ene nagelneie Nase!

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.