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„Was hast ihm gesagt? ich will es wissen. Ich sah, daß er erbleichte, und daß sein Arm niedersank!"
„Ich sage es nicht, erwiderte die Frau. „Dir nicht - keinem Menschen — denn weißt Du, Heinrich — der ist mein Liebster gewesen — ja der — und darum sage ich es Dir nicht!"-
Herr von Buchen war seit einiger Zeit in der heitersten Stimmung. Seine Braut hatte endlich seinen Bitten nachgegeben und die Hochzeit sollte in kurzer Zeit stattfinden. Buchen sah sich im Geist schon im Besitz des großen Vermögens der Frau von Friesen und ließ auf seinem Gut alles auf's Herrlichste Herrichten. Dort wollte er auch künftighin wohnen, weil die Lage des Gutes eine überaus freundltche war und seine Braut selbst diesen Wunsch geäußert hatte. Vor der Hand kam es ihm ja darauf an, ihr jeden
Wunsch zu erfüllen. Später-darüber
hatte er bereits besondere Entschlüsse gefaßt.
Dazu war noch gekommen, um seine heitere Stimmung zu erhöhen, daß er aus sicherer Quelle erfahren hatte, die Stadt wolle den Prozeß um den Wald nach dem Tode ihres Anwalts, der Jahre lang für sie den Prozeß geführt hatte und ganz damit vertraut gewesen war, einstweilen ganz ruhen lassen. Er erblickte darin das sicherste Zeichen, daß außer Fernau niemand um die Urkunde gewußt hatte — beide waren zusammen untergegangen.
Um die Untersuchung gegen den Waldhüter bekümmerte er sich nicht. Andre Gedanken erfüllten ihn.
Frau von Friesen war bei ihm. Schon lange hatte er sie gebeten, ihn zu besuchen, nicht wenn er Gesellschaft gab, sondern allein, um einige neue Anlagen in dem Garten in Augenschein zu nehmen. Er wollte sie damit überraschen, denn in solchen Anlagen besaß er eben so viel Erfindung wie Geschmack. Selbst seine Feinde mußten ihm dies zugestehcn.
An ihrer Seite schritt er durch den Garten hin. Seine Braut schien in der Thal freudig überrascht zu sein, daß sie vom Fenster ihres Zimmers die freundlichste Aussicht genoß. Sie lobte die Anlagen und hielt ihm zum Dank offen die Hand hin.
„Bist Du nun zufrieden?" fragte Buchen lächelnd.
„Muß ich nicht," entgegnete die junge Frau scherzend. „Wenn Du als Mann je anders sein könntest!"
„Gewiß werde ich noch anders sein!" rief Buchen. „Bist Du erst ganz — ganz meine Cläre, so muß sich mein Glück bis auf den höchsten Gipfel steigern."
„Zuviel Glück macht leicht überdrüssig."
„Wenn es stets dasselbe bleibt," warf Buchen ein.
„Aber nicht, wenn jeder Tag, jede Stunde neue Seiten desselben zeigt."
Er hatte sie an einen schattigen, mit von Buschwerk halb umschlossenen Platz geführt und zog sie sanft auf eine Bank zu sich nieder.
„Seit Jahren habe ich Dich geliebt und mich nach Dir gesehnt!" flüsterte er.
„Und doch hat Dir niemand ange
sehen. daß Du Dich als Junggeselle unglücklich fühltest."
„Durfte ich zeigen, daß ich Dich liebte
— Dich, die Frau eines andern? Ein Diener nahte sich dem Platz, einen Brief in der Hand.
Unwillig, gerade jetzt gestört zu werden, trat er ihm entgegen. „Ich will allein sein," herrschte er ihm entgegen, ohne daß seine Braut es hörte.
Ungelesen wollte er den Brief in die Tasche stecken.
„Du liest ihn nicht?" fragte seine Braut.
Erst jetzt warf er einen näheren Blick auf die Adresse und das Siegel.
„Er ist vom Gericht," erwiderte er gleichgiltig. Zugleich erbrach er ihn. Seine Stirn zog sich in Falten, als er ihn laß.
„Was hast Du?" fragte die junge Frau, welche ihn beobachtete, besorgt.
„Nichts — nichts! Eine Kleinigkeit
— aber — sie ist mir doch unangenehm."
„Was ist es?"
„Ich muß morgen in die Stadt — als Zeuge in der unglückseligen Untersuchung wegen des Mordes. Schon zweimal bin ich verhört worden. Ich habe nichts mehr zu sagen, als was ich bereits zu Protokoll gegeben."
„Und der wirkliche Mörder ist immer noch nicht gefunden?"
„Der wirkliche Mörder?" wiederholte Buchen.
„Ich hörte, der Waldhüter sei unschuldig."
„Er hat den Mord begangen." erklärte Buchen bestimmt.
Zeuge nicht gegen ihn," bat seine Braut. „Ich denke es mir entsetzlich, wenn Du dazu beitrügest, daß er verurteilt wird und wäre dennoch unschuldig."
„Ich kann nicht anders. Soll der Mord des Advokaten ungerächt bleiben? Dann gäbe es für niemand mehr Sicherheit. DaS kannst auch Du nicht wünschen."
„Mil einem solchen rohen Mörder werde ich auch nie Mitleid fühlen, aber seine Schuld muß unzweifelhaft klar bewiesen sein."
„Sie ist bewiesen," erwiderte Buchen und lenkte das Gespräch auf einen andern Gegenstand.
Seine heitere Laune wollte in dem früheren Maße nicht zurückkehren. Ein aufmerksamer Beobachter hätte sofort wahrnehmen müssen, daß von diesem Augenblick an sein ganzes Wesen etwas Gezwungenes hatte. —
(Fortsetzung folgt.)
Gunnislake (England), 9. Juli. In der Menagerie Bridgman wurde am Sonntag der unter dem Namen „Capitän Cordona" bekannte Löwenbändiger Thomas Bridgman von dem Löwen „Wallace" in Stücke gerissen. Wallace hatte während der Uebungen, die Cordona mit seinen Löwen vornahm, zu wiederholten Malen Beweise seiner Bösartigkeit gegeben. Wäh rend die vier anderen Löwen, durch die Peitsche Cordonas in Respekt gehalten, in einen Nachbarkäfig eintraten, zog sich Wallace in eine Ecke seines Käfigs zurück. In diesem Augenblicke wandte Cordona
den Kopf und vergaß einen Augenblick, ! das bösartige Tier zu fixieren. Mit einem wilden Sprung stürzte sich der Löwe auf seinen Herrn, warf ihn mit seinen Tatzen zu Boden und drückte seine Krallen in das Fleisch Cordonas. Die Zuschauer brachen in ein wildes Geschrei aus, was den Löwen noch mehr zu erbittern schien. Cordona bewahrte geraume Zeit seine Energie und wehrte sich so gut es ging. Als er um Hilfe rief, geschaht etwas ganz unerhörtes. Die vier andern Löwen eilten aus ihrem Käfig herbei, stürzten sich aus Wallace und verteidigten ihren Herrn ; gegen das wilde Tier. Es war ein fürchterlicher Kampf. Hätten die Menagerie- wärter, welche mit eisernen Stangen auf die Löwen einschlugen, die Tiere nicht unnötig gereizt, so wäre Cordona vielleicht gerettet worden. In der Aufregung dachte jedoch niemand daran die Pforte des Käfigs zu öffnen, und so wurde Thomas Bridgman von Wallace buchstäblich zerstückelt. Das wilde Tier, ein prächtiger Löwe aus dem Atlas, das nicht zum ersten Male seinen Meister angegriffen hatte, wurde noch an demselben Tage erschossen.
(Das Dörren der Kirschen.) Nachdem „Fruchtgarten" werden die Kirschen zuvörderst entstielt und dann so auf die Horde gelegt, daß die Stielwunde nach oben schaut, wodurch ein Auslaufen des Saites vermieden wird. Auch . dürfen die Früchte stets nur nebeneinander gelegt werden. Es ist das wichtigste, mit niedrigen Temperaturen zu beginnen, da Steinobst, in Temperaturen von 80 bis 100° C. gebracht, gern platzt. Während man Kernobst von unten nach oben in dem Apparate dörrt, geschieht dies bei Steinobst umgekehrt, indem die erste, mit Früchten belegte Horde oben auf den Hordenstoß zu liegen kommt und mit der nächstfolgenden ebenso verfahren wird. Es werden aus diese Weise die Früchte erst nach und nach der heftigen Wärme ausgesetzt. Sonst ist auf eine mäßige Temperatur zu halten; man sollte bei Kirschen nicht über 70—80° C. gehen, um sie geschmeidig zu erhalten. Man kann sie mittelst besonderer Apparate auch entsteinen, um sie dann erst zu dörren. Entsteinte Kirschen sind ein vorzüglicher Stoff für Kompote und ein beliebter Handelsartikel, der oft als Ersatz für Rosinen benützt und gut bezahlt wird. Der Preis stellt sich um zwei Drittel höher, als der nicht entsteinter.
Die Dörrzeit für Kirschen beläuft sich auf zwei ( Stunden, eine Zeit, die man dadurch noch herabsetzen kann, daß man die Frucht vor dem Dörren etwas an der Luft abwelken läßt.
(Uebertrumpst.) Russe: „Bei uns hat jede gut gestellte Familie ihren eigenen Koch." — Münchener: „Dös is gar nix.
Bei uns hat jeder Soldat seine Köchin."
Auflösung des Städterätsels in Nr. 110. !
Petersburg ^
Rom >
Br
London j
Berlin Riga Frankfurt
Cadix. Bordeaux.
Wetterübersicht. Der Luftwirbel über der Ostsee ist abgezogen. Ein den ! größten Teil von Deutschland und Frank- ^ reich einnehmender Hochdruck hat bei uns eine wesentliche Aufheiterung bewirkt. Der Hochdruck über Süddeutschland ist im Zunehmen begriffen, so daß Aussicht auf heiteres, beständiges Wetter vorhanden ist.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.