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setzt werden mußte, der aber diesmal den Antisemiten Recht gab. In Prag dauern die Lümmeleien der Czechen gegen die Deutschen noch immer fort, sogar deutschsprechende Damen, welche die Prager Ausstellung besuchen, sind vor thätlichen Insulten nicht sicher und sobald irgendwoher vom Ausland, namentlich von Frankreich oder Rußland, fremde Ausstellungsbesucher kommen, werden dieselben in großartiger Weise gefeiert und dabei wird über die Deutschen, über den Dreibund u. s. w. hergefallen, als ob Prag schon eine russische Stadt wäre.
Ausland.
Aus Amsterdam 9. Juli wird gemeldet: Gestern Abend entgleiste der Eil- zug von Arnhem nach Rheine bei Lochern. Die Maschine siel in das Wasser. Zwei Schaffner wurden schwer verwundet. Kein Reisender wurde verletzt.
Wie einzelne Blätter wissen wollten, soll der Kaiser von Rußland ärgerlich sein über die judenfreundlichen Gesinnungen seines Schwagers, des Kronprinzen von Dänemark, welcher sogar dem dänischen Oberrabbiner einen Besuch gemacht habe; deshalb wolle der Zar dieses Jahr nicht nach Kopenhagen kommen. Von anderer Seite wird dagegen versichert, die Zarenfamilie werde am 1. August in Kopenhagen eintreffcn und bis gegen Ende September daselbst verweilen worauf der Zar seinen Rückweg über Berlin nehmen und dem deutschen Kaiser einen Besuch abstattten werde.
Mi'yt'llen.
Ein Verbrecher.
Erzählung von Feodor Bern.
«Fortsetzung.)
Der Untersuchungsrichter Conradi horchte auf. „Er hat ihn nicht begangen?
— Habt Ihr Beweise, die ihn entlasten?
— Wer ist der Mörder?"
„Ich weiß es nicht — ich habe keine Beweise; aber Steingruber ist einer solchen That nicht fähig. Er hat das Geld gefunden, er hat es mir beteuert."
„Alle Beweise sprechen gegen ihn. Er hat das Geld aus der Brieftasche genommen und sie darauf an jener Stelle verbrannt."
Schweigend niedergebeugt stand Heinrich da. Mit der freudigen Hoffnung, etwas gefunden zu haben, was vielleicht die Unschuld von Maries Vater beweisen konnte, war er hierher gekommen, jetzt hatte er nur einen Beweis mehr, der gegen ihn zeugte, gegeben.
Eonradi bemerkte sein betrübendes Gesicht. „Seid Ihr mit dem Waldhüter verwandt?" fragte er nicht vhne Teilnahme.
„Nein."
„Ihr zeigt doch viel Teilnahme für sein Geschick — habt ihn gestern sogar im Gefängnis besucht?"
„Ich — ich kenne seine Tochter," erwiderte Heinrich verlegen.
„Sie ist Euer Schatz?"
„Ja."
„Die arme Familie dauert mich," fuhr der Richter fort, „das Mädchen vor allem, es ist noch jung und hübsch. - Nun, ihr
Vater ist ja noch nicht verurteilt; es sprechen allerdings schwere Beweise gegen ihn, aber es ist immer die Möglichkeit, daß er den Mord nicht begangen hat. Habt Ihr vielleicht gegen jemand Verdacht ?"
„Nein," entgegncte Heinrich. „Ich bin nur überzeugt, daß Steingruber den Mord nicht begangen hat."
Der Richter zuckte mit deu Achseln. Von Ueberzeugungen darf sich der Richter nicht bestimmen lassen. Für ihn gelten allein Thatsachen und Beweise.
Mit schwerem Herzen kehrte Heinrich heim. Für Maries Ruhe war es besser, er verschwieg ihr, daß er die Sachen gefunden, daß er bei dem Richter gewesen war — helfen konnte er ihr ja doch nicht. Entweder war der Richter von vorn herein von einem Vorurteil gegen ihren Vater befangen oder unglückliche Zufälle hatten sich vereint, eine Schuld, ein Verbrechen auf ihn z» wälzen, welches er nicht begangen hatte. — —
Die Verlobung des Herrn von Buchen mit Frau von Friesen war öffentlich bekannt gemacht. Sie überraschte nicht, weil man längst wußte, wie eifrig Buchen sich um ihre Hand bemüht hatte, dennoch wurde viel darüber gesprochen.
Frau von Friesen hatte viele Bewerber gehabt und manche fanden es unbegreiflich, daß sie an Buchen ihre Hand und ihr bedeutendes Vermögen verschenkt hatte. Sie wußten nicht, daß er schon von ihrer ersten Vermählung einen Platz in ihrem Herzen eingenommen und ahnten nicht, wie liebenswürdig und fesselnd Buchen sein konnte, wenn er sich Mühe gab, es zu sein. Wohl hatte er früher ein etwas rohes und sehr ausschweifendes Leben geführt, dies war auch kein Geheimnis geblieben, dennoch und vielleicht gerade deshalb besaß er den Damen gegenüber eine fast unwiderstehliche Macht. Er kannte alle ihre Schwächen und verstand sie äußerst fein und vorsichtig zu benutzen — darin bestand seine Macht.
Frau von Friesen machten ihre Neider es zum Borwurf, daß sie schon wieder daran denke, sich zu vermählen, nachdem ihr erster Gemahl noch kein volles Jahr tot war. Ohnehin hatte die Art und Weise, wie er gestorben war, für sie doppelt schmerzvoll sein müssen.
In bester Gesundheit war er zur Jagd in den benachbarten Wald gefahren. Die Gutsbesitzer aus der ganzen Umgegend hatten daran teil genommen. Nach Beendigung der Jagd hatten, wie gewöhnlich zu geschehen pflegte, die Gutsbesitzer sich in einem in dem Walde gelegenen Wirtshause vereint, um dort ein lustiges Mal einzunehmen.
Wie gewöhnlich wurde tüchtig dabei getrunken und die Zecherei hatte bis gegen Morgen gewährt. Eines sich einstellenden Unwohlseins wegen hatte Herr von Friesen sich etwas früher entfernt. Er schob dasselbe auf eine Erkältung, welche er sich bei der Jagd zugezogen. Es war in der That sehr schlechtes unfreundliches Wetter gewesen.
Zu Hause angekommen, hatte sich das Unwohlsein bedeutend gesteigert. Dennoch hatte er es leicht genommen und das
Rufen des Arztes abgelehnt. Heftiges Erbrechen, krampfartige Schmerzen hatten sich eingestellt. Erst in der folgenden Nacht wurde ein Arzt gerufen, er war aber schon zu spät gekommen, unter Krämpfen war der Kranke bereits verschieden.
Aus den Angaben der Diener — Frau von Friesen war in ihrem Schmerz unfähig zu jeder Mitteilung gewesen — hatte der Arzt auf einen hinzugekommenen Schlagfluß geschlossen. Eine Obduktion der Leiche hatte nicht stattgefunden. Wozu auch.
Nach Beerdigung des Toten, bei der sämtliche Teilnehmer an der Jagd sich eingefunden, hatte sich unter dem Volke das Gerücht verbreitet, Herr von Friesen sei keines natürlichen Todes gestorben — er sei vergiftet. Der Diener, welcher ihn während seiner kurzen Krankheit vorzugsweise mit gepflegt hatte, wollte Erscheinungen bemerkt haben, welche auf eine Vergiftung schließen ließen.
Auch Frau von Friesen vernahm dies Gerücht. Die krampfartigen Zufälle ihres Mannes hatten wahrscheinlich dazu Veranlassung gegeben. Sie glaubte nicht daran. Wie hatte auf der Jagd Gift an ihren Mann gelangen sollen und krank war er bereits von der Jagd gekommen. Bei dem Mahl hatte er von denselben Speisen gegessen, von denselben Weinen getrunken wie die Uebrigen und keiner derselben hatte au sich auch nur das geringste Unwohlsein bemerkt.
(Fortsetzung folgt.)
(Kindermund.) Die kleine Elisabet soll als deutsche Arbeit das Märchen vom Dornröschen wiedererzählen und schreibt: „Und da gab der Prinz dem schlafenden Dornröschen solch einen schallenden Kuß, daß Alle im Schlosse erwachten."
(Bei der Schneiderin.) „Sagen Sie, liebe Frau Müller, wie kommt es denn, daß Sie bei mir fünf Mark mehr „Fahvn" gerechnet haben, als bei meiner Freundin?" — „Ja, gnädige Frau haben eine so stattliche Figur, daß ich glaubte, bei Ihnen den Amazonentarif in Anwendung bringen zu müssen."
Citatenrätsel.
Aus jedem der nachfolgenden Citate ist ein Wort zu nehmen, so daß sich der Anfang eines bekannten Gedichtes von Goethe ergiebt:
1. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten.
2. Und ging mir's schlecht, ich klagte nicht.
3. Im schwarzen Walfisch zu Askalon.
4. Im grünen Walde hat der Lenz setzt seinen Wohnsitz aufgeschlagen.
5. Mir ist so kannibalisch wohl.
6. Süß ist's, fürs Vaterland zu sterben.
7. Mich ergreift, ich weiß nicht wie, himmlisches Behagen.
8. Lustig Blut und leichter Sinn, hin ist hin, hin ist hin.
Wetter - Uebersicht. Im Westen von Großbritauieu hat sich hoher Luftdruck eingestellt. Die Wetterlage in Deutschland wird noch beeinflußt durch einen über der Ostsee befindlichen Luftwirbel, der bei westlichen Winden vorerst noch trübes, zeitweise regnerisches, kühles Wetter veranlaßt.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.