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Fluß gestürzt; ein Waggon zweiter Klasse liegt zusammengedrückt auf dem Boden des Birsbettes. In demselben haben sich wahrscheinlich fremde Reisende befunden. Auf dem Birsgrunde werden noch viele Opfer vermutet. Um die Räumungs­arbeiten zu beschleunigen und die Leichen aus dem Trümmerfelde emporzuheben, ist

auf dem Brückenkopf ein Krahn aufge­

fahren. Der im Steigen begriffene Fluß erschwert die Arbeiten, welche mit großer Anstrengung ausgeführt werden. Im

Nationalrate in Bern gedachte der Präsident Lachenal heute des furchtbaren Unglücks wie gestern der Präsident des Ständerats.

Ausland.

Paris, 15. Juni. DemEcho de Paris" zufolge wird die Zahl der Feld­artillerie-Regimenter im nächsten Jahre von 38 auf 40 erhöht werden. Doch

sollen die nötigen 24 Batterieen nicht sofort hergestellt, sondern vorläufig teil­weise den bestehenden Regimentern ent­nommen werden.

Nizza, 15. Juni. Das Garibaldi- Monument ist in der Nacht mit Terpentin begossen und zum Teil zerstört worden.

Rom. 15. Juni. Die deutsche Flotte wird Ende Juli im adriatischen Meere gemeinsame Uebungen mit den italienischen und österreichischen Flotten ausführen.

Mailand, 14. Juni. Die Aus­wanderung nach Südamerika hat in den letzten Monaten wiederum wesentlich zu­genommen und die der GesellschaftVeloce" gehörenden Dampfer sind andauernd stark besetzt. Der heute von Genua nach Buenos Aires abgehende Dampfer dieser GesellschaftNordamerika", hat abermals über 1000 Passagiere an Bord.

London, 15. Juni. Das hier um­laufende Gerücht, daß der Prinz von Wales zugusten seines Sohnes abdanken werde, hat. obzwar unbegründet, doch eine große innere Wahrscheinlichkeit für sich. Es sind mannigfache Kundgebungen von der Kanzel und den Rednerbühnen herab gegen den Prinzen zu verzeichnen, darunter ist die Rede des Unterhausmitgliedes Cobb vom vergangenen Samstag zu erwähnen, in welcher es heißt:Wie der Mohame- daner seinen Gcbetsteppich; wie der Trunkenbold seine Schnappsflasche; wie der Dieb seine Einbruchswerk so führt der Prinz von Wales seine Spielmarken mit sich, um ein ungesetzliches Spiel zu spielen. Hätte er statt auf einem Landsitze etwa im Eisenbahnwaggon gespielt, so hätte er nach den Landesgesetzen alsein Schelm und Vagabond" (ns a roZuo anä va§a- donä) verhaftet und verurteilt werden können." Das ist allerdings starker Ta­bak und kann selbst den stärksten Mann zu Abdankungsgedanken bringen!

MiMtlcn.

Ein Verbrecher.

Erzählung von Feodor Bern.

(Fortsetzung.)

Auf dem Gut des Herren von Buchen war alles in größter Thätigkeit und Auf­regung. Die Vorkehrungen zu einer am Abend stattfindenden Gesellschaft wurden getroffen und von Buchen war in solchen

Sachen peinlich, er liebte alles so glänzend als möglich. Für ihn hatte die Gesell­schaft noch ein ganz besonderes Interesse. Er zählte einige vierzig Jahre und war noch unverheiratet. Indes hatte er sich gut gehalten und sah fast um zehn Jahre jünger aus.

Er würde nie daran gedacht haben sich zu verheiraten, denn das Junggesellen- leben mit seinen unbeschränkten Freiheiten gefiehl ihm nur zu gut. Ein andrer Um­stand kam aber hinzu. Das Gut gehörte zu den größern und brachte bedeutende Einkünfte. Diese hatten aber für sein glänzendes Leben und seine teuren Pas­sionen nie ausgereicht und er hatte es mit Schulden überhäuft, ohne daß dies allge­meiner bekannt geworden war.

Buchen war der Mann um solches zu verbergen.

Stets lächelnd und zuvorkommend schien seine Ruhe durch nichts gestört werden zu können. Noch niemand hatte gesehen, daß er die Fassung verloren.

An dem Abend dieses Tages erwartete er eine junge und schöne Witwe, Cläre von Friesen. Sie hatte sein Herz, so viel als dies möglich war, gewonnen, deshalb würde er doch nicht daran gedacht haben, seine goldene Freiheit aufzugeben, wäre sie nicht zugleich sehr reich gewesen. Sie hatte ihren Mann nur zwei Jahre be­sessen. Derselbe hatte ihr außer einem großen Gut noch ein bedeutendes Ver­mögen hinterlassen. Sie war alleinige Erbin desselben, da sie keine Kinder be­saß-

Buchen hoffte ihre Hand und ihr Ver­mögen zu gewinnen. Ehe sie den Herrn von Friesen geheiratet, hatte sie ihn sehr gern gehabt. Das wußte er und baute darauf seinen Plan. An das Scheitern desselben dachte er nicht, da er von seiner Liebenswürdigkeit die beste Meinung hatte, und er besaß in der That ein gewinnendes Aeußere und feine Sitten.

Und noch aus einem andern Grund war ihm diese Heirat erwünscht. Mit der Gemeinde einer nahen Stadt führte er einen Prozeß um eine bedeutende Wald­ung. Dieselbe war vor vielen Jahren als ein Lehen an den Besitzer seines Gutes gegeben, an einen Herrn von Waldheim. Mit dem Aussterben des Waldheimschen Geschlechts oder bei dem Verkauf des Gutes sollte die Waldung nach einer in dem Lehnsbrief ausgesproche­nen Bedingung an die Gemeinde der Stadt fallen. Dieser Fall war eingetreten, als Buchens Vater das Gut gekauft hatte von einem alten Herrn von Waldheim, der wenige Jahre darauf gestorben war

Die Gemeinde hatte damals sogleich Klage wegen der Waldung erhoben. Allein diese hatte zu einem langen Prozeß ge­führt, da der Lehnsbrief bei einem Feuer, durch welches der größte Teil des Stadt­archivs verbrannt war, wahrscheinlich ver­loren gegangen war. Zum wenigsten war er nicht zu finden. Buchen war im Besitz der Waldung geblieben. Der Prozeß war in verschiedenen Instanzen zu seinen Gun­sten entschieden, allein die Gemeinde hatte ihn stets von neuem wieder ausgenommen. Sie führte ihn gegenwärtig mit erneuter Anstrengung. Buchen lebte ja der festen

Ueberzeuguug, daß der Lehnsbrief der in den Händen derer von Waldheim ge­wesen, war merkwürdiger Weise gleichfalls verschwunden mit verbrannt war; allein zu Zeiten erregte doch der Gedanke, daß er noch zwischen alten Papieren des Ar­chivs versteckt sein und aufgefunden werden könne, ihm Unruhe. Fand sich der Lehns­brief, mußte er die Waldung abtreten und der Stadt Entschädigung für die langen Jahre der Benutzung geben so war er ein Bettler.

Als Gemahl der Frau von Friesen konnte ihn dies freilich weniger treffen, denn deren Vermögen mußte auch in diesem Fall unantastbar bleiben.

An diesen Prozeß dachte von Buchen an diesem Tage nicht. Die Vorbereitungen zu der Gesellschaft an dem Abend nahmen ihn ganz in Anspruch.

Ermüdet begab er sich am Nachmittag auf sein Zimmer. Er wollte sich einige Erholungen gönnen. Um so unange­nehmer berührte es ihn, als ein Diener eintrat und den Advokat Fernau anmel­dete. Fernau war der Rechtsanwalt seiner Gegner, der städtischen Gemeinde.

Was will er?" fuhr er unwillig auf.

Fernau trat ins Zimmer, che der Diener zu antworten vermochte. Es war ein kleiner Mann. Aus seinen Augen sprach ein entschlossener Sinn. Um seinen Mund zuckle oft ein spöttisches Lächeln. Es gab ihm den Ausdruck geistiger Über­legenheit.

(Fortsetzung folgt.)

(Paradox. Professor:Sagen Sie mir, Herr Kollega, ist das nicht ein eigentümlicher Sprachgebrauch? Sie er­klären, daß Sie meine Ansichten teilen also sind unsere Ansichten nicht geteilt; wenn Sie aber meine Ansichten nicht teilen, dann sind die Ansichten geteilt!"

(Ein feiner Kniff.) Sag' mal, Meher, wie kannst Du denn bestehen, wenn Du Deine Waaren zum Selbstkostenpreis ai>- giebst, wie Du ankündigst? Ich kaufe sie eben unter dem Selbstkostenpreise ein!

Gedankensplitter.

Eine große Lüge findet eher Gehör als eine große Wahrheit.

Da das Glück so sehr verfolgt wird, kann es > nicht wundern, wenn es flüchtig ist. ^

Es ist leicht erklärlich, daß den Menschen immer ^ nur leichte Gedanken in den Sinn kommen, de f schwere im Kopfe nur langsam aussteigen können, s

Dreisilbiges Rätsel.

1 - '

Voll Jubel jedes von mir spricht,

Komm ich nach stürm'scher Fahrtin

Sicht."

2 .

Bedrängt der Feind das Vaterland,

Dann Mut gefaßt und mich zur Hand!

3.

Von mir verlangt man Festigkeit

Und Treue, Kraft und Redlichkeit.

1 2 u. 3

Mit Ernst zwar zieh' in den Strauß,

Laß ich doch Weib und Kind zu Haus;

Doch kämpft' ich tapfer und hielt Stand

Mit Gott für König, Vaterland."

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.