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' ater zu verhüten suchen, denn sie wußte wie zornig der werden konnte.
„Ich werde sie Dir zeigen," fuhr der Waldhüter heftig auf. „Laß Dich nicht wieder hier blicken, sonst — werfe ich Dich hinaus!"
Er schritt auf Heinrich zu, als wollte er schon jetzt seine Drohung in Ausführung bringen. Dieser stand unbeweglich da. Um seinen Mund zuckte ein spöttisches Lächeln. denn er wußte, daß der Waldhüter nicht wagen werde, ihn anzugreifen. Er kannte seine überlegene Kraft. Ohne ein Wort zu erwidern, verließ er das Zimmer und Haus und schritt langsam durch das Dorf hin, nicht der Wohnung seinerz Mutter, sondern dem Wirtshaus zu.
Ja. er war ein wilder, unbändiger Bursche. Daß er es indes war, daran waren andere schuld. In den erbärmlichsten Verhältnissen war er ausgewachsen. Seinen Vater hatte er nie gekannt — er wußte nicht einmal, wer er war. Seine Mutter war ein bildschönes Mädchen gewesen. Der Gutsbesitzer, Karl von Buchen, hatte ihr einst nachgestellt, ihr selbst Versprechungen gemacht, denen das thörichte Mädchen nur zu viel Glauben beigemessen hatte. Sie war ein junges Ding von siebzehn Jahren gewesen. Der junge Gutsbesitzer kaum ein Jahr älter. Nur zu bald war er des Mädchens überdrüssig geworden und hatte es verlassen.
Dies hatte das Mädchen sich so sehr zu Herzen genommen, daß ihr Verstand gelitten. Sie hieß seitdem im Dorf nur „die närrische Liese". Ungefähr ein halbes Jahr darauf war Heinrich geboren — der Sohn der „närrischen Liese." Halb auf Kosten der Gemeinde war er erzogen. Und er hatte es bei jeder Gelegenheit hören und fühlen müssen, daß niemand seinen Vater kannte, daß seine Mutter „närrisch" war und daß er von der Gemeinde unterhalten wurde, wie auch seine Mutter.
Das war es, was ihn schon als Jungen wild und trotzig gemacht hatte, denn sein Herz war empfindlich und er fühlte, daß er so gut wie jeder andre Junge war.
Sobald er nur einigermaßen herangewachsen war, hatte er jede Unterstützung der Gemeinde zurückgewiesen, auch für seine Mutter. Er selbst hatte für sie gesorgt. und keine Arbeit war ihm zu schwer geworden, denn er war kräftig, hatte einen Hellen Kopf und offene Augen.
Nun hatte er sich auch von keinem Bauern mehr so wie früher behandeln lassen, und mehr als einmal hatte er Streit gehabt und von seinen kräftigen Fäusten Gebrauch gemacht, wenn jemand seine Mutter „die närrische Liese" genannt hatte.
Als aber auch der Gutsbesitzer eines Tages seine Mutter „närrische Liese" genannt hatte, da war sein ganzer Unwille in ihm losgebrochen. Das hatte freilich damit geendet, daß Herr von Buchen ihn aus dem Dienst gejagt und verboten, je wieder seinen Hof oder Garten zu betreten.
Die Bauern halten hierin eine neue Bestätigung gefunden, baß Heinrich ein streitsüchtiger, wilder und trotziger Bursche sei.
Manche hatten sich schon im Stillen darauf gefreut, daß er nun zu ihnen kommen und sie um Arbeit bitten müsse, und halten sich vorgenommen, ihn dann ein wenig zu demütigen. Heinrich war indes zu niemand gegangen. Auf eigene Faust hatte er gelebt. Anfangs wußte niemand wovon, und doch verthat er im Wirtshaus und auf dem Tanzboden viel Geld; bald erzählte man sich, daß er Waren über die Grenzen pasche und durch Wilddieberei
sich manchen Thaler verdiene. —-
(Fortsetzung folgt.)
Eine Wette kommt in dieser Woche zwischen München und Wien zum Austrag. Zwei Mitglieder des Münchener Velozipcd- Clubs „Germania" haben mit 1000 Einsatz gewettet, daß der eine der Kontrahenten per Bicycle schneller nach Wien und von dort wieder nach München zurückkommt, als der andere anderthalb Millionen Striche auf dem Papier zu zeichnen imstande ist. Der Distanzfahrer, wie der „Strichclmacher" werden durch bestimmte Mitglieder der „Germania" überwacht. Für die Striche ist das Maß angegeben und wurden eigene rubrizierte Bögen an- gefertigt. Man glaubt, daß der Distanzfahrer siegen werde.
A uch ein Zeichen der Zeit. Der Kassier der sozialdemokratischen Partei, Abg. Bebel, veröffentlicht kürzlich im „Vorwärts" eine Quittung über die bei ihm im Mai eingegangenen freiwilligen Beiträge zum sogen. Maifong. Recht bezeichnend ist in der Quittung folgender Vermerk: „Revolutionäre Konfirmanden zu Alt- und Neu-Gersdorf, erzogen durch Pastor M.. 7,15
Die PariserFeuerwehr bildet ein Regiment von 2 Bataillonen und 6 Kompagnien. Es zählt 51 Offiziere und 1693 Soldaten. 1890 hat die Feuerwehr 1052 Brände gelöscht. Der durch diese Brände angerichtete Schaden beläuft sich auf 9'/« Mill. Frcs.
Die Kaiserin Eugenie hat sich in Nizza angekauft. Während ihres letzten Aufenthaltes daselbst trug sie sich, wie folgt, eigenhändig in die Fremdenliste ein: Marie Eugenie. Gräfin von Pierrefonds, 64 Jahre alt. Geboren zu Granada in Spanien. Naturalisierte Französin. Witwe.
(Wie schwer es ist. das große Los zu gewinnen), hat ein russischer Statistiker herausgerechnet. Nach Professor Janson bat von je 33 333 Männern und 100000 Frauen alljährlich ein Mann und eine Frau die unangenehme Chance ermordet zu werden. Am 1. Juli 1891 wird das große Los eine Person von 846 400 gewinnen; im ganzen Jahr also — eine Person von 243 200. Auf diese Weise hat jeder Mann 15 mal mehr Chancen und eine Frau 4 mal mehr Chancen ermordet zu werden, als das große Los zu gewinnen!
(Lebensdauer der Ameisen.j Sir John Lubbok beschäftigte sich schon seit Jahren mit den Lebensgewohnheiten und Fähig
keiten der Ameisen. Zwei Königinnen, welche sich in einem Neste befanden, erreichten das Alter von 5 Jahren. Hingegen in vier anderen Nestern von verschiedenen Ameisenarten, welche sämtlich ohne Königinnen waren, sodaß keine Arbeiter produziert werden konnten, wurden die Ameisen vier Jahre alt. Eine derartige Lebensdauer der Ameisen hatte Lubbok nicht erwartet.
(Im Allerweltsbazar.) Herr (nachdem er seine Einkäufe gemacht): Ich möchte mich jetzt rasieren lassen. — Kommis: Zum Barbier — bitte, eine Treppe links. — Herr: Schneidet der auch nicht? — Kommis: Nein, der, der schneidet, wohnt rechts. Zwei Treppen hoch wohnt der Hundescheerer. — Herr: Was? Ich werde Sie wegen Injurien verklage. — Kommis: Immer geradeaus den Gang entlang - da kommen Sie zum Rechtsanwalt.
(Geringe Erwartungen.) Student: „Bringen Sie mir. bitte mein Abendbrot Philöse, eine Knackwurst und ein Milchbrötchen." Wirtin: „Sie vergessen vermutlich. daß Sie vom Herrn Professor L zum Abendessen eingeladen worden sind!" Student: „Gut, daß Sie mich daran er- innern; da bringen Sie mir. bitte, zwei Knackwürste und zwei Milchbrötchen."
(Gut qualifiziert.) Polizeivorsteher: „Sie haben sich zum Polizeidiener gemeldet, Krapser; haben Sie denn auch einen Begriff von den Pflichten. die Sie übernehmen? Wenn Sie z. B. eine Brieftasche mit einigen Tausend Mark fänden, was würden Sie dann thun?" Krapser: „Gar nichts mehr!"
S1ude»ter»lied.
Wenn ich mein Mädel wär',
Thät' ich mich kränken;
Wenn ich mein Schneider wär',
Thät ich mich henken.
Wenn ich mein Alter wär' —
Gott, ich verzweifel'!
Und wenn mein Geld ich wär',
Ging ich zum Teufel.
Gedankensplitter.
Wo der Wunsch der Vater des Gedankens ist, ist die Eitelkeit meistens seine Mutter.
Konkurrenten sind meist zuvorkommende Leute.
Die Macht der Gewohnheit ist eine Schwäche.
Mucken sind wie Mücken. Sie kommen, peinigen kurze Zeit und vergehen dann wieder.
Mancher Erfolg ist weniger Glücks- als Cliquesache.
Es sind nur die kleinen Steine, an denen man stolpert; den großen geht man aus dem Weg.
Ruhe suchen kannst du dort und hier, Ruhe finden kannst du nur in dir.
Auflösung
des mathematischen Scherzes in Nr. 92.
'/« ist krank, also bleiben °/s übrig; es bleiben aber auch
11 -j- 7 -j- 20 ff- 17 — 55, also »/« ^55; '/a — 11 und "l- — 66. Der I. hat also 66 und der H. 66 -f- 4 —76 Schüler.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh IN Neuenbürg.