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Württemberg.
Stuttgart, 30. April. (Württemb. Landtag.) Bei der gestrigen Beratung des Post- und Telegraphen-Etats kamen eine ganze Reihe von Wünschen aus Abgeordnetenkreisen zur Sprache, die sich auf Verkehrserleichterungen bezogen. Schosser trat für die Herabsetzung der Telegraphengebühren für den Nachtverkehr ein und Spieß wünschte die Einführung von Kartenbriefen, wie sie in Oesterreich bestehen. Der Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Minna cht verhielt sich diesen Wünschen gegenüber ziemlich ablehnend und verwies wegen der Herstellung dieser Kartenbriefe auf die Privatindustrie. Die Beteiligung an den Telegraphenanstalten nimmt in Württemberg rasend zu, seitdem die Abennementsgebühren von 140 M. auf 100 M. herabgesetzt worden sind. — Die Frage der Einschränkung des Sonntagsdienstes ward von dem Abg. Gröber angeregt und von einigen Prälaten bis zu einer Ausdehnung befürwortet, die mit der Entwicklung unserer modernen Verkehrsverhältnisse nicht in Einklang zu bringen ist. Das Haus sprach sich auch gegen einen Gröber'schen Antrag für die Ausdehnung des Landpostbotendienstes aus. — Der Abg. v. Leibbrand empfahl der Regierung, das Telegraphennetz über das ganze Land in der Art auszudehnen, daß alle größeren Städte unter einadder verbunden werden können. Die Anlagekosten berechnet der Redner auf 1,700,000 Mark. Die Bedienung der einzelnen Anstalten sollten die Gemeinden auf sich nehmen. Herr v. Milt nacht verhielt sich diesem weitgehenden Vorschlag gegenüber schweigend. Als Reinertrag der Posten und Telegraphen stellte man in den Etat ein pro 1891/92 1,719,980 M. und pro 1892/83 1,971,980 M.
Oesterreich.
Wien, 30. April. Zu Ehren der Vertreter, welche an den Verhandlungen über den deutsch-österreichischen Handelsvertrag teilgenommen hatten, fand gestern bei Minister v. Szoegyenyi eine Abfchieds- soiree statt, zu welcher auch der deutsche Botschafter Prinz Heinrich VII. Reuß, sowie die Gesandten Bayerns, Sachsens und Württembergs und die Minister, welche den Konferenzen beigewohnt hatten, geladen waren.
ZNis)rllt'n.
Echt.
Erzählung von Jenny Hirsch.
(Fortsetzung.)
Die Kommerzienrälin hatte, während der Beamte die letzten Fragen an Klara richtete, ihren Mann bet Seite genommen und angelegentlich mit ihm geflüstert. Er schüttelte zwar mit dem Kopfe und machte eine ungeduldige, abweisende Bewegung, trat alsdann aber doch hinzu und unterbrach das Verhör mit den Worten:
„Herr Kommisfarius, wie Ihnen der Herr Polizeipräsident gesagt hat, haben Sie die Güte gehabt, mich nicht in der Eigenschaft eines Beamten, sondern in der eines beratenden Freundes hierher zu be
gleiten. da ich keine offizielle Anzeige von dem Diebstahl gemacht habe. Ich danke Ihnen für Ihre, mir geleisteten Dienste, bitte aber, in Ihrem Verhör nicht weiter fortzufahren."
„Aber, Herr Kommerzienrat, ich glaube, mich soeben dem entscheidenden Punkte genähert zu haben."
„Eben deshalb, es giebt Dinge, die man nicht gern klar gestellt hat, nochmals nicht weiter, ich danke Ihnen."
Der Beamte hätte gern noch einige Fragen an Klara gerichtet, aber man ließ ihn nicht dazu kommen. Der Kommerzienrat komplimentierte ihn mit der größten Höflichkeit zur Thür hinaus und trieb sogar die Artigkeit so weit, ihn bis zur Hausthür zu begleiten. Er wünschte nicht, daß er noch einen der Dienstboten spreche.
Sobald die Herren das Zimmer verlassen hatten, nahm die Kommerzienrälin Klara bei der Hand auf einen niedrigen Sessel, den sich die Gesellschafterin in ihre Nähe zu rollen hatte.
„Klara," begann die Dome, „Sic geben sich vergebliche Mühe, den Dieb des Bechers zu schonen. Ich kenne ihn."
Das junge Mädchen fuhr erschrocken auf. „Sie kennen ihn!"
Die Kommerzienrätin lächelte. „Man kennt und weiß manches, was man sich nicht merken läßt. Ich kenne auch die unselige Neigung, die Sie für Georg haben oder hatten, darf ich wohl sagen, denn die letzte ehrlose Handlung, deren er sich schuldig gemacht, muß ja auch Ihre Verblendung aufgehoben haben."
„Herr Georg Blanke hätte sich einer ehrlosen Handlung schuldig gemacht?"
„Nach meiner Ansicht schon vieler, aber selbst die blindeste Liebe kann doch einen Diebstahl für nichts anderes halten als für eine ehrlose Handlung."
„Einen Diebstahl! Mein Gott, Sie glauben doch nicht etwa, daß Georg den Becher genommen habe?"
„Ich glaube cs nicht allein, ich bin überzeugt davon."
„Gnädige Frau, Sic befinden sich in einem schweren Irrtum."
„Kind, versuchen Sie doch nicht, mich zu täuschen. Sie wissen ebenso gut, daß er während der Zeit, wo Sie nach Ihrem Zimmer gegangen waren, um sich das Tuch zu holen, den Becher aus den Schranke genommen hat. Ihre Verlegenheit, Ihre Unsicherheit haben Sie verraten."
„Ich schwöre Ihnen —"
„Sündigen Sie nicht!" unterbrach sie die Kommerzienrätin, ich weiß es leider, daß Georgs Einfluß Ihrem Seelenheil schon schädlich geworden ist, bis zu einem Meineid werden Sie sich aber doch durch die Sorge um seine Sicherheit nicht verleiten lassen."
„Er hat aber den Becher nicht genommen, ich weiß gewiß, daß ich ihn nach seiner Entfernung noch in Händen gehabt habe," beteuerte Klara.
„Und Sie meinen wirklich, ich soll Ihnen das glauben?" entgegnete die Kommerzienrätin spöttisch. „Ei. so nennen Sie mir doch die Person, welche Sie für den Dieb halten, denn daß Sie Jemand in Verdacht habe», gestanden Sie mir ja bereits zu."
Klara antwortete nicht. Sie konnte, sie durfte ja das Verlangen der Kommerzienrätin nicht erfüllen, selbst um den Verdacht von dem Geliebten zu entfernen, konnte sie die Schwester nicht Preisgeben."
„Sic schweigen," fuhr die Dame fort, „nun ich will nicht weiter in sie dringen, brauche auch Ihr ausdrückliches Eingeständnis nicht, die Thatsachen reden laut genug. Es liegt uns natürlich selbst dn- ran, die Sache möglichst still abzumachen, der Unglückliche trägt ja den Na« meines Mannes. Er wird sich hoffentlich schwer bewegen lassen, das gestohlene G»t wieder herauszugeben."
„Was sollte den jungen Mann bewogen haben, ein solch niedriges Verbrechen zu begehen?" wandte Klara eie, „Seine Schulden. Wenn Sie daS Verbrechen selbst ein niedriges nennen, so werden Sie hoffentlich von Ihrer unglücklichen Leidenschaft geheilt sein. Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zm Besten dienen. Gehen Sie jetzt auf Ihr Zimmer, Sic bedürfen der Ruhe, ich werde mit meinem Mann beraten, was weiter in dieser Sache zu thun ist, auch soll weder er, noch sonst jemand erfahren, in welch schwerer Gefahr Sie gewesen sind.
Klara versuchte noch eine Entgegnung, die Kommerzienrätin wehrte ab. „Genug, genug, ich weiß alles!" dabei blieb sie, Vernichtet, zerbrochen wankte das ame Mädchen nach Ihrem Zimmer, wer sie so sah, hätte sie selbst für eine entkam Verbrecherin halten können, und wie ei»e solche kam sie sich auch selbst vor.
(Fortsetzung folgt.)
Arüljtingsankunst.
In jedem Herz erwachet neues Hoffen,
Die Bäume grünen und die Knospen sprießen, Sieh dort die Bächlein, die vom Eise offen, Geschwätzig schnell durch bunte Felder fließen! Und dort, am hohen Berg, am schroffen,
So lieblich Dich die Anemonen grüßen.
In grünen Zweigen singen Vögel ihre Lieder, s Herz, freue Dich, der Frühling kommt nun wieder, !
Es blüht und grünt in jedem Garten,
Sieh, schon betäuben sich die Kirsch- und Apfelbäume!
Dort thut der Gärtner seiner Blume warten, Daß nun gedeihen ihre jungen Keime.
Den Pflanzen, die so lange auf den Frühling
harrten,
Sind nun erfüllt die langen Winterträmne,
Die Sonne schickt die warmen Strahlen nieder, Herz, freue Dich, der Frühling kommt nun wieder.
Aus vollem Herzen möchte jetzt ich singen, . Denn lange, lange blieb der Frühling ans, i Wie möcht ich über Berg'und Thäler springen, Möcht winden mir den schönsten Blumenstrauß Wie locket, wenn der Vögel Lieder klingen,
Zum Spiel der holde Frühling mich hinaus.
Wie prangt die Welt im Frühlingskleide wieder, Herz, freue Dich, der Frühling stieg hernieder,
(Im Museum.) „Also das sind die Antiken? Sagen Sie mal, was versteh! man denn unter Antiken?" — „Nasch" Se, Antiken das is — seh'n Se — wen" mer alt und nackendig is un een'n e Ar>" oder e Beeu fehlt!"
(Dienstlicher Verweis.) „Jette, Jette, hättest du lieber Theresens Ernst." "" „Ach, Madame, den mag ich gar nicht-" mein Gottfried ist mir viel lieber!
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.