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sonst zerstreuten Soldaten eilten nach der Kaserne, wo sofort die erste Kompagnie des Infanterie-Regiments Nr. 80 marsch­fertig gemacht und jeder Soldat mit fünf scharfen Patronen ausgerüstet wurde; eS ging mittelst Extrazuges nach dem benach­barten Städtchen Windecken. Dort hatte der Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel eine antisemitische Versammlung anbcraumt, bei der es zu solchen Ausschreitungen und und Schlägereien gekommen war, daß die Ortsbehörde bei der Machtlosigkeit der an­wesenden Polizei telegraphisch militärische Hilfe von Hanau erbeten hatte. Als das Militär kurz nach 9 Uhr in Windecken eintraf, hatte sich der Aufruhr zum größten Teil gelegt und bei dem Anblick der ersten Pickelhauben trat vollständige Ruhe ein, so daß ein Einschreiten des Militärs nicht mehr zu erfolgen brauchte. Uebrigens soll es bei den Schlägereien für Dr. Böckel selbst etwas abgesetzt haben.

Ettlingen, 13. März. Das weit­hin bekannte Gasthaus z. Sonne ist gestern nacht abgebrannt. Das Feuer wurde erst bemerkt, als schon der ganze Dachstuhl brannte. Die anstoßenden Gebäude, sbe- sonders das katholische Pfarrhaus, waren in großer Gefahr, wurden jedoch gerettet.

Vom Boden see, 10. März. Erst seit wenigen Tagen ist der See vollständig vom Eise befreit. Am meisten hatte Bregenz zu leiden, dessen Hafen vom 18 bis 28. Januar und vom 14. Februar bis 6. März im ganzen 31 Tage lang gesperrt war.

Gundershofen, 8. März. Ein hie­siger Bürger fand beim Sandgraben in der Grube einen Beutel, der mit 20 000 Francs in französischem Gelde gefüllt war. Württemberg.

Bei Hofe fand gestern abend zu Ehren des 70. Geburtstages des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern eine größere Tafel statt, zu welcher der bayerische Ge­sandte und Gräfin von Tauffkirchen ein­geladen waren.

Stuttgart, 12. März. (Württ. Landtag.) Beratung des Hauptfinanzetat pro 1891/92. Abg. Sachs giebt seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die auf I Million Mark normierten Beiträge an die Gemeinden für Straßenbauten auf die Hälfte herabgesetzt worden sind. Der Finanzminister erwiderte, der Staat weise den Gemeinden jährlich 3 Millionen Mark zu. Die Zivilliste, wofür jährlich 1,709,418 M. eingestellt werden, wird angenommen. Bei dem Etat des De­partements der Justiz tritt der Abg. Egger fürHerabsetzungder Gerichts­und Anwaltsgebühren und Abschaffung des Advokatenzwangs ein. Der Abg. Haußmann (Gerabronn) plaidiert für die Entschädigung unschuldig Verurteilter. Der Justizminister v. Fab er wäre mit der Herabsetzung der Gerichtskosten ganz einverstanden, die württ. Regierung stehe aber im Bundesrat mit ihren Wünschen allein. Die Einnahmen der Anwälte möchte der Minister nicht weiter geschmälert sehen. Sehr sympatisch verhält sich auch Herr v. Fab er gegenüber der Entschädig­ung unschuldig Verurteilter. Thatsüchlich werden in Württemberg unschuldig Ver­urteilte allerdings in beschränkter Weise entschädigt und bestehe auch im Bundesrat

Geneigtheit, die Entschädigungsfrage im; Sinne der württ. Strafprozeßordnung zu regeln. Wolle die Kammer einen Spezial­posten für Entschädigungen an unschuldig Verurteilte in den Etat einstellen, so habe er (der Minister) nichts dagegen.

Ausland

Die Reichsratswahlen in Oester­reich nehmen noch immer ihren Fort­gang; doch kennt man jetzt ungefähr die Zusammensetzung des künftigen Reichstags. Aus Böhmen werden keine Altczechen mehr in demselben erscheinen. Dieselben haben vor den Jungczechen vollständig die Waffen gestreckt und nicht nur auf weitere Kan­didaturen. sondern auch auf bereits er­rungene Mandate verzichtet. Ob und wie die Regierung sich eine Mehrheit im neuen Reichstag verschafft, wird hauptsächlich von den Konzessionen an die Deutsch-Liberalen abhängen.

Die Engländer richten sich in Egypten immer mehr häuslich ein und denken nicht daran, das Land zu verlassen. Die von englischen Offizieren befehligten egyptischen Truppen haben nun den Mah- disten wieder die Stadt Tokar abgenommen und werden trotz aller Versicherungen später noch weiter gegen den Süden vor­zudringen suchen.

Telegramm an den Enzthäler. Berlin, 14. März. Windthorst ist heute früh 8 '/i gestorben.

MisMkn.

Der Iranzosenseiertag 1848.

(Fortsetzung.)

Im Oberamt Neuenbürg herrschte große Aufregung gegen forstamtliche Maß­regeln wegen Waide- und Laubstreu-Ge­rechtigkeiten, Forststrafen und Gilden, so daß ein eigener Regierungskommissär ge­sandt wurde. Badische Wühler schürten. Schon am 20. März zogen Ortsvorsteher und Bauern der Umgegend teilweise mit Fahnen und einem Anführer zu Pferd vor Forst- und Kameralamt, verlangten unter Drohungen Abhilfe von Beschwerden und Einsicht in die Dokumente. Auch in den folgenden Tagen strömten Landleute herein mit stürmischen Demonstrationen.*) Am 24. März war von mehreren Gemeinden eine Zusammenrottung in Neuenbürg ver­abredet. Haufe um Haufe zog drohend vor das Schloß, dem Sitz der obgenanntcn Aemter. Der Oberförster hatte Mut und Kopf verloren. Einheimische und Fremde waren im Gasthof zur Sonne versammelt, um sich gegenseitig zur Hilfe zu sein. In allen Gasthäusern, auf allen Straßen bil­deten sich Gruppen. Schon schickte man sich an, auseinandcrzugehen mit Befriedig­ung, daß keine größere Unordnung statt­gefunden. Da sprengte plötzlich im Kar­riere, daß die Funken stoben, ein Reiter vor das Oberamt, abgeschickt vom Schult-

*) Unter den Rädelsführern, so erzählen ältere

Leute, habe sich ein gewisser Sch.von

Schwann besonders bemerkbar gemacht; derselbe sei im Volkswitz mit dem merkwürdigen Zunamen d'Landkart von Schwann" allgemein be­zeichnet worden. Warum, darüber weiß man vielleicht daselbst noch Aufschluß zu geben.

heißenamt Loffenau, die Franzosen haben Gernsbach überfallen, es brenne an allen Orten. Eine weitere Staffelte vom Be­zirksamt Gernsbach meldete, 8000 aus Frankreich entlassene Arbeiter seien bei Kehl eingefallen, ziehen sengend und bren­nend das Rheinthal herunter, bis in die Nähe von Gernsbach. Das Schultheißen­amt Loffenau wurde vom Bezirksamt Gernsbach um Zuzug angegangen. Ueber- all herrschte Bestürzung, alle Behörden eilten zusammen, überall Geschrei nach Militär. Das Oberamt sandte sogleich k eine Depesche an das K. Ministerium des / Innern nach Stuttgart. In derselben! wurde bemerkt, daß in Gemeinschaft inil dem Oberförster sämtliche Gemeinden des Bezirks aufgefordert worden seien, sich so schnell als möglich zu bewaffnen und d>e Schützen nach Herrenald abzusenden, dah ferner Einleitung getroffen sei, in der Nach! sichere Kunde einzuziehen.Sollte ein Einfall drohen, so gedenken wir morgen früh die aufgebotene Mannschaft bei Herren- alb oder besser bei Loffenau zu konzent­rieren. An Waffen sehlt's. Daher mili­tärische Hilfe erwünscht." Der badische Oberamtmann von Pforzheim kam an, uni sich über gemeinsame Maßregeln zu be­sprechen. Bei dieser Gelegenheit teilte ei mit, daß er eine Stafette nach Karlsruhe k abgesandt habe. Dank der Besonnenheit ! des Oberamtmanns sprach sich die allge- ^ meine Stimmung für energischen Wider­stand aus, wenn es auch einzelne Stimmen gab, welche die Hoffnung auf Plünderung! freudig begrüßten. Etliche dachten an s Flucht. Es wurden alle möglichen Waffen - hervorgesucht, Kugeln gegossen, Patronen gefertigt. Die Sensenfabrik arbeitete un­unterbrochen und hatte bald 350 Sensen gerade und 150 Lanzenspitzen fertig. Diese wurden an Flößerstangen befestigt, Man war allgemein entschlossen, am Mor­gen auszuziehen und die wichtigsten Punkte z. B. dasKäppele" zwischen Herrenald und Loffenau zu besetzen. Ein Hand- werksbursche wurde gefesselt eingebracht, weil er in einem benachbarten Orte ver­dächtige Reden hatte fallen lassen, und als Spion gefangen gehalten seiner eigne» Sicherheit wegen gegenüber der erregte» Menge. Morgens 3 Uhr ging folgende Nachricht des Oberamtmanns und Regicr- ungskommissärs an das K. Ministerin»! ab:Nach soeben erhaltenen Mitteilunge» von Herrenald und Pforzheim bestätigt sich die vom Bezirksamt Gernsbach nut- geteilte Nachricht nicht, vielmehr sollen die fraglichen Arbeiter Deutsche sein, welche ausgewiesen wurden. Unter diesen Um­ständen scheint die Absendung von Militär nicht mehr geboten." Oberamtmann be­merkt dazu, daß er zur Beruhigung der Gemüter noch in der Frühe in die Orte des Herrenalber Amts abgehen werde, Das Aktenstück trägt die Bemerkung des Ministers:Dem Herrn Geh. Legr. vo» Maucler behufs Vorlegung an S. Kgl- Majestät." Am Abend des 24. war >» Neuenbürg beschlossen worden, in zweiter; Linie den Eiberg bei Kalmbach zu de- ^ setzen.

(Fortsetzung folgt.)

Redaktton, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.

Anse

Nr. 43.

tkrlcheint piens im Bezirk vier

In Folge und Klauenseu ist durch Erla Reutlingen vo mg von Wi> aus der Gem Markung Verb Den 13. 8

K. Amts,

Die Christ Herrenald, Eh, Zchmid dasell dasAufgeboteii gestellten Pfand M über ein licheS Darlehen gege» Johann Ehefrau Marie beantragt.

,Die Jnhab Agefordert, sp lag den 22. S ll llhr vor de »»beraumten A »»zumelden un widrigenfalls di Urkunde erfolge

Den 9.

K. Amtsg Die gegen EWliiger aus I. ergangene >euies Aufentha

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Den 16. M