884
ein wertvolles Pferd. Die an die Feuerspritze gespannten Pferde rannten das Städtchen herab und stießen mit dem Wagen an ein Gebäude an, wobei eines der Pferde zu Fall kam und den Fuß brach, so daß es getötet werden mußte. Ein Feuerwehrmann wurde vom Bocke auf das Pflaster geschleudert, zum Glück sind seine Verletzungen nicht bedeutend. Auch die Feuerspritze, welche umgeworfen wurde, ist stark beschädigt.
Calw, 15. Dez. Am Sonntag mittag herrschte auf der Nagold ein fröhliches Treiben. Infolge der ziemlich heftigen Kälte (das Thermometer zeigte —12° k) ist der Fluß überfroren und bildet die Eisdecke eine sehr willkommene Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen. Das Eis auf der Nagold hat eine Dicke von 7 em.
Calw, 15. Dezbr. In verflossener Nacht kurz nach 11 Uhr wurde aus der Restauration Kopf hier ein Mann auf die Straße geworfen. Der so derb behandelte (Steinhauer Karl Urigerer) erlitt hiedurch einen Schädelbruch und mußte heimgetragen werden. Heute morgen 8 Uhr verschied derselbe an den Folgen, ohne zum Bewußtsein gekommen zu sein. Wer direkte Schuld an dem Unglück trägt, soll noch unerwiesen sein. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und 5 Kinder. (C. W.)
Misullen.
Aettes Zwoimol.
Ein heiteres Geschichtchen aus Schwaben.
Herr Spezereihändler Rapp in Schorndorf, jener württembergischen Stadt, welche durch die Kühnheit ihrer Frauen berühmt geworden ist, wie Weinsberg durch deren Treue, stand an einem schönen Sommerabend des Jahres 184* hinter seinem Ladentisch, steckte sich eine leichte Colorado zu 1 Kreuzer das Stück an und griff nach dem „Remsboten", der eben angekommcn war. Kaum hatte er einige Zeilen gelesen, als ein kleines Mädchen durch die offene Thür hereintrat. Herr Rapp schaute ein wenig von seinem Zeitungsblättchen auf und fragte: „Was witt, Kleine, was witt, Kleine?" Das Kind antwortete: ,J hält' gern en Vierling weiße Zucker und en halbe Vierling brennte Kaffee." Herr Rapp schien etwas sehr Merkwürdiges zu lesen: denn er ließ die Kleine stehen und sagte: „Glei, glei, wart' e Weile, wart' e Weile." Nun kam aber ein Knabe, den Herr Rapp, weiter lesend, fragte: „Was witt, Büeble, was witt, Büeble?" „Für zwoi Kreuzer Boomöl und en Schoppe Essig," erwiderte dieser. „Glei, glei," sagte Herr Rapp, im Lesen fortfahrend. „Wart' e Weile, wart' e Weile".
Nun möge aber der Leser nicht glauben , Herr Rapp habe einen besonderen „Raptus" oder wie man in Frankreich sagen würde, „tie" an jenem Abend gehabt; nein, Herr Rapp hatte seit seiner frühesten Kindheit in obiger Weise geredet und die ganze Stadt Schorndorf wußte, daß er alles zweimal sage. Jetzt kam gar noch ein drittes Kind herein und verlangte für einen Kreuzer Zündhölzchen und für einen halben Kreuzer Dochte. Da mußte doch an die Abfertigung all' dieser Kund
schaft gedacht werden. Herr Rapp legte daher den „Remsboten" weg und rief in das Ladenstübchen hinein: „Weib, Weib, komm' raus, komm raus; 's Gedräng ist do, 's Gedräng ist do, 'S dö will für en halbe Kreuzer Döcht, 's andere für zwei Kreuzer Boomöl — kann net fertig werde!" Frau Rapp erschien sofort, begleitet von dem Lehrling. Schubladen wurden geöffnet , Hahnen aufgedreht und das „Gedräng" verschwand so rasch, als es gekommen war. Herr Rapp sollte aber noch nicht zur Rnhe oder vielmehr zu seinemLeitartikelim „RemSboten" kommen; denn kaum waren die drei Kinder zur Ladenthür hinaus, als ein großer stämmiger Bursche, ein wahres Prachtexemplar eines schwäbischen Bauernjungen, hereintrat. Er trug ockergelbe lederne Kniehosen, drall ausgefüllte weiße Strümpfe, eine feuerrote Weste und ein blaues Tuchwamms mit einer Doppelreihe echter „Zwanziger", auch „Sechsbätzner" genannt. statt der Knöpfe. Seine mit einer Goldtroddel verzierte braune Pelzmütze leicht lüpfend, schritt er gerade auf den Kaufmann zu, öffnet ein breites Lippenpar mit zwei Reihen blinkend weißer Zähne und Hub lustig lachend an: „Ei gute Nobed, Herr Rapp, Herr Rapp, gent Se mer e Päckle Tubak, Tubak, aber gueta, gueta — Sc wißt's jo, Se wißl's jo — Fabrikpreis, um en Batza, um en Batza!"
Wäre ein Maler dagewesen, der nach einem Modell für das Staunen und Entsetzen Umschau gehalten hätte, hier wäre er am erwünschten Ziel gestanden: denn ein verblüffteres Gesicht, als der ehrbare Krämer in diesem Augenblick machte, hätte er nirgends finden können. Herr Rapp reichte das Verlangte dar, ohne eine Silbe zu sprechen, nahm schweigend einen württ. Sechser in Empfang und gab dem jungen Landmann zwei große badische Kupfer- kreuzer zurück, gleichfalls, ohne den Mund zu öffnen. Diesen aber verließ seine lustige Laune nicht, wieder zeigten sich die Elfcn- beinzähne und dazwischen hervor schallt cs: „Dank' au Herr Rapp, Herr Rapp, Han' Ihne e klei's Stückle gea, e klei's Stückle gea, krieg zwoi große 'raus, zwoi große 'raus. Gute Nobed, Herr Rapp, Herr Rapp!" Sprach's und verschwand.
Eine volle Minute brauchte Herr Rapp, ehe er sich wieder etwas gefaßt hatte, dann aber schaute er seine Frau und den Lehrjungen an und brach in die denkwürdigen Worte aus: „Hännt er 'n g'sehe do, hännt er 'n g'seha do, den saudomme Kerle do, den saudomme Kerle do? secht älles zwoimol, älles zwoimol!"
Katzenbesteuerung.
In Bezug auf die auch vielfach in Preußen, namentlich von Vogelliebhabern vorgeschlagene Besteuerung der Katzen ist eine Verordnung des sächsischen Ministerums des Innern ergangen, der wir folgendes entnehmen:
„Abgesehen von der Mißliebigkeit, der in die vorgeschlaaene Maßregel in weiteren Schichten der Bevölkerung begegnet, würde bei der Schwierigkeit, ja zu Teil Unmöglichkeit einer genauen Kontrolle auf ihre wirksame Durchführung nicht gerechnet werden können, zumal des Eigentümers häufig nicht zu führen und hinsichtlich der herrenlosen Katzen überhaupt niemand für ihre Besteuerung verantwortlich sein würde. Dazu kommt, daß die Katze ein auf die Dauer erkennbares Merkmal der Versteuerung nicht verträgt.
Das vom Tierschutzverein vorgeschlagene lederne Halsband, auf dem die Steuermarke angebracht werden soll, würde ihr nicht nur bei ihren Nachstellungen nach Ratten und Mäusen hinderlich sein, sondern es würde auch leicht die Folgen haben, daß sie auf ihren Schleichwegen daran hängen bleibt und dann entweder erstickt oder elend verhungert. Die Bezugnahme aus die Hundesteuer paßt auch in allen diesen Beziehungen nicht, weil die Katze ihrer Natur und Lebensweise nach wesentlich anders geartet ist wie der Hund und bezüglich ihres Aufenthaltes räumlich nicht so beschränkt werden kann wie der letztere. Vielfach ist sogar die Befürchtung ausgesprochen worden, allgemeine Katzensteuer gerade das Gegenteil des beabsichtigten Zweckes herbeiführen, das sie nicht eine Verminderung der umherstreichenden, sondern, da viele die jungen Katzen nicht würden versteuern, aber uuch nicht töten wollen, eine Vermehrung der herrenlosen und also aufs Wildern angewiesenen Katzen zur Folge haben werde, während umgekehrt das Halten der nützlichen Hauskatzen, die allein von der Steuer getroffen werden, in unter Umständen sogar nachteiligerweise eingeschränkt werden würde. Schließlich kommt aber auch noch in Betracht, daß auch die bereits vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen Handhaben darbieten, sowohl um dem mutwilligen Töten und Mißhandeln der Katzen, als auch dem Wildern derselben wirksam entgegenzutreten."
Gemeinnütziges.
sUeber das Bestreicheit der Bettstückes ist in letzter Zeit viel gestritten worden, indem oft behauptet wird, es sei dies, namentlich bei den schwereren Bettbarchenten, gar nicht nötig. Selten jedoch bekommt man einen Stoff, welcher unbestrichen so lange federdicht bleibt, wie man es von einem guten Bett verlangen kann und müssen gewöhnlich die Hausfrauen das Unterlassen des Bestreichens mit Schaden büßen, indem auch das festeste Gewebe mit der Zeit ziemlich lose und weitporig wird. Wenn ein älteres Bett, welches staubt und Federn verliert, durch Bestreichen wieder haltbar gemacht werden kann, warum soll man diese Vorsichtsmaßregeln bei neuen Stücken außer Acht lassen? Meistens trägt jedoch nur die Bequemlichkeit oder Mangel an Erfahrung, wie eine richtige Bestreiche herzu- stellen ist, die Schuld. Vor allem ist es nötig, daß man weiß, welche Eigenschaften eine gute Bestreiche besitzen muß. Dieselbe soll auf ^ine leichte Art so am den Stoff aufgetragen werden können, daß dieser vollständig und satt, jedoch nicht zu dicht bedeckt ist. Dann darf die Bestreiche beim Ausstellen heißer Bettflaschen nicht durchschlagen und Bett nicht hart machen; auch muß dieselbe so fest an den Stoff ankleben, daß sie nie, auch beim stärksten Schütteln des Bettstückes, abfällt, oder auch nur rissig wird. Natürlich darf auch solche den Bettfedern keinen Nachteil brulgen. Es mag allerdings viel zur Vernachlässigung des Bestreichens beigetragen haben, daß bis jetzt ein zum Gebrauch fertiges, wirklich Probates Mittel gefehlt hat, weshalb die Arbeit mancher Hausfrau zu mühsam war. Seit neuerer Zeit kommt jedoch eine Bestreiche, welche von Weil und Sichert in Ludwigsburg fabriziert wird, m den Handel. Dieselbe ist zum Gebrauch vollständig fertig, bequem und einfach anwendbar und entspricht allen obigen Anforder- in jeder Hinsicht, so daß dieses Fabrikat bestens zu empfehlen ist, namentlich daß es auch vom Unerfahrensten ohne weiteres angewendet werden kann. Es ist nicht zu zweifeln, daß dieses neue Mittel, welches von der städt. Untersuchungsanstalt in Cannstatt und für vorzüglich befunden wurde, auch von ersten Firmen der Aussteuerbranchen vollständig anerkannt und eingeführt ist, bald zur allgemeinen Verwendung kommen dürfte.
(Was der Soldat alles können muß.) Feldwebel: „Die Beine müssen so hingestellt werden, wie sie gewachsen sind. (Einen bemerkend, der krumme Beine hat.) Natürlich, wenn sie krumm gewachsen sind, werden sie gerade hingesteüt."
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.