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mit denen so vieler Augenzeugen und deren Berichten in den Tagesblättern überein. Was aber den lebendigen Vortrag des gewandten Redners besonders anziehend machte, war, daß er, vom k. Ministerum zu seiner Berliner Reise veranlaßt, das Glück hatte, Dr. Koch persönlich vorge­stellt zu werden. Redner schilderte den berühmten Arzt als sehr ernst und ange­griffen aussehend. Er habe Koch gegen­über seine Freude darüber ausgesprochen, Rom nicht verlassen zu müssen, ohne den Papst gesehen zu haben, welche Verbind­lichkeit Koch mit unverändertem Ernst ent­gegengenommen habe. Seine Züge hätten sicherst etwas aufgeheitert, als Dr. v. Renz seiner Genugthung darüber Ausdruck gab, daß der Erfinder aus den Reihen der praktischen Aerzte hervorgegangen sei, in­dem er den Nachdruck auf das Wort praktisch" legte. Im Verlaufe der Unter­redung habe der Plan des Redners, die Wirkungen der Lymphe mit dem Thermal­wasser zu verbinden, den Beifall Kochs gefunden. Redner verbreitet sich des weiteren über die Notwendigkeit der Ein­richtung einer Versuchsstation für tuber­kulöse Kranke während der jetzigen Winter­monate in dem hiesigen Landesspital des Katharinenstifts, der zur Zeit wie alljähr­lich vollständig leer steht und zu diesem Zweck sich vorzüglich eignen würde. Er ging davon aus, daß es ein in der Wildbader Praxis häufig vorkommender Fall ist, daß Kranke mit Gelenks- und Knochentuber­kulose als Rheumatiker nach Wildbad ge­schickt werden. Die Koch'sche Lymphe bietet ein treffliches Mittel dar, diesen Krank- heitskreis von dem rheumatischen mit Sicher­heit zu trennen. Es wäre von nicht zu verkennender Wichtigkeit für die hiesigen Aerzte, vor Eintritt der kommenden Bade­zeit sich mit den Erscheinungen der Impf­ung durch Koch'sche Lymphe vertraut zu machen und die Einwirkung des Thermal­wassers auf die so behandelten Kranken zu beobachten. Zu gleicher Zeit mit Redner habe sich der großh. badische Badearzt aus Baden-Baden in Berlin befunden, der mit chm die gleichen Zwecke im Auge hatte. Aus dem dem Redner gespendeten Beifall und aus der sich entwickelnden Besprechung der Fachmänner war der Eindruck zu ge­winnen, daß sämtliche hiesigen Aerzte eine Versuchsstation für Wildbad im Renz'fchen Sinne für dringlich erachteten. (S. M.)

Nroink.

Deutschland.

Dem Reichstage ist ein Entwurf zur Abänderung des Krankenversicherungs­gesetzes der Arbeiter zugegangen.

Der evangelische Bund veran­staltet eine Maffenpetition gegen die Auf­hebung des Jesuitengesetzes.

Der Reichstagsabgeordnete von Schor- lemer-Alst hat sein Reichstagsmandat wegen nicht unbedenklicher Erkrankung niedergelegt.

Berlin, 29. Nov. Zur Teilnahme an den hier bevorstehenden Studien der Generalärzte der deutschen Armee in Be­ziehung auf das Koch'sche Heilverfahren werden auch hervorragende Militärärzte aus Oesterreich hier erwartet.

Berlin, 1. Dez. Der Spender einer Million Mark für die Koch'sche Heilan­stalt ist der bekannte Banquier Bleich- roeder. Außer einer Million Mark überwies derselbe noch die Baugründe für die Anstalt.

Berlin, 2. Dezbr. Professor Or. Robert Koch hat, wie dieNationalztg." hört, die Annahme einer Ehrengabe, wie sie als äußeres Zeichen der nationalen Anerkennung in weitesten Kreisen für selbst­verständlich erachtet worden ist, abgelehnt.

Der Reichskommissar Major v. Wiß- mann ist am 30. November in Sansibar eingetroffen. Näheres über seine dem- nächstigen Maßnahmen wird wohl bald bekannt werden. Sein Interesse für die Eisenbahn von Dar-es-Salaan nach Ba- gamoyo wurde schon mehrfach hervorge­hoben.

Stettin, 29. Novbr. Der Schnell­dampfer Fürst Bismarck für die Ham­burger Packetfahrt lief heute Mittag 12 Uhr glücklich vom Stapel. Den Tauf­akt vollzog Frau v. Bismarck.

Die bayerische Staatsbahn hat mit den anderen süddeutschen Bahnen eine Vereinbarung bez. Frachtermäßigung für Bieraussuhr nach dem Auslande erzielt.

München, 30. Nov. Außer der hies. Privatheilanstalt sollen auch in Rosenheim und Starnberg Heilanstalten nach Koch's Verfahren errichtet werden. jJn Starn­berg hat zu diesem Zweck eine Gesellschaft die dortige Villa Adelmann gemietet. Das Sanatorium Starnberg" soll nach Neu­jahr vorerst für 25 Kranke, eröffnet wer­den. In Rosenheim soll ein eigenes Logirhaus unter Berücksichtigung aller Fortschritte der Hygiene bis zum Früh­jahr errichtet werden. Professor Ziemssen erklärte gestern in der Klinik, die Koch'schen Jmpferfolge seien hier sehr gute gewesen. Die Reaktionen waren ge­ring und durchaus unbedenklich; das Be­finden der Kranken hat sich erheblich ge­bessert; sie haben guten Appetit, Schlaf, und der quälende Husten ist geschwunden.

Augsburg, 1. Dezbr. Im städt­ischen Krankenhause wurde an 14 Personen Kochs Lymphe angewendet. Die auftreten­den Ejcheinungen nach der Einspritzung stimmten mit Kochs Angaben überein.

Württemberg.

Stuttgart, 2. Dez. Se. Königl. Majestät haben heute Se. Kgl. Hoheit den Prinzen Wilhelm von Württemberg empfangen, welcher heute abend nach dem Haag (Holland) abreist, um Se. Majestät bei den Beisetzungsfeierlichkeiten daselbst zu vertreten.

Stuttgart, 1. Dezbr. In Ulm soll auf Anregung des früheren Landgerichts- Präsidenten v. Schad am 14. Dezember in der Tuchhalle ein württembergischer P r o te st a n t e n ta g abgehalten werden.

Stuttgart, 1. Dezbr. Samstag fand hier zwischen zwei Offizieren des hiesigen Ulanenrcgiments (einem aktiven und einem Lieutenant a. D.) ein Säbel­duell statt. Der Eine wurde an der Stirn, der andere am Vorderarm verwundet.

Stuttgart, 1. Dez. Die seit acht Tagen in hiesigen Krankenhäusern be­gonnenen Impfungen mit Koch'scher

Lymphe nehmen ihren ununterbrochenen Fortqang. Im Auftrag des kgl. Mini­steriums des Innern werden diejenigen im Marienhospital durch Medizinalrat Dr. Rembold, diejenigen im Olgaspital und im Diakonissenhaus durch Medizinalrat Dr. Albert Burkart in vollstem Einverständnis mit den ärztlichen Leitern dieser Häuser vollzogen. Die Kenntnisnahme von den Impfungen und ihrem Erfolg ist hiesigen und auswärtigen Aerzten in liberalster und deshalb dankenswertester Weise freigestellt.

In Nagold ist der 61 Jahre alte Adlerwirt Stockinger vor einigen Tagen von einem Pferd so unglücklich auf den Unterleib geschlagen worden, daß er am Samstag abend gestorben ist.

Ausland.

In der Umgebung von Wollers­dorf (Nicderöstr.) wurde am 30. Novbr. ein heftiger Erdstoß verspürt. Die Glocken des Kirchturms erklangen.

Der bekannte englische Arzt Kaiser Friedrichs, Mackenzie, nahm in seinem Hospital in Gegenwart zahlreicher Aerzte an zwei Lupuskranken und ei»em an Kehl­kopfschwindsucht Leidenden Impfungen mit der Koch'schen Lymphe vor.

Von der russischen wird Grenze wird aus Thorn gemeldet: Russische Grenz­soldaten überfielen unweit Alexandrowo eine Gutsbesitzers-Familie. Mann und Frau wurden barbarisch mißhandelt und verstümmelt; alles Wertvolle wurde ge­raubt. Die Thäter entflohen.

Rom, 1. Dezember In ganz Nord­italien herrscht fortgesetzter großer Schnee­fall, inBologna drückte die Schneemasse das Dach einer Fabrik ein. Glücklicher­weise hatten die Arbeiter bereits die Fabrik verlassen.

Gemeinnütziges.

(Einen tüchtigen Schnupfen) sich zu holen, dazu gehört nicht viel. Als Mittel dagegen empfiehlt dieApotheker-Zeitung": Ein Thee- löffet voll Kampferpulver wird in ein mehr tiefes als weites Gefäß gethan und dieses zur Hälfte mit kochendem Wasser gefüllt. Ueber dasselbe stülpt man dann eine dreieckige Papierdüte, deren Spitze man so weit abreißt, daß man die ganze Nase hineinstecken kann. Auf diese Weise atmet man die warmen, kampferhaltigen Wässerdämpfe 10 bis 15 Minuten lang durch die Nase ein. Das Verfahren wird nach 4 bis 5 Stunden wiederholt, und selbst der hartnäckigste Schnupfen leistet ihm nicht Widerstand, meistens verschwindet er schon nach dreimaligem Einatmen.

Mutmaßliches Wetter

am Donnerstag den 4. Dez.

Wie erwartet ist dem Luftwirbel in Norskandi- navien, der übrigens durch den Hochdruck im Innern Rußlands schon ziemlich abgeflacht wurde, ein weiterer Luftwirbel in Schottland ein socher im Golf von Biskayia gefolgt. Auch diese beiden sind jetzt nicht besonders tief, haben aber den Hochdruck abermals weiter nach Osten zurückge. drängt. Trotz der Möglichkeit, daß letzterer schließlich doch wieder stegreich westwärts vor­dringt, ist sowohl für Donnerstag als für Frei­tag trübes, verhältnismäßig nicht sehr kaltes und zu vereinzelten Niederschlägen (mehr Schnee als Regen) geneigtes Wetter in Aussicht zu nehmen.

Mt einer Beilage.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.