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Männer nicht ehrt, um so erfreulicher ist es, daß in unsern Tagen das ganze deutsche Volk bestrebt ist, einem hochver­dienten Manne zu zeigen, daß es dankbar anerkennt, was er für uns gethan. Frei­lich gilt diese Kundgebung einem Manne, dem gegenüber Undank der schwärzeste nnd unerklärlichste wäre; einem Mann, dessen Charakterbild nicht in der Parteien Gunst und Haß in der Geschichte schwankt, selbst nicht bei denen, die seine Lebensarbeit zu ihrem Nachteil erfahren mußten. So sehen wir überall, wo Deutsche wohnen, einen schönen Wetteifer an dem Tage, an welchem der greise Feldmarschall Graf Moltke sein 90tes Lebensjahr vollendet. Die -Festesstimmung ist aber durchziltert durch einen sanften Klang milder Wehmut, wenn wir an den Tag denken, an dem wir dasselbe Fest bei dem nun verewigteg Kaiser Wilhelm begehen durften. Redner gedenkt nun der Jugendjahre Moltke's und des Tages, an dem die napoleonischen Schaaren die elterliche Wohnung plün­derten. In einer ganz andern Luft als die ist, die wir atmen, ist Moltke erwachsen; er bildete sich zum Manne in jenen Tagen der Ruhe und Vertiefung nach der großen literarischen und politischen Erhebung der Nation aus; wie sein König ist auch ihm erst in vorgeschrittenem Alter beschieden gewesen, seine Fähigkeiten an großen Auf­gaben zu bethätigen und so vereinigt sich in Moltke die alte und die neue Zeit in harmonischem Bilde. Mit richtigem Blick hat König Wilhelm den Feldmarschall Moltke neben einem Kriegsminister von Roon und einem Fürsten Bismarck an die richtige Stelle berufen, um zu vollenden, was früher so oft mißraten war: ein einiges Deutschland zu schaffen. Der An­teil Moltkes hieran steht für alle Zeiten fest in den Büchern der Geschichte. Hat der böhmische Feldzug die Geschicke Deutsch­lands im Prinzipe entschieden, so hat der Frevel der französischen Kriegserklärung rasch Nord und Süd geeinigt und die nach Moltkes Plane vollzogene Entscheidung auf dem Schlachtfelde hat vollbracht, was sich mit den Worten ausdrücken läßt:

Mit ihrem Heilgen Wetterschlage Mit Unerbittlichkeit vollbringt Die Not an einem einz'gen Tage,

Was kaum Jahrhunderten gelingt.

Der Plan Moltkes hat sich im Jahre 1870 glänzend bewährt, überall war es sein Geist: Getrennt marschieren, vereint schlagen. Der Vergleich zwischen Napoleon und Moltke ist ein drastischer. Napoleon hat den Krieg geführt um des Krieges willen und zur Befriedigung seiner Herrsch­sucht, Moltke hat ihn geführt, um den Frieden zu erzwingen; er blieb stets ein Diener seines Königs und seines Volkes. Aber auch außerhalb der Kriegskunst er­scheint Moltke als ein hervorragender Mann,'als Volksvertreter, wie als Schrift­steller Länder und Völker anschaulich schildernd. Und welch gemütlicher Plauderer ist er als Gesellschafter. Er durfte sich des Dankes dreier Kaiser erfreuen. Wie Kaiser Wilhelm I. jeden Gedanken Moltkes an Rücktritt für immer abgelehnt hat, so hat ihn Kaiser Wilhelm II.. indem er ihm zwar die erbetene Ruhe gewährt hat, an die Spitze der Landesverteidigungskom­mission berufen. Unser Dank muß darin

bestehen, daß wir das Erbe Moltkes durch rastlose Arbeit erwerben und mehren, um sein Lebenswerk zu unverlierbarem Besitz unserer Nation zu machen. Lassen Sie uns den Ausdruck unseres Dankes und unserer Verehrung wie uniere herzlichen Wünsche für die ihm noch beschiedenen Tage und Jahre zusammenfassen in dem mächtigen Rufe: Seine Exzellenz der Feld­marschall Graf Moltke, unser Moltke lebe hoch!

Mit großartiger Begeisterung stimmte die Versammlung in die Hochrufe ein und sang sodann stehend die Wacht am Rhein. Nach Schluß des Liedes wurde der Redner mit langanhaltendem Beifall ausgezeichnet. Nun folgten abwechselnd Vorträge des Liederkranzes und der Prem'schen Kapelle. Erst spät trennte sich die Festversammlung in dem Gefühle, eine Herz und Gemüt er­hebende Feier zu Ehren des größten leben­den Kriegshelden mitgcmacht zu haben.

Stuttgart, 27. Okt. Den kathol. Blättern zufolge hat am Sonntag im Ge- sellenvereinshause zu Ulm eine Vertrauens­männer - Versammlung württembergischer Katholiken, welche aus allen Landesteilen von Mitgliedern des kath. Adels, der Geistlichkeit, mehreren Abgeordneten zum Landtag bezw. Reichstag und auch mehreren Angehörigen des Bürgerstandes, im ganzen 65 Herren, besucht war. unter dem Vor­sitz des Landtagsabgeordneten für Biberach, Rudolf Probst in Stuttgart, beschlossen, auf Montag den 24. November eine öffentliche Landesversammlung württem­bergischer Katholiken einzuberufen. Diesem Katholikentag sollen Resolutionen zur An­nahme vorgelegt werden über Maßnahmen, welche gegen die Ausbreitung der Demo­kratie und der Sozialdemokratie in katho­lischen Laudesteilen zu treffen seien, ferner Resolutionen betr. die Zulassung von Männerorden in Württemberg und Auf­hebung des Jesuiten-Ausweisungsgesetzes durch den Reichstag und Bundesrat. Es wurde ein vorbereitendes Komite gewählt. Ein württembergischer Katholikentag - das ist etwas Neues. Schon heute wird man sagen dürfen, daß derselbe einerseits nichts weniger als einen konfessionellen Kampf in Württemberg bezweckt, wenig­stens nicht in dem Sinne einer Störung des konfessionellen Friedens, während andererseits der seit den letzten Reichs­tagswahlen zwischen der württ. Volkspartei und den Katholiken des Landes entstandene Riß sich zu einer gähnenden Kluft er­weitern dürfte, welche nur noch durch un­besonnene Verdächtigungen der Bestreb­ungen der württ. Katholiken seitens der nationalen Parteien wieder überbrückt wer­den könnte. Die Bitte um Zulassung katholischer Männerorden in Württemberg wird sich keinesfalls auf die Jesuiten ans­dehnen und die Resolution betreffend die Aufhebung des Jesuitenausweisungsgesetzes braucht in Württemberg niemand aufzu- regeu, da jene Frage ja im Reichstag zum Austrag gebracht werden wird, worauf der Ulmer Katholikentag kaum einen Ein­fluß ausüben dürfte.

Ausland.

Rom, 26. Okt. Es ist kaltes Wetter eingetreten; gestern fiel sogar Schnee.

Newyork, 27. Okt. Nach Meldungen aus Mobile verbrannten gestern bei einer Feuersbrunst, die in der Nacht bewältigt wurde, etwa 8000 Ballen Baumwolle; der Schaden wird auf eine Million Dollars geschätzt.

Weinprekszettel v. 27. Okt.

Stadt Besigheim. Käufe von 100 bis 120 für 3 Hktl., noch feil etwa 300 Hktl. Bönnigheim. Preise: 82 90 ^ für gem., 90 bis 95 ^ für rotes Gew., noch viel Vorrat. Haberschlacht. Lese beendigt, Verkauf langsam bei sinkenden Preisen, noch viel Vorrat Rotwein, Käufer erwünscht. Kleingarta.ch. Gem. Gewächs zu 87, 90, 92 und 95 noch viel feil, Käufer eingeladen. Fellbach. Mittelgewächs 105, 110, 115 und 120 Berg­wein noch kein Kauf, Verkauf ordentlich, Käufer erwünscht. Obertürkheim. 145 150^L noch viel Vorrat. Stetten i. R. Lese nahe­zu beendigt, Käufe zu 90, 93, 95, 104 Käufer erwünscht. Uhlbach. Verkauf langsam zu 130 160 Hedel fingen. 122, 124,126, 127, 128, und 130 ^ gestern und heute Ver­laus ordentlich. Untertürkheim Lese in vollem Sang, heute einige Käufe guten Mittel- gew. zu 48 50 ^ pr. Hktl., Käufer er­wünscht. Stadt Heilbronn. Rotweine zu 155 160 Weißweine zu 120 noch versch. Partien feil, Käufer erwünscht. Ing el­fin g en a. K. Lese beendigt, Preis 62 70 ^ Käufer erwünscht. Stadt Marbach a. N. Lese beendigt, einzelne Käufe auf Schläge, sonst noch nichts verkauft. Auenstein mit Helfen­berg. Lese dauert fort, Preise in Auenstein 108 115 noch ziemlich feil; in Helfenberg einiges verstellt ohne festen Preis, sonst noch alles feil. Großbottwar. Preise erhalten sich zu 90 105 Mundelsheim 100 ^

von ebenen Lagen, rotes Mittelgew. zu 120 bis 135 Käsberger zu 170 183 je nach Qualität, feil noch etwa 1500 Hktl., worunter gute Partien. Erlenbach Lese dauert noch fort, Rotwein 156 164 Weiß- und Schiller­weine 140 148 Qualität sehr aut, noch ziemlich viel Vorrat.Feuerbach Preise von 100 120 Verkauf geht langsam, Qualität gut, Käufer erwünscht. Beutelsbach. Ver­kauf lebhaft zu 93, 96, 98 und 100 ^6, Vorrat noch 500 Hektoliter. Grunbachi. R. 87 100 Verkauf langsam, noch viel Vor­rat. Schnaith. Verkauf lebhaft, Käufe von 85 95 ziemlich Vorrat. Stadt Vaih­ingen a. E. Preise 116, 125, 130 und 140 ^ für 3 Hktl., Käufereingeladen. Horrheim. Preise gesunken auf 90 noch ziemlich viel Vorrat von guter Qualität. Endersbach. 100 115 immer noch viel Vorrat. Strüpfelbach i. R. Käufe zu 90 100 Käufer sind freundlich eingeladen.

Hölkpreiszettel.

Stuttgart, 27. Okt. Wilhelmsplatz: 800 Zentner Württemberg. Mostobst zu 6. bis

6.20 pr. Ztr. 27. Okt Güterbahnhof: Zufuhr 2000 Ztr. öfter. Mostobst, Preis 5. bis vkL 5.40, waggonweise 9801040 11800

Zentnnr schweiz, ^(4.70 bis -«5. , waggon­weise 900960

Stuttgart. 28. Okt. Kartoffel- und Krautmarkt. Leonhardsplatz: 800 Ztr. Kar­toffeln, Preis 2. bis ^ 2. 50 pr. Ztr. Marktplatz : 6000 Stück Filderkraut, Preis 10 ^ bis 12 ^ pr. 100 Stück.

Neuenbürg, 28. Preis des Weißkrautes: 100 Stück 4 ^ 50

Mutmaßliches Wetter

am Donnerstag den 30. Okt.

Die Ausgleichung des jüngsten Lustwirbels un Nordosten Europas hat seit gestern weitere Fortschritte gemacht. Ebenso ist der Luftdruck in Mittel- und Süddeutschland langsam weiterge- stiegen trotz des in Mittel- und Unteritalien auf­getretenen ziemlich tiefen Luftwirbels, welcher zwar der Alpen wegen Süddeutschland nicht be­droht, aber die Hauptkraft des Hochdrucks im Golf von Biskaya absorbiert. Sowohl für Don­nerstag als für Freitag ist bei normal kühler Temperatur mäßige Bewölkung ohne Nieder­schläge und zeitweise namentlich nächtliche von empfindlicher Abkühlung begleitete Aufheiterung in Aussicht zu nehmen.

Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Me eh in Neuenbürg.

Mit einer Vellage,