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O e st e r r e i ch.
Mürzsteg, 4. Okt. Die beiden Kaiser kehrten gegen 6 Uhr aus dem Revier Burg zurück. Kaiser Wilhelm schoß 4 der Kaiser von Oesterreich und der König von Sachsen je 6 Gemsen. Prinz Leopold von Bayern erlegte einen Zehnender, einen Achtender, ein Tier, eine Gemse, der Graf von Meran drei Gemsen. Im Ganzen wurden 5 Stück Hochwild und zweiunddreißig Gemsen erlegt. Morgen nach dem Vormittags- Gottesdienst treten die Herrschaften die Rückreise über Leoben- Selzthal, Radmer und Mürzzuschlag an, von wo nach dem Dejeuner die Jagd fortgesetzt wird. Das Wetter ist windstill und sternenhell. — Die Rückreise Kaiser Wilhelms nach Berlin erfolgt neuerer Disposition zufolge am 9. Oktober nicht über Eger, sondern über Hof. Es heißt, Kaiser Franz Josef werde den Kaiser Wilhelm bis Wels begleiten.
Ausland.
Rom, 4. Okt. „Fracassa" signalisiert große französische Barackenbauten sowie neue Befestigungen an der Grenze gegen Italien.
MisMen.
Ahnungen.
Kriminal-Novelle von Gerhard v. Arnim.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Ich werde mich selbst nochmals nach Wendenheim begeben, um dem Verbrecher vielleicht auf die Spur zu kommen", sagte einige Tage nach der Anwesenheit des Försters Herr von Dernburg zu sich selbst, als ein Gerichtsdiener mit einer Depesche eintrat. Aufmerksam las er dieselbe durch und rief dann laut iu's Nebenzimmer: „Herr Wagner, wollen Sie gefälligst einmal zu mir kommen. Sind Sie bereit zu einer kleinen Reise, Herr Wagner?"
„Sofort, Herr Rat. Ich habe nur meinen Handkoffer zu packen und das kann in zehn Minuten geschehen sein."
„So bringen Sie diese Angelegenheit schleunigst in Ordnung und sorgen Sie, daß Sie in einer Stunde am Bahnhofe sind. Wir reisen nach Wendenheim."
Drei oder vier mal noch las der Herr Rat die Depesche durch, so daß er sie endlich auswendig wußte und nun aus dem Kopf vor sich hersagen konnte: Pauline Koch, eine sehr achtbare Persönlichkeit, der Mann, Karl Heidger, ein Schwindler, der wegen bedeutender Einbrüche von hier verfolgt wird, aber unter anderem Namen lebt. Signalement: Groß und kräftig, bartlos, dunkle Haare, 42 Jahre, Narbe von einem Messerstiche in der Schulter.
„Jetzt könnten swir am Ende etwas erreichen", dachte Herr von Dernburg in hoffnungsvoller Stimmung, „ja so ist es das beste, ich reise selbst an Ort und Stelle, bei welcher Gelegenheit ich denn auch jenem reizenden Weibe gegenüber mein Versprechen einlösen kann.-.
Um die Erregung, welche bei dem letzten Gedanken sich seiner zu bemächtigen drohte, zu verscheuchen, stand er schnell auf und
zog seinen Ueberzieher an, hierauf erteilte er seinem ihm kommissarisch beigegebenen Kollegen einige Instruktionen für die Zeit seiner Abwesenheit und begab sich dann zunächst zu dem ersten Staatsanwalt, um diesem von seiner bevorstehenden Reise Mitteilung zu machen.
Am Morgen nach seiner Ankunft in Wendenheim, nachdem er am Abende vorher mit dem Bürgermeister, dem Doktor Werner und dem Förster Hollbach in dem Gasthause zur Krone zusammengetroffen war, erhob sich der Rat schon ziemlich früh von seinem Lager, um mit dem Erstgenannten der obigen Herren die weiteren behufs Entdeckung des Mörders zu ergreifenden Maßnahmen zu besprechen. Aber der biedere Beherrscher von Wendenheim, der gestern abend aus Freude über die Rückkehr des Herrn Landgerichtsrates einen allzukräftigen Schlaftrunk zu sich genommen hat, lag noch tief in den Federn. Der Polizeisergeant, welcher gleichzeitig die Stelle des Bureaudieners versah, mußte seinen Gebieter aus dem Schlummer wach rütteln und da der etwas behäbige Herr alsdann in aller Gemütsruhe Toilette machte, so vergieng eine gute halbe Stunde, ehe der Bürgermeister zu dem ungeduldig wartenden Untersuchungsrichter ins Bureau trat.
„Der Tausend, was sind Sie so früh auf, Herr Rat?" rief er diesem freundlich entgegen. „Bei den Herren in der Stadt, dachte ich, wäre immer das Gegenteil der Fall, sonst hätte auch ich mich etwas eher von meinem Lager erhoben."
„Sobald die Pflicht uns auf unfern Posten ruft, pflegen auch wir Städter stets rechtzeitig bei der Hand zu sein," entgegnete Herr von Dernburg mit Betonung. „Im Uebrigen ist es mir sehr angenehm, daß ich mit Ihnen nunmehr konferieren kann. Ich habe nämlich das Signalement des mutmaßlichen Mörders in Händen, denselben aber unter der hiesigen Bevölkerung herausfinden, dazu bedarf ich Ihrer Mithülfe. Lesen Sie gefälligst diese Depesche. welche ich gestern erhielt, und dann bitte ich um Ihre Ansicht."
Bedächtig setzte der Herr Bürgermeister seine Hornbrille auf und las hierauf ebenso bedächtig die Depesche durch. Dann nahm er die Brille langsam wieder ab, faltete sie mit einer gewissen Andacht zusammen , und nachdem er dieselbe in ein Futteral geschoben und dieses in die Tasche gesteckt hatte, erwiederte er ernst:
„Hier in Wendenhelm wohnt allerdings Jemand, auf den das Signalement wohl passen könnte. Aber der Betreffende ist ein durchaus ordentlicher und braver Mensch, dem ich eine so scheußliche Mord- that niemals zutraue."
„Schon mancher, der immer brav und ordentlich war, ist mit einem Male zum Mörder geworden," versetzte der Herr Rat. „Doch wie heißt der Mann, und vor allem, ist derselbe auch jemals in Amerika gewesen?" —
„Der Mann heißt Johann Brockert. Er kam vor ca. 8 Jahren aus Amerika mit einem kleinen Kapitale hier an, verheiratete sich bald darauf und kommt als kleiner Winzer ganz gut vorwärts. Brockert
besitzt die besten Zeugnisse von seiner Heimatsbehörde in der Pfalz und seine Papiere sind vollständig in Ordnung. Dieser Umstaud läßt es mir nicht glaubhaft erscheinen, daß er mit jenem Karl Heidger identisch sein sollte".
„Aber wer sagt Ihnen denn, Herr Bürgermeister", rief der Rat aus, „daß Brockert sich nicht in Amerika den Namen Heidger zugelegt, oder daß er wirklich Karl Heidger heißt und die auf den Namen Johann Brockert lautenden Papiere irgendwo gestohlen hat? Gerade der Umstand, daß der Mann verheiratet und. wie ich wohl aus ihren Worten schließen darf, glücklich verheiratet ist, macht das Motiv zu dem Morde bei ihm zu einem sehr naheliegenden. Er hat seine frühere Frau verlassen und ist nach Deutschland geflüchtet. Plötzlich kommt die Nachricht, daß sie seine Spur entdeckt hat und ihn besuchen will. Er sieht sein ganzes LebenS- glück bedroht, sich wegen Bigamie vor Gericht gezogen und da greift er zu dem äußersten Mittel, um sich zu retten; er bestellt seine erste und rechtmäßige Frau in den Wald und begeht dort die verzweifelte That."
(Fortsetzung folgt..
Ein eisernes Haus hat in Trier ein Schlossermeister namens Wehlen errichtet. Wände, Decken, Treppen, selbst die Hauptthüren des Gebäudes bestehen aus Eisen. Das Haus ist 3 Stockwerk hoch und nimmt sich in architektonischer Hinsicht sehr stattlich aus. Die Wände bestehen aus Eisenplatten, die Decke aus Wellblech, statt Balken wurden durchweg ^-Träger verwendet. Aus Holz sind nur die Dielen und einige Berbindungsthüren, da eiserne Thüren sich allzuschwer handhaben lassen. Was die Baukosten anbelangt, so stellen sich diese nicht höher, als bei einem steinernen Haus und dabei haben sie den Vorzug, daß Reparaturen fast vollkommen ausgeschlossen scheinen.
(Falscher Schluß.) „Nun, haben Sie meine Uhr wieder hergerichtet? . . . Wie geht sie denn jetzt?" — „O, die geht nach wie vor!"
(Bestätigung). Käufer: „Ihre.Sicherheits-Zündhölzer sind miserabel — die brennen ja überhaupt nicht!" — Hau- sirer: „Na. mehr Sicherheit können S' doch nimmer verlangen ! "
Mutmaßliches Wetter
am Dienstag den 7. Oktober.
Der Altweibersommer scheint seinem Ende nahe gerückt zu sein. In Frankreich und in der Schweiz besteht heute zwar noch ein Hochdruck von über 770 mm, allein er wird von den fortwährend neu auftauchenden Luftwirbeln im Norden Europas immer mehr eingeengt. Letztere dringen zwar von Skandinavien aus mehr nach südöstlicher als südlicher Richtung vor aber auch bei uns beginnt das Barometer zu fallen. Die südwestlichen bis westlichen Winde verhindern einerseits Frostnächte führen aber anderseits Bewölkung und trübes, wenn auch vorerst noch ziemlich trockenes Wetter herbei. Für Dienstag steht demgemäß mehrfach bewölktes, mäßig kühles, mit wenig oder keinen Niederschlägen verbundenes Wetter in Aussicht; am Mittwoch dürste , falls sich jbis Montag nicht ein neuer Hochdruck in Irland einstellt, das Wetter sich etwas regnerisch gestalten.
Redaktion, Druck und Verlag von Chrn. Meeh in Neuenbürg.